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Der Mann, der die Milch mobil machte

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98 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Oktober 2016 | www.pta-aktuell.de

L

ouis war ein durchschnitt- licher Schüler. Als der Sohn eines französischen Gerbers 1840 sein Abitur ablegte, waren seine Leistungen in Chemie so làlà. Doch im Zeichnen, da bewies er ein gewisses Genie – um ein Haar wäre aus dem Jungen ein Bohèmien geworden, aber das wusste seine Familie zu verhindern. Dem Rat des Schuldirektors folgend, schickte man ihn zum Studium an die Universität.

Überflieger Dort rasselte der junge Louis erst einmal durch die Auf- nahmeprüfung, versuchte es ein Jahr später erneut und bestand. Wahr- scheinlich zu seinem eigenen Erstau- nen entdeckte er seine Leidenschaft für Chemie und Physik, bestand 1846 sein Examen und legte nur ein Jahr später mit der Promotion in bei- den Fächern nach.

Wer weiß, was mit dem jungen Wis- senschaftler geschehen wäre, hätte er nicht Jean-Baptiste Dumas getroffen.

Der renommierte Chemieprofessor muss über ein charismatisches We- sen verfügt haben; seine Vorlesun- gen waren stets überfüllt und Pasteur besuchte jede einzelne; sein Profes- sor wurde ihm väterlicher Freund.

Für seine Doktorarbeiten, von Dumas inspiriert, setzte sich Pasteur hinters Mikroskop und befasste sich mit den Unterschieden von Wein-

und Traubensäure, entdeckte dabei während der Erforschung der unter- schiedlichen, spiegelbildlichen Kris- talle die Stereochemie. Das schlug ein wie eine Bombe. Mit 26 Jahren wurde er zum Professor für Chemie an der Universität von Straßburg be- rufen.

Ehe und Kinder Hier lernte er seine spätere Frau kennen. Mit der Tochter des Universitätsrektors, Marie Laurent, ging er sehr schnell eine Ehe ein, die erste Tochter wurde schon ein Jahr nach der Berufung ge- boren; vier weitere Kinder folgten.

Marie kümmerte sich um die Ord- nung seiner Aufzeichnungen und übertrug die Protokolle in Rein- schrift; sie wurde unentbehrliche Stütze ihres Mannes.

Der hielt derweil wenig von Muße und empfand den Nachtschlaf als störend, nahm er ihm doch Zeit für seine Forschungen weg. 1856 wandte sich ein Spirituosenhersteller an Pas- teur. Er verwendete für die Herstel- lung seiner Mischgetränke den Saft von Zuckerrüben, Obst und Gemüse.

Zu seinem großen Ärger verdarben diese jedoch regelmäßig. Der Profes- sor solle sich, so bat der Chef der Firma, doch einmal um das Problem der alkoholischen Gärung kümmern.

Durchstarter Louis Pasteur mach- te die erste seiner bahnbrechenden

Der Mann, der die Milch mobil machte

© Photos.com / PHOTOS.com>> / Thinkstock

Sein Name steht heute auf jeder Milchtüte: Der Chemiker Louis Pasteur erkannte 1856 als erster, dass Keime durch Erhitzen abgetötet werden.

Er rettete damit gleich zwei Industriezweige vor dem Ruin.

PRAXIS WELCH EIN NAME

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | Oktober 2016 | www.pta-aktuell.de

Entdeckungen: Er fand Mikroor- ganismen in den hefehaltigen Flüs- sigkeiten, die dafür sorgten, dass sich der Zucker nicht in Alkohol, son- dern in Milchsäure verwandelte.

Und die ließ wiederum die wein- haltigen Getränke kippen. Pasteur hatte somit den chemischen Unter- schied zwischen Gärung und Fäul- nis gefunden und legte nach: 1857 bewies Pasteur, dass Gärungen so- wohl von Bakterien verursacht wer- den, die Sauerstoff aus der Luft da- zu brauchen („aerobe“) sowie wel- che, die sich ohne ihn teilen kön- nen („anaerobe“). Pasteur hatte nun neben einem neuen Zweig der Chemie auch noch die moderne Mikrobiologie erfunden.

1858 berief ihn die École normale supérieure in Paris zum Direktor. Im gleichen Jahr starb Pasteurs erste Tochter an Typhus, wenig später die zweite. Vielleicht auch unter dem Eindruck dieser Schicksalsschläge, wandte sich Pasteur fortan der Idee zu, Mikroorganismen könnten als Verursacher von Krankheiten wir- ken. Die Forscher seiner Zeit waren nämlich der Meinung, sie entständen von selbst, „Urzeugung“ war der Fachausdruck. Pasteur wies nach, dass Mikroorganismen aus der Luft in vergärbare Flüssigkeiten gelang- ten. Und – er entdeckte die Sterili- sation durch Erhitzen. Das Ver- fahren erhielt seinen Namen („Pas- teurisieren“). Für die Milchprodukte unserer Zeit bedeutet dies, dass der Rohstoff für etwa 15 Sekunden auf eine Temperatur von 80 Grad erhitzt und danach sofort auf unter zehn Grad abgekühlt wird. Die Milch wird dadurch mehre Tage haltbar und kann über weite Strecken transpor- tiert werden.

Seidenraupen Die zweite Industrie neben der der Spirituosen, die Pas- teur vor dem Ruin rettete, war die der Seidenspinner. Ein großer Teil der Seidenraupen im Süden Frank- reichs war damals von der Flecken- oder Körperchenkrankheit befallen.

Pasteur, durch seine Forschungen der Mikrobiologie auf der richtigen

Spur, gelang es, den Erreger No- sema bombycis zu isolieren und durch entsprechende Maßnahmen zu eliminieren. Gleiches geschah 1880 mit der Geflügelcholera und dem Milzbrand. Hier erfand Pasteur, wiederum scheinbar mühelos, die abgeschwächte Lebendimpfung. Er war es auch, der, Edward Jenner zu Ehren, den Begriff „Vaccination“

prägte, von französisch „vache“, die Kuh. Jenner hatte um die Jahrhun- dertwende anhand der Kuhpocken die ersten Impfdosen hergestellt.

Dass sich die Bekämpfung der Geflü- gelcholera auf andere Krankheiten übertragen ließ, bewies Pasteur mit der Tollwut. Diese Schutzimpfung wurde sein größter wissenschaftli- cher Erfolg.

Tollwut Herrenlose Hunde, die sich auf den Straßen herumtrieben, waren für die Bevölkerung damals eine echte Gefahr. Biss ein tollwüti- ger Hund einen Menschen, gab es für diesen keine Rettung; die Krank- heit verlief immer tödlich. Pasteur isolierte den Erreger durch das an der Luft getrocknete Rückenmark er- krankter Kaninchen und wendete am 6. Juli 1885 das gewonnene Se- rum erstmals an einem Menschen an. Er rettete damit dem frisch infi- zierten, neunjährigen Joseph Meister das Leben, der darauf in die Medi- zingeschichte einging. Ein Jahr spä- ter waren bereits 2500 Menschen

gegen die Tollwut immunisiert wor- den, das bis heute bestehende „Insti- tute Pasteur“ wurde gegründet.

Nicht immer stießen Pasteurs For- schungen auf uneingeschränkte Zu- stimmung der Fachwelt; der Chemi- ker selbst scheint nicht gerade ein einfacher Zeitgenosse gewesen zu sein. Er führte sein Institut mit har- ter Hand, verhielt sich äußerst auto- ritär und galt als völlig humorlos.

Louis Pasteur war ein glühender, beinahe fanatischer französischer Patriot; das ging so weit, dass er sich weigerte, den preußischen Orden

„Pour le Mérite“ anzunehmen. Doch er war ein Kämpfer: Trotz eines Schlaganfalls, der ihn mit 46 Jahren partiell lähmte, entwickelte er seine bahnbrechenden Forschungen auf dem Gebiet der Impfungen.

Das Ende Als Pasteur zu seinem 70.

Geburtstag mit einer großen Jubilä- umsfeier an der Sorbonne geehrt wurde, war der Forscher beinahe vollständig gelähmt und konnte nach einigen Folge-Schlaganfällen auch nicht mehr sprechen. Unter Tränen nahm er die Auszeichnungen entgegen, mit denen man ihn be- dachte. Drei Jahre später starb er. Er wurde neben seiner Frau beigesetzt, in einer Krypta unter dem „Institut Pasteur“. ■

Alexandra Regner, PTA, Journalistin und Redaktion LOUIS PASTEUR

lebte von 1822 bis 1895. Er entdeckte die Sterilisation durch Erhitzen und fand Impfstoffe gegen Tollwut, Geflügelcholera und Milzbrand, der auf dem Prinzip der ab- geschwächten Lebendimpfung beruhte.

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