• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Neurodegeneration: Alzheimer-Demenz in Forschung und Realität" (24.04.2009)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Neurodegeneration: Alzheimer-Demenz in Forschung und Realität" (24.04.2009)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 17⏐⏐124. April 2009 A833

P H A R M A

D

emenzen nehmen nicht nur in Industrienationen, son- dern auch in China, Afrika und Indien zu. Weltweit leiden schät- zungsweise 25 Millionen Men- schen an einer Alzheimer-Demenz – und die Zuwachsraten sind höher als beim Mammakarzinom. Die Ur- sachen der Erkrankung sind unge- klärt, obwohl die Erkenntnisse über molekulare Vorgänge massiv zuge- nommen haben. Ob und wann es überhaupt „das“ Alzheimer-Medi- kament geben wird, ist unklar.

Trotzdem zeigte sich Prof. Dr. med.

Harald Hampel (Dublin und Mün- chen) verhalten optimistisch hin- sichtlich einer sekundär-präventi- ven Therapie.

Weltweit laufen 123 Studien

Herbe Rückschläge für die Alzhei- mer-Therapie bedeuten drei große klinische Studien, die trotz unter- schiedlicher „Strategien“ – entspre- chend der verschiedenen Hypothe- sen zur Pathophysiologie – nicht den erhofften Erfolg gezeigt hatten, zum Teil jedoch schwere Nebenwir- kungen. Weltweit laufen derzeit 123 klinische Studien, die ersten präven- tivmedizinischen sind in Phase II und III. Im Pipeline-Status waren im Juli 2008 noch

>27 Substanzen in Phase I

>25 in Phase II und

>10 in Phase III

Inzwischen habe sich die Zahl etwa verdoppelt, so Prof. Dr. med. Peter Riederer (Würzburg). Die Strategien bleiben unterschiedlich, und die Sub- stanzen zielen neben der Amyloid- Kaskade auf die verschiedensten Systeme (glutamaterges, cholinerges, histaminerges, serotonerges, Canna- biod- und Entzündungssystem) ab.

Die Pharmaindustrie setzt par- allel auf verschiedene Strategien:

Nikotin-Acetylcholin-Rezeptor-Ago- nisten, Acetylcholinesterasehemmer, Gamma- und ␤-Sekretase, ␤-Amy- loid-Impfung und Protein-Deposi- tionshemmer.

Auch die frühe Störung des Glucosestoffwechsels, die Prof. Dr.

Siegfried Hoyer (Heidelberg) als langjähriger Vorstandsvorsitzender der Hirnliga favorisiert, rückt wie- der in den Fokus. Gegen die ver- änderte zentrale Glucoseverwer- tung mit nachgeschalteter gestörter neuronaler Insulintransduktion ge- hen Glykogen-Synthetase-Kinase-3- Hemmer ins Rennen; mit PPAR*- Gamma-Agonisten bietet sich ein Ansatz direkt am Insulinrezeptor an.

Andererseits könnten die Mito- chondrien eine zentrale frühe End- strecke verschiedener Prozesse sein, die im Zusammenwirken die Funk- tion dieser Energiekraftwerke – ATP-Lieferung und Apoptose – störten, sagte Prof. Dr. med. Walter Müller (Frankfurt/Main). Nach ei- ner Publikation in „The Lancet“ soll ein „uraltes“ Antihistaminikum aus Russland einen mitochondrialen Angriffspunkt und nach den veröf-

fentlichten Daten spektakuläre Er- folge haben – entgegen allen gängi- gen Hypothesen. Die Substanz ist nach Angaben von Müller aller- dings derzeit nicht verfügbar.

Der Eingriff in einer relativ spä- ten Phase der Erkrankung mit fort- geschrittener Neurodegeneration ist wahrscheinlich nicht der ideale Startpunkt für eine Therapie. Für einen Studienbeginn in der präklini- schen Phase müssten allerdings an- stelle der klinischen Diagnose nach ICD-10 spezifische und valide Bio- marker als Parameter entwickelt werden. Hampel zufolge scheinen sie für die Amyloid-Kaskade bereits ge- funden zu sein. Beim Neuroimaging gehe die Entwicklung bei PET in Richtung Hochfeld, womit bereits kleine Läsionen sichtbar werden.

Hausarzt ist Weichensteller

Die Prävalenz von Alzheimer-Kran- ken in Altersheimen steigt indessen kontinuierlich: in 13 Mannheimer Heimen von 55 Prozent im Jahr 1995 auf 65 Prozent im Jahr 2003.

Von den rund zwei Millionen pfle- gebedürftigen Alzheimer-Patienten wird jedoch nur ein Drittel im Heim betreut, zwei Drittel werden zu Hause versorgt. Eine Therapie der kognitiven Störungen erfolgt laut Dr. Martin Haupt (Düsseldorf) im Heim nur selten – und wenn, dann mit Trizyklika und konventionellen Neuroleptika.

Bei der Diagnosestellung ist der Hausarzt der wichtigste Weichen- steller, und er bleibt die „Dreh- scheibe“ bei der Koordination der Dienstleister. „Aber er ist nicht der- jenige, der für alles zuständig ist und nicht der dauernde Ansprechpart- ner“, präzisierte Haupt. Er setzte sich engagiert dafür ein, dem Pati- enten die Diagnose mitzuteilen und sie nicht zu bagatellisieren. Durch eine Therapie ist die stabile Phase zu verlängern – was Patienten und Angehörigen die Chance gibt, sich auf die schlechteren Zeiten vorzu- bereiten und die weiteren Optionen gemeinsam zu besprechen. I Dr. rer. nat. Renate Leinmüller

*PPAR = Peroxisome Proliferator Activated Receptor

Symposium der Hirnliga e.V. „Alzheimer-Forschung und -Behandlung – Ausblick und Realität“ in Frankfurt am Main

NEURODEGENERATION

Alzheimer-Demenz in Forschung und Realität

Trotz großen Wissenszuwachses bleibt eine kausale Therapie der Erkrankung Wunschdenken.

VISION

Mit einer frühzeitigen und umfassen- den Behandlung mit Medikamenten und nicht medikamentösen Ver- fahren ist die Entwicklung der Alzheimer-Krankheit um ein bis zwei Jahre zu verlangsamen. Eine Verzögerung um nur fünf Jahre würde die Zahl der Alzheimer- Patienten um 50 Prozent senken.

Bei einer Verschiebung um zehn Jahre wäre die Erkrankung so gut wie verschwunden.

Hirnliga e.V.: Die Alzheimer-Krankheit

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Aufgrund der Abhängigkeit der Ne- benwirkungsrate von der Geschwindig- keit der Dosissteigerung sollten die Cholinesterasehemmer über einen Zeit- raum von mehreren Wochen

Überraschenderweise hat man in diesen Fällen nicht nur das Parkinson-typische pathologische Substrat (Verlust dop- aminerger Neurone und Gliosis in der Substantia nigra)

Die im Berichtsplan in Abschnitt 6.2 aufgeführte Sensitivitätsanalyse, Ergebnisse von Meta- Analysen für Modelle mit festen Effekten denen für zufällige Effekte gegenüberzustellen,

Wegen der insgesamt schlechten Pro- gnose eines Leberzirrhotikers nach Auftreten einer SBP muss auch die In- dikation für eine Lebertransplantation geprüft werden..

Dem Antrag wurde nicht stattgegeben, »da der Verurteilte zwar in Geisteskrankheit verfallen ist, er aber bei Ihnen (gemeint ist die Institution der Abteilung für Psychi- atrie

Zusammenfassend zeigten die bisherigen Untersuchungen, daß nicht nur neuroprotektive sondern auch neuroregenerative Effekte, wie axonales Auswachsen nach einer Verletzung, über

Er spekuliert, daß ApoE mit dem zweiten Proteintyp, der für das Nervenzellsterben in den Gehirnen von Alzheimer-Patienten verantwortlich gemacht wird, in eine

Bei depressiven Patienten bessern sich unter antidepressiver Therapie auch die kognitiven Störungen, bei dementen Patienten bestenfalls die affektiven Symptome der