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Jahresbericht 2009 der Gewerbeaufsicht Sachsen-Anhalt

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Jahresbericht

2009

der Gewerbeaufsicht

Sachsen-Anhalt

(4)

Dr. rer. nat. Ulrich Bärenwald, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Technischer und sozialer Arbeitsschutz, Dessau-Roßlau Dipl.-Psych. Karin engelhardt, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Gewerbeaufsicht Mitte, Magdeburg

Dipl.-Ing. dietmar glöcKner, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Technischer und sozialer Arbeitsschutz, Dessau-Roßlau Dipl.-Phys. Owen gräfe, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Stoffliche/physikalische Gefahren, Medizinischer Arbeitsschutz, Dessau-Roßlau

Dipl.-Chem. gaBriele hähnel, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Gewerbeaufsicht Süd, Halle (Saale)

Dr.-Ing. gUntram herz, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Technischer und sozialer Arbeitsschutz, Dessau-Roßlau Dipl.-Ing. Manfred Ifland, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Gewerbeaufsicht Süd, Halle (Saale)

Dipl.-Phys. hartmUt Karsten, Ministerium für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt, Referat Geräte- und anlagenbezogener Arbeitsschutz, Magdeburg

Dipl.-Chem. Ute Köppen, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Stoffliche/physikalische Gefahren, Medizinischer Arbeitsschutz, Dessau-Roßlau

Dipl.-Ing. gUidO KOste, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Gewerbeaufsicht Ost, Dessau-Roßlau

Dipl.-Phys. hannes KranepUhl, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Technischer und sozialer Arbeitsschutz, Dessau- Roßlau

Dipl.-Ing. (FH) cOrnelia KrUde, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Technischer und sozialer Arbeitsschutz, Dessau-Roßlau Dipl.-Ing. günter laUx, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dessau-Roßlau

Dipl.-Ing. JOachim lüderitz, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Technischer und sozialer Arbeitsschutz, Dessau-Roßlau Dr.-Ing. Jörg przygOdda, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Technischer und sozialer Arbeitsschutz, Dessau-Roßlau Jana richter-grünewald M.A., Landesamt für Verbraucherschutz, FB Verwaltung, Dezernat Informationsmanagement, Dessau-Roßlau

Dipl.-Ing. hOlger scheil, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Technischer und sozialer Arbeitsschutz, Dessau-Roßlau Dr. rer. nat. Bernhard schicht, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Technischer und sozialer Arbeitsschutz, Dessau-Roßlau Dr. med. ralf schlesinger, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Stoffliche/physikalische Gefahren, Medizinischer Arbeitsschutz, Dessau-Roßlau

Dipl.-Phys. Otfried zerfass, Landesamt für Verbraucherschutz, FB Arbeitsschutz, Dezernat Technischer und sozialer Arbeitsschutz; Dessau-Roßlau

(5)

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens ist ohne Gesundheit, Motivation und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten nicht denkbar. Sichere und gesunde Arbeitsplätze liegen im Interesse der Beschäftigten, sie sind aber ebenso eine wesentliche Voraussetzung für die weitere Verbesserung der Wettbewerbs- fähigkeit unseres Landes, da die wichtigsten Ressourcen eines Unternehmens seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind. Der vorliegende Bericht soll die vielfältigen Aktivitäten der Arbeitsschutzbehörden Sachsen-Anhalts für Gesundheit und Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz darstellen.

Ein Aspekt des Arbeitsschutzes, der besonders von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, ist das Un- fallgeschehen. Hier hat es im Berichtsjahr eine erfreuliche Entwicklung gegeben. Musste im vergange- nen Jahr noch von 17 tödlichen Arbeitsunfällen im Zuständigkeitsbereich der Arbeitsschutzverwaltung des Landes berichtet werden, waren es im Berichtsjahr 8 tödliche Arbeitsunfälle. Nicht vergessen wer- den darf, dass die überwiegenden Unfallursachen im Verhalten der Beteiligten oder der mangelhaften Organisation liegen und nur weniger als 10 % technische Ursachen haben. Der weiteren Verbesserung

der Arbeitsschutzorganisation in den Unternehmen und der Einwirkung auf das individuelle Verhalten der Beschäftigten kommen daher nach wie vor eine besondere Bedeutung zu. Hier haben staatliche Arbeitsschutzbehörden und Unfallversicherungsträger eine besondere Verantwortung.

Um dieser Verantwortung angesichts einer sich strukturell tiefgreifend wandelnden Arbeitswelt gerecht zu werden, haben sich Bund, Länder und Unfallversicherungsträger zu einer Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) verpflichtet, über die an dieser Stelle schon mehrfach berichtet wurde. In praktischer Umsetzung dieser Strategie wurde im Jahr 2009 vom Landesamt für Verbraucherschutz, der Be- rufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege und der Unfallkasse Sachsen-Anhalt die Durchführung eines gemeinsamen Konzeptes „Gesunde Pflege in Sachsen-Anhalt“ vereinbart. Diese Themenwahl trägt sowohl der demografischen Entwicklung unserer Be- völkerung als auch dem Bedarf an Verbesserungen bei Arbeits- und Gesundheitsschutz im Wirtschaftszweig Pflege Rechnung.

Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Fachbereiches Arbeitsschutz für ihr Engagement. Ein umfangreiches Arbeitspensum wurde in hoher Qualität bewältigt.

Ich möchte Sie, liebe Leserinnen und Leser, bitten, sich hiervon selbst ein Bild zu machen.

Minister für Gesundheit und Soziales

(6)

Inhaltsverzeichnis

1 Zur Situation im Arbeitsschutz und technischen Verbraucherschutz . . . . 9

1.1 20 Jahre Gewerbeaufsicht / Arbeitsschutzverwaltung im Land Sachsen-Anhalt - Überblick über die Entwicklung des Fachbereiches Arbeitsschutz seit 1990 . . . 9

1.2 Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie - Eine Zwischenbilanz . . . 11

1.3 Zusammenarbeit mit den Unfallversicherungsträgern in Sachsen-Anhalt im Jahr 2009 . . . 13

1.4 Arbeitsunfälle mit tödlichem Ausgang in Sachsen-Anhalt im Jahr 2009 . . . 16

2 Sozialer Arbeitsschutz . . . . 19

2.1 Mutterschutz - Beschäftigungsverbote in der Schwangerschaft . . . 19

2.2 Kinder- und Jugendarbeitsschutz . . . 23

2.3 Sozialvorschriften im Straßenverkehr . . . 24

Ergebnisse der Überwachung der Lenk- und Ruhezeiten des Fahrpersonals . . . 24

Teilerfolge bei der Durchsetzung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr in einer internationalen Spedition . . . 25

2.4 Überwachung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes - Landesweite Zunahme von Beschwerden über problematische Arbeitszeiten . . . 27

3 Marktüberwachung . . . . 28

3.1 Aktive und reaktive Marktüberwachung im Überblick . . . 28

Zur aktiven Marktüberwachung . . . 28

Zur reaktiven Marktüberwachung . . . 28

3.2 Sicher auf dem Schulweg - Marktaufsicht im Bereich Schulranzen . . . 29

4 Schutz der Gesundheit . . . . 31

4.1 Psychische Belastungen ermitteln - Kontrollen und Beratungen in Einrichtungen der Altenpflege . . . 31

4.2 Medizinischer Arbeitsschutz . . . 32

Berufsbedingte Erkrankungen 2009 . . . 32

Auswertung der Haut-Präventionskampagne 2009 „Ohne Handschuhe an der Frischetheke – Hygiene trotzdem“ . . . 32

5 Gebiete des technischen Arbeitsschutzes . . . . 34

5.1 Strahlenschutz . . . 34

Röntgenverordnung . . . 34

Strahlenschutzverordnung . . . 34

Zusammenarbeit mit anderen Stellen . . . 35

(7)

5.2 Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen. . . 36

Gentechnisch veränderte biologische Arbeitsstoffe . . . 37

Feuerwehreinsatz in Anlage zur Proteinwirkstoffgewinnung . . . 38

5.3 Ergebnisse der Überprüfung überwachungsbedürftiger Anlagen im Rahmen der Inspektionen nach § 16 Störfall-Verordnung . . . 39

5.4 Unfallauswertung: Explosion in einem Tankcontainer . . . 41

5.5 Medizinprodukte . . . 42

6 Aus der Arbeit der Landesmessstelle und sonstige Themen . . . . 43

6.1 Expositionsgefahr beim Abriss von Industriebrachen . . . 43

6.2 Das ist anrüchig ... mir stinkt‘s ... der Nase nach gehen . . . 45

6.3 Beförderung gefährlicher Güter . . . 47

Kontrollergebnisse 2009 . . . 47

Gefahrgut Treff Sachsen-Anhalt fand zum 16. Mal statt . . . 48

Gefahrgutunfälle . . . 48

TUIS-Einsätze . . . 48

7 Vorträge und Publikationen . . . . 50

7.1 Vorträge . . . 50

7.2 Publikationen . . . 52

8 Anhang . . . . 53

8.1 Tabelle 1 - Personal der Arbeitsschutzbehörden (Gewerbeaufsicht) des Landes Sachsen-Anhalt . . . 53

8.2 Tabelle 2 - Betriebsstätten und Beschäftigte im Zuständigkeitsbereich . . . 54

8.3 Tabelle 3.1 - Dienstgeschäfte in Betriebsstätten nach Leitbranchen . . . 55

8.4 Tabelle 3.1 - Dienstgeschäfte in Betriebsstätten nach Wirtschaftsklassen . . . 56

8.5 Tabelle 3.2 - Dienstgeschäfte außerhalb der Betriebsstätte . . . 58

8.6 Tabelle 4 - Produktorientierte Darstellung der Tätigkeiten . . . 59

8.7 Tabelle 5 - Geräte- und Produktsicherheitsgesetz . . . 60

8.8 Tabelle 6 - Begutachtete Berufskrankheiten . . . 61

(8)

ABAS ...Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe Abs. ...Absatz

ADR ...Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße

AETR ...Europäisches Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals ArbSchG ...Arbeitsschutzgesetz

ArbZG ...Arbeitszeitgesetz BAB ...Bundesautobahn

BAG ...Bundesamt für Güterverkehr

BAM ...Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung BAuA ...Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin BetrSichV ...Betriebssicherheitsverordnung

BG ...Berufsgenossenschaft BG ETE ...BG Energie Textil Elektro

BGW ...BG für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege BioStoffV ...Biostoffverordnung

BLEVE ...Gasexplosion einer expandierenden, siedenden Flüssigkeit EBA ...Eisenbahnbundesamt

EG ...Europäische Gemeinschaft ERA ... Europäische Eisenbahnagentur FBG ...Fleischerei-Berufsgenossenschaft GAÄ ...Gewerbeaufsichtsämter

GDA ...Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie GenTG ...Gentechnikgesetz

GenTSV ...Gentechniksicherheitverordnung GesBergV ...Gesundheitsschutz-Bergverordnung GPSG...Geräte- und Produktsicherheitsgesetz

GPSGV ...Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz GVO ...Gentechnisch veränderter Organismus

GWB ...Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

ICSMS...internetgestütztes Informations- und Kommunikationssystem zur europaweiten Marktüberwachung von technischen Produkten JArbSchG ...Jugendarbeitsschutzgesetz

KBA ...Kraftfahrt-Bundesamt

LAV ...Landesamt für Verbraucherschutz LAS ...Landesamt für Arbeitsschutz LSA ...Land Sachsen-Anhalt LVwA ...Landesverwaltungsamt MMBG ...Maschinenbau- und Metall-BG MPBetreibV ...Medizinprodukte-Betreiberverordnung MPG ...Medizinproduktegesetz

MPV ...Medizinprodukte-Verordnung Mu-RL ...Mutterschafts-Richtlinie MuSchG ...Mutterschutzgesetz

MuSchArbV ...Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz NAK ...Nationale Arbeitsschutzkonferenz

RAPEX ...Schnellwarnsystem der EU für gefährliche Konsumgüter RöV ...Röntgenverordnung

SGB ...Sozialgesetzbuch

SLIC ...Senior Labour Inspectors Comittee StrlSchV ...Strahlenschutzverordnung

TRBA ...Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe TRGS ...Technische Regeln für Gefahrstoffe

TSI ...Technische Sepzifikationen für Interoperabilität TUIS ...Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem UKSA ...Unfallkasse Sachsen-Anhalt

UVT ...Unfallversicherungsträger VCI ...Verband der Chemischen Industrie VDI ...Verein Deutscher Ingenieure VergRModG ...Vergaberechtsmodernisierungsgesetz VO ...Verordnung

WHO ...World Health Organization

Abkürzungen

(9)

Zur Situation im Arbeitsschutz und technischen Verbraucherschutz 1 20 Jahre Gewerbeaufsicht / Arbeitsschutzverwaltung im Land Sachsen-Anhalt - 1 .1

Überblick über die Entwicklung des Fachbereiches Arbeitsschutz seit 1990

Dipl.-Ing. Günter Laux

Mit der Herstellung der Einheit Deutschlands war es in den neu gebildeten Bundesländern notwendig, alle Bereiche des gesellschaftli- chen Lebens umzugestalten.

Dieser Prozess vollzog sich mit großer Ge- schwindigkeit und brachte eine Fülle von tiefgreifenden sozialen, ökonomischen, technischen und organisatorischen Heraus- forderungen mit sich.

Einerseits beseitigten die schnellen Verän- derungen der Arbeitswelt zahlreiche, aus der sozialistischen Plan- bzw. Misswirtschaft übernommene erhebliche Gefahren für Le- ben und Gesundheit von Beschäftigten.

Über 40 % der in den Produktionsbetrieben der DDR Beschäftigten waren gesundheit- lich gefährdet, sehr viele von ihnen waren mehrfachen Belastungen, wie gehörschä- digendem Lärm, körperlicher Schwerarbeit, chemischen Schadstoffen, Ganzkörpervib- rationen und nichttoxischen Stäuben ausge- setzt.

Andererseits entstanden an den neuen Arbeitsplätzen neue bislang unbekannte Gefährdungen durch neue Arbeitsstoffe, Maschinen bzw. Anlagen und Produktions- verfahren. Außerdem wirkten sich die völlig neuen Rechtsgrundlagen und die veränder- ten Sozialbeziehungen tiefgreifend auf die Arbeitsbedingungen aus.

Diesen veränderten Rahmenbedingungen musste sich auch die am 1. November 1990 errichtete Gewerbeaufsicht im Land Sach- sen-Anhalt (LSA) stellen.

Damals wurden zuerst 6 Gewerbeaufsichts- ämter (GAÄ) in Stendal, Magdeburg, Halber- stadt, Dessau, Halle und Naumburg als untere Landesbehörden gegründet. Am 11. Juni 1991 beschloss dann das Landeskabinett die Bildung des Landesamtes für Arbeitsschutz (LAS) als Landesoberbehörde. Die Mitarbei- ter der GAÄ und des LAS rekrutierten sich im Wesentlichen aus unbelasteten Fachleuten der ehemaligen Arbeitshygieneinspektionen

der Kreise und Bezirke Magdeburg und Hal- le, der Arbeitsschutzinspektionen des Frei- en Deutschen Gewerkschaftsbundes, des Staatlichen Amtes für Technische Überwa- chung und des Staatlichen Amtes für Atom- sicherheit und Strahlenschutz der DDR.

Auf dem Gebiet des heutigen Landes Sach- sen-Anhalt gab es Anfang der 90er Jahre ca. 50.000 Betriebe mit vielen sicherheits- relevanten Anlagen. In allen Industriezwei- gen waren diese Anlagen aufgrund der wirt- schaftlichen Situation überwiegend veraltet, verschlissen, unwirtschaftlich und entspra- chen nicht mehr dem Stand der Technik. Ob- wohl eine Vielzahl von Anlagen gleich nach der Wende stillgelegt wurde, zeigt eine Un- tersuchung des LAS aus dem Jahr 1993 zur Arbeits- und Anlagensicherheit einen enor- men Sanierungsbedarf der Altanlagen auf.

Die Risiken für Beschäftigte, die Umwelt und sonstigen Sachwerte lagen häufig oberhalb akzeptabler Bereiche. Nur unter Realisierung von Sanierungskonzepten sowie spezieller Organisations- und Sicherungsmaßnahmen zur Gewährleistung der Betriebssicherheit konnte durch die Gewerbeaufsicht der Wei- terbetrieb zum Teil gestattet werden.

Die Altanlagensanierung bzw. die Erneu- erung der Anlagen erstreckte sich über 10 Jahre. Dieser Prozess der Schaffung mo- derner, hochproduktiver und sicherer Anla- gen ist eine außerordentliche Leistung, zu der neben den Fachleuten in den Betrieben, in den Sachverständigenorganisationen und bei den Unfallversicherungsträgern auch die Mitarbeiter der Gewerbeaufsicht/Arbeits- schutzverwaltung beigetragen haben.

Neben der Errichtung neuer Anlagen gab es natürlich beim Abriss, dem so genannten

„Rückbau“ und bei der Sanierung vielfältige, zum Teil neue Arbeitsschutzprobleme.

All diese Veränderungsprozesse wurden anfangs auf der Grundlage eines geschicht- lich gewachsenen Rechtsrahmens durch die

Gewerbeaufsicht begleitet und durch die Be- triebe realisiert.

Die Gewerbeordnung und die darauf ge- stützten Verordnungen, das Betriebsverfas- sungsgesetz, das Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fach- kräfte für Arbeitssicherheit, die Arbeitsstät- tenverordnung, das Mutterschutz- und das Jugendarbeitsschutzgesetz, die Medizin- geräteverordnung oder die Gefahrstoffver- ordnung – um nur einige Rechtsgrundlagen zu nennen – mussten von allen damaligen Akteuren verinnerlicht und in der Praxis an- gewandt werden.

Den Mitarbeitern der staatlichen Arbeits- schutzverwaltung des LSA standen dabei erfahrene Kollegen aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen helfend zur Seite. Dies war ein ganz wichtiger Beitrag zur Herstel- lung auch der inneren Einheit im Arbeits- schutz in Deutschland. Dafür gebührt allen Beteiligten an dieser Stelle nochmals ein herzlicher Dank!

Nun hat sich – wie bereits angedeutet – in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten die Arbeitswelt entscheidend verändert und da- rauf reagierend, die europäische sowie die nationale Gesetzgebung weiterentwickelt.

IuK-Technologien haben sich in der Arbeits- welt in fast allen Bereichen der Wirtschaft etabliert. Mobilität und Flexibilität sind zu

„Zauberbegriffen“ geworden. So musste und muss der Arbeitsschutz auf die Flexibi- lisierung der Unternehmensstrukturen, der Beschäftigungsformen und der Arbeitsor- ganisation Antworten finden. Das „Älterwer- den“ der Gesellschaft mit einer verlängerten Lebensarbeitszeit und die Bedeutung von Wissen stellen neue Anforderungen an den Arbeitsschutz. Nach Prof. Pieper1 von der Universität Wuppertal brauchen wir ein zeit- gemäßes Verständnis von Sicherheit und Gesundheitsschutz.

1 Prof. Pieper, anlässlich eines Vortrages zu Arbeits- schutzmanagementsystemen, am 14.03.2007 in Dessau

(10)

Eigenverantwortung und Selbstbestimmung, auch im Arbeitsschutz, kann nur innerhalb eines garantierten Rechtsrahmens realisiert werden, der Spielräume für individuelles Handeln aller Beteiligten sicherstellt.

Die europäische und nationale Gesetzge- bung entspricht diesen Grundsätzen in wei- ten Teilen.

Mit dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) wurde 1996 in Deutschland ein modernes, den neuen Erfordernissen Rechnung tra- gendes „Grundgesetz“ für den Arbeitsschutz in Kraft gesetzt. Seither wurden eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen novelliert bzw. erlassen und das Technische Regel- werk von Grund auf reformiert. Dieser dyna- mische Veränderungsprozess ist bis heute nicht abgeschlossen.

Parallel zur Veränderung der Arbeitskultur und des Rechtsrahmens wurde der Behör- denaufbau der Arbeitsschutzverwaltung des LSA – nicht zuletzt auch wegen des inzwi- schen erfolgten ca. 40%igen Personalab- baus – neu strukturiert.

Mit der Gründung des Landesamtes für Verbraucherschutz (LAV) im Jahr 2002 wur- den die 6 Gewerbeaufsichtsämter sowie das Landesamt für Arbeitsschutz aufgelöst und zu einem Fachbereich Arbeitsschutz verschmolzen. Da diesem Fachbereich ne- ben den klassischen Vollzugsaufgaben im Arbeitsschutz auch Aufgaben der Markt- überwachung von Medizinprodukten, techni- schen Arbeitsmitteln, Verbraucherprodukten, unter anderem Spielzeug und Sportbooten, übertragen wurden, waren Synergien mit den anderen Fachbereichen des Amtes

schnell erzielbar. So wurde beispielsweise mit dem Fachbereich Hygiene die Aufberei- tung von flexiblen Endoskopen in Arztpraxen untersucht. Mit dem Fachbereich Veterinär- medizin konnten grundlegende Verbesse- rungen bei der Tötung von Geflügel oder bei der Tierkörperbeseitigung erreicht werden.

Gemeinsam mit dem Fachbereich Lebens- mittelsicherheit wurden zum Beispiel Be- darfsgegenstände und Spielzeug untersucht und bewertet.

Ausgehend vom Evaluationsbericht des Se- nior Labour Inspectors Committee (SLIC) vom Februar 2006 wurde auch die Strategie der Arbeitsschutzaufsicht im LSA grundle- gend geändert. So forderte das SLIC von den Aufsichtsbehörden, dass Aussagen zum betrieblichen Niveau des Arbeitsschutzes in den Unternehmen zu treffen sind, die Auf- sicht systematisch zu planen und zu steuern ist, die Aufsichtsmethodik transparent und verbindlich sein soll und die Effizienz der Aufsicht zu beurteilen ist.

Der Fachbereich Arbeitsschutz des LAV hat in einem internen Prozess eine qualitätsge- sicherte Kontrolle der betrieblichen Arbeits- schutzorganisation entwickelt und eingeführt.

Diese moderne Aufsichtsstrategie setzt glei- chermaßen auf Effektivität und Effizienz des Handelns. Ziel dabei ist es, langfristige, d. h.

nachhaltige Wirkungen, möglichst mit einem verbesserten Niveau des betrieblichen Ar- beitsschutzes zu erzielen.

Die Aufsicht konzentriert sich - neben der Aufdeckung einzelner Arbeitsschutzmängel - auf die Arbeitsschutzorganisation in Unter- nehmen hinsichtlich ihrer Beschaffenheit, Zweckmäßigkeit und Güte sowie ihrer prak-

tischen betrieblichen Umsetzung und Wirk- samkeit.

Zum Ende einer Betriebsrevision muss die Aufsichtsperson situationsgerecht, unter Ab- wägung der eventuell vorgefundenen Defizi- te, eine individuelle Bewertung - skaliert in 5 Stufen - abgeben. Diese Bewertung ist dann entscheidend für die zukünftige Aufsichts- frequenz und -tiefe sowie für das behördli- che Verwaltungshandeln. Heute werden ca.

92.000 Betriebe und rund 860.000 Beschäf- tigte im LSA von der Arbeitsschutzverwal- tung betreut.

Seit 2008 haben der Bund, die Berufsge- nossenschaften (BGen) und die staatlichen Arbeitsschutzbehörden der Länder unter Be- teiligung der Sozialpartner die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) ver- bindlich entwickelt und sowohl im ArbSchG als auch im Sozialgesetzbuch VII (SGB VII) rechtlich verankert.

In der GDA wurden erstmals in der Ge- schichte des deutschen Arbeitsschutzes gemeinsam getragene Arbeitsschutzziele, arbeitsteilige Vorgehensweisen sowie ein- zusetzende Ressourcen im Konsens festge- schrieben.

Zur Erreichung der postulierten, anspruchs- vollen Ziele wird die Arbeitsschutzverwaltung des LSA alle notwendigen Anstrengungen unternehmen, damit die GDA zum Erfolg ge- führt wird.

(11)

Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie - Eine Zwischenbilanz 1 .2

Dipl.-Phys. Hartmut Karsten

In den Jahresberichten 2007 und 2008 wurde an gleicher Stelle unter dem Titel „Gemein- sam für sichere und gesunde Arbeitsplätze“

und „Herstellung methodischer Grundla- gen für die Umsetzung der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie“ über den Stand der Entwicklung berichtet.

Im Jahre 2009 wurde eine Fülle von Aktivi- täten zur Verwirklichung der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA), die durch die im Jahr 2008 erfolgte Ände- rung des Arbeitsschutzgesetzes und durch das Unfallversicherungsmodernisierungsge- setz eine Rechtsgrundlage erhalten hat, re- alisiert. Die Nationale Arbeitschutzkonferenz (NAK) konstituierte sich am 6. Mai 2009 in Berlin und beschäftigte sich mit dem Stand der Entwicklung der Arbeitsprogramme, mit der Machbarkeitsstudie zur Evaluation der GDA, mit dem Stand der Entwicklung eines kohärenten Vorschriften- und Regelwerkes, der Öffentlichkeitsarbeit der GDA und dem Arbeitsschutzforum 2009.

Das 4. Arbeitsschutzforum 2009 fand in Bre- men statt. Von besonderem Interesse waren die drei Workshops, die sich mit wichtigen Einzelfragen der Strategie beschäftigt haben.

Im Workshop zum gemeinsamen Grundver- ständnis der Gefährdungsbeurteilung wurde eine Rechtsverordnung zum Arbeitsschutz- gesetz angeregt, die eine Konkretisierung der Mindestbestandteile der Gefährdungs- beurteilung zum Inhalt haben sollte. Sei- tens der Arbeitnehmervertreter wurde ein verstärkter Personaleinsatz insbesondere seitens der Länder gefordert. Im Workshop zur Sensibilisierung zum Thema „Sicherheit und Gesundheitsschutz in Schulen“ bestand Einvernehmen darüber, dass die Mitwirkung der Kultusministerien der Länder am GDA- Programm von entscheidender Bedeutung ist. Die Forderung, in das Programm nicht nur berufsbildende Schulen einzubeziehen, wurde zwischenzeitlich von der Projektlei- tung realisiert. Die Frage, wie die GDA in die Betriebe kommt, beschäftigte sehr viele Teil- nehmer des 4. Arbeitsschutzforums. Betont

wurde die große Bedeutung von Netzwerken im Arbeitsschutz und die Notwendigkeit, den Nutzen der GDA für die Betriebe zu verdeutli- chen. Gefordert wurde auch ein konsequen- teres Auftreten der Aufsicht in Betrieben mit erheblichen Arbeitsschutzdefiziten. Wie in den Vorjahren gelang es nur eingeschränkt, die im § 20b des Arbeitsschutzgesetzes genannten Verbände der Fachöffentlichkeit einzubeziehen. Aus diesem Defizit zog die zweite Sitzung der NAK den Schluss, die Or- ganisation des Arbeitsschutzforums im Jahr 2010 so zu verändern, dass die Beteiligung der interessierten Fachöffentlichkeit verstärkt angeregt wird.

Die praktische Durchsetzung der GDA war dadurch gekennzeichnet, dass der inten- sivierte Abstimmungsprozess zwischen staatlichen Arbeitsschutzbehörden und den Unfallversicherungsträgern langsam die praktische Arbeit zu prägen begann. Damit rückt ein Erreichen der Ziele, die vor allem auch in einem verbesserten Einsatz der zur Verfügung stehenden personellen Ressour- cen der Aufsichtskräfte bestehen, in greif- bare Nähe. Immer deutlicher macht sich im deutschen Arbeitsschutz bemerkbar, dass sich die drei Träger auf gemeinsame Ziele verständigen, im Rahmen ihrer Möglichkeit Handlungsfelder auswählen und die Koope- ration zur Erreichung der gesteckten Ziele als verbindlich erleben.

Im Jahr 2009 begann die erste wirkliche Umsetzungsphase, bei der die Träger in en- ger Abstimmung mit den Sozialpartnern die nachfolgend genannten sechs Programme der verbindlichen Kategorie 1 realisieren werden:

Sicherheit und Gesundheitsschutz bei

Bau- und Montagearbeiten

Sicherheit und Gesundheitsschutz bei

der Zeitarbeit

Sicher fahren und transportieren (inner-

betrieblich und öffentlich)

Sicherheit und Gesundheitsschutz bei

der Pflege

Gesund arbeiten im Büro

Gesundheitsschutz bei Feuchtarbeit und

Tätigkeit mit hautschädigenden Stoffen.

Diese Projekte werden von den Unfallver- sicherungsträgern und den staatlichen Ar- beitsschutzbehörden bundesweit einheitlich durchgeführt. Bei den ersten fünf genannten Projekten sollen die Verringerung von psychi- schen Fehlbelastungen und die Förderung der systematischen Wahrnehmung des Ar- beitsschutzes im Unternehmen in die Reali- sierung einbezogen werden. Offizieller Start- punkt der Durchführung der Programme war eine Veranstaltung am 16. Juli 2009, auf der Baustelle des Flughafens Berlin Branden- burg International, bei der die geplanten Be- ratungs-, Schulungs- und Überwachungs- maßnahmen erstmalig einer breiteren Öf- fentlichkeit vorgestellt wurden. Anschließend sind die vereinbarten Programme zeitlich versetzt begonnen worden. Übergeordnetes Ziel ist es, die weiter bestehenden klassi- schen Gesundheitsgefährdungen ebenso wie neue Gesundheitsgefährdungen sys- tematisch anzugehen und dabei auch die Gesundheitskompetenz der Beschäftigten zu stärken. Ein wichtiger Schwerpunkt wird dabei in kleinen und mittleren Betrieben rea- lisiert. Dabei wird das Ziel verfolgt, auch dort die Präventionskultur zu entwickeln und Si- cherheit und Gesundheit der Beschäftigten verstärkt in den Mittelpunkt der Betrachtung zu rücken.

2009 wurden darüber hinaus weitere Ar- beitsprogramme vorbereitet, die sich der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz bei einseitig belastenden und bewegungsar- men Tätigkeiten im Rahmen des Arbeits- schutzziels „Muskel-Skelett-Belastungen und –Erkrankungen“ widmen und in der Ernährungsindustrie, bei feinmechanischen Montiertätigkeiten, in der Gastronomie und Hotellerie sowie bei der Personenbeförde- rung im öffentlichen Personennahverkehr realisiert werden sollen. Von besonderer Be- deutung ist darüber hinaus ein Programm, das sich der Sensibilisierung für das Thema

(12)

„Sicherheit und Gesundheitsschutz in Schu- len“ widmen wird. Die zeitliche Staffelung des Beginns der einzelnen Projekte sichert, dass die Betriebe nicht überfordert werden und ermöglicht darüber hinaus eine kon- zentrierte Bearbeitung der Themen durch die Aufsichtsdienste der Träger. Positiv zu bemerken ist, dass trotz der wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Umsetzungsmaß- nahmen weitgehend planmäßig begonnen werden konnten. Dies stärkt die bestehende Erkenntnis, dass gute Arbeitsbedingungen und wirtschaftlicher Erfolg nachweisbar zu- sammen gehören und daher auch in wirt- schaftlich schwierigen Zeiten im Einklang mit den Interessen der angesprochenen Be- triebe stehen.

Die durch die gemeinsamen Arbeitsprogram- me der GDA entstehende verstärke Konzen- tration der Kräfte auf wichtige Schwerpunkte verlangt eine Vertiefung der Koordination

der Tätigkeit der beteiligten Aufsichtsdienste.

Dies wird seitens der Unfallversicherungsträ- ger durch die gemeinsame landesbezogene Stelle wahrgenommen. Diese hat einen Len- kungsausschuss eingerichtet, in dem Vertre- ter des Landes Sachsen-Anhalt und der in der Region tätigen Unfallversicherungsträ- ger die Aufgabenverteilung abstimmen.

Für die Prüfung der Wirksamkeit der Arbeits- programme und der gesamten Strategie ist es notwendig, viele Daten, sowohl im Rah- men der Arbeitsprogramme als auch darü- ber hinausgehend zu erfassen und auszu- werten. Die Speicherung der Daten und ihre Auswertung muss unter strikter Einhaltung der Datenschutzbestimmungen erfolgen.

Gegenwärtig gibt es auf diesem Gebiet eini- ge Probleme, die möglicherweise nur durch gesetzgeberische Aktivitäten überwunden werden können. Daher werden zur operati- ven Koordination zur Zeit Zwischenlösungen

genutzt, die eine Überschneidung der Aktivi- täten der Aufsichtsdienste weitgehend aus- schließen sollen.

Der Schwerpunkt der Realisierung der ge- nannten sechs Projekte der Kategorie 1 wird im Jahr 2010 und 2011 liegen. Gleichzeitig muss mit den Vorbereitungen für die neue Periode der GDA in den Jahren 2013 bis 2017 begonnen werden, um eine rechtzeiti- ge Fortführung wichtiger Aktivitäten und ggf.

auch die Aufnahme von neuen Arbeitschutz- zielen zu erreichen.

(13)

Zusammenarbeit mit den Unfallversicherungsträgern in Sachsen-Anhalt im Jahr 1 .3

2009

Dr. rer. nat. Ulrich Bärenwald

Das duale Arbeitsschutzsystem in Deutsch- land ruht auf zwei Säulen. Eine Säule ist die staatliche Arbeitsschutzaufsicht. In Sachsen- Anhalt nehmen sieben Dezernate des Fach- bereichs 5 des Landesamtes für Verbrau- cherschutz (LAV) diese Aufgabe wahr. Die zweite Säule bilden die Unfallversicherungs- träger (UVT), also die Berufsgenossenschaf- ten (BGen) und Unfallkassen.

Der Fachbereich 5 des LAV kontrolliert branchenübergreifend die betriebliche Um- setzung staatlicher Rechtsvorschriften. Die BGen konzentrieren ihre Aktivitäten auf die Erfordernisse der jeweiligen Industrie- und Gewerbezweige und sind damit brancheno- rientiert aufgestellt.

Das Gewährleisten sicherer, gesunder und menschengerechter Arbeitsbedingungen ist eine gesetzlich verankerte Aufgabe für alle Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland. Den staatlichen Arbeitsschutz- behörden und UVTn kommt bei deren Durch- setzung eine besondere Verantwortung zu.

Um dieser Verantwortung angesichts einer sich strukturell tiefgreifend wandelnden Ar- beitswelt gerecht zu werden, haben sich Bund, Länder und UVT zu einer Gemein- samen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) verpflichtet. Deutschland berücksich- tigt damit auch europäische und internatio- nale Entwicklungen.

Bestandteil der GDA ist u. a. die Verbesse- rung des Zusammenwirkens der staatlichen Arbeitsschutzbehörden und der UVT, insbe- sondere in Bezug auf eine abgestimmte, ar- beitsteilige Überwachungs- und Beratungs- tätigkeit einschließlich einer gleichwertigen Umsetzung von Arbeitsschutzvorschriften.

Dies setzt eine strategische und handlungs- orientierte Koordinierung der Tätigkeiten im jeweiligen eigenen Zuständigkeitsbereich sowie die Nutzung eigener Erfahrungen und Handlungsstärken im Sinne der Erzeugung von Synergieeffekten voraus.

Einen Schwerpunkt der Zusammenarbeit im Berichtszeitraum bildete der 4. Erfahrungs-

austausch auf Leitungsebene zwischen der staatlichen Arbeitsschutzverwaltung des Landes Sachsen-Anhalt und den im Land Sachsen-Anhalt tätigen UVTn am 29. und 30. Juni 2009 in Magdeburg. An den beiden Sitzungstagen stellten verschiedene Refe- renten Themen vor, wie:

Stand und Perspektive der Arbeits-

schutzaufsicht in Sachsen-Anhalt, Struktur und Arbeitsweise der Gemein-

samen Landesbezogenen Stelle in Sachsen-Anhalt,

Forschungsvorhaben des Instituts für Ar-

beitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (BGIA),

Forschungsvorhaben der Bundesanstalt

für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA),

Bericht über die Beschlüsse der Nationa-

len Arbeitsschutzkonferenz (NAK) sowie über die Arbeitsweise der Projektgrup- pen „Arbeitsprogramme“ und „Dacheva- luation“,

Umsetzungsvereinbarung für das Jahr

2009 über die Durchführung der im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie umzusetzenden Arbeitsprogramme,

Stand der drei Arbeitsschutzprojekte, die

sich 2009 bereits in der Durchführungs- phase befanden:

GDA-Arbeitsprogramm „Bau und

Montage“

GDA-Arbeitsprogramm „Zeitarbeit“

GDA-Arbeitsprogramm „Haut“,

Stand der Vorbereitung des Arbeitschutz-

forums 2009 in Bremen,

weitere Vorhaben der in Sachsen-Anhalt

tätigen UVT, möglichst unter Berücksich- tigung erster Überlegungen für 2010, weitere Vorhaben des Landesamtes für

Verbraucherschutz möglichst unter Be- rücksichtigung erster Überlegungen für 2010.

Sie wurden in lebhaften Diskussionen aus- führlich beraten. Innerhalb der Sitzung wur- de auch eine Rahmenvereinbarung über das Zusammenwirken der staatlichen Ar- beitsschutzbehörden der Länder und der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie unterzeichnet (Abb.

1).

Es hatte sich als zweckmäßig gezeigt, die jeweiligen GDA-Projektleiter zur Vorstellung ihrer Vorhaben einzuladen. Damit konnte ein direkter Kontakt zwischen Projektleitung und Bearbeitern hergestellt werden. Insgesamt war die zweitägige Beratung sehr erfolg- reich. Sie soll im Jahr 2010 eine Nachfolge erfahren, weil, wie Herr Dr. Dr. Nehring, Ab- teilungsleiter im Ministerium für Gesundheit und Soziales Sachsen-Anhalt, formulierte:

„Zwischenauswertungen den Blick auf das Ziel schärfen“.

Nach Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung Abb.1

(14)

In Sachsen-Anhalt wurde 2009 in Zusam- menarbeit des LAV mit der BG Gesundheits- dienst und Wohlfahrtpflege (BGW) und der Unfallkasse Sachsen-Anhalt (UKSA) ein Musterkonzept für die operationelle Umset- zung der GDA entwickelt. Es heißt „Gesunde Pflege in Sachsen-Anhalt“ und ist dem Ka- tegorie I-Projekt der GDA „Etablierung und Stärkung einer Präventionskultur in Unter- nehmen der Pflegebranche und Förderung der Gesundheitskompetenz von Beschäf- tigten zur Reduktion des Einflusses physi- scher und psychosozialer Risikofaktoren auf Muskel-Skelett-Erkrankungen“, einem soge- nannten „Leuchtturmprojekt“ gewidmet.

Der Wirtschaftszweig Pflege gewinnt immer mehr an Bedeutung, nicht zuletzt wegen der demografischen Entwicklung in Deutsch- land. Und er ist gleichermaßen ein Bereich, in welchem ausgesprochen vielfältige Maß- nahmen im Arbeits- und Gesundheitsschutz sowohl notwendig als auch anerkannt nach- haltig und hilfreich sind.

Zur Durchführung des Projekts „Gesunde Pflege in Sachsen-Anhalt“ haben sich das LAV, die BGW und die UKSA auf folgende Grundsätze der Zusammenarbeit verstän- digt:

Die Tätigkeiten der genannten Partner

folgen dem gemeinsamen Willen, bei der Umsetzung der GDA-Arbeitsprogramme eng zusammenzuwirken.

Das Projekt „Gesunde Pflege in Sach-

sen-Anhalt“ ordnet sich nahtlos in die Ak- tivitäten auf der Basis der von der NAK bestätigten Projektpläne ein. Die einzel- nen, abgestimmten Projektaktivitäten und die ihnen zugeordneten Maßnah- men werden von den beteiligten Part- nern eigenverantwortlich umgesetzt.

Jeder Partner nutzt die eigenen Res-

sourcen im vereinbarten Umfang.

Das arbeitsteilige und aufeinander abge-

stimmte Vorgehen von UKSA, BGW und LAV erfolgt vorrangig nach den vorhan- denen Kompetenzen und Stärken. Da-

bei wird die Zusammenarbeit nach den folgenden Leitgedanken organisiert:

Das LAV überwacht die Einhaltung

der staatlichen Arbeitsschutzvorschrif- ten und berät die Arbeitgeber bei der Erfüllung der sich aus den Rechts- vorschriften ergebenden Pflichten.

Die Gestaltung der Überwachungs- tätigkeit erfolgt gefährdungsorientiert und konzentriert sich auf die Funkti- onsfähigkeit der betrieblichen Arbeits- schutzsysteme. Die Beratung ist eine

„Beratung zur Selbsthilfe“ und ver- weist dabei ausdrücklich auf die am Projekt beteiligten UVT.

Die UVT beraten die Unternehmer

und Versicherten. Sie gestalten ihre Beratungs- und Überwachungsauf- gaben gemäß SGB VII gefährdungs- orientiert, bieten konkrete Lösungs- möglichkeiten an und setzen ihre Schwerpunkte auf Beratung, Informa- tion und Motivation sowie Aus-, Fort- und Weiterbildung.

Bei allen Beratungs- und Aufsichtstätig-

keiten wird gewährleistet, dass die für die Überwachung und Prävention zur Verfü- gung stehenden Personalressourcen zielgerichtet und arbeitsteilig eingesetzt werden.

Inhaltliche oder zeitliche Überschneidun-

gen von Aktivitäten in den Pflegeeinrich- tungen sind zu vermeiden. Dazu wird im Rahmen der Zusammenarbeit der Aus- tausch wesentlicher Daten und Informa- tionen vereinbart. Nutzen und Aufwand sind in einem für die praktischen Erfor- dernisse angemessenen Verhältnis zu halten und bilateral abzustimmen.

Im Einzelfall kann das Vorgehen der

Partner gegenüber Normadressaten, die sich einer Beratung wenig zugänglich zeigen, vertrauensvoll und in Zusam- menarbeit geplant werden.

Im Rahmen dieses Projektes haben bereits mehrere gemeinsame Veranstaltungen statt- gefunden. Im Berichtszeitraum waren das

24.06.2009:

„Würdevolle Pflege in Sachsen- Anhalt gestalten - Die Pflege- Charta gemeinsam umsetzten“,

16./17.11.2009:

Führungskräfteforum „Pflege“ (Abb. 2), 08.12.2009:

Fachtagung „Gesunde Pflege – Lösun- gen für die Praxis“.

Das Projekt „Gesunde Pflege in Sachsen- Anhalt“ unterstreicht die Möglichkeiten und die praktische Relevanz gemeinsamen, in- tegrierten Handelns von staatlicher Arbeits- schutzaufsicht und UVTn, um, wo möglich angereichert mit Beiträgen weiterer Sozial- partner, die ehrgeizigen Ziele der GDA zu erreichen.

Am 29.10.2009 fand in den Räumen der Verwaltung der Maschinenbau- und Metall- berufsgenossenschaften (MMBG) in Dessau ein Erfahrungsaustausch zwischen dem LAV, der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro (BG ETE), der Bau Berufsgenossen- schaft (Bau-BG) und der MMBG statt. Das behandelte Themenspektrum war weit ge- spannt. Es reichte von Maschinensicherheit (geänderte 9. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz - Leitsätze zur Ri- sikobeurteilung nach der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG) über Schutznetze, Probleme beim Gerüstbau, Hubarbeitsbühnen, Elek- trosicherheit auf Baustellen bis zu „Gefahr- stoffen beim Schweißen - Erkenntnisse und Schlussfolgerungen für den Gesundheits- schutz unter Berücksichtigung der TRGS

Führungskräfteforum „Pflege“

Abb.2

(15)

528“. Wie nicht anders zu erwarten war, regte diese Themenvielfalt zu lebhafter und fruchtbringender Diskussion aller Teilnehmer an. Insbesondere auch deshalb, weil sämtli- che Themen durch praxiserfahrene Referen- ten des LAV, der MMBG, der Bau-BG und der BG-ETE vorgetragen wurden.

Eine zweitägige Beratung fand am 04. und 05. November 2009 im Aus- und Fortbil- dungszentrum für Arbeits- und Gesundheits- schutz der Fleischerei-Berufsgenossen schaft (FBG) in Reinhardsbrunn statt. Sie stand unter dem Motto „Erfahrungsaus tausch der FBG mit Staatlichen Arbeitsschutzbehörden der Länder Sachsen, Thüringen und Sach- sen-Anhalt“. Auch hier war die Tagesord- nung vielfältig. Sie enthielt einerseits Projekt- themen wie die GDA, die Sonderaktionen

„Lärm-Stopp 2009“, „Risiko raus 2010/2011“

sowie ein Handschuhprojekt, anzuwenden an Fleischtheken und im Bereich Verpa- ckung. Andererseits kamen Arbeitsunfälle - auch tödliche - in der Fleischwirtschaft, die Ergebnisse einer Hautschutzevaluation der FBG in den Jahren 2007/08 im Vergleich zu 2003/04, die Berücksichtigung psychischer Belastungen in der Gefährdungsbeurteilung, die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung in der Fleischverarbeitung und das Arbeits- schutzmanagementsystem / Gütesiegel der FBG zur Sprache. Nicht zuletzt befasste sich ein Vortrag mit den Aus- und Fortbildungs- angeboten der FBG. Sachsen-Anhalt stellte zwei Referentinnen für diese Tagung.

Insgesamt zeigen die Aktivitäten des Minis- teriums für Gesundheit und Soziales und

des Fachbereichs 5 des LAV im Zusam- menwirken mit den verschiedenen UVTn im Berichtszeitraum - und an dieser Stelle sind nicht zuletzt die häufigen und fachlich intensiven Kontakte der Bediensteten des LAV mit den Technischen Aufsichtsbeamten der Berufsgenossenschaften und Unfall- kassen zu erwähnen - den gegenseitigen Nutzen und den hohen Stellenwert an, den die abgestimmte und auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtete Arbeit beider Partner bei der Durchsetzung des Arbeits- und Gesund- heitsschutzes von Beschäftigten in Sachsen- Anhalt hat.

(16)

Arbeitsunfälle mit tödlichem Ausgang in Sachsen-Anhalt im Jahr 2009 1 .4

Dipl.-Ing. Joachim Lüderitz

Im Jahr 2009 kamen im Land Sachsen An- halt im Zuständigkeitsbereich acht Beschäf- tigte bei ihren beruflichen Tätigkeiten ums Leben, davon sieben in der gewerblichen Wirtschaft und ein Beschäftigter im Bereich der Landwirtschaft. Auf Baustellen ereigne- ten sich zwei dieser Unfälle mit Todesfolge.

Im Vergleich zum Vorjahr (2008) ist die abso- lute Anzahl der tödlichen Arbeitsunfälle von 17 auf acht gesunken. Bei den Baustellen- unfällen ist die Absolutzahl von vier im Jahr 2008 praktisch halbiert, was allerdings nur eine relative Absenkung bedeutet. Bei der geringen Anzahl der tödlichen Arbeitsunfäl- le im Jahr 2009 lässt sich kein besonderer Schwerpunkt im Unfallgeschehen hervor- heben. Bei einem Unfall auf einer Baustelle verstarb ein ausländischer Bürger.

Auf einer Tunnelbaustelle wurde bergmän- nisch der Vortrieb der Röhre erstellt. Als Aus- bruchmethode kam der Sprengvortrieb zur Anwendung. Der hier arbeitende Verunfallte, der zu einem Unternehmen aus Österreich gehörte, hatte den Bohrwagen verlassen.

Im Rahmen der Tunnelbauarbeiten war es notwendig, dass ein Teil der Tunnelsohle ab- gesenkt wurde, so dass eine Art Rampe in Richtung des Tunnels entstand. Im Bereich dieser Rampe befanden sich ein Unimog (Sprengstofffahrzeug) und ein Radlader.

Eines der Fahrzeuge fuhr die Rampe rück- wärts hinauf. Bei diesem Rückwärtsfahren wurde der Verunfallte auf der engen Rampe überfahren.

Eine Gefährdungsbeurteilung lag zwar vor, war aber für die aktuelle Situation bei die- sen gefährlichen Tunnelbauarbeiten nicht angepasst worden. Der rückwärts fahrende Unimog war nicht mit einem notwendigen bzw. intakten Rückfahrsicherungssystem ausgerüstet. Eine Rückfahrkamera hätte diesen Unfall wahrscheinlich verhindert.

Das Kamerasystem wurde am nächsten Tag nachgerüstet.

Der Fahrer eines Betonmischfahrzeuges mit einem Mischtrommelaufbau hatte die

Ladung Frischbeton auf einer Baustelle ent- laden. Danach wollte er auf einem Parkplatz die Auslaufrutsche des Fahrzeuges reinigen.

Er bestieg den am Fahrzeug angebrachten Aufstieg mit Podest. Nach dem Abspritzen des Auslauftrichters und der –rutsche mit Wasser ist der Verunfallte aus ungeklärten Gründen vom Arbeitspodest bzw. vom Auf- stieg abgerutscht und abgestürzt.

Der Aufstieg zum Arbeitspodest sowie die Arbeitspodestfläche mit den zugehörigen Umwehrungen entsprachen hinsichtlich ih- rer Beschaffenheit den rechtlichen Anforde- rungen. Begünstigend für den Absturz waren sicherlich Betonreste und Wasser.

Der dritte tödliche Arbeitsunfall im Land er- eignete sich in einem landwirtschaftlichen Betrieb. Der Beschäftigte eines Zimmerei- betriebes hatte den Auftrag, vom Dach des Kuhstalles Wellzementplatten zu entfernen.

Nach dem Betreten des Daches brach er je- doch durch die Wellzementplatten hindurch und stürzte in den Stall. Bei der Unfallunter- suchung stellte sich heraus, dass nach dem Betreten des Daches der Verunfallte zwar

als Lastverteilung ein Brett nutzen wollte, je- doch die ausreichende Auflage dafür fehlte.

Ursache war in diesem Fall die unsachge- mäße Planung und Realisierung von Lauf- und Arbeitsstegen auf der Dachfläche. Da- rüberhinaus fehlte eine Absturzsicherung an den Dachaußenseiten. Ebenso stellte sich heraus, dass eine Gefährdungsbeurteilung für diese Arbeiten nicht vorlag.

Ein weiterer Arbeitsunfall mit tödlichem Aus- gang ereignete sich bei Rangierarbeiten auf dem Betriebsgelände eines Chemieunter- nehmens. Der Verunfallte stellte sich aus nicht erklärbaren Gründen mit dem Rücken zur Fahrtrichtung seiner Rangiereinheit in den Rangierweg des benachbarten Glei- ses. Dieses Gleis wurde für den Rangier- weg seiner Einheit nicht, jedoch für andere Einheiten, benötigt. Von seinem Standort sah er die andere herankommende Ran- giereinheit nicht. Unfallbegünstigend war, dass der Lokführer der am Unfall beteiligten Rangiereinheit den Verunfallten nicht sehen konnte, da sich die Unfallstelle in einer Kur- ve befand und sein Sichtfeld an dieser Stelle eingeschränkt war. Hinzu kam, dass sich der Tödliche Arbeitsunfälle in Sachsen-Anhalt

9 8 16

21

10

13 10 14 14

17

5 9

5 5

5 5 5

4 4 2

56%

50%

36%

56%

24% 29%

24% 25%

38%

50%

0 10 20 30 40 50 60 70

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

Ges amtz ahl dav on auf Baus tellen A nteil Baus tellenunf älle

Anzahl

Darstellung der Anzahl der tödlichen Arbeitsunfälle in den Jahren 2000 bis 2009 Abb.3

(17)

Unfall in den Nachtstunden ereignete. Der Verunfallte hätte auf Grund der zu Beginn der Schicht erteilten Arbeitsaufgabe wissen müssen, dass der Rangierbetrieb mit meh- reren Rangiereinheiten erfolgt.

Der zweite tödliche Unfall im Bereich der Landwirtschaft ereignete sich bei der Repa- ratur einer Kippbrücke (Hängeraufbau mit Kippvorrichtung). Der Verunfallte, dessen Arbeitsaufgabe in der Pflege des Tierbestan- des bestand, begann aus nicht geklärten Gründen mit der Reparatur der Hydraulik- anlage der Kippbrücke. Dazu hatte er kei- nen Arbeitsauftrag. Der Hängeraufbau war dazu von ihm ausgefahren, jedoch ohne diesen zu sichern. Der Verunfallte löste eine Verschraubung des hydraulischen Hubzy- linders. Dadurch entspannte sich die Hyd- raulikanlage, die Kippmulde senkte sich und quetschte den Beschäftigten zwischen Fahr- werkrahmen und Kippbrücke ein.

Bei der Untersuchung des Unfalls stellte sich einerseits heraus, dass in diesem landwirt- schaftlichen Betrieb keine Gefährdungsbe- urteilung für die Reparatur von Fahrzeugen vorhanden und andererseits der Verunfall- te fachlich nicht in der Lage gewesen war, diese Reparatur sachgerecht ausführen zu können.

Mit einem LKW wurden Natursteinplatten befördert. Sie waren während des Trans- portes mit Spanngurten an einem A-Gestell verzurrt. An der Entladestelle wurde das Fahrzeug einseitig auf dem Fußweg abge- stellt. So verringerte sich die Neigung der steil am A-Gestell anliegenden Steinplatte in die Senkrechte bzw. überschritten diese so- gar. Beim Lösen der Spanngurte kippte die instabile Last nach außen um und erschlug die Beschäftigte. Ursache für den Unfall war das falsche einseitige Parken des LKWs auf dem Fußweg und die damit einhergehende Veränderung des Stellwinkels der Ladung.

Eine grundsätzliche Gefährdungsbeurtei- lung für diese Arbeiten lag vor. Es wurde

allerdings nur vom standsicheren Abstellen des Fahrzeuges ausgegangen, nicht von der Möglichkeit, dass man zum Abstellen auch den Fußweg benutzen könnte.

In einer Aluminiumgussputzerei wurde der Grat von Druckgussteilen entfernt. Das zu entgratende Teil bestand aus einer Alumini- um-Magnesium-Legierung. Das verwendete Werkzeug war ein mit Druckluft betriebener Winkelschleifer. Als persönliche Schutzaus- rüstung wurden den Beschäftigten Leder- schürze, Schutzschuhe und –handschuhe, Staubschutzmaske, Gehörschutz und eine Schutzbrille zur Verfügung gestellt. Der ent- stehende Schleifstaub wurde abgesaugt.

Üblicherweise wurde durch den Verunfallten bei diesen Schleifarbeiten die Lederschürze getragen. Aus nicht nachvollziehbaren Grün- den nahm der Verunfallte nach der Arbeits- pause die Arbeit jedoch ohne diese Leder- schürze wieder auf. Nach wenigen Minuten stand der Beschäftigte plötzlich in Flammen.

Durch Schlagen versuchte er selber das Feuer zu löschen, was ihm allerdings miss- lang, ganz im Gegenteil, sein Arbeitshemd brannte immer mehr. Durch den Einsatz von Kollegen gelang es mit einer Feuerlöschde- cke das Feuer zu löschen.

Bei der Untersuchung des Unfalls stellte sich heraus, dass eine Gefährungsbeurteilung erstellt worden war, sie aber auf die Mög- lichkeit der Selbstentzündung von Magnesi- umstaub nicht ausreichend einging. Die zur Verfügung gestellte Lederschürze hat in die- sem Fall eine Doppelfunktion. Einmal ist sie in der Oberfläche glatter als das getragene Baumwollhemd und verhindert ein Festset- zen von Magnesiumstaub an der Arbeits- kleidung. Zum anderem ist sie nicht so leicht entzündlich bzw. nicht so leicht brennbar wie das getragene Hemd.

Eine eindeutige Zuordnung einer Zündquel- le für die Entzündung der Kleidung ist nicht möglich gewesen. In der Kenntnis der Ei- genschaften des Magnesiumstaubes kann

aber davon ausgegangen werden, dass es sich bei diesem Unfall um eine Selbstent- zündung des Staubes handelt. Diese wurde sicher durch die relative grobe Struktur des Baumwollhemdes, den zusätzlichen Sauer- stoffeintrag durch das Klopfen auf das Feuer und die damit verbundene Auflockerung der brennenden Struktur des Hemdes begüns- tigt.

In einem Stahlbaubetrieb werden Segmente für die Türme von Windkraftanlagen gebaut.

Ein solches Segment wiegt ca. 65 t, hat ei- nen Durchmesser von ca. 4,5 m und eine Länge von ca. 15 m. Zum Transport wird das Turmsegment mittels zweier Portalkräne auf eine Transportraupe gehoben. Ein Kran kann zwei mal 30 t heben, der andere 60 t. Am 2x30 t-Kran war eine Traverse angeschla- gen und daran ein C-Kranhaken. Die Kräne werden synchron mit einer Funkfernsteue- rung bedient. Das Turmsegment wird über die Transportraupe gefahren und abgelegt.

So wird das Turmsegment vom Lagerplatz in die Produktionshalle gebracht.

Am Unfalltag schlug der Verunfallte nachei- nander die C-Kranhaken am Turmsegment an. Danach wurde die Fernsteuerung auf Synchronsteuerung umgestellt. Anschlie- ßend ging er zur Transportraupe, stellte die Kranfernsteuerung darauf ab und nahm die Funkfernsteuerung für die Raupe. Dann ging er wieder zu dem an den Kränen hängenden Turmsegment zurück. In diesem Moment löste sich das Turmsegment und fiel auf den Beschäftigten.

Ursache für den Absturz des Turmsegmen- tes war mit ziemlicher Sicherheit, dass der an der Traverse hängende C-Kranhaken nicht ordnungsgemäß angeschlagen wurde.

Das Turmsegment steckte nicht tief genug im C-Kranhaken.

Die verwendeten C-Kranhaken wiesen auch Mängel entsprechend der 9. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz

(18)

(GPSGV) auf. Sie waren nicht mit dem CE- Zeichen gekennzeichnet. Ebenso fehlte die Angabe der maximal zulässigen Tragfähig- keit am Haken und die Konformitätserklärung nach Anhang V der Maschinen-Richtlinie lag nicht vor. Die nach DIN EN 13155 geforderte Bauartprüfung und Einzelprüfung sowie die Prüfung nach Betriebssicherheitsverord- nung (BetrSichV) durch eine befähigte Per- son konnten nicht nachgewiesen werden.

Eine Betriebsanweisung nach BetrSichV zur Nutzung der C-Haken zum Transport der Turmsegmente konnte ebenfalls nicht vorge- legt werden. Insofern wurde nach BetrSichV den Beschäftigten ein nicht sicheres Arbeits- mittel zur Verfügung gestellt.

Des Weiteren lag keine Betriebsanweisung mit detaillierten Angaben zum Transport der Turmsegmente vor. Begünstigend für das Ereignis waren die Lichtverhältnisse zum Unfallzeitpunkt, denn es war in den frühen Morgenstunden noch dunkel. Ob die Kran- und Platzbeleuchtung ausreichend war, wurde in der Gefährdungsbeurteilung nicht berücksichtigt.

Fazit:

Im Jahr 2009 war im Land Sachsen Anhalt mit acht tödlichen Arbeitsunfällen im Zustän- digkeitsbereich der Arbeitsschutzverwaltung die geringste Anzahl von tödlichen Arbeitsun- fällen seit 1992 zu verzeichnen. Dies gilt ana- log auch für den Teilbereich der Baustellen.

Die von der Arbeitsschutzverwaltung Sach- sen-Anhalts untersuchten tödlichen Arbeits- unfälle sicher nur die „Spitze des Unfallge- schehens“ dar. Über das sonstige Unfall- geschehen im Zuständigkeitsbereich wird im Landesamt für Verbraucherschutz keine gesonderte statistische Erhebung geführt.

Deshalb ist es hier nicht möglich, Aussagen über den Anteil der tödlichen Arbeitsunfälle an den übrigen Arbeitsunfällen zu treffen.

Die häufigste Ursache bei den hier beschrie- benen Ereignissen ist in organisatorischen Mängeln bei der Arbeitsvorbereitung in den Unternehmen zu finden. Es fehlten zum Teil Betriebs- oder Arbeitsanweisungen, oder auch die Betrachtung und Einschätzung von Gefährdungen bei der Ausübung der Tätig- keiten.

Hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung ließ sich bei den Untersuchungen feststellen, dass bei den acht Ereignissen in zwei Fäl- len keine Gefährdungsbeurteilung vorlag. In den Fällen, wo sie vorhanden war, wurde sie nicht aktualisiert.

In einigen Fällen war auch die Einstellung der Beschäftigten selbst unfallbegünstigend, wie z. B. das vermeintlich „besseres Wissen“

oder „es wird schon gut gehen“.

Eine weitere Ursache lag auch in der fehlen- den Abstimmung der Beschäftigten unterein- ander. Aber auch sicherheitstechnische Män-

gel an technischen Geräten und Maschinen, die Nichteinhaltung von vorgeschriebenen Prüfungen, führten zu einzelnen Unfällen.

Arbeitsunfälle verursachen Kosten bei den Unfallversicherungsträgern, bei den Verletz- ten Schmerzen, die relativ seltenen tödlichen Arbeitsunfälle besonders Leid bei den Hin- terbliebenen, aber auch betriebswirtschaftli- che Verluste in den Unternehmen.

Neben sicherer Technik und gefahrlosen Ar- beitsstätten spielt die zweckmäßige und si- chere Arbeitsorganisation, einschließlich der Arbeitsschutzorganisation, eine entschei- dende Rolle. Auch wenn Arbeitsunfälle in ei- ner hoch technisierten Arbeitswelt nicht ganz auszuschließen sind und durch die Arbeits- schutzbehörde erst im Nachgang untersucht werden, so bleibt bei den Verantwortungs- trägern in den Unternehmen die unbedingte Pflicht, darauf hinzuwirken und dafür zu sor- gen, dass solche Vorkommnisse möglichst vermieden werden.

Die Arbeitsschutzverwaltung Sachsen-An- halt weist im Rahmen der Aufsichtstätigkeit in den Unternehmen die Verantwortungsträ- ger auf ihre gesetzlich vorgegebenen Pflich- ten zur Einhaltung der Arbeitschutzvorschrif- ten hin und setzt diese gegebenenfalls auch durch.

(19)

Sozialer Arbeitsschutz

2 Mutterschutz - Beschäftigungsverbote in der Schwangerschaft 2 .1

Dipl.-Ing. (FH) Cornelia Krude

Zur Abgrenzung der generellen Beschäfti- gungsverbote zum individuellen (ärztlichen) Beschäftigungsverbot

I . Der aktuelle Anlass

Seit einiger Zeit wenden sich zum Thema Beschäftigungsverbote in der Schwanger- schaft des Öfteren Ärzte an das Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt und schildern folgendes:

Berufstätige Schwangere suchten die Arztpraxis auf und erkundigten sich in der Sprechstunde nach einem Beschäftigungs- verbot. Hierzu äußerten die Patientinnen, dass im Rahmen ihrer Erwerbstätigkeit Ar- beitsbedingungen gegeben seien, die sie und ihr ungeborenes Kind gesundheitlich gefährden würden. Gelegentlich äußerten sie auch, dass das Verhältnis zu ihrem Ar- beitgeber oder zu anderen Beschäftigten des Unternehmens sehr angespannt sei und sie auf der Arbeit erheblichen psychischen Belastungen ausgesetzt seien. Einige Pati- entinnen seien von der Krankenkasse oder vom Arbeitgeber direkt aufgefordert worden, sich vom Arzt ein Beschäftigungsverbot „ge- ben“ zu lassen.

Hauptsächlich sind die Patientinnen um ihr ungeborenes Kind besorgt und meinen, nur ein Arzt könnte ihnen in dieser Situation hel- fen. Dem ist aber nicht so. Der Arzt ist zwar angesichts des Vertrauensverhältnisses zwischen Patientin und Arzt zumindest aus Sicht der Schwangeren ein wichtiger An- sprechpartner für all ihre Sorgen während der Schwangerschaft, so auch für ihre Prob- leme am Arbeitsplatz. Aber das Durchsetzen der Arbeitsschutzvorschriften für Schwan- gere obliegt von Gesetzes wegen dem Ar- beitgeber und der zuständigen Aufsichtsbe- hörde. Dem Arzt ist es jedoch nicht versagt, der Schwangeren auch dann behilflich zu sein, wenn die Aufgabe kraft Gesetzes dem Arbeitgeber und der Aufsichtsbehörde zuge- wiesen ist (näheres dazu im Abschnitt IV Nr.

2.).

II . Arbeitsschutzvorschriften im Mutter- schutzrecht

Der Schutz werdender und stillender Müt- ter vor den Gefahren im Arbeitsleben ist umfassend durch gesetzliche Vorschriften geregelt. Die wichtigsten bei der Beschäf- tigung werdender und stillender Mütter zu beachtenden Rechtsvorschriften sind das Mutterschutzgesetz (MuSchG)1 und die Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV)2. Neben dem ab- soluten Kündigungsverbot und dem Schutz vor finanziellen Nachteilen enthalten diese Vorschriften eine Vielzahl von Regelungen zum Schutz werdender und stillender Mütter vor Gesundheitsgefahren und Überforde- rung am Arbeitsplatz. Hierzu zählen insbe- sondere die Gestaltung des Arbeitsplatzes (§ 2 MuSchG), die Beurteilung der Arbeits- bedingungen (§§ 1 und 3 MuSchArbV), die generellen Beschäftigungsverbote vor und nach der Entbindung (§§ 4, 6 Abs. 3 und 8 MuSchG, §§ 4 und 5 MuSchArbV) und die Schutzfristen vor und nach der Entbindung (§§ 3 Abs. 2 und 6 Abs. 1 MuSchG). Zusätz- lich besteht die Möglichkeit, dass der Arzt im Hinblick auf den individuellen Gesundheits- zustand der werdenden Mutter ein individu- elles (ärztliches) Beschäftigungsverbot (§ 3 Abs. 1 MuSchG) attestiert. Ausgehend vom aktuellen Anlass beziehen sich die folgenden Erläuterungen vorrangig auf die für werden- de Mütter geltenden Schutzvorschriften.

Geltungsbereich des Mutterschutzgeset- 1.

zes

Das Mutterschutzgesetz gilt für Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, für weib- liche in Heimarbeit Beschäftigte und ihnen Gleichgestellte, d. h für Arbeitnehmerinnen.

So gilt es beispielsweise für weibliche An- gestellte, Arbeiterinnen und weibliche Aus-

1 Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz – MuSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S.

2318) in der derzeit geltenden Fassung

2 Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) als Artikel 1 der Mutterschutz-Richtli- nienverordnung vom 15.4.1997 (BGBl. I 782) in der derzeit geltenden Fassung

zubildende. Es gilt für Arbeitnehmerinnen in Betrieben und Verwaltungen aller Art, in der Landwirtschaft, in Instituten, privaten Büros und Praxen usw., wenn der Arbeitsort im Bundesgebiet liegt.

Das Mutterschutzgesetz gilt zum Beispiel nicht für Hausfrauen, Selbständige, Schü- lerinnen in der Schule, Studentinnen an der Hochschule, Beamtinnen und Soldatinnen.

Für Beamtinnen und Soldatinnen ist der Mutterschutz in entsprechenden Verordnun- gen geregelt.

Gestaltung des Arbeitsplatzes und Beur- 2.

teilung der Arbeitsbedingungen

Der Arbeitgeber hat eine werdende Mutter so zu beschäftigen und ihren Arbeitsplatz einschließlich der Maschinen, Werkzeuge und Geräte so einzurichten, dass sie vor Gefahren für Leben und Gesundheit aus- reichend geschützt ist (§ 2 MuSchG). Bei bestimmten Tätigkeiten ist der werdenden Mutter eine Sitzgelegenheit zum Ausruhen bereitzustellen oder Gelegenheit zur kurzen Unterbrechung der Arbeit zu geben, gege- benenfalls auch um sich unter geeigneten Bedingungen hinzulegen. Spätestens nach Bekanntgabe der Schwangerschaft muss der Arbeitgeber den Arbeitsplatz der wer- denden Mutter hinsichtlich Art, Ausmaß und Dauer bestehender Gefährdungen überprü- fen und beurteilen. Die Überprüfung um- fasst beispielsweise die Arbeitstätigkeit, die Arbeitsorganisation sowie die Arbeitszeit und sollte insbesondere unter Berücksichti- gung der mutterschutzrechtlichen Beschäfti- gungsverbote und Beschäftigungsbeschrän- kungen (§§ 4 und 8 MuSchG, §§ 3, 4 und 5 MuSchArbV) erfolgen. Hierbei soll sich der Arbeitgeber vom Betriebsarzt und von der Fachkraft für Arbeitssicherheit fachkundig beraten lassen.

Bei den mutterschutzrechtlichen Beschäf- tigungsverboten wird grundsätzlich nach generellen und individuellen (ärztlichen) Be- schäftigungsverboten unterschieden.

(20)

Generelle Beschäftigungsverbote 3.

Generelle Beschäftigungsverbote gelten für alle schwangeren Arbeitnehmerinnen, unab- hängig von ihrer individuellen körperlichen Konstitution. Sie gelten per Gesetz sofort und sind sowohl für den Arbeitgeber als auch für werdende Mütter zwingend. Eine Beschäf- tigung mit verbotenen Arbeiten darf auch dann nicht erfolgen, wenn sich die Schwan- gere ausdrücklich dazu bereit erklärt. Der Arbeitgeber hat in eigener Verantwortung zu entscheiden, ob ein generelles Beschäf- tigungsverbot zur Anwendung kommt. Die Wahrnehmung dieser Verantwortung unter- liegt auch dem Strafrecht. Zu den generellen Beschäftigungsverboten zählen insbeson- dere:

a) Das Verbot der Beschäftigung mit schwe- ren körperlichen Arbeiten und mit Arbei- ten unter gesundheitsschädlichen Ein- wirkungen

Werdende Mütter dürfen nicht mit schweren körperlichen Arbeiten und nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen sie schädli- chen Einwirkungen von gesundheitsgefähr- denden Stoffen oder Strahlen, von Staub, Gasen oder Dämpfen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Erschütterungen oder Lärm aus- gesetzt sind (§ 4 Abs. 1 MuSchG).

Für werdende Mütter sind insbesondere folgende Tätigkeiten untersagt (§ 4 Abs. 2 MuSchG):

regelmäßiges Heben von Lasten von

mehr als 5 kg Gewicht oder gelegentli- ches Heben von Lasten von mehr als 10 kg Gewicht ohne mechanische Hilfsmit- tel von Hand,

Arbeiten, bei denen sie sich häufig er-

heblich strecken oder beugen oder bei denen sie sich dauernd hocken oder sich gebückt halten müssen,

Bedienung von Geräten und Maschinen

aller Art mit hoher Fußbeanspruchung, Arbeiten, bei denen sie infolge ihrer

Schwangerschaft in besonderem Maße

der Gefahr, an einer Berufskrankheit zu erkranken, ausgesetzt sind,

Arbeiten, mit erhöhten Unfallgefahren

(zum Beispiel Absturz- oder Rutschge- fahr)

nach Ablauf des fünften Schwanger-

schaftsmonats Arbeiten, bei denen Schwangere ständig stehen müssen, soweit diese Beschäftigung vier Stunden täglich überschreitet,

nach Ablauf des dritten Monats der

Schwangerschaft Arbeiten auf Beförde- rungsmitteln (zum Beispiel Lkw-Fahre- rinnen, Busfahrerinnen, Straßenbahn- fahrerinnen) und

Fließbandarbeit mit vorgeschriebenem

Arbeitstempo sowie Akkordarbeit.

Beschäftigungsverbote hinsichtlich der schädlichen Einwirkung von gesundheitsge- fährdenden Stoffen (chemische Gefahrstof- fe, biologische Arbeitstoffe) sind in den §§ 4 und 5 MuSchArbV näher konkretisiert. Der Schutz vor schädlichen Einwirkungen von Strahlen beim Einsatz werdender Mütter in Kontrollbereichen ist gesondert durch ent- sprechende Vorschriften in der Röntgenver- ordnung und in der Strahlenschutzverord- nung geregelt.

b) Verbot der Mehrarbeit, Nacht- und Sonn- tagsarbeit

Volljährige werdende Mütter dürfen bis zu 8½ Stunden täglich oder 90 Stunden in der Dop- pelwoche und Schwangere unter 18 Jahren bis zu 8 Stunden täglich oder 80 Stunden in der Doppelwoche beschäftigt werden (§

8 Abs. 1 und 2 MuSchG). In der Nacht zwi- schen 20:00 Uhr und 06:00 Uhr (§ 8 Abs. 1 MuSchG) dürfen werdende Mütter nicht be- schäftigt werden. Für einige Branchen gibt es im Mutterschutzgesetz Ausnahmen von diesen Verboten (zum Beispiel für das Gast- stätten- und Beherbergungsgewerbe oder die Krankenpflege- und Badeanstalten). Die Fahrzeit zwischen Wohnung und Arbeitsort und die gesetzlichen Ruhepausen sind kei- ne Arbeitszeit.

III . Pflichten und Verantwortung des Arbeitgebers

Bei der Beschäftigung werdender Mütter hat der Arbeitgeber besondere Pflichten zu erfüllen. Deshalb sollen werdende Mütter dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Tag der Entbindung mitteilen, sobald ihnen diese Tatsachen bekannt sind. Für den Arbeitgeber besteht dann die Pflicht, die zuständige Aufsichtsbe- hörde - in Sachsen-Anhalt das Landesamt für Verbraucherschutz (LAV), Fachbereich 5 Arbeitsschutz - unverzüglich über die Mittei- lung einer bestehenden Schwangerschaft zu benachrichtigen (§ 5 MuSchG).

Hat die Beurteilung der Arbeitsbedingun- gen ergeben, dass die werdende Mutter mit verbotenen Arbeiten beschäftigt ist bzw. die Sicherheit oder Gesundheit von Mutter oder Kind durch die Tätigkeit gefährdet wird, muss der Arbeitgeber geeignete Schutzmaßnah- men veranlassen. Der Arbeitgeber ist ver- antwortlich dafür, dass diese zum Schutz der werdenden Mütter erforderlichen Maß- nahmen unverzüglich durchgesetzt werden.

Zunächst ist zu prüfen, ob der Schutz der werdenden Mutter beispielsweise durch die einstweilige Umgestaltung der Arbeitsbedin- gungen oder der Arbeitszeit realisiert werden kann. Sind diese Maßnahmen nicht durch- führbar, ist der Arbeitgeber berechtigt, die werdende Mutter auf einen anderen, geeig- neten Arbeitsplatz umzusetzen. Ist auch eine Umsetzung der werdenden Mutter auf einen anderen Arbeitsplatz nicht möglich, gilt ein generelles Beschäftigungsverbot, d. h. der Arbeitgeber muss die werdende Mutter unter Fortzahlung des Durchschnittsverdienstes (Mutterschutzlohn) von der Arbeit freistellen.

Für die Freistellung der Schwangeren durch den Arbeitgeber bei Vorliegen eines generel- len Beschäftigungsverbotes ist weder eine Bestätigung durch die Aufsichtsbehörde noch ein ärztliches Zeugnis notwendig.

Referenzen

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