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Untersuchungen zum Auftreten verschiedener bakterieller Zoonoseerreger und zu den Risikofaktoren in norddeutschen Schweinemastbeständen

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Academic year: 2022

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Untersuchungen zum Auftreten verschiedener bakterieller Zoonoseerreger und zu den Risikofaktoren in norddeutschen

Schweinemastbeständen

INAUGURAL – DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer Doktorin oder eines Doktors der Veterinärmedizin

- Doctor medicinae veterinariae - ( Dr. med. vet. )

vorgelegt von Susanne Döhne

Marburg/Lahn

Hannover 2010

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Wissenschaftliche Betreuung:

Prof. Dr. L. Kreienbrock,

Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung

Prof. Dr. K.-H. Waldmann,

Klinik für kleine Klauentiere und forensische Medizin und Ambulatorische Klinik

1. Gutachter: Prof. Dr. L. Kreienbrock, Prof. Dr. K.-H. Waldmann 2. Gutachter: Prof. Dr. T. Blaha

Tag der mündlichen Prüfung: 03.11.2010

Diese Dissertation wurde gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Projektes FBI-Zoo

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Veröffentlichungen

Erste Ergebnisse dieser Arbeit wurden bereits veröffentlicht:

DÖHNE, S., A. VON ALTROCK, R. MERLE, K.-H. WALDMANN u. L. KREIENBROCK (2009):

Incidence and antimicrobial susceptibility of Salmonella in fattening pig herds in Northern Germany.

In: 14 th ISAH Congress Vechta, 19.-23. Juli 2009, Proceedings Vol.2

DÖHNE, S., A. VON ALTROCK, R. MERLE, K.-H. WALDMANN u. L. KREIENBROCK (2009):

Resistenzen von Salmonella spp. in norddeutschen Schweinemastbetrieben.

In: DVG-Fachgruppentagung Epidemiologie und Dokumentation: „Krankheitsdynamik in Populationen – Bedeutung von Surveillance und Impfprogrammen“, Gießen, 2.-4. September 2009

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(5)

1 Einleitung 13

2 Literaturübersicht 15

2.1 Lebensmittelbedingte Zoonosen 15

2.2 Salmonella enterica ssp. enterica 16

2.2.1 Erregereigenschaften...16

2.2.2 Nachweis von Salmonella spp. ...18

2.2.3 Epidemiologie...24

2.3 Campylobacter spp. 33 2.3.1 Erregereigenschaften...33

2.3.2 Nachweis von Campylobacter spp. ...35

2.3.3 Epidemiologie...38

2.4 Y. enterocolitica 44 2.4.1 Erregereigenschaften...44

2.4.2 Nachweis von Y. enterocolitica...46

2.4.3 Epidemiologie...49

2.5 Antibiotikaresistenzen 54 2.5.1 Allgemeines...54

2.5.2 Resistenzen bei Salmonella spp. ...58

2.5.3 Resistenzen bei Campylobacter spp. ...59

2.5.4 Mikrodilutionstest und MHK-Wert...62

(6)

3.1 Aufbau und Ziel der Studie 65

3.2 Art und Herkunft der untersuchten Proben 66

3.3 Kulturelle Untersuchung 67

3.3.1 Salmonella spp....67 3.3.2 Campylobacter spp....68 3.3.3 Y. enterocolitica...69

3.4 Serologische Untersuchung 70

3.4.1 Salmonella spp....70 3.4.2 Campylobacter spp....71 3.4.3 Y. enterocolitica...71

3.5 Antimikrobielle Empfindlichkeitsprüfung 72

3.5.1 Empfindlichkeitstestung der Salmonella spp.-Isolate...72 3.5.2 Empfindlichkeitstestung der Campylobacter spp.-Isolate...73

3.6 Fragebogen 75

3.7 Statistische Auswertung 75

(7)

4.1 Serologische und kulturelle Untersuchung auf Einzeltierebene 81 4.2 Serologische und kulturelle Untersuchung auf Betriebsebene 85 4.3 Vergleich der serologischen und kulturellen Ergebnisse 87

4.4 Auftreten mehrerer Erreger 89

4.4.1 Erregerkombinationen auf Einzeltierebene...89 4.4.2 Erregerkombinationen auf Bestandsebene...89 4.5 Risikofaktoren für das Auftreten der Erreger 93

4.5.1 Dichotome Risikovariablen...93 4.5.2 Stetige Risikovariablen...95 4.5.3 Risikofaktoren für das Auftreten von einem oder mehreren Erregern...96

4.6 Auswertung der Resistenzen 100

4.6.1 Resistenzen bei Salmonella spp. ...100 4.6.2 Resistenzen bei Campylobacter spp. ...102 4.6.3 Vergleich der Resistenzen bei Salmonella spp. und Campylobacter spp. 106 4.6.4 Risikofaktorenanalyse für das Auftreten von Antibiotikaresistenzen...107

(8)

5.1 Serologische und kulturelle Prävalenzen 112

5.2 Auftreten von Erregerkombinationen 122

5.3 Erregerbekämpfung 124

5.4 Analyse der Risikofaktoren 126

5.5 Einflussfaktoren für das Auftreten mehrerer Erreger 132 5.6 Empfindlichkeitstestung von Salmonella spp. und Campylobacter spp. 134

6 Zusammenfassung 141

7 Summary 145

8 Literaturverzeichnis 147

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In dieser Arbeit wurden neben den allgemein üblichen Abkürzungen folgende spezielle Kurzformen verwendet:

ACSSuT Ampicillin, Chloramphenicol,Streptomycin, Sulfonamid, Tetrazyklin ACSSuT+Nx ACSSuT + Nalidixinsäure

Ak Antikörper AMP Ampicillin

ATCC American Type Culture Collection

BfR Bundesinstitut für Risikobewertung BLE Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung

BPLS Brillantgrün-Phenolrot-Lactose-Saccharose BPW Buffered-Pepton-Water

C. Campylobacter

CFU Colony forming unit

CHL Chloramphenicol

CIN Cefsulidin-Irgascin-Novobiocin CIP Ciprofloxacin

CLSI Clinical and Laboratory Standards Institute, früher NCCLS COL Colistin

DANMAP Danish Integrated Antimicrobial Resistance Monitoring and Research Programme DNA Desoxysribonukleinsäure

DSM Deutsche Sammlung von Mikroorganismen dt. Phagentyp definitiver Phagentyp

ECOFF epidemiologischer Cutoff

ELISA Enzyme-linked Immunosorbent Assay

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FARM French Antimicrobial Resistance Monitoring in Bacteria of animal origin FBI-Zoo “Food-borne zoonotic infections of humans”

FFN Florfenicol FOT Cefotaxim GEN Gentamicin

GERMAP Bericht über Antibiotikaverbrauch und Verbreitung von Antibiotikaresistenzen in Deutschland

ITC Irgasan-Ticarcilin- Kaliumchlorat IfsG Infektionsschutzgesetz

ITAVARM Italian Veterinary Antimicrobial Resistance Monitoring Қ-Wert Kappa-Wert

KAN Kanamycin

KBE Koloniebildende Einheiten

Kbp Kilobasenpaar Ln. Lymphknoten

MARAN Monitoring of antimicrobial resistance and antibiotic usage in Animals

in the Netherlands

MHK-Wert minimale Hemmstoffkonzentration MHB Müller-Hinton-Bouillon

MKTTn Müller-Kaufmann-Tetrathionat-Novobiocin NAL Nalidixinsäure

NORM-VET Usage of Antimicrobial Agents an Occurrence of Antimicrobial Resistance

in Norway

p.i. post infectionem

RVS Rappaport-Vassiliadis -Medium

RDNC reagiert mit Phagen, aber passt zu keinem bekannten Phagentyp (reacts, but does not not conform)

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SMX Sulfamethoxazol

SPF spezifisch pathogenfrei

spp. mehrere, nicht im Einzelnen zu nennende Spezies eines Genus ssp. Subspezies

STR Streptomycin

SVARM Swedish Veterinary Antimicrobial Resistance Monitoring SULF Sulfonamid

SXT Sulfamethoxazol / Trimethoprim TAZ Ceftazidim

TET Tetrazyklin TMP Trimethoprim

VAV Veterinary Monitoring of Antimicrobial resistance in Spain

WHO World Health Organisation

XLD Xylose-Lysin-Desoxycholat

Y. Yersinia

Yop Yersinia outer protein

ZIPP „Zoonoses in Pork Production / Kontrolle von aus der Produktionskette Schweinefleisch hervorgehenden Zoonosen“

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(13)

1 Einleitung

Verbraucher stellen in der gegenwärtigen Zeit besonders hohe Ansprüche an gesundheitlich unbedenkliche Lebensmittel. Der Lebensmittelsicherheit von Schweinefleisch kommt in diesem Zusammenhang eine herausragende Bedeutung zu, da es in Europa das am häufigsten verzehrte Fleisch ist. Schweine können die bakteriellen Zoonoseerreger Salmonella spp., Campylobacter spp. und Y. enterocolitica asymptomatisch im Magen-Darm-Trakt beherbergen.

Diese Krankheitserreger kontaminieren unter bestimmten Umständen das Schweinefleisch während der Schlachtung. Durch den Verzehr des erregerbelasteten Schweinefleisches ist eine orale Infektion des Menschen möglich. Die durch Salmonella spp., Campylobacter spp. und Y. enterocolitica ausgelösten humanen Erkrankungen äußern sich meist in einer selbstlimitierenden Gastroenteritis, jedoch können in seltenen Fällen Komplikationen auftreten.

In der europäischen Union wurden im Jahr 2008 offiziell 190.820 humane Infektionen mit Campylobacter spp., 133.258 mit Salmonella spp. und 8354 mit Y. enterocolitica gemeldet.

Diese waren somit die drei am häufigsten gemeldeten Zoonosen (EFSA 2010). Die Dunkelziffer der Fälle liegt aber vermutlich viel höher, so dass diese Zoonosen eine sehr hohe Bedeutung für die öffentliche Gesundheit haben.

Besorgniserregend ist das zunehmende Auftreten von Antibiotikaresistenzen der bakteriellen Zoonoseerreger. Es ist bekannt, dass der unkontrollierte Einsatz von antibiotischen Wirkstoffen am Tier den selektiven Druck auf die Keime erhöht und dadurch eine Resistenzentwicklung fördert. Es besteht die Möglichkeit einer Übertragung resistenter Zoonoseerreger vom Tier auf den Menschen. Die Resistenz limitiert die therapeutischen Möglichkeiten; antibiotikaresistente Keime bei Schweinen können somit im veterinärmedizinischen und auch im humanmedizinischen Bereich ein großes Problem darstellen. Die EG-Verordnung 178/2002 sieht vor, bereits auf Stufe der Pimärproduktion die Basis für ein sicheres Lebensmittel zu legen, welches frei von Zoonoseerregern ist.

Die vorgelegte Arbeit dient dazu, das Vorkommen von Zoonoseerregern auf Bestandsebene zu beurteilen und durch die Ermittlung von Risikofaktoren einen Beitrag zur Bekämpfung dieser Zoonosen zu leisten. Die serologischen und kulturellen Prävalenzen der bakteriellen Zoonoseerreger Salmonella spp., Campylobacter spp. und Y. enterocolitica in 27 nordeutschen

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Schweinemastbetrieben wurden beschrieben. Anhand eines Fragebogens wurden betriebliche Managementdaten erfasst und mittels statistischer Methoden Zusammenhänge zwischen diesen und dem Auftreten der Erreger ermittelt. Einen dritten Schwerpunkt stellte die Empfindlichkeitstestung der isolierten Bakterien mittels Mikrodilutionsmethode dar.

Die Dissertation wurde im Rahmen des FBI-Zoo-Projektes (Projektträger: BMBF, Bundesministerium für Bildung und Forschung) und in enger Kooperation mit dem Projekt ZIPP II der Klinik für kleine Klauentiere und forensische Medizin und Ambulatorischen Klinik der Tierärztlichen Hochschule Hannover (Projektträger: BLE, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung) erstellt.

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2 Literaturübersicht

2.1 Lebensmittelbedingte Zoonosen

Als Zoonosen werden laut WHO-Definition diejenigen Infektionskrankheiten bezeichnet, welche auf natürlichem Wege zwischen Tier und Mensch übertragen werden können. Je nach Übertragungsrichtung spricht man von Anthropozoonose (Tier auf Mensch), Zooanthroponose (Mensch auf Tier) oder Amphixenosen (in beide Richtungen) (WIESNER et al. 2000). Als Zoonoseerreger kommen grundsätzlich Bakterien, Viren, Parasiten, Pilze und sonstige biologische Einheiten in Betracht (WIESNER et al. 2000; UNION 2003). Bei lebensmittelbedingten Zoonosen („foodborne zoonoses“) erfolgt die Erregerübertragung durch Lebensmittel. Lebensmittelbedingte Zoonosen treten in den letzten Jahrzehnten vermehrt auf (THORNS 2000). Laut einer Studie (MEAD et al. 1999) sind 95 % der humanen nichttyphoidalen Salmonellosen, 80 % der Campylobacteriosen und 90 % der Yersiniosen lebensmittelbedingt. Die häufigsten durch Lebensmittel übertragenen Krankheiten in der Europäischen Union sind auf Bakterien wie Campylobacter spp. und Salmonella spp., aber auch auf Viren zurückzuführen. Campylobacter spp. sind, gefolgt von Salmonella spp., aktuell die häufigste identifizierte bakterielle Ursache von Durchfallerkrankungen in der EU (EFSA 2010).

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2.2 Salmonella enterica ssp. enterica

2.2.1 Erregereigenschaften

Salmonella spp. sind gram-negative, fakultativ anaerob wachsende Stäbchenbakterien mit einer Größe von 0,7-1,5 x 2-5 μm (ROLLE et al. 2007). Aufgrund ihrer peritrichen Begeißelung sind alle Salmonellen außer S. Gallinarum und S. Pullorum beweglich (RZEDZICKI et al. 2004).

Charakteristische Stoffwechseleigenschaften bestehen in der Nitratreduktion, Gasbildung aus Glukose (ausgenommen S. Typhi), Schwefelwasserstoffbildung auf Dreizuckereisenagar (ausgenommen S. Choleraesuis und S. Paratyphi A), negativer Indol-Reaktion, Nutzung von Citrat als alleinige Kohlenstoffquelle (ausgenommen S. Typhi und S. Paratyphi A), Lysin- (ausgenommen S. Paratyphi A) und Ornithin-Dekarboxylierung (ausgenommen S. Typhi) und einer negativen Urease-Reaktion (HOLDT et al. 1994). Bis auf wenige Ausnahmen (S. ssp.

arizonae und diarizonae) sind Salmonellen nicht fähig, Laktose zu fermentieren (LE MINOR 1984; ROLLE et al.). Salmonellen sind mesophile Keime, sie sind im Temperaturbereich von 5 bis 47 °C (Optimum: 37 °C) vermehrungsfähig (BÖHM 1993). Salmonellen benötigen ein minimales Nährstoffangebot zum Wachstum und gelten als anspruchslos in der Anzucht. Sie besitzen eine hohe Tenazität und sind daher außerhalb des Wirtsorganismus lange lebensfähig (D'AOUST 1991). Die Widerstandsfähigkeit steigt in trockener Umgebung, beispielsweise überleben Salmonellen in Staub bei Raumtemperatur bis zu 4 Jahre (SELBITZ 2002).

Salmonellen sind empfindlich gegenüber Erhitzen, eine Temperatur von 70 °C tötet den Erreger innerhalb von Sekunden ab (DEDIE et al. 1993).

Die serologischen Eigenschaften von Salmonellen nutzt das KAUFFMANN-WHITE-Schema zur Einteilung in verschiedene Salmonellenserovare. Salmonellen besitzen somatische (O-), Geißel-(H-), Kapsel-(K-) und Fimbrien-(F-) Antigene (ROLLE et al.). Die O- und H-Antigene werden im KAUFFMANN-WHITE-Schema in Antigenformeln zusammengefasst. Salmonellen mit identischen O- und H-Gruppen werden dabei dem selben Serotyp/Serovar zugeordnet (YOSHIKAWA et al. 1980). Das erste serologisch basierte Schema zur Salmonellen- Klassifikation veröffentlichte der britische Bakteriologe (KAUFFMANN 1978). Heutzutage kommen jährlich bis zu 20 neu entdeckte Serotypen hinzu,

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die nötigen Erweiterungen und Aktualisierungen des KAUFFMANN-WHITE-Schemas werden durch den Franzosen POPOFF weitergeführt (POPOFF et al. 2004).

Geschichte

1880 wurde S. Typhi, der Erreger des und dieses Erregers in Reinkultur.

Erreger der damals sogenannten „Schweinecholera“ S. Choleraesuis. Der Gattungsname Salmonella wurde 15 Jahre später, im Jahre 1900, durch LIGNIERES zu Ehren SALMONs eingeführt.

GÄRTNER entdeckte 1888 den humanmedizinisch bedeutenden Stamm S. Enteritidis (GÄRTNER 1888). LÖFFLER beschrieb 1891 erstmals den ebenfalls humanmedizinisch relevanten Stamm S. Typhimurium. Er nannte den neuartigen Erreger „Bacillus typhi murium“, weil zahlreiche Labormäuse des Hygieneinstituts Greifswald (heutiges FLI) an einer typhusähnlichen Erkrankung verendet waren. In seiner Entdeckung sah der Forscher in erster Linie eine effiziente Möglichkeit zur Feldmausbekämpfung (LOEFFLER 1892). Die Bedeutung von Salmonella spp. als Erreger von „Lebensmittelvergiftungen“ wurde relativ früh erkannt, so dass in Schweden, Norwegen und Finnland schon vor über 50 Jahren Bekämpfungsprogramme implementiert wurden (Anonymous 2006).

Taxonomie und Nomenklatur

Im Laufe der Jahre hat sich die komplexe Taxonomie und Nomenklatur der Bakteriengattung Salmonella immer wieder gewandelt und ist auch heutzutage nicht endgültig (EUZEBY 1999).

Anfangs erfolgte die Nomenklatur der Salmonellen nach dem vermuteten Wirt. So entstanden Namen wie S. Cholerasuis (Cholera, Schwein) und S. Typhimurium (Typhus, Maus). Weil Salmonellen aber häufig nicht wirtsspezifisch sind, ging man später zur Verwendung des Entdeckungsortes als Namen über (z.B. S. Brandenburg, S. Dublin). Ursprünglich galt nach dem Serotypisierungsschema KAUFMANNs von 1955 jede neu entdeckte Salmonelle als eigenständige Spezies. Dieses von KAUFFMANN vertretene „Ein-Serotyp-eine-Spezies-

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Konzept“ wurde später widerlegt: So stellten LE MINOR und POPOFF aufgrund molekularbiologischer Erkenntnisse zunächst die Hypothese auf, die Gattung Salmonella bestehe nur aus einer einzigen Spezies, nämlich der Spezies S. enterica (LE MINOR et al.

1987). Neben Salmonella enterica ssp. enterica (Subspezies I) existieren noch fünf weitere Subspezies der Spezies S. enterica (Subspezies II-VI), namentlich S. arizonae, S. diarizonae, S.

houtenae, S. indica und S. salamae. Im Jahre 1989 führten REEVES et al. die zweite Salmonella-Spezies S. bongori ein (REEVES et al. 1989). SHELOBOLINA et al. beschrieben schließlich die dritte und bis dato letzte entdeckte Salmonella-Spezies S. subterranea (SHELOBOLINA et al. 2004).

Die Subspezies I (Salmonella enterica subspezies enterica) umfasst diejenigen Salmonella- Serovare, die überwiegend bei warmblütigen Wirbeltieren inklusive dem Menschen gefunden werden. Die Subspezies II -VI der Spezies enterica, sowie die Spezies S. bongori können in erster Linie bei poikilothermen und kalblütigen Vertebraten gefunden werden und galten zeitweilig als niedrigpathogen bzw. apathogen für Warmblüter. Jedoch sind auch sie ohne Zweifel als humanpathogene Keime einzustufen, da sie als sporadischer Auslöser schwerer Infektionen bei Menschen beschrieben wurden (WIELER et al. 2000).

Bisher wurden im gesamten Genus Salmonella insgesamt über 2.500 Salmonella-Serovare entdeckt, von denen über 1.500 Serovare zu S. enterica ssp. enterica gehören (GRIMONT et al.

2007). Die moderne und allgemein anerkannte Schreibweise für Serovare von Salmonella enterica ssp. enterica nennt hinter dem Genus Salmonella nur das betreffende Serovar. So schreibt man beispielsweise S. Typhimurium stellvertretend für Salmonella enterica ssp.

enterica Serovar Typhimurium oder auch S. Brandenburg anstatt Salmonella enterica ssp.

enterica Serovar Brandenburg.

2.2.2 Nachweis von Salmonella spp.

Direkter Nachweis mittels kultureller Anzucht

Direkte Verfahren weisen immer den Erreger selbst bzw. Erregerteile nach. Der kulturelle Nachweis von Salmonella spp. umfasst in der Regel eine nicht-selektive Voranreicherung, gefolgt von einer Selektivanreicherung in einer Nährbouillon mit anschließender

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Subkultivierung auf feste Selektivnährböden und nachfolgend einer vorläufigen biochemischen und serologischen Bestätigung. Diese nicht-selektive Voranreicherung in gepuffertem Peptonwasser (BPW) bewirkt eine Regeneration vorgeschädigter Bakterien und erhöht somit die Isolationsquote (SELBITZ 1992).

Speziell für die Salmonellendiagnostik steht eine große Vielzahl an Anreicherungsmedien und Selektivnährböden zur Verfügung (DAVIES et al. 2000). Die festen Selektiv- und Differenzierungsnährböden indizieren durch Farbumschlag oder Schwarzfärbung salmonellaverdächtige Kolonien an. Die Voranreicherung ist in der Salmonella-Diagnostik gängig, obwohl es Studien gibt, welche sie bei stark kontaminiertem Material nicht empfehlen (DAVIES et al. 2000). Die beiden häufig verwendeten Voranreicherungen MKTTn (Müller- Kauffmann-Tetrathionat)- und RV (Rappaport-Vassiliadis)-Bouillon wurden in einigen Studien miteinander verglichen: VASSILIADIS et al. (VASSILIADIS et al. 1987) und BAGER et al.

(BAGER et al. 1991) berichteten von einer besseren Ausbeute bei Einsatz des RV-Mediums.

Die Selektivanreicherung bewirkt die Repression des Wachstums der Begleitflora bei gleichzeitiger Selektion der Salmonellen. In der Rappaport-Vassiliadis-Bouillon hemmen Malachitgrün und Magnesiumchlorid das Wachstum der Begleitflora weitgehend. Im Falle der Müller-Kauffmann-Tetrathionat-Novobiocin-Bouillon werden coliforme Keime und anderer Darmbakterien durch Tetrathionat und die grampositive Flora durch Novobiocin unterdrückt.

Die Anreicherungskulturen werden anschließend im Allgemeinen auf mindestens zwei feste Nährböden unterschiedlicher Selektivität ausgestrichen. Die festen Selektiv- und Differenzierungsmedien zeigen durch Farbumschlag (Vergärung bestimmter Kohlehydrate) bzw. Schwarzfärbung (Sulfidbildung) Salmonella-verdächtige Kolonien an.

Auf dem XLD-Agar hemmt das Gallensalz Desoxycholat die unerwünschte Begleitflora.

Xylose-, Lactose- und Saccharoseabbau würden zu einer pH-Wert-Senkung und somit zu einem Farbumschlag von Phenolrot ins Gelbe führen. Da Salmonellen jedoch Citrat als alleinige Kohlehydratquelle nutzen, kommt es hier nicht zur Gelbfärbung. Salmonellen decarboxylieren Lysin zu Cadaverin, daher bildet sich um Kolonien aufgrund pH-Wert-Erhöhung ein purpurroter Hof. Thiosulfat und Eisen(III)-salz zeigen H2S-Bildung an, indem in den Kolonien schwarzes Eisensulfid ausfällt. Salmonella bilden auf XLD-Agar folglich rote Kolonien mit schwarzem Zentrum. BPLS-Agar dient der Abgrenzung von Lactosespaltern innerhalb der Enterobacteriaceae. Salmonellen wachsen als Nicht-Laktosespalter rot, während

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lactosespaltende Bakterien gelbgrün wachsen. Brilliantgrün führt zur Hemmung der grampositiven Begleitflora.

Ein positiver bakteriologischer Befund weist eindeutig das Vorhandensein des Erregers im Bestand nach. Die Bakterienkultur bietet außerdem die Möglichkeit, an den gewonnenen Isolaten weiterführende Untersuchungen, wie Serovarbestimmung, Resistenztestung, Phagentypisierung oder molekulare Untersuchungen, durchzuführen. Hoher Zeit- und Kostenaufwand gehören zu den Nachteilen der kulturellen Diagnostik (FARZAN et al. 2007).

Das Ergebnis des bakteriologischen Nachweises wird stark von der durchgeführten Kulturmethode beeinflusst (BAGER et al. 1991). Die Spezifität der kulturellen Methode ist sehr hoch, hingegen ist die Sensitivität der kulturellen Isolierung 20 % niedriger als bei der serologischen Untersuchung. BAGGESEN et al. (1996) bezifferten die Sensitivität bei der Verwendung von Kotproben auf weniger als 50 %. Falschnegative Ergebnisse können besonders bei geringen Keimmengen zustande kommen (DAVIES et al. 2000). Erfolgt der Nachweis der Salmonellen aus Kotproben, so ist er nur im beschränkten Zeitfenster des Ausscheidens positiv (LO FO WONG et al. 2003). Die Haupterregerausscheidung findet bei Salmonella spp. in der ersten Woche post infectionem statt, sie fällt dann rapide ab und geht schließlich ab dem 52. Tag p.i. gegen Null (NIELSEN et al. 1995). Falschnegative Ergebnisse können bei Verwendung von Kot als Untersuchungsmaterial entstehen, wenn die intermittierende Ausscheidung zum Beprobungszeitpunkt sistiert (HURD et al. 1999; DAVIES et al. 2000).

Weiterführende Differenzierungsmethoden

Die Anzucht des Erregers ist die Vorraussetzung für eine Reihe von Folgeuntersuchungen wie Sero- und Phagentypisierung. Die Serotypisierung erfolgt über kommerziell erhältliche spezifische, omni- und polivalente O- und H-Antiseren mittels Objektträgerschnellagglutination. Im KAUFFMANN-WHITE-Schema werden die Serotypen geordnet und durch bestimmte O-Antigene zu Serogruppen zusammengefasst (ROLLE et al.

2007).

Die Phagentypisierung nach ANDERSON ermöglicht eine weiterführende Feindifferenzierung von Salmonellastämmen und beruht auf der lytischen Wirkung der Phagenvermehrung

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(ANDERSON et al. 1977). Anhand der entstehenden Lysotypiemuster werden die Isolate einem definitiven (DT) Phagentyp zugeordnet (WIESNER et al. 2000).

Sonstige Nachweismethoden

Neben der klassischen Erregeranzucht mit anschließender Sero- und Phagentypisierung, welche in der vorliegenden Studie angewandt wurden, kommen heutzutage auch modernere Verfahren, wie beispielsweise die PCR (Polymerase-Chain-Reaction) (ARNOLD 2002), und Verfahren zur molekularen Feintypisierung, wie Plasmidprofilbestimmung, Ribotyping oder PFGE (Pulsfeldgelelektrophorese), zum Einsatz (LIESEGANG et al. 2002; DORN et al. 2006). Diese sollen aber an dieser Stelle nicht näher erläutert werden, da sie nicht in den Rahmen dieser Arbeit fallen.

Indirekter Nachweis mittels ELISA

Indirekte Verfahren des Infektionsnachweises detektieren Antikörper (Ak) im Wirt und zeigen somit einen vergangenen Erregerkontakt an. In diesem Kapitel wird ausschließlich auf den ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent Assay) eingegangen, da dieser als Untersuchungsmethode eingesetzt wurde.

Die Erstentwicklung eines ELISA für den Salmonella-Ak-Nachweis beim Schwein beschrieben NIELSEN et al. (NIELSEN et al. 1995), es handelte sich um einen LPS-mixed-ELISA mit aufgereinigtem LPS von S. Typhimurium and S. Choleraesuis (O:6,7) als Testantigen.

Mittlerweile sind mehrere kommerzielle ELISAs auf dem Markt erhältlich. Die gängigen Systeme beruhen auf zwei prinzipiell verschiedenen Testantigenen. LPS-basierte ELISAs verwenden Lipopolysaccharide aus der Zellmembran als Testantigen. Hierzu gehören der in der vorliegenden Arbeit verwendete Salmotype® Pig ScreenTMELISA, außerdem der HerdCheck® Swine Salmonella™ ELISA und das Enterisol® Salmonella-Diagnostikum. Der Salmotype® Pig ScreenTM und der HerdCheck® Swine Salmonella™ basieren auf der Verwendung der O- Antigene 1, 4, 5, 6, 7 und 12 von S. Choleraesuis und S. Typhimurium (FARZAN et al. 2007).

Ein weiterer kommerzieller ELISA Salmonella-Ab Svanovir® Salmonella Covalent Mix-ELISA nutzt Polysaccharide der gleichen O-Antigene ohne Lipidanteil (MEJIA et al. 2005). Bei dem

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auf (Lipo-) Polysaccharid basierenden Testprinzip ist eine Feststellung des Infektionsstadiums (akut vs. chronisch) nicht möglich, da es ausschließlich gegen spezifische IgG-Ak gerichtet ist.

Im Gegensatz zu diesen drei Tests basiert der Salmotype® Pig STM-WCE™ auf S. Typhimurium Vollzelllysat und detektiert IgA, IgM und IgG-Ak. In einer deutschen Studie differierten die Sensitivitäten je nach Testsystem, was auch auf die unterschiedlichen von den Herstellern empfohlenen Cutoffs zurückgeführt wurde. Die Studie ergab, dass sich die Zeitpunkte im Infektionsgeschehen für die maximale Sensitivität der einzelnen Tests unterscheiden (zwischen 39 und 67 Tagen p.i.). Aufgrund seiner Potenz, IgM-Ak zu detektieren, zeigte der auf Vollzelllysat basierte Test insgesamt die größte Sensitivität (SZABO et al. 2008). IgM ist das erste nach Salmonellainfektion auftretende Immunglobulin (BELOEIL et al. 2004), dadurch kann der vollzelllysatbasierte Salmotype® Pig STM-WCE™ die Infektion in einem früheren Infektionsstadium detektieren als die anderen ELISAs.

Eine Bindung der Antikörper in der Testflüssigkeit an die auf der Mikrotiterplatte gebundenen Antigene ist Grundlage einer positiven Reaktion. In der Regel handelt es sich um eine limitierte Selektion an Antigenen aus dem Gesamtantigenpool aller Serovare. Eine Abstimmung auf die Antigene der regional prominentesten Serovare sichert eine gute Sensitivität des Testes (Anonymous 2000b). Mit dem SALMOTYPE® Pig Screen ELISA lassen sich Antikörper gegen über 90 % der in Deutschland am häufigsten auftretenden Salmonella-Serovare nachweisen (BLAHA 1999), diese Abstimmung des Tests auf europäische Serovare kann in anderen Ländern zu falschnegativen Tests aufgrund erniedrigter Sensitivität führen. So forderten FARZAN et al. (2007) beispielsweise eine Anpassung der oben genannten kommerziellen Tests an die Salmonella-Serovare Ontarios. Ein erster internationaler Ringversuch zur Bewertung von verschiedenen in-house und kommerziellen Salmonellen-ELISAs im Jahre 2001 zeigte eine zufriedenstellende Spezifität aber starke Differenzen in der Sensitivität (VAN DER HEIJDEN 2001). In einer spanischen Studie von MEJIA et al. (MEJIA et al. 2005) wurde der Salmotype® Pig ScreenTMELISA mit dem Salmonella-Ab Svanovir® Salmonella Covalent Mix-ELISA verglichen, welcher als Antigen Polysaccharid und nicht wie der Salmotype® Lipopolysaccharid verwendet. Diese beiden Tests zeigten bei manchen Betrieben, aus für die Autoren nicht erkennbaren Gründen, wenig Übereinstimmung (MEJIA et al. 2005).

Die meisten Salmonellenkontrollprogramme basieren auf serologischen Tests (NOLLET et al.

2005). Dies bietet bezüglich Kosten- und Zeitaufwand erhebliche Vorteile und eignet sich daher

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auch zum Screening großer Tierzahlen in der Routinediagnostik (FARZAN et al. 2007). Der ELISA ist im Gegensatz zur kulturellen Diagnostik nicht an die Phase des Ausscheidens gebunden, und ein positiver Befund ist als Indikator für eine vorangegangene Salmonellenexposition anzusehen (LO FO WONG et al. 2003). Infektionsversuche mit S.

Cholerasuis zeigten, dass die Antikörpertiter 12 Wochen nach erfolgter Infektion immer noch erhöht waren (GRAY et al. 1996). Problematisch ist beim serologischen Nachweis die

„diagnostische Lücke“, in der es zu falschnegativem Testergebnis kommt: Zwischen Infektion und Serokonversion liegt bei Salmonella spp. ein Zeitfenster von 6 bis 37 Tagen (NIELSEN et al. 1995). Auch können die Ergebnisse der Serologie in Abhängigkeit verschiedener Faktoren Schwankungen unterworfen sein. Beispielsweise kann der Hydratationszustand der Tiere einen entscheidenden Einfluss auf die OD%-Werte der Schweine haben: Denn je höher der Hämatokrit, desto konzentrierter liegen die Antikörper im Serum vor (DAVIES et al. 2003).

Einige Studien wiesen auf eine deutlich niedrigere Sensitivität bei Verwendung von Fleischsaft als Probenmaterial im Vergleich zu Serum hin (RÖSLER 2007; WILHELM et al. 2007).

Andere Autoren widerum stellten keine Unterschiede zwischen beiden Probentypen fest (STEINBACH et al. 2003; SZABO et al. 2008). Als Probenmaterial für den ELISA kann grundsätzlich entweder Serum oder Fleischsaft dienen. Die Testung im Rahmen der

„Schweinesalmonellenverordnung“ (Anonymous) beruht meist auf unkomplizierter und kostengünstiger zu gewinnenden Fleischsaftproben. Der willkürlich festgelegte Cutoff beeinflusst entscheident die ermittelte Prävalenz (NOLLET et al. 2005). Laut Deutscher Schweinesalmonellenverordnung wird der Cutoff 40 OD% eingesetzt (Anonymous), welcher zunächst auch in Dänemark genutzt wurde, bevor dort eine Absenkung auf die (auch vom Testhersteller LDL) empfohlenen 20 OD% erfolgte (NIELSEN et al. 2001). Während der Testhersteller des Salmoporc Pigtype ELISAs 20 OD% angibt, empfiehlt der Fabrikant des HerdCheck® Swine Salmonella™ 10 OD%. Die von FARZAN et al. (2007) ermittelten Schnittpunkte der maximalen Sensitivität und Spezifität dieser Tests liegen nahe an diesen Werten (25 OD% bzw. 9 OD%).

(24)

2.2.3 Epidemiologie

Salmonella-Infektionen spielen weltweit eine große Rolle als Ursache humaner Gastroenteritiden (WEGENER et al. 2003). Sie sind klassische Lebensmittelinfektionen, die Erkrankung wird meist durch den Verzehr tierischer Lebensmittel ausgelöst (THORNS 2000).

Salmonellen sind im Magen-Darmtrakt von Warm- und Kaltblütern zu finden, beispielsweise bei Hühnern, Truthühnern, Enten, Kühen, Schweinen, Schafen, Möwen, Eseln, Hunden, Katzen, Schildkröten, Meerschweinchen, Schlangen und Echsen (YOSHIKAWA et al. 1980).

Durch die geringe Wirtsspezifität entstehen unübersichtliche Infektketten zwischen Heim-, landwirtschaftlichen Nutz-, und Wildtierreservoiren, was die Bekämpfung von Salmonelleninfektionen erschwert (BLAHA 1993a). Latent infizierte lebensmittelliefernde Tiere können den Erreger beim Schlachtvorgang in die Lebensmittelkette eintragen (ALBAN et al. 2005). Die wichtigste Infektionsquelle für den Menschen sind Eier und Geflügelfleisch (THORNS 2000). An nächster Stelle steht der Verzehr von Schweinefleisch. Kontaminiertes Schweinefleisch wird für ungefähr 20 % der humanen Salmonellosen verantwortlich gemacht (STEINBACH et al. 1999). Außerdem wurden Salmonella-Infektionen nach dem Genuss von Salmonella-kontaminierter Schokolade (WERBER et al. 2005), Tomaten (Anonymous 2007b) oder Kräutertee (RKI 2003) beschrieben. Neben Einzelerkrankungen treten Salmonellainfektionen häufig als Gruppenerkrankung, beispielsweise in Kindertagesstätten oder Seniorenheimen, auf. So wurde im Jahre 2007 allein von 1.844 verschiedenen Salmonella- Ausbruchsgeschehen in Deutschland berichtet (RKI 2008).

Epidemiologische Einteilung der Salmonellen

Nach SELBITZ (1992) werden die Salmonellenserovare anhand ihrer Wirtsadaptation und Bedeutung als Krankheitserreger in folgende epidemiologischen Gruppen eingeteilt:

Die Erreger der epidemiologischen Gruppe 1 (S. Typhi, S. Paratyphi) sind streng an den Menschen adaptiert und haben als Krankheitserreger für Tiere keine Bedeutung. Erreger der Gruppe 2 können hingegen trotz der Adaptation an bestimmte Tierarten [S. Choleasuis (Schwein), S. Dublin (Rind), S. Gallinarum (Huhn), S. Abortusequi (Pferd), S. Abortusovis (Schaf)] in seltenen Fällen auch beim Menschen schwere Erkrankungen verursachen, welche zu

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besonderer Invasivität mit Septikämie neigen. Erreger der Gruppe 3 führen bei Tieren meist zu latenten, selten zu schweren Krankheitsverläufen und sind beim Menschen Haupterreger von gastroenteralen Zoonosen (SELBITZ 1992). Diese Gruppe umfasst neben S. Enteritidis und S. Typhimurium noch über 2000 weitere Serovare. Eine weitere Einteilung nach BLAHA (BLAHA 1993b) fasst Gruppe 1 und 2 zu den speziesadaptierten, epidemisch vorkommenden Salmonellen zusammen. Gruppe 3 gliedert BLAHA in die „sporadisch vorkommenden, nicht speziesadaptierten Serovare“, wie S. agona und S. infantis ,einerseits sowie andererseits in die

„endemisch vorkommenden, nicht speziesadaptierten“ Serovare S. Typhimurium und S. Enteritidis, welche wegen des hohen Eintrages in die Lebensmittelkette eine große Relevanz für die Gefährdung der menschlichen Gesundheit haben .

2.2.3.1 Salmonella spp. beim Menschen

Generell unterscheidet man in Bezug auf die menschliche Salmonellose zwischen typhoidalen und nichttyphoidalen Salmonellen. Salmonella enterica ssp. enterica Serovar Typhi und Serovar Parathyphi repräsentieren die typhoidalen Salmonellen und rufen Typhus bzw. Paratyphus hervor, dies sind schwere zyklische systemische Infektionen mit Darmbeteiligung. In Deutschland sind Typhus und Paratyphus weitgehend zurückgedrängt, während sie in Ländern mit schlechten Hygienebedingungen verbreitet sind (PARRY et al. 2008). Die typhoidalen Salmonellen stellen keine Zoonoseerreger dar und werden in den folgenden Ausführungen nicht mehr erläutert.

Alle anderen humanpathogenen Salmonellenserovare gehören zu den nichttyphoidalen Salmonellen, welche Gastroenteritiden auslösen können (YOSHIKAWA et al. 1980). Im Jahr 2007 wurden in Deutschland insgesamt 55.400 humane Salmonellen-Enteritiden nach Infektionsschutzgesetz übermittelt. Bei 71 % derNennungen handelte es sich um das Serovar S. Enteritidis und bei 23 % der Fälle um S. Typhimurium. In sehr weitem Abstand folgten S. Infantis (0,8 %) und S. Virchow (0,4 %), sowie S. Derby, S. Newport und S. Bovismorbificans mit 0,3 %. Alle anderen übermittelten Serovare machten zusammen lediglich 4 % aus (RKI 2008). In Deutschland gipfelte die Anzahl gemeldeter Fälle humaner Salmonellosen im Jahre 1992 mit 195.378 gemeldeten Fällen, seither ist ein rückläufiger Trend

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zu beobachten. Im Verhältnis zu S. Enteritidis nahm der Anteil von S. Typhimurium in der Vergangenheit zu (RKI 2008).

Infektionsverlauf

Die Infektion des Menschen erfolgt oral in erster Linie über den Verzehr kontaminierter Nahrung (WEGENER et al. 2003), aber auch über direkten Kontakt zu infizierten Personen (LINTZ et al. 1976) und zu infizierten Heimtieren (GUARDABASSI et al. 2004). Die Infektionsdosis für den erwachsenen Menschen liegt bei 104–106 Keimen (RKI 2009), bei alten, jungen, kranken oder immungeschwächten Menschen (sog. YOPIs: young, old, pregnant, immunosuppressed) kann sie wesentlich niedriger liegen (D'AOUST 1991). Die Salmonellose manifestiert sich meist als akute Enteritis mit den Symptomen einer plötzlich einsetzender Diarrhoe, Cephalgie, abdominalem Schmerz, Unwohlsein und manchmal Vomitus. Häufig tritt leichtes Fieber auf, und die Symptome halten über einige Tage hinweg an (YOSHIKAWA et al.

1980). In seltenen Fällen kann die initiale Darmentzündung in einen septischen Verlauf mit zum Teil hohem Fieber übergehen (SELBITZ 1995).

Therapie

Normalerweise ist die Salmonellose selbstlimitierend. An Stelle einer antibiotischen Behandlung steht die Volumensubstitution zur Verhinderung einer Dehydratation im Vordergrund (D'AOUST 1991). Die Symptome dauern normalerweise nur Stunden oder Tage an (YOSHIKAWA et al. 1980). Bei schwerer Enteritis und vor allem bei systemischen Verläufen ist jedoch eine adäquate Antibiose unbedingt erforderlich (HOHMANN 2001).

Früher galten bei einer Salmonellose Ampicillin, Chloramphenicol und Trimethoprim- Sulfamethoxazol als Mittel der Wahl (YOSHIKAWA et al. 1980). In den letzten 20 Jahren haben sich Resistenzen gegen diese drei Antibiotika bei Salmonellen stark verbreitet (D'AOUST 1991; THRELFALL et al. 1997), sodass nun Fluorchinolone und Cephalosporine der 3. Generation die wichtigsten Alternativen zur Therapie schwerer Salmonellosen darstellen (HOHMANN 2001). Da Fluorchinolone im Tierversuch bei Jungtieren Arthropathien auslösen (PATTERSON 1991), ist bei der Anwendung bei Kindern Vorsicht angebracht.

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2.2.3.2 Salmonella spp. beim Schwein

Infektionen der Schweine mit nicht-speziesadaptierten Salmonella-Serovaren bleiben meist latent. Die Erreger können daher unerkannt während der Schlachtung in die Lebensmittelkette gelangen und eine bedeutende Infektionsquelle für den Menschen darstellen (BLAHA 1993a).

In Deutschland (BFR 2008b) und den meisten europäischen Ländern (EFSA) ist S. Typhimurium der am weitesten verbreitete Serotyp bei Schweinen. S. Typhimurium ist zweithäufigstes identifiziertes Serovar bei humanen Salmonellosen sowohl in Deutschland (BFR 2008a) als auch EU-weit (EFSA 2010). Geschätzte 20 % der humanen Salmonellosen in Deutschland werden auf Schweinefleischverzehr zurückgeführt (STEINBACH et al. 1999). Wie zahlreiche Studien zeigen, sind Salmonellen in Schweinebeständen relativ weit verbreitet. Eine großangelegte Studie des BfR an 2.569 deutschen Mastschweinen ergab eine bakteriologische Prävalenz von 12,7 % in den Intestinallymphknoten und eine serologische Prävalenz von 32,3 % bei einem Cutoff von ≥ 20 OD% (BFR 2008b). Weitere deutsche Studien ergaben folgende Anteile kulturell Salmonella-positiver Tiere: In Darmlymphknoten entdeckten GAREIS et al. bei 3 % (GAREIS et al. 1996), GANTER et al. bei 3,5 % (GANTER et al. 1997) und FRIES et al. bei 18,3 % (FRIES et al. 2002) der Tiere Salmonella spp.. In den USA entdeckten BAHNSON et al. mittels Untersuchung von Mesenteriallymphknoten 13,3 % (BAHNSON et al. 2001) und CARLSON et al. bei der Untersuchung der Ileocaecallymphknoten 3,69 % (CARLSON et al. 2001) positive Tiere. In Australien detektierten MOO et al. bei 18 % (MOO et al. 1980) der Tiere den Erreger in den Jejunal- und Ileocaecallymphknoten. Die festgestellten serologischen Prävalenzen in Deutschland lagen in anderen Studien mit Mastschweinen z.B. bei 1,6 % (CZERNY et al. 2001) oder 7,3 % (VON ALTROCK et al. 2000) bei Verwendung des Cutoffs 40 OD%.

Infektionsverlauf

Obwohl bei Schweinen experimentell nasale Infektionen nachgewiesen wurden (FEDORKA- CRAY et al. 1995), geschieht in Natura der überwiegende Anteil von Salmonella-Infektionen fäkal-oral (ROLLE et al. 2007). Die latent infizierten Schweine tragen Salmonella asymptomatisch in Tonsillen, Darm und darmassoziiertem lymphatischem Gewebe (WOOD et

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al. 1989; FEDORKA-CRAY 2000). Vom latenten Trägertum abzugrenzen ist die klinische Salmonellose des Schweines (WALDMANN et al. 2004). Sie äußert sich meist in akuten Enteritiden aber auch Pneumonien und kann schwere septikämische Verläufe annehmen (ROLLE et al. 2007). Klinische Verläufe beruhen vorwiegend auf dem schweineadaptierten Serovar S. Choleraesuis, welches in den USA und Kanada im Gegensatz zu Europa eine sehr bedeutende Rolle spielt (GRAY et al. 2001). Während Saugferkel und erwachsene Tiere meist subklinisch infiziert sind, kommt es bei Absetzern und Jungschweinen bis 60 kg öfter zu klinischen Verläufen (WALDMANN et al. 2004). Auch nicht schweineadaptierte Serovare können bei Schweinen zu Erkrankungen führen, besonders wenn das Immunsystem der Tiere durch weitere Faktoren, wie Futterumstellung oder Umstallung, überfordert wird. In einem Infektionsversuch (SCHERER et al. 2008) mit S. Typhimurium zeigten fünf von 16 Tieren klinische Durchfallsymptomatik.

Infektionsquellen im Bestand

Die Ausbreitung der Salmonellen innerhalb eines Schweinebestandes findet horizontal und vertikal statt. Von einem Bestand zum anderen erfolgt die Weiterverbreitung vermutlich in absteigender Bedeutung durch 1.) Einstallung latent infizierter Tiere, 2.) kontaminierte Futtermittel sowie 3.) belebte und unbelebte Vektoren, wie z.B. Schadnager, Hunde und Katzen oder kontaminierte Gegenstände (BLAHA 1993a).

Symptomlos ausscheidende Carrier wurden schon in den 70er Jahren als bedeutende Infektionsquelle für Schweinebestände identifiziert (ISHIGURO et al. 1979). Die Studie von LO FO WONG et al. zeigten, dass Ferkelzukauf von mehr als drei Händlern mit erhöhter Seroprävalenz einherging (LO FO WONG et al. 2004). NOWAK et al. (2007) beschrieben die Zulieferung von einem einzelnen Salmonella-freien Ferkelzulieferbertrieb als protektiv.

BAGER bezeichnete einerseits das Einstallen infizierter Carrierschweine als Hauptrisikofaktor für die Infektion mit S. Typhimurium und andererseits Futter als Hauptrisikofaktor für die Infektion mit Nicht-Typhimurium Serovaren (BAGER 1994). Die Salmonella-Kontamination von sowohl pelletiertem und als auch nicht-pelletiertem Futter sowie von Nass- und Trockenfutter wurde beschrieben (Anonymous 2000b). Die Beprobung von Fertigfuttermitteln für Schweine ergab in den europäischen Ländern 0-3,3 % positive Proben. Die Belastung der

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Futtermittel mit S. Enteritidis und S. Typhimurium war jedoch generell niedrig (EFSA 2007).

Erhitztes Futter war zum Zeitpunkt der Herstellung in der Mühle selten kontaminiert, während Transport und Lagerung des Futters sind Kontaminationen möglich (Anonymous 2000b;

DAVIES et al. 2004).

VAN DER WOLF et al. (1999) beschrieben automatisierte Flüssigfütterung als protektiven Faktor bezüglich Salmonella-Infektionen und Trogfütterung als risikoerhöhenden Faktor. In anderen Studien identifizierte man die Tränkeaufnahme aus dem Trog statt aus der Nippeltränke sowie die alleinige Trockenfutteraufnahme gegenüber der Aufnahme einer Mischung aus Trocken- und Nassfutter als Risikofaktoren (BAHNSON et al. 2006). Auch FABLET et al. (2003) nannten Trockenfutter als Risikofaktor und gaben als mögliche Erklärung die ausbleibende Säuerung des Magen-Darm-Inhalts im Gegensatz zu Nassfuttereinsatz an. Eine Studie von LO FO WONG et al. (2004) beschrieb pelletiertes Futter als Risikofaktor für hohe Salmonella-Seroprävalenz, als protektive Faktoren werden Molkefütterung und gute hygienische Verhältnisse, wie gute Händehygiene des Stallpersonals und komplett abgetrennte Buchten, genannt. Unvollständige Abtrennungen stellen einen Risikofaktor dar, weil der Nasenkontakt zwischen den Tieren die Erregerübertragung ermöglicht (LO FO WONG et al. 2004; OLIVEIRA et al. 2007).

VAN DER WOLF et al. (2001) und BELOEIL et al. (2007) beschrieben einen Zusammenhang zwischen dem Einsatz antibiotischer Wachstumspromotoren bzw. einer antibiotischen Pro- und Metaphylaxe und einem erhöhtem Salmonella-Aufkommen. Beide Autoren unterstreichen durch ihre Funde die Notwendigkeit der Stallhygiene: Die Stallhochdruckreingung und Desinfektion in Kombination mit dem Rein-Raus-System waren protektive Faktoren (VAN DER WOLF et al. 2001), ebenso das Tragen von Schutzkleidung und die Isolation der Produktionsstätte (BELOEIL et al. 2007). Andererseits stellten laut BELOEIL et al. (2007) eine residuale Salmonellenbelastung im Maststall vor dem Aufstallen, das Auftreten des PRRS- Virus und eine große Gruppengröße Risikofaktoren für eine Salmonella-Serokonversion dar.

Die Bedeutung einer sorgfältigen Reinigung und Desinfektion für die Salmonella-Bekämpfung wurde bereits von BERENDS et al. (1996) herausgestellt. Hohe Salmonellenraten in der Tierumgebung wurden trotz vorangegangener Reinigung und Desinfektion isoliert (FUNK et al.

2001). CLARK et al. betonten die Wichtigkeit des Alles-Rein-Alles-Raus-Prinzips in der Schweinemast, um Krankheiten zu verhindern (CLARK et al. 1991). Allerdings existiert auch

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eine Studie von CZERNY et al. (CZERNY et al. 2001), die beim Rein-Raus-System einen höheren Anteil seropositiver Tiere als bei kontinuirlicher Einstallung ausmachte.

Vollspaltenboden wurde in mehreren Studien als protektiver Faktor und Teilspaltenboden als Risikofaktor für Salmonella-Infektion beschrieben, da dort aufgrund des Kontakts zum Kot eine fäkal-orale Kontamination begünstigt wird (VONNAHME 2005).

Von Nagetieren in Schweinebeständen werden nicht selten Salmonella isoliert (LE MOINE et al. 1987; LETELLIER et al. 1999), somit stellen diese ein Infektionsrisiko dar. MEIJA et al.

(2006) identifizierten fehlende Nagerbekämpfung als Risikofaktor für erhöhte Salmonella- Ausscheidung bei Sauen. In einer englischen Studie zur Salmonellaprävalenz bei Ratten und Hausmäusen erwiesen sich >10 % der Tiere als positiv (HEALING 1991). In der Vergangenheit wurde eine Nagerbekämpfung auf Basis Salmonella-haltiger Rodentizide durchgeführt, möglicherweise hatte dies die Erhöhung der Salmonella-Prävalenz bei Nagern zu Folge (HEALING 1991).

Auch der Eintrag von Salmonellen über Wildvögel, insbesondere durch die Verschmutzung des Futters mit dem salmonellenkontaminierten Kot der Wildvögel, stellt einen Risikofaktor dar (DANIELS et al. 2003).

Die Haltung von zusätzlichen anderen Tierspezies neben Schweinen war in der Studie von MEIJA et al. (2006) verbunden mit einer erhöhten Salmonella-Exkretion durch die Mastschweine. Dieses Phänomen wurde auch von FUNK et al. (2001) beschrieben.

MEIJA et al. (2006) stellte bei einer Herdengröße über 1600 Tiere eine höhere bakteriologische Salmonella-Prävalenz fest, während VAN DER WOLF et al. (2001) eine kleine Herdengröße (unter 800 Tiere) als Risikofaktor nannte.

In einer Risikostudie von LEYK et al. (2002) konnten keine Unterschiede der epidemiologischen Daten von serologisch Salmonella-positiven und -negativen Beständen festgestellt werden.

Eine Metastudie von FOSSE et al. (2009) ergab, dass bisher für Salmonella spp. deutlich mehr Risikofaktoren als für Campylobacter spp. und Y. enterocolitica veröffentlicht wurden.

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Bekämpfung

Das Ziel der Bekämpfung von Salmonella in Schweinemastbeständen ist aufgrund der ubiquitären Verbreitung nicht die vollständige Eradikation, sondern lediglich die Reduktion der Erregerübertragung (ERDMAN et al. 2005). Eine wichtige Grundlage für die Salmonellenreduzierung in Schweinebeständen stellt die Einhaltung allgemeiner Hygienemaßnahmen dar. Die Fütterung von grobvermahlenem und angesäuertem Futter scheint eine weitere wirksame Strategie gegen Salmonella spp. in den Beständen zu sein (VISSCHER 2006).

Es besteht die Möglichkeit, die Salmonella-Belastung der Bestände mittels Impfung zu senken.

Besonders Lebendimpstoffe sind empfehlenswert, da sie neben der humoralen auch die zelluläre Immunantwort induzieren (SELBITZ 1995).

Überwachungsprogramme

In Schweden, Norwegen und Finnland wurden schon vor über 50 Jahren Salmonellenüberwachungsprogramme (auf bakteriologischer Basis) eingeführt. Als Resultat wurden diese Länder durch die EU als „low prevalence countries“ eingestuft. Dänemark betreibt seit 1995 ein Salmonellenüberwachungsprogramm, welches auf serologischen Ergebnissen basiert (MOUSING et al. 1997). Dänemark gilt als „medium prevalence country“, während alle anderen Europäischen Länder unter die “high prevalence countries“ fallen (BLAHA 2007). Die EU-Gesetzgebung zu Zoonosen (RL 2003/99/EG und VO 2061/2003/EG) gaben der Forderung nach der Reduzierung des Eintrags und der Vermehrung von Salmonellen entlang der Lebensmittelkette eine neue Dimension. In Deutschland trat am 13. März 2007 die Schweine-Salmonellen-Verordnung „Verordnung zur Verminderung der Salmonellenverbreitung durch Schlachtschweine“ in Kraft, mit ihr wurde nach einer

mehrjährigen nationalen Erhebungsphase ein bundesweites Salmonellenüberwachungsprogramm eingeführt. Diese Verordnung betrifft Betriebe mit über

50 Mastplätzen, welche auf der Basis regelmäßiger serologischer Untersuchungen auf Salmonella-Antikörper in drei Kategorien eingeteilt werden. Die Betriebskategorisierung beruht auf dem Cutoff 40 OD %. Die Kategorie I umfasst Betriebe mit bis zu 20 % positiven

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Befunden, Kategorie II erstreckt sich über den Bereich 20 % bis 40 % positiver Befunde und Kategorie III weist einen Anteil von mehr als 40 % positiven Tieren auf. Betriebe, welche in die Kategorie III fallen, müssen sich einer speziellen Beratung durch den betreuenden Tierarzt unterziehen. So ist „sicherzustellen, dass unverzüglich bakteriologische und epidemiologische Untersuchungen auf Salmonellen durchgeführt werden, um die Ursache des Eintrags zu ermitteln“, und Maßnahmen zur Verminderung der seropositiven Anteils der Tiere eingeleitet werden, „insbesondere eine Reinigung und Desinfektion der frei werdenden Buchten .. sowie eine Schadnagerbekämpfung durchgeführt werden“.

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2.3 Campylobacter spp.

2.3.1 Erregereigenschaften

Die Erreger der Gattung Campylobacter sind gramnegative, sporenlose, meist gebogene Stäbchen von 0,2-0,9 x 0,5-5 μm Größe. Durch uni- oder bipolare monotriche Begeißelung erlangen sie die charakteristische korkenzieherartige Beweglichkeit (URSING et al. 1994).

Campylobacter spp. gelten als empfindliche und anspruchsvoll zu züchtende Bakterien, da sie hohe Anforderungen an die Wachstumsbedingungen stellen (PARK 2002). Wachstum erfolgt bei den thermophilen Campylobactern (C. coli, C. jejuni, C. lari und C. upsaliensis) ausschließlich im engen Temperaturbereich von 30-42 °C, wobei 42 °C als Optimaltemperatur für thermophile Campylobacter spp. angegeben wird (SKIRROW et al. 1980; PARK 2002). So können sich Campylobacter spp. in gekühlten Lebensmitteln nicht mehr vermehren (OOSTEROM et al. 1985). Campylobacter spp. benötigen zum Wachstum eine mikroaerophile Atmosphäre zusammengesetzt aus 85 % N2, 5 % O2 und 10 % CO2 (BOLTON et al. 1983).

Der Erreger ist in der Umwelt unter geeigneten Bedingungen einige Zeit überlebensfähig, aber kann sich nicht außerhalb des Wirtsorganismus vermehren (BORCH et al. 1996). Gegenüber Austrocknung und Hitze reagiert er sehr empfindlich (PARK 2002), die Überlebenschancen in der Umwelt sind daher bei kühlen Temperaturen in feuchter Umgebung erhöht. Ebenfalls äußerst sensibel reagiert der Keim gegenüber oxidativem Stress (HUMPHREY et al. 2007).

Nach anhaltenden Mangelzuständen in der Kultur kann ein Übergang in ein „viable but nonculturable“ (VBNC)-Stadium erfolgen, erkennbar an kokkoiden unbeweglichen Zellen (ROLLINS et al. 1986). In diesem VBNC-Stadium ist der Keim zwar lebens- nicht aber vermehrungsfähig (THOLOZAN et al. 1999).

Geschichte

Die erstmalige mikroskopische Entdeckung des Erregers gelang dem österreichischen Kinderarzt ESCHERICH schon 1886 (KIST 1986). Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Bakterium aufgrund der gebogenen Form der Spezies Vibrio zugeordnet und zunächst vorwiegend als Aborterreger eingeordnet. Die Bedeutung als Gastroenteritiserreger kam erst zu

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Tage, als JONES 1931 den Zusammenhang mit der Winterdysenterie des Kalbes aufzeigte und den Erreger als „Vibrio jejuni“ bezeichnete (JONES et al. 1931). 1944 beschrieb DOYLE

„Vibrio coli“ und dessen Beziehung zur Dysenterie des Schweines (DOYLE 1944). Schließlich beschrieb LEVY die mögliche Kausalität von Vibrio für humane Gastoenteritiden (LEVY 1946). Einem Meilenstein glich die Differenzierung zweier verschiedener Typen Vibrios durch Elisabeth King (KING 1957). Sie unterschied den Aborterreger V. fetus von den „related vibrios“, welche sie durch Wachstum bei 42 °C und der Beteiligung an humanen Gastroenteritiden abgrenzte. Der Gattungsname Campylobacter wurde 1963 von SEBALD und VERON eingeführt und so die Abtrennung von den Vibrio offiziell vollzogen (SEBALD et al.

1963). Erst gegen Ende der 70er Jahre wurde die Bedeutung von Campylobacter spp. als Gastroenteriserreger des Menschen erkannt (MOORE et al. 2005). Diese Wandlung war begründet in Verbesserungen der Kultivierungsmethode und dem Einsatz neu entwickelter Selektivnährmedien (SKIRROW 1977).

Taxonomie

Die Gattung Campylobacter wurde 1963 aufgrund ihrer Mikroaerophilie, der Differenz im Guanin- und Cytosingehalt und der Unfähigkeit zur Kohlehydratfermentation aus der Gattung Vibrio abgetrennt. Die Gattung Campylobacter gehört zusammen mit der Gattung Arcobacter zur Familie der Campylobacteriaceae, welche zur Klasse Epsilonproteobacteria gehört. Das Genus Campylobacter umfasst eine Vielzahl von apathogenen und pathogenen Spezies (ON 2001) wie C. fetus (ssp. fetus, ssp. venerealis), C. jejuni (ssp. doylei, ssp. jejuni), C. coli, C. lari, C. upsaliensis, C. hyointestinalis (ssp. hyointestinalis, ssp. lawsonii), C. sputorum, C. mucosalis, C. concisus, C. curvus, C. rectus, C. gracilis, C. showae, C. helveticus.

C. lanienae und C. hominis. Die bedeutensten humanpathogenen Spezies sind die thermophilen Spezies C. jejuni, C. coli und C. lari (RKI 2005). Diese zeichnen sich durch ein enges Temperaturspektrum (30 - ca. 46 °C) aus, in welchem Wachstum möglich ist (HUMPHREY et al. 2007). Die Spezies C. lari wurde in 1983 begründet und wurde anhand ihrer Nalidixinsäureresistenz definiert (LIOR 1984).

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2.3.2 Nachweis von Campylobacter spp.

Kultureller Nachweis

Der kulturelle Campylobacter-Nachweis wurde erst in den 70er Jahren etabliert, da Campylobacter sehr anspruchsvoll in der Anzucht ist (MOORE et al. 2005).

Er erfolgt entweder durch direktes Ausplattieren des Probenmaterials auf dem Nährboden oder durch eine vorgeschaltete Selektivanreicherung in einem Flüssigmedium (JACOBS-REITSMA 2008). Dem direkten Ausplattieren kann die Filtrationsmethode vorgeschaltet werden (BUTZLER et al. 1973). Hierbei ermöglicht die geringe Größe des Erregers die Passage durch einen Membranfilter, beispielsweise aus Cellulose-Acetat (GOOSSENS et al. 1986). In den meisten Fällen ist die Voranreicherung der Proben in Anreicherungsbouillons angebracht, um die Wiederfindungsrate bei vorgeschädigten Erregern oder geringer Keimzahl zu verbessern (FITZGERALD et al. 2008). Es stehen verschiedene selektive Anreicherungsmedien (Preston- Boullion, Bolton-Anreicherung, usw.) und Nähragars (Karmali-Agar, Thioglyklolat-Agar, Skirrow-Agar) zur Verfügung. Die Spezial-Nährböden zur Campylobacter-Isolierung beinhalten häufig selektierende Antibiotika sowie Zusätze von Blut oder Kohle, um die Wirkung toxischer Sauerstoffverbindungen auf die empfindlichen Campylobacter spp.

abzuschwächen. Im Allgemeinen ergibt sich durch Kombination mehrerer Anzuchtmedien eine größere Isolationsquote als bei Verwendung eines einzigen Mediums (ENDTZ et al. 1991b).

Beim kulturellen Nachweis thermophiler Campylobacter spp. sind die besonderen Erregereigenschaften Mikroaerophilie und Thermophilie zu berücksichtigten. Zur Schaffung dieser Atmosphäre werden Anaerobierbrutschränke oder Anaerobiertöpfe verwendet (BOLTON et al. 1983). Die Bebrütung thermophiler Campylobacter spp. bei 42 °C bringt den Vorteil einer gewissen Selektion gegenüber meso- und psychrophilen Keimen mit sich. Auf den meisten Nährböden wachsen Campylobacter als flache graue unregelmäßige Kolonien. Sie zeigen keine Hämolyse auf Blutagar. Um das typische Schwärmen beobachten zu können, ist der Einsatz frischer, nicht ausgetrockneter Nährböden nötig (FITZGERALD et al. 2008). Zu Verwechslungen führen könnte die ähnliche Koloniemorphologie von Arcobacter (VANDAMME et al. 1992). Von präsumptiven Campylobacter-Kolonien wird eine gram-

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Färbung angefertigt und außerdem die drehende Beweglichkeit der Bakterien im hängenden Tropfen beurteilt.

Weiterführende Differenzierungsmethoden

Zur weiterführenden Diagnostik zwecks Speziesdifferenzierung isolierter Campylobacter spp.

können phänotypische Methoden, wie die biochemische Feindifferenzierung, Serotypisierung, oder Resistenztestung, eingesetzt werden.

Die biochemische Differenzierung der einzelnen Campylobacter-Spezies voneinander ist schwierig, da eine vergleichsweise geringe biochemische Aktivität vorliegt und kaum Variationen im Verhalten auftreten (FITZGERALD et al. 2008). Die positive Chromoxidasereaktion ist typisch für alle Vertreter der Gattung, während die Katalasereaktion je nach Spezies unterschiedlich ausfällt. C. coli, C. jejuni und C. lari reagieren Katalase-positiv, während beispielsweise C. upsaliensis Katalase-negativ reagiert. Mittels Hippurat- Hydrolysetest lassen sich C. coli von C. jejuni unterscheiden, da hier C. jejuni als einzige Campylobacter-Spezies positiv reagiert (VANDAMME et al. 1992; ON 2001). Doch kann es dabei durch abweichende Reaktionen zu einer Überbewertung des C. jejuni-Anteils kommen (STEINHAUSEROVA et al. 2001), sodass ergänzend eine PCR zur Detektion des Hippurikasegens angewendet werden sollte.

Die früher einmal mögliche Speziesdifferenzierung mithilfe der Bestimmung der Antibiotikaresistenz wird mittlerweile durch erworbene Resitenzen erschwert. So eignet sich die Nalidixinsäureresistenz nicht mehr zur Abgrenzung von C. lari gegenüber C. coli und C. jejuni, da sich auch bei diesen Spezies Nalidixinsäureresistenzen entwickelt haben (ENDTZ et al.

1991a).

Es sind zwei verschiedene Serotypisierungsmethoden beschrieben worden: das Penner-System nutzt die Typisierung von hitzestabilen Oberflächenantigenen (HS-System) mit Hilfe passiver Hämagglutination (PENNER et al. 1980), das Lior-System basiert auf dem Nachweis wenig charakterisierter, hitzelabiler Oberflächenantigene (HL-System) mittels Objektträgeragglutination (LIOR et al. 1982). Da aber viele Stämme mittels Serotypisierung nicht näher zu differenzieren sind, ist die ergänzende Differenzierung mit einer genotypischen Methode angebracht (WASSENAAR et al. 2000).

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Sonstige Nachweismethoden

Campylobacter spp. sind langsamwachsende und besonders anspruchsvolle Bakterien. Daher hat neben dem klassischen kulturellen Nachweis auch die Polymerase Chain Reaction (PCR) als molekularbiologische Methode Bedeutung (GONZALEZ et al. 1997; MARSHALL et al. 1999).

Je nach verwendetem Primer kann so die Zugehörigkeit zur Gattung Campylobacter, zu den einzelnen Spezies, wie C. coli oder C. jejuni, oder die Stammdifferenzierung innerhalb einer Spezies mittels Amplifizierung bestimmter Genabschnitte identifiziert werden (GAULL 2003).

Eine moderne Multiplex-Realtime-PCR bietet den Vorteil, dass Mischinfektionen mit C. coli und C. jejuni erkannt werden. Eine neuetablierte Kolonieblothybridisierung dient dem Nachweis von Kolonien verschiedener Spezies auf einer Agarplatte und verfeinert damit die kulturelle Diagnostik (HÄNEL et al. 2008). In der Humanmedizin spielt seit einigen Jahren der Antigennachweis im Kot mittels ELISA eine Rolle (HÄNEL et al. 2008). An genotypischen Methoden sind außerdem Ribotyping, Pulsfeldgelelektrophorese (PFGE), Flagellin-Typing (fla typing) (WASSENAAR et al. 2000) und Multilocus-Sequenz-Typing (MLST) (DINGLE et al. 2005) im Einsatz.

Serologischer Nachweis

Für die Detektion von Campylobacter-Antikörpern beim Schwein wurden bisher einzelne serologische Untersuchungen beschrieben. Beispielsweise beruht die Studie von VON ALTROCK et al. (VON ALTROCK et al. 2006) auf der Immunoblot-Methode. Der von VON ALTROCK et al. eingesetzte Immunoblot war IgG-isotypspezifisch und beruhte auf dem Einsatz eines Vollzell-Mischantigens dreier Stämme C. coli und C. jejuni. KRAMER et al.

(2001) stellten anlässlich eines Kongresses erste Ergebnisse der Entwicklung eines LPS (Lipopolysaccharid)-Mix-ELISAs zum Nachweis von Antikörpern gegen C. coli und C. jejuni beim Schwein vor. Sie berichteten von einer guten Sensitivität und Spezifität dieses ELISAs.

KLEY (2003) entwickelte in ihrem Dissertationsvorhaben einen ELISA zum Nachweis von C. coli und C. jejuni. Dieser war in der Lage, Infektionen der Schweine mit Untersuchung von Serum und Fleischsaft zu detektieren. Die Autorin berichtet allerdings von Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Probenergebnisse, da aufgrund fehlender Negativ-Seren ein Cutoff nicht

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festzulegen war. Für die Humanmedizin ist ein kommerzieller ELISA (recomWell®Campylobacter) erhältlich, welcher sowohl IgA als auch IgG-Ak gegen C. coli und C. jejuni detektiert und auf rekombinanten, Campylobacter-spezifischen Antigenen basiert. Hier zeigte eine Testphase, dass zur Beurteilung des Campylobacter-Immunstatus immer die Ergebnisse des IgG- und IgA-Nachweises gemeinsam und zusätzlich klinische Hinweise hinzugezogen werden müssen (HÄNEL et al. 2008).

2.3.3 Epidemiologie

Campylobacter spp. sind die häufigste gemeldete Ursache akuter Gastroenteritis in den Industrieländern (MOORE et al. 2005). Dennoch bestehen bezüglich der Epidemiologie viele Unklarheiten und die Übertragungswege sind weit weniger bekannt als beispielsweise bei Salmonella spp. (EKDAHL et al. 2005).

Die thermophilen Campylobacter spp., in erster Linie C. coli und C. jejuni und seltener C. lari, sind Auslöser der Campylobacter-Enteritis beim Menschen. Campylobacter spp. sind weitverbreitet und kolonisieren als enterale Kommensalen im Gastrointestinaltrakt von landwirtschaftlichen Nutztieren (Geflügel (JORGENSEN et al. 2002), Schweine (GÖRGEN et al. 1983), Schafe und Rinder (STANLEY et al. 2003)) und Haustieren (Hunde und Katzen (HALD et al. 1997)). Diese stellen Reservoire von Campylobacter spp. dar und sind in der Regel asymptomatische Träger (HUMPHREY et al. 2007). Allgemein ist Campylobacter streng an seine enterale ökologische Nische adaptiert und kann nicht in der Umwelt replizieren. Jedoch kann der Keim in Biofilmen und Wasser einige Zeit in der VBNC-Form (viable but not culturable) überleben (ALTEKRUSE et al. 2003). In diesem Stadium überlebt das Bakterium zwar, ist jedoch nicht kultivierbar. Die genauen prozentualen Anteile der einzelnen auslösenden Ursachen humaner Campylobacteriosen sind unklar (JACOBS-REITSMA 2008). Die größte ätiologische Bedeutung wird dem Konsum nicht ausreichend erhitzten Geflügelfleisches beigemessen (THORNS 2000; BFR 2009). In Deutschland sind die Campylobacter-Funde in Geflügelfleisch seit Jahren unverändert hoch, so waren im Jahr 2005 31,1 % und im Jahr 2007 32,67 % der Geflügelfleischproben positiv (RKI 2006; BFR 2009). Nachdem in Belgien aufgrund eines Dioxinskandals Geflügelfleischprodukte vom Markt genommen wurden, sank die Infektionsrate der humanen Campylobacteriose um geschätzte 40 % (VELLINGA et al.

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2002). Auch in Deutschland lässt sich eine Parallele zwischen dem Vorkommen von Campylobacter in Geflügelfleisch und humanen Campylobacteriosen aufzeigen (BFR 2008a).

Als weitere Ursachen sind der Konsum von Rohmilch (FAHEY et al. 1995), aber auch von rohem, beziehungsweise nicht durchgegartem, Fleisch vom Schwein, Rind und Schaf beschrieben. Generell ist die Kontaminationsrate von rohem Schweinefleisch mit unter 1,5%

(BFR 2009) sehr niedrig, weshalb der Genuss für den Verbraucher ein eher geringeres Risiko darstellt (HÄNEL et al. 2008).

Auch der enge Kontakt zu infizierten Haustieren kann eine mögliche Infektionsquelle darstellen, da Hunde und Katzen häufig Träger des Erregers sind (MORENO et al. 1993). In nordischen Ländern führt der Genuss von unbehandeltem kontaminiertem Oberflächengewässer regelmäßig zu humanen Infektionsausbrüchen (MOORE et al. 2005). Auch das Schwimmen in kontaminierten Seen ist als Risikofaktor für humane Campylobacter-Enteritis bekannt (SCHONBERG-NORIO et al. 2004).

2.3.3.1 Campylobacter spp. beim Menschen

Seit dem Jahr 2005 übersteigt die Zahl der humanen Campylobacteriosen die der Salmonellosen. Campylobacter-Gastroenteritiden waren 2007 in Deutschland mit 66.107 Erkrankungen gemäß Meldung nach Infektionsschutzgesetz die häufigsten bakteriellen Durchfallerkrankungen. Auch EU-weit sind Campylobacter-Infektionen die meistberichtetste Gastroenteritisursache (EFSA 2010). Laut TAM et al. (2003) sind 90 % aller humanen Campylobacteriosen durch die Spezies C. jejuni bedingt. Auch in Deutschland wird bei erkrankten Menschen hauptsächlich die Spezies C. jejuni (71,1 %) isoliert, gefolgt von C. coli (6,3%) und C. lari (1%). Bei 20,8 % der humanen Isolate erfolgte keine Weiterdifferenzierung zwischen C. coli und C. jejuni (RKI 2008). Auffällig ist eine ausgeprägte Saisonalität des Auftretens humaner Campylobacter-Enteritis, sie tritt in Europa vermehrt in der warmen Jahreszeit auf (NYLEN et al. 2002).

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Infektionsverlauf

Viele Campylobacter-Infektionen verlaufen asymptomatisch, bei Manifestation der Infektion tritt gewöhnlich eine akute Enteritis auf. Die häufigsten Symptome sind (hämorrhagische) Diarrhoe, Abdominalkrämpfe, Fieber und Müdigkeit (WITTENBRINK 2002). Bemerkenswert ist die sehr geringe Infektionsdosis (ca. 800 Keime) im Vergleich zu anderen lebensmittelassoziierten Krankheitserregern (BLACK et al. 1988). In der Regel ist die Krankheit bei immunkompetenten Personen selbstlimitierend und die Symptome verschwinden nach ca. einer Woche. Als seltene postinfektiöse Komplikation tritt das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) auf, welches eine immunvermittelte Polyradikuloneuropathie des peripheren Nervensystems darstellt und (NACHAMKIN 2002). Ätiologisch bedeutsam sind für das GBS außer Campylobacter auch andere Bakterien bzw. Viren (Anonymous 1998).

Therapie

Eine symptomatische Therapie mit Volumen- und Elektrolytsubstitution ist bei enteralen Verläufen meist ausreichend (RKI 2005). Bei hohem Fieber, septikämischer Streuung und schweren klinischen Verläufen ist eine antibiotische Therapie mit Erythromycin oder Fluorchinolonen angezeigt. Der Einsatz von ß-Lactamen empfiehlt sich aufgrund weit verbreiteter Resistenzen weniger (ENGBERG et al. 2001). Gegen Fluorchinolone wird eine stärkere Resistenzentwicklung als gegen Erythromycin beobachtet, weshalb bevorzugt Erythromycin zur Therapie gewählt werden sollte (ALTEKRUSE et al. 2003; VLIEGHE et al.

2008).

2.3.3.2 Campylobacter spp. beim Schwein

Schweine stellen ein bedeutendes Campylobacter-Reservoir dar (YOUNG et al. 2000), da sie den Erreger sehr oft in der Faezes ausscheiden (WEIJTENS et al. 1999).

Verschiedene Autoren beschreiben C. coli beim Schwein als Kommensalen, da die Prävalenz bei Schweinen sehr hoch ist und keinerlei Erkrankungen auslöst (GÖRGEN et al. 1983;

WEBER 1985; GAULL 2003). Schweine sind von Geburt an hochempfänglich gegenüber der

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Campylobacter-Kolonisation (YOUNG et al. 2000); die Erregerübertragung geschieht in der Regel von der Muttersau auf die Ferkel (WEIJTENS et al. 1997). Mit zunehmendem Alter sinkt die Ausscheidungsrate im Kot (WEIJTENS et al. 1993; YOUNG et al. 2000).

In einer Untersuchung in den Niederlanden waren über 85 % der Schlachtschweine positiv (WEIJTENS et al. 1993), deutsche (GÖRGEN et al. 1983), französische (FOSSE et al. 2008a), kanadische (MAFU et al. 1989) und schweizer (SCHUPPERS et al. 2005) Studien ergaben Prävalenzen im Kot von nahezu 100 %. Eine Metastudie von FOSSE et al. (2009) beschreibt 69,7 % Prävalenz in Faezes oder Rektuminhalt als Median aus elf verschiedenen Studien.

Generell gibt es zum Vorkommen von Campylobacter im Lymphknoten weniger wissenschaftliche Studien als zum Vorkommen im Kot, aber die vorliegenden Studien lassen niedrigere Raten in den Lymphknoten als im Kot erahnen. So fand man beispielsweise in den Jejunallymphknoten bei deutschen Schweinen eine Prävalenz von 45,8 % (FRIES et al. 2002) bzw. 45,6 % (LEUE 2005) und bei norwegischen Schweinen von 29,2 % (NESBAKKEN et al.

2003). In frischen Schweinefleischproben lagen die Isolationsraten 2006 in Deutschland bei 0,7 %, in anderen europäischen Ländern waren sie auf vergleichbar niedrigem Niveau (EFSA 2007).

Im Allgemeinen herrscht die Meinung vor, dass Geflügel vornehmlich C. jejuni und Schweine eher C. coli beherbergen (MANSER et al. 1985). Eine Wirtspreferenz von C. coli liegt bezüglich des Schweines vor (LEBLANC MARIDOR et al. 2008). Laut EFSA wird bei Schweinen fast immer C. coli isoliert und nur in Ausnahmefällen C. jejuni (2007), was auch durch das Speziesverhältnis in zahlreichen Studien, beispielsweise von VARELA et al. (2007) mit 0,2 % C. jejuni vs. 99,2 % C. coli oder von SCHUPPERS et al. (2005) mit 1,2 % C. jejuni vs. 96,3 % C. coli bestätigt wird. Allerdings zeigten im Gegensatz dazu Studien von YOUNG et al. (2000) und FINLAY et al. (1986) erstaunlich hohe C. jejuni-Prävalenzen (bis 82 %) beim Schwein. Coinfektionen mit beiden Spezies kommen vor, C. jejuni beherbergende Schweine tragen häufig auch C. coli (BOES et al. 2005).

WEITJENS et al. (WEIJTENS et al. 1999) stellte bei wiederholter Beprobung starke Schwankungen in der Keimauscheidung im Kot fest. Die Ursachen für die intermittierende Erregerausscheidung könnten beispielsweise in einer mukusassoziierten Akkumulation von Campylobacter in der Tiefe der Darmkrypten oder einer inhomogenen Kolonisation verschiedener Darmabschnitte begründet sein (LEE et al. 1986).

Referenzen

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