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Archiv "Die Struktur des ärztlichen Dienstes am Krankenhaus: Ein internationaler Vergleich" (01.05.1975)

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Noch vor vierzig Jahren ließ sich der weitaus größte Teil der jungen Ärzte als praktische Ärzte — die Allgemeinmedizin ausübten — nie-

der. Die meisten waren vorher eini- ge Jahre — im Vergleich zu heute wesentlich kürzer — als Assistenz- ärzte an Krankenhäusern tätig, um sich klinisch möglichst in den so- genannten großen Fächern kurz weiterzubilden. Nur ausnahmswei- se waren diese Kollegen mehr als drei bis vier Jahre am Kranken- haus tätig.

Auch die Facharztweiterbildung dauerte für die meisten Gebiete wesentlich kürzer als heute: Der niederlassungswillige Facharzt ging früher in die Praxis und war damit auch kürzer als Assistent am Krankenhaus tätig, als dies in den letzten drei Jahrzehnten üblich ge- worden ist. Ausnahmen bestätigen

auch hier die Regel. Das gilt bei- spielsweise für den Bereich der Universitätskliniken beziehungs- weise die Ärzte, die sich eine aka- demische Karriere erhofften und entsprechend lange Zeit als Assi- stenten tätig waren, um sich zum Teil erst dann niederzulassen, wenn auch eine Chefarztposition lange Jahre erhofft, aber nicht er- reicht wurde.

Das durchschnittliche Allgemein- krankenhaus — und nur darum geht es in diesem Beitrag — ver- fügte also in nahezu allen Fällen mit dem Chefarzt über den einzi- gen Facharzt, sonst jedoch nur über vergleichsweise kurz dort täti- ge Assistenzärzte, die in ihrer Mehrheit nicht eine Facharztweiter- bildung abschließen, sondern sich

als Allgemeinärzte niederlassen wollten. Natürlich hatten bereits damals mittlere und größere, ins- besondere städtische Krankenhäu- ser neben dem Chefarzt einen Oberarzt, der aber damals keines- wegs in allen Fällen bereits Fach- arzt war. Die Zahl der Assistenten am Krankenhaus war klein, sie blieben kurz, der Wechsel war groß.

Verbreiterung der „Basis"

Durch die wesentliche Ausweitung der Krankenhausmedizin in den letzten Jahren ist die Zahl der Kran- kenbetten ganz erheblich gestie- gen. Auch wurden viele neue Ab- teilungen — wenngleich auf man- chen Fachgebieten in keineswegs ausreichendem Umfang — neu ge- schaffen. Unbestritten aber ist, daß die Zahl der Assistenzärzte je Chefarzt beträchtlich größer ge- worden ist. An großen, städtischen Krankenhäusern hat auch die Zahl der Oberärzte pro Chefarzt deut- lich zugenommen. Die sogenannte hierarchische Pyramide ist also in ihrer Basis wesentlich verbreitert worden, nicht zuletzt im Bereich der operativen Fächer.

Viele Ärzte sind lange Jahre über die Facharztanerkennung hinaus am Krankenhaus geblieben, zu- meist mit relativ bescheidenen Chancen, jemals eine Lebensstel- lung am Krankenhaus zu finden.

Die realistischere Betrachtung der Möglichkeiten, eine Chefarztposi- tion Zu erreichen, hat in den letzten Jahren wieder dazu geführt, daß sich mehr Ärzte relativ bald nach

In der Diskussion um die Re- form der Struktur des ärztli- chen Dienstes am Kranken- haus kann ein Vergleich des Systems der Bundesrepublik Deutschland mit ausländi- schen Modellen nützlich sein.

Eine solche vergleichsweise Betrachtung stellte Dr. med.

Erwin Odenbach, Erster Vor- sitzender des Verbandes der angestellten und beamteten Ärzte Deutschlands (Marbur- ger Bund) e. V., auf der 46.

Hauptversammlung seines Verbandes im Rahmen sei- nes Hauptreferates am 30.

November 1974 in Köln an.

Die von ihm entworfenen Schemata und Gedanken zur Struktur des ärztlichen Kran- kenhausdienstes machen ins- besondere wegen des synop- tischen internationalen Ver- gleichs Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Syste- me in der Bundesrepublik Deutschland, den Niederlan- den und den USA deutlich.

der Facharztanerkennung in eige- ner Praxis niederlassen, zumeist allerdings nun als Fachärzte. Lei- der fehlen hieb- und stichfeste Zahlen über die Fachärzte für Chir- urgie, die sich nach langjähriger Krankenhauserfahrung auf ihrem Fachgebiet als Allgemeinärzte niedergelassen haben, weil sie nicht im Fach klinisch tätig bleiben oder werden konnten. Diese Zahl wird von Kennern auf weit über Tausend geschätzt, so daß zur Zeit in der Bundesrepublik Deutschland die Zahl der niedergelassenen Chirurgen, die ohne Betten als nie- dergelassene Fachärzte oder All- gemeinärzte tätig sind, der Zahl chirurgischer Fachärzte an Kran- kenhäusern entsprechen oder sie sogar übersteigen dürfte.

Bei diesen schlechten Chancen, eine Chefarztposition zu erhalten, kann es nicht wundern, daß nur wenige Fachärzte an den Kranken- häusern bleiben. Lange Jahre ha-

Die Struktur des ärztlichen Dienstes am Krankenhaus

Ein internationaler Vergleich

P. Erwin Odenbach

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Bericht und Meinung

Struktur des ärztlichen Dienstesam Krankenhaus

ben Tausende Ärzte die Erfahrung machen müssen, daß die mei- sten Krankenhausträger, allerdings auch nicht wenige Chefärzte, we- nig daran interessiert waren.

Krankenhausversorgung in Deutschland

Abbildung 1 zeigt ein Schema der bei uns derzeit üblichen ärztlichen Krankenhausversorgung. Die Zahl der Assistenzärzte hat zugenom- men, sonst jedoch hat sich gegen- über dem Zustand vor 40 Jahren nichts Nennenswertes geändert.

Jedes Bett soll hier zehn Betten symbolisieren. Dargestellt wird also eine Abteilung von 60 bis 80 Betten. Die ärztliche Besetzung entspricht den neuen Richtzahlen der Deutschen Krankenhausgesell- schaft (DKG) für chirurgische Ab- teilungen. Bei durchaus üblichen größeren Abteilungen können dem Chefarzt mehrere Oberärzte und wesentlich mehr Assistenten unter- stehen, z. B. in großen städtischen Krankenhäusern.

Bei der Kritik am geltenden System hört man nahezu nie eine Kritik an unzureichender fachärztlicher Ver- sorgung im Krankenhaus. In das Kreuzfeuer der Kritik sind vielmehr

"die Chefärzte" geraten, ferner die besonders "bevorzugte" Stellung

Abb.1

der Privatpatienten, die Privatsta- tionen, die sogenannte Klassenme- dizin u. a. Bemerkenswert und ty- pisch für den nicht selten nur be- scheiden entwickelten Sachver- stand vieler Kritiker ist nun, daß nicht etwa mehr Fachärzte am Krankenhaus gefordert, die ent- sprechenden Stellen geschaffen werden, sondern daß man von

"dem" Chefarzt fordert, er solle

sich aller Patienten gleich intensiv annehmen. Hier soll nicht unter- sucht werden, welche Frustratio- nen bei Patienten der allgemeinen Pflegeklasse auch durch die Wer- bung verschiedener privater Kran- kenversicherungen entstanden sind, die den Eindruck hervorrufen mußte, als könne nur der Chefarzt eine ordnungsgemäße ärztliche Behandlung garantieren. Daß er aber in der Regel der erfahrenste Arzt der Abteilung, meist der tech- nisch versierteste während langer Zeit seiner Tätigkeit ist, kann auch von solchen Kritikern nicht in Zweifel gezogen werden.

Das in Abbildung 1 gezeigte Modell unseres ärztlichen Krankenhaus- dienstes muß auch Konsequenzen für die Verweildauer der Patienten haben, da mit wesentlichen dia- gnostischen und therapeutischen Maßnahmen zumindest auf die Be- sprechung mit dem Oberarzt, in vielen Fällen auf die Chefarztvisite

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1270 Heft 18 vom 1. Mai 1975 DEUTSCHES ARZTEBLATT

gewartet werden muß, wenn es sich nicht um Notfälle handelt.

~ In dieses Modell unseres kran- kenhausärztlichen Dienstes wird aber in naher Zukunft durch die neuen gesetzlichen Facharztrege- Jungen mit dem Zwang zu mindest einmaligem Wechsel der Fachab- teilung und der daraus folgenden Fluktuation eine erhebliche Unruhe kommen: Chefarzt und Oberarzt werden in der Regel die einzigen Fachärzte sein, am Durchschnitts- krankenhaus wird der durch- schnittliche Assistenzarzt selten länger als zwei Jahre tätig bleiben können, an vielen Häusern nur ein Jahr. Das aber kann die Kontinuität der ärztlichen Versorgung d.es Krankenhauses nicht verbessern.

Wer wirklich allen Patienten eine regelmäßige tägliche fachärztliche Versorgung wünscht, muß aus dem Fehlen von Fachärzten an deut- schen Krankenhäusern die Konse- quenz ziehen, mehr Fachärzte als bisher auf Lebenszeit ans Kranken- haus zu binden. Das aber geht nicht, solange in unserem Land ei- nerseits nur der Chefarzt und der niedergelassene Arzt als "vollende- te", andererseits Oberärzte und Assistenzärzte aber als "noch nicht fertige" Ärzte angesehen werden.

Das niederländische Arztsystem Bei dem in Abbildung 2 wiederge- gebenen niederländischen Arztsy- stem am Krankenhaus wird von der gleichen Abteilungsgröße und der gleichen Bettenzahl ausgegangen.

Wesentlicher Unterschied zum deutschen System ist der auffälli- ge Unterschied im Verhältnis der Zahl der Fachärzte zu den Assi- stenzärzten, die noch nicht Fach- ärzte sind. Der "Stab" der Fachärz- te, der eine Fachabteilung fach- ärztlich versorgt, garantiert eine entsprechende Permanenz auch an Wochenenden, Feiertagen und während der Ferien sowie bei Er- krankungen eines Kollegen. Dabei sind unterschiedliche Subspeziali- sierungen der Fachärzte möglich und bei größeren Krankenhäusern auch üblich.

(3)

Abb.3

„STAFF" (vorwiegend stationär)

Residents/ Interns

(Ambulant,vorwiegend außerhalb des Krankenhauses)

Krankenhaus-Abt.von 60 -80 Betten

H HF

16-1 hanni

Zwar sind diese niederländischen Krankenhausfachärzte auch in ei- gener Praxis im Krankenhaus am- bulant tätig, so daß bei rein statio- närer Tätigkeit die Zahl der Fach- ärzte zweifelsfrei geringer — aber sicher größer als bei uns — wäre.

Bemerkenswert ist aber das Kolle- gialsystem der Fachärzte. Der Ärz- testab ergänzt sich selbst. Die nie- derländischen Fachärzte sind in ih- rer großen Mehrheit als Freiberuf- ler am Krankenhaus tätig. Die nie- derländischen Krankenhäuser sind zu 70 Prozent freigemeinnützige Krankenhäuser, die als unabhängi- ge Betriebe von einem möglichst hauptamtlichen ärztlichen Direktor und von einem Betriebswirt geleitet werden. Im Gegensatz zu den deut- schen Krankenhäusern erhalten die niederländischen Hospitäler tatsächlich kostendeckende Pfle- gesätze.

Das Kollegialsystem aber macht das niederländische Ärzteteam vie- len deutschen Chefärzten suspekt, die freiberufliche Tätigkeit im Krankenhaus bereitet unseren Ge- sundheitspolitikern und Kranken- hausträgern solche Sorgen, daß al- lein die Diskussion darüber offen- bar tabu ist. Deutsche Gesund- heitsexperten reisen häufig nach Schweden, nach England, in die USA oder sogar nach China; in den Niederlanden sind sie — trotz der Nähe — nur selten gewesen.

Ist das nur Zufall? Wer allerdings in bezug auf Krankenhausärzte in erster Linie das Direktionsrecht des Krankenhausträgers, die hier- archische Unterstellung, daß „Sich- an-einen-halten-Können" will, wird kaum feststellen wollen, daß ein solch freiheitliches System funktio- nieren kann, und dazu ganz gewiß weder schlechter noch teurer als das unsrige. Niemand wird bestrei- ten können, daß der freiberufliche niederländische Ärztestab die fach- ärztliche Versorgung am Kranken- haus in einer Weise sicherstellt, die im Weltvergleich eine Spitzen- stellung behauptet. Der in einem niederländischen Krankenhaus lie- gende Patient hat wesentlich bes- sere Chancen, schon am Aufnah-

metag von einem kompetenten Facharzt nicht nur „angesehen", sondern auch gründlich untersucht zu werden. Daß allein diese Mög- lichkeit die Verweildauer im Kran- kenhaus nur verkürzen kann, sollte besonders beachtet werden.

Die besondere Situation in den USA

Die ganz anderen Verhältnisse in den USA gehen aus Abbildung 3 hervor. Zwar gibt es — wie in den Niederlanden „keine Chefärzte", sondern eine große Zahl von Spe-

zialisten, die je nach Fachgebiet unterschiedlich lange am Kranken- haus, oft sogar an mehreren Kran- kenhäusern tätig sind und einen großen Teil ihrer Patienten ambu- lant außerhalb des Krankenhauses in einer eigenen Praxis behandeln.

Die Präsenz der meisten Fachärzte am Krankenhaus ist daher zumeist kürzer als in den Niederlanden. Die im Hause ständig tätigen, in der Weiterbildung stehenden „Resi- dents" haben daher in der Abwe- senheit ihrer fachärztlichen Kolle- gen besondere Verantwortung, kön- nen aber zumeist andere Fachärzte des gleichen Faches konsultieren.

(4)

Bericht und Meinung

Struktur des ärztlichen Dienstes am Krankenhaus

Wenn die niederländischen Fach- ärzte im Schema nur "gesplittet", die amerikanischen Fachärzte un- terschiedlich "gesplittet" darge- stellt sind, soll damit lediglich die unterschiedliche Dauer der Prä- senz in den amerikanischen Kran- kenhäusern verdeutlicht werden.

Auswirkungen auf die Verweildauer Der Vergleich mit den Niederlan- den und den USA zeigt deutlich, daß der Durchschnittspatient in diesen beiden Ländern mit einer wissenschaftlich erstrangigen Me- dizin in der Regel täglich fachärzt- lich versorgt werden kann. Da- durch fehlt in beiden Ländern weit- gehend die in der Bundesrepublik Deutschland übliche Frustration vieler Kassenpatienten, nicht auch täglich vom "Chefarzt selbst" be- handelt zu werden. ln beiden Län- dern aber dürften Patienten schon wegen dieser intensiven fachärztli- che,n Verlaufskontrolle früher ent- lassen werden können als bei uns. Daß die relativ kurzen amerikani- schen Verweildauer von durch- schnittlich acht bis neun Tagen nicht zuletzt auf die existenzbedro- henden Krankenhauskosten zu- rückzuführen sind, ist dabei zu be- rücksichtigen. ln den Niederlanden aber spielt dieser Faktor für die dort ebenfalls kürzere - wohl me- dizinisch "korrekteste" Verweil- dauer- keine Rolle!)

~ Leider ist nun bei uns das Ver- hältnis von Krankenhausärzten mit Facharztanerkennung zu Kranken- hausärzten ohne Facharztanerken- nung in den letzten Jahren noch erheblich schlechter geworden;

eine Konsequenz der immer "breit- basigeren Pyramide" des ärztli- chen Dienstes.

Abbildung 4 zeigt das Auseinan- derklaffen dieser Schere, die jeden Kenner beunruhigen muß, von na- hezu allen Gesundheitspolitikern aber ignoriert wird oder aber noch nicht zur Kenntnis genommen wor- den ist. Die Verschlechterung die- ser Relation - zusammen mit der zu erwartenden größeren Fluktua-

27~

Ta send 26 25

20

13 1966

Abb.4

Krankenhausärzte ohne

Facharztanerkennun +13100

1968 1970

1972 1:1,54

1972

tion der Assistenzärzte ohne Fach- arztanerkennung - muß das medi-

zinische Niveau an deutschen

Krankenhäusern senken, das be- reits durch die erschütternde Qua- litätsminderung beim Pflegeperso- nal in alarmierender Weise bedroht ist.

Das Verhältnis diplomierter Schwe- stern zu undiplomierten Helferin- nen hat sich in den letzten zehn Jahren katastrophal verschlechtert.

Das weitere Ausscheiden von Or- densschwestern und Diakonissen wird diese Situation bald weiter verschärfen.

Versäumnisse in der Vergangenheit

Vor dieser mehr als ernsten Perso- nallage an deutschen Krankenhäu- sern haben leider manche Verant- wortliche jahrelang die Augen ge- schlossen, obwohl sie für die Si- cherheit der Patienten mindestens so wichtig wie ein Zweibettzimmer und viele andere, durchaus wün- schenswerte, propagierte Annehm- lichkeiten ist. Schon aber wird von Kostensenkung am Krankenhaus gesprochen, die nicht zuletzt durch Übernahme der sogenannten vor- stationären Diagnostik und nach-

1272 Heft 18vom 1.Mai 1975 DEUTSCHES ARZTEBLATT

stationären Behandlung durch die Krankenhäuser erreicht werden soll. Daß der Hauptgeschäftsführer eines der größten Krankenkassen- verbände hier den Erfolg einer Ko- stensenkung in einer Gesprächs- runde bei der Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit bezweifelte, verdient Beachtung.

Wer sich aber verantwortlich für die Versorgung unserer Kranken- tiauspatienten fühlt, kann allein bei einem Vergleich der krankenhaus- fachärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, den Niederlanden und den USA, ferner bei Berücksichtigung der sich ver- schlechternden medizinischen Ver- sorgung aufgrund der Persanalsi- tuation die Aufnahme ambulanter

Tätigkeit (mit der damit verbunde-

nen Verantwortung Entscheidung des "Aufnehmens" oder "Nach- Hause-Schickens" der eingewiese- nen Patienten) nur kategorisch ab- lehnen. Gerade eine solche Ent- scheidung, also die Ablehnung ei- ner ärztlich verordneten Kranken- hausaufnahme, sollte nicht ohne fachärztliches Urteil gefällt werden.

Dieses Recht sollte wirklich jeder Kassenpatient haben!

Wie soll diese Entscheidung bei- spielsweise auf einer chirurgischen Abteilung von einem Chefarzt und einem Oberarzt an einem Operati- onstag laufend gefällt werden, ohne den Operations- und Stationsbe- trieb ganz empfindlich zu stören, aufzuhalten und damit die Verweil- dauer zu verlängern?

Die Abbildung 4 zeigt ein weiteres:

Die oft von niedergelassenen Kol- legen geäußerten Klagen, die Fachärzte "ballten" sich an Kran- kenhäusern und wagten den "Ab- sprung" in die freie Praxis nicht, sind sicher unrichtig. Die meisten Fachärzte lassen sich verhältnis- mäßig bald nach der Facharztaner- kennung nieder. Dies wird von vie- len Chefärzten beklagt; erstaunli- cherweise oft als "Undankbarkeit"

des Assistenzarztes, obwohl beide wissen, wie gering die Chancen der Jüngeren sind, durch weiteres Warten am Krankenhaus eine Chef- arztposition zu bekommen.

(5)

Pensionierung als KH—Arzt Abitur

Facharzt Approbation

Approbation Anerkennung

- V

STUDIUM

6J.

± 34 J. FACHARZT

WEITERBILDUNG als KH-Arzt

(3-5) 4- 6

± 5J 2

N N Lt) ub

N N

65Jahre

„Stafarts "

gg

Assistenten

7\1777 -U7

Chefarzt Abb.5

I

Oberarzt

Assistenten

KRANKENHAUSÄRZTE und

ÄRZTLICHER WERDEGANG

Unterschiedliche Altersstrukturen Die unterschiedlichen Arztstruktu- ren in der Bundesrepublik und in den Niederlanden werden durch die in Abbildung 5 wiedergegebene Synopse deutlich, die die Kranken- haustätigkeit auf die Biographie des Arztes projiziert. Das Ergebnis fällt sogleich auf: Die Mehrheit der niederländischen Krankenhausärz- te verbringt ihr ganzes Berufsleben am Krankenhaus, in Deutschland verbringt nur der Chefarzt allein sein ganzes Leben am Kranken- haus selbst der Oberarzt wird sich in der Mehrzahl der Fälle nieder- lassen (müssen). Die weitaus große Mehrheit deutscher Krankenhaus- ärzte sind Assistenzärzte ohne Facharztanerkennung. Damit ist nichts Negatives über Zuwendung, Fleiß, Notwendigkeit und Nützlich- keit ihrer ärztlichen Arbeit am Krankenhaus gesagt: Ohne diese Ärzte könnte kein deutsches Kran- kenhaus einen Tag Patienten ver- sorgen. Ihre Zahl ist nur im Ver- gleich zu den Fachärzten ganz er- heblich größer, als dies beispiels- weise in den USA der Fall ist, wo die Residents ebenfalls unentbehr- lich sind. Weitaus die Mehrheit deutscher Fachärzte ist außerhalb des Krankenhauses tätig, von Aus- nahmen abgesehen.

Langfristiger Prozeß

Jede Änderung unserer Verhältnis- se etwa in Richtung auf das nieder- ländische System würde zumindest 10 bis 15 Jahre dauern, selbst wenn sie heute beschlossen wür- de: Es wäre ein sehr langfristiger Prozeß, der kaum realisierbar sein dürfte, solange deutsche Kranken- häuser als Teil einer Gesundheits- administration einer Stadtverwal- tung mit entsprechender abhängig- keit des ärztlichen Dienstes „ein- geordnet" werden.

Als Gegenargument wird häufig vorgebracht, die Assistentenstellen würden dann für den Nachwuchs versperrt. Der junge Arzt finde kei- ne Stelle mehr! Dem widerspricht das Schema des ärztlichen Werde- ganges: weil man eben in den Nie- derlanden einen Bruchteil der Be- rufstätigkeit als Assistent tätig ist.

Wesentlich mehr Assistenten als bisher hätten die Chance, eine Le- bensstellung als Facharzt zu er- reichen. Während wir jetzt viele Krankenhausabteilungen schließen müßten, wenn die über 6000 aus- ländischen Krankenhausärzte un- ser Land verlassen würden, würde der Mangel an Krankenhausärzten als Dauerzustand abnehmen.

Die Vorteile wären beträchtlich:

Mehr erfahrene Fachärzte wären am Krankenhaus tätig, gesicherte Präsenz eines Facharztes auch an Wochenenden in Ferien, jeder Pa- tient würde von Fachärzten ver- sorgt, keiner würde sich zurückge- setzt oder „passiert" fühlen, die Si- cherheit würde größer, man könnte mit weniger Ärzten gleiches wie jetzt oder mit einer gleichen Zahl von Ärzten mehr leisten, die Ver- weildauer könnte kürzer werden.

Es wären mehr Kollegialität und weniger Subalternität unter Kran- kenhausärzten zu erwarten. Mir ist nur zu bewußt, daß in die- sen Ausführungen manches sche- matisiert und damit vereinfacht wurde. Die Qualität fachärztlicher Versorgung am Krankenhaus, die Sorge um Niveausenkung bei gleichzeitiger Vermehrung der Auf- gaben stellen die Frage, ob das niederländische System dem ärztli- chen Lebenslauf nicht sinnvoller entspricht als das unsrige und dar- über hinaus zu weniger Reibungen am Krankenhaus und zu einer bes- seren fachärztlichen Versorgung führen kann, ohne dabei teurer zu sein.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. P. Erwin Odenbach 5039 Köln-Rondorf

Kapellenstraße 24

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