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Archiv "Betrug in klinischen Prüfungen: Nur anderswo, oder auch bei uns?" (11.06.1993)

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POLITIK KURZBERICHTE

Betrug in klinischen Prüfungen:

Nur anderswo, oder auch bei uns?

Von Zeit zu Zeit berichtet die Fachpresse, vornehmlich im Ausland, über die Verurteilung von Prüfärzten wegen Fehlverhaltens oder Fälschung von Daten im Rahmen klinischer Prü- fungen. Der Arbeitskreis Baden-Württemberg der Fachgesellschaft der Ärzte in der Phar- mazeutischen Industrie e.V. (FÄPI) ist der Frage nachgegangen, wie sich die Situation in Deutschland darstellt.

Christian Hinze, Ingrid Klingmann, Klaus Wiedey

Grundsätzlich muß zwischen mangelnder Qualität bei der Studien- durchführung und bewußtem Fehl- verhalten, zum Beispiel in Form ei- ner Datenmanipulation, unterschie- den werden. Das Ausmaß solcher Manipulationen reicht von der Inter- polation einer ausgelassenen Blut- druckmessung bis zum vollständig fingierten „Patienten". Derartige Manipulationen werden häufig als Kavaliersdelikt angesehen, obwohl jedem Arzt die Tragweite solcher Handlungen gerade im Rahmen kli- nischer Prüfungen bewußt sein sollte.

Prüfungen der Phasen I bis III die- nen der Schaffung einer begrenzten Datenbasis über eine neue Substanz.

Sie sind Grundlage für die Entschei- dung der Behörden über die Zulas- sung als Medikament. In den Prüfun- gen der Phase IV nach der Zulassung sollen zum Beispiel durch Anwen- dungsbeobachtungen Daten über die Sicherheit des Medikaments bei be- stimmungsgemäßem Gebrauch ge- sammelt werden. In jedem Fall steht die Sicherheit des Probanden bzw.

Patienten im Vordergrund. Es gilt hier, den alten ärztlichen Grundsatz des „nihil nocere" zu erhalten.

Urkundenfälschung, Betrug oder

Körperverletzung Die Rechtslage ist eindeutig.

Manipuliert ein Prüfarzt, dann han- delt es sich hierbei um Urkundenfäl- schung, Betrug oder, wenn Patienten zu Schaden gekommen sind, um Kör- perverletzung. Einer der häufigsten Beweggründe für Fehlverhalten von Prüfärzten, die Bezahlung einer kli-

nischen Prüfung, ist deckungsgleich mit dem im § 263 StGB (Betrug) ge- nannten Tatbestand der Bereiche- rung zu Lasten eines anderen. Weite- re Beweggründe sind: Überlastung durch zu viele gleichzeitig laufende Studien, die zusätzliche Arbeitsbela- stung, übersteigertes Selbstdarstel- lungsbedürfnis, Jagd nach Publika- tionen. Nicht grundlos besteht ein Zusammenhang zwischen der wissen- schaftlichen Qualität einer Studie und der Neigung des Prüfarztes, sich die Arbeit zu erleichtern.

Dilettantische Täuschungen

Die Situation in der Bundesre- publik Deutschland ist sicher nicht alarmierend. Dennoch zeigen die Er- fahrungen der letzten Jahre, daß ein nicht zu vernachlässigender Teil von Daten aus klinischen Prüfungen zu- mindest in Frage gestellt werden muß. Die gestiegenen Qualitätsan- forderungen und insbesondere die EG-Richtlinie zur Durchführung kli- nischer Prüfungen (Good Clinical Practice) haben zur verbesserten Er- kennung fragwürdiger Daten beige- tragen. Oft reicht bereits der Augen- schein, um dilettantische Täu- schungsversuche zu erkennen. So wurden zum Beispiel durch Zer- schneiden eines EKG-Streifens wei- tere EKGs hergestellt. Patiententa- gebücher eines Prüfzentrums ent- hielten mehrfach offensichtlich glei- che Schriftmerkmale, obwohl es sich um unterschiedliche Patienten han- deln sollte. Durch Vergleich der Da- ten in den Prüfbögen mit den ärztli- chen Orginalunterlagen wurde er-

kennbar, daß Untersuchungen nicht durchgeführt oder Patienten erfun- den waren.

Das Wissen um juristische und standesrechtliche Konsequenzen kann Fehlverhalten nicht vollständig verhindern. Solange Sanktionen aber offensichtlich nur selten verhängt werden, sind sie ein stumpfes Schwert. Hier müssen die Auftragge- ber klinischer Prüfungen durch die Gestaltung des Prüfvertrages Zei- chen setzen. Rechte und Pflichten beider Parteien müssen ebenso festge- halten sein wie die Konsequenzen aus Verletzung oder Nichterfüllung des Vertrages. In den USA veröffentlicht die Food and Drug Administration re- gelmäßig schwarze Listen mit den Na- men inkriminierter Prüfärzte. In Deutschland ist dies nicht möglich.

Diese Situation hat in der FAPI inzwischen zu einem Lösungsansatz geführt, bei dem ein Mitglied des Vorstandes als Ansprechpartner zur Beratung über adäquates Verhalten zur Verfügung steht. Telefonisch kann bei ihm abgefragt werden, ob ein für eine Studie vorgesehener Prüfarzt zuvor bereits negativ aufge- fallen ist. Derzeit sind 62 Prüfärzte einschlägig bekannt!

Personalmangel erschwert die Überwachung

Diese Situation ist auf Dauer wenig befriedigend. Auch von den Überwachungsbehörden, die wegen Meldepflicht für klinische Prüfungen nach § 67 AMG den besten Über- blick haben, ist keine Hilfe zu erwar- ten. Personalmangel verhindert die

Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 23, 11. Juni 1993 (21) Al-1713

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POLIT

Ausdehnung der Überwachung auf die einzelnen Prüfärzte. Die vieler- orts gehandhabte stillschweigende Regelung des Problems auf persönli- cher Ebene zwischen Auftraggeber und Prüfarzt ist keine Lösung auf Dauer. Deshalb muß durch das Ver- halten von pharmazeutischer Indu- strie und Bundesärztekammer klar- gestellt werden, daß Fehlverhalten

Noch hat der Referenten-Ent- wurf zur Neukodifizierung des Sozi- algesetzbuches, 9. Buch — SGB IX — nicht das Licht der Welt erblickt, schon ist das Trommelfeuer ableh- nender Stimmen eröffnet worden:

Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) sieht keinen kon- kreten Anlaß, das Recht der Rehabi- litation und das Schwerbehinderten- recht mit einem Wust von staatsinter- ventionistischen Vorschriften (auch über Verordnungsermächtigungen) zu überziehen. Alles, was bisher aus der Fachabteilung „Rehabilitation"

des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung an die Öffentlich- keit durchgesickert sei, lasse befürch- ten, daß die „staatliche Planung und Kontrolle an die Stelle der eigenver- antwortlichen Gestaltung der selbst- verwalteten Sozialversicherungsträ- ger" gesetzt werden soll, mutmaßt Peter Clausing, Direktor der BfA, anläßlich des Rehabilitations-Fo- rums 1993 Ende April in Berlin.

Im Verordnungswege und/oder durch gesetzliche Vorschriften sollen

— so die Intentionen des Bundesar- beitsministeriums — folgende Sach- verhalte geregelt werden können:

— Sicherung der Einheitlichkeit der Rehabilitationsleistungen zur Eingliederung und der Ausführung dieser Leistungen (einschließlich der

KURZBERICHTE

und Betrug in klinischen Prüfungen geahndet werden.

Anschrift der Verfasser:

FÄPI

Arbeitskreis Baden-Württemberg c/o Christian Hinze

Postfach 13 27 W-7640 Kehl 1

Bestimmung des Gegenstandes und des Umfangs der Leistungen);

—gesetzliche Festschreibung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und Bestimmung der Fälle, bei denen ein Eingliede- rungsplan zu erstellen und abzuwik- keln ist;

— in welcher Weise auch die Bundesanstalt für Arbeit von den üb- rigen Rehabilitationsträgern zu be- teiligen ist;

—wie die Leistungen der ver- schiedenen Rehabilitationsträger ko- ordiniert werden sollen;

—welche Unterlagen die Rehabi- litationsträger heranziehen sollen, um die Angemessenheit der Kosten- sätze bei der Ausführung der Lei- stungen in Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen zu beurteilen, und welche Kosten anerkannt wer- den sollen;

—Reglement über die Auswahl der im Einzelfall geeigneten Hilfs- mittel im Rahmen der Rehabilita- tion;

—Koordination von Leistungen zur Eingliederung in das Erwerbsle- ben und von Leistungen zur medizi- nischen Rehabilitation;

—Vorschriften zur Abgrenzung, Bewilligung und Kostenbeteiligung der Leistungen in Einrichtungen, die gleichzeitig Leistungen zur medizini-

schen Rehabilitation und Leistungen zur Eingliederung in das Arbeitsle- ben oder Leistungen zur Teilnahme am Leben in der Gesellschaft erbrin- gen.

Die Bundesversicherungsanstalt sieht in den geplanten gesetzlichen Maßnahmen ein Übermaß an Regle- mentierungen, das weder notwendig noch sachgerecht sei, so BfA-Direk- tor Clausing. Insbesondere die Vor- schriften über die Kostenerfassung und -darstellung, die Grundsätze zur Beurteilung der Angemessenheit der Kosten und die Ermittlung der Ko- stensätze sowie die Einheitlichkeit der Belegungsverträge bedeuten nach Auffassung der Bundesversi- cherungsanstalt für Angestellte eine

„Abkehr von marktwirtschaftlicher Orientierung". Im freien Spiel der Kräfte hätten die Anbieter von Re- habilitationsleistungen ein kosten- günstiges Preis-/Leistungsverhältnis geschaffen, „bei dem die qualitativ vorgegebenen Standards der Rehabi- litation der Rentenversicherungsträ- ger sichergestellt waren".

Kritik an

Arbeitsministerium

Auch die Absichten des Bundes- arbeitsministeriums, ambulatori- schen und semi-stationären Rehabili- tationsleistungen einen Vorrang vor stationären Versorgungsleistungen einzuräumen, wird von der BfA kri- tisch beurteilt. Es sei noch längst nicht belegt, daß ambulante oder teilstationäre Angebote eine höhere Wirtschaftlichkeit aufwiesen als voll- stationär erbrachte Leistungen. Zu- dem müsse beachtet werden: Falls die ambulante Rehabilitation in der Kompetenz der gesetzlichen Kran- kenversicherung fehlschlägt, werde eine stationäre Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger er- forderlich. Ein Zuständigkeitswech- sel wäre die Folge. Dadurch wäre das geltende Prinzip der einheitlichen Risikozuordnung durchbrochen, der Verwaltungsaufwand würde erhöht, und der Rentenversicherungsträger hätte im Falle des Scheiterns der am- bulanten Rehabilitation das volle fi- nanzielle Risiko zu tragen (sprich:

Rentengewährung). HC

Rehabilitation

Angestellten-

Versicherung befürchtet dirigistische Tendenzen

A1-1714 (22) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 23, 11. Juni 1993

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