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Sein Gebrauch in der äthiopischen Bibelübersetzimg von Gen

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Parallelmotive zu einer altägyptischen Erzählung

Von Günter Lanczkowski, Göttingen

Äthiopische Überheferungen, die bis heute in mündlicher Tradition

lebendig sind, berichten von einem Drachen, der in früher Zeit über das

aksumitische Reich geherrscht habe'. Sein am häufigsten genannter

Name ist „König 'Arwe". hCB i „Tier" ist, im Sinne von „Drache", ,, Schlange", ein elliptischer Ausdruck für die vollständige Bezeichnung hCB ' 9'ß:C ' ,>Tier der Erde". Als zoologisches Appellativ erscheint

dieses Kompositum wie das Ergebnis einer verstandesmäßigen Reflexion.

Sein Gebrauch in der äthiopischen Bibelübersetzimg von Gen. 3 ver¬

wundert deshalb nicht ; vielmehr trifft die Übersetzung damit durchaus

die dem Urtexte intentioneile Entmachtung der außergöttlichen Numina.

Sie liegt ferner ganz auf der Linie der von König 'Ezänä befolgten

Missionspraxis einer betonten Herausstellung des christlichen Gottes als

des -avT0-/paTC0p2. Und endlich enthält dieser Sprachgebrauch im Ge'ez

eine besondere Feinheit dadurch, daß dann der christliche Gottesname

X'VH.h'flA.C i nHerr der Erde" als ein leicht durchschaubares Antinym erscheint*.

Gerade solche Überlegungen lassen aber die Verwendung von hCß •

9°S!:C ' in der aksumitischen Drachengeschichte als sekundären, christ¬

lich beeinflußten Gebrauch vermuten. In der Tat haben sich noch andere

Bezeichnungen für den Drachen von Aksum erhalten, die mythologisch

aufschlußreicher sind*. Unter ihnen ist besonders ±00"} t wichtig. Das

Wort findet sich bereits im Ge'ez und ist in gleicher Schreibung (mit der

Aussprache tämän) in Tigrina erhalten. Seine unbestreitbare etymolo-

' Conti Rossini, Note Etiopiche, in Giornale della Societä Asiatica Italiana

IX, 1897, 141—156. E. Littmann, The Legend of the Queen of Sheba in the

Tradition of Axum (= Bibliotheca Abessinica I), Leyden — Princeton,

N. J. 1904, 2ff. E. Littmann, Deutsche Aksum-Expedition, Bd. 1, Bln. 1913,

39. E. Littmann, Abessinien, Hamburg 1935, 52. E. Baratelli, La leggenda

del re serpente in Etiopia, in Atti del 3" Congresso di Studi Coloniali, Florenz

1937. E. Littmann, La leggenda del dragone di Aksum in lingua tigrai, in

Rassegna di Studi Etiopici VI,1 (1947), 42ff.

2 A. Rahlfs, Zu den altabessinischen Königsinschriften, in Oriens Christi¬

anus N. S. VI, 302ff.

' EÜI monographischer Vergleich der beiden in ihrem Urspnmg auf mythi¬

sche Bezirke verweisenden äthiopischen Wörter für „Erde", beher und medr, fehlt m. W. bislang.

* "t-aot und VflA im Tigrina, h-ttUHt" (fem.!) im Tigre.

16 ZDMG 106/2

(2)

240 Günter Lanczkowski

gische Verwandtschaft mit U''1T\ bedeutet inhaUhch zweierlei: einmal

einen Verweis auf den numinosen Charakter des Tieres, wie er im AT noch

deutlich durchscheint und wie ihn die Variation der an den verschiedenen

TextsteUen des AT in zoologischer Hinsicht uneinheitlichen LXX-Über-

setzungen (xy,to(;, Spaxco v, xpoxoSeiXoi;) zu bestätigen scheint ; zum andern

die berechtigte Vergleichsmöglichkeit, ja die Einordnung des äthiopi¬

schen Stoffes in einen viel größeren Zusammenhang.

Ägyptologisch wichtig sind diese Überlegungen deshalb, weü in einer

ägyptischen Erzählung, die in die Aufstiegszeit des MR zu datieren ist,

in der "Geschichte des Schiff brüchigen^", von einem Drachen die Rede

ist, dem die Selbstaussage: 1) | in den

Mund gelegt wird (Zl. 151). Diese klare und eindeutige Textaussage, der

noch durch die eingefügte Partikel (| ^ ein besonderer Nachdruck verliehen

wird^, bedeutet für die Ägyptologie eine wiUkommene HUfe bei der Exe¬

gese des überlieferten literarischen Materials. Denn sie enthebt den

„Schiffbrüchigen" seiner — vielleicht durch den heutigen Überlieferungs¬

stand bedingten — Singularität und stellt ihn in einen größeren Zusam¬

menhang, der uns in manchem klarer sehen läßt. Hätte man daher dieser

Zeile des Textes seit je das von ihr geforderte Gewicht beigelegt, so wäre

der Irrtum, daß es sich bei der Erzählung um ein ,, Märchen" handele, nie entstanden; ist doch der „Schiffbrüchige" schon seiner Gattung nach kein ,, Märchen", sondern ein ,, Schicksalskasus*".

Eine Heranziehung von altem außerägyptischen Material aus der Um¬

welt des Nillandes kann schon, wenn sie mit der nötigen Akribie betrieben

wird, bei bloßen Sachparallelen erhellend wirken. Denn mit diesem

Material kommen wir ja dem ägyptischen Stoff viel näher und gehen

von einem Denken aus, das, weil es dem alten Ägypten räumhch und

zeitlich verwandter ist als die Moderne, in wesentlich geringerem Maße

belastet ist als unser eigener Standpunkt, der einer zwangsläufigen Prä¬

gung durch die inhaltliche Tradition unseres zeitlichen und räumhchen

Abstandes unterworfen ist. Und prinzipiell, rein philosophisch gesehen,

ist es nun einmal so, daß die Möglichkeit des „Verstehens" nur durch den

Vergleich gegeben wird ; für was wir kein Vorverständnis haben, das ent¬

zieht sich menschlicher Möglichkeit des Begreifens als ein totahter ahter.

Die Hinzunahme alten außerägyptischen Materials erweist sich mithin

' Ad. Erman, Die Geschichte des Schiffbrüchigen, ÄZ 43 (1906), 1—26. Zu

Inhalt vind Übersetzungen des „Schiffbrüchigen" vgl. ZDMG 103 (1953),

360f.

^ Vgl. Sethe, Bemerkungen zur Geschichte des Schiffbrüchigen, ÄZ 44 (1907),

86. Gardiner, Egyptian Grammar', London 1950, § 247.1.

* Vgl. A. Jolles, Einfache Formen, HaUe 1930, 171ff.

(3)

Parallelmotive zu einer altägyptischen Erzählung 241

generell als ein wirksames Korrektiv gegen einen sonst notwendig auf¬

tretenden und zumeist unbewußten und unreflektierten Modernismus.

Im vorliegenden Falle aber werden diese allgemeinen hermeneutischen

Überlegungen durch historische Fakten verstärkt. Denn hier geht es ja

darum, im geistigen Nachvollzug einen ägyptischen StofiF in einen größe¬

ren Zusammenhang einzuordnen, in dem er dem Texte nach tatsächhch

steht. Wer das bestreiten wohte, dem obläge die Aufgabe, die unzwei¬

deutige Aussage von Zl. 151 hinwegzuinterpretieren! Die Heranziehung

äthiopischen Materials mit Berücksichtigung des weiteren Kreises, in

dem es seinerseits steht, wh-d also hier zur unabweisbaren Pflicht einer

ägyptologischen Exegese. Vergleichsweise kann vielleicht darauf hin¬

gewiesen werden, daß es für unsere Erforschung der Kulturen des vor¬

kolumbischen Amerika ja auch eine wissenschafthche Selbstverständhch¬

keit war, die europäischen Relationen aus den neu entdeckten Ländern

am einheimischen Material zu überprüfen, zu berichtigen und zu ergänzen.

In ZDMG 103, S. 360—371 habe ich zunächst versucht, im Rahmen

einer intern ägyptologischen Interpretation, d. h. aus Indizien, die der

Text von sich aus liefert, den ,, Schiffbrüchigen" als ein religiös relevantes

Literaturwerk zu verstehen. Das jetzt beigebrachte Material soll nicht

allein dazu dienen, jenes Verständnis, das der bisherigen Klassifikation

als „Märchen" widerspricht, mit HUfe außerägjrptischer Bezüge zu

verifizieren. Es geht vielmehr auch darum, in wechselseitiger Befragung

des ägyptischen und außerägyptischen Materials eine Klärung bislang

noch undeuthcher Stellen und Anschauungen des ,, Schiff brüchigen" zu

erstreben, wie sie, bedingt durch diese FragesteUung, in der aufgelockerte-

ren Form von ,, Bemerkungen" durchgeführt werden muß. Endlich aber

dienen diese Untersuchungen dem übergeordneten Ziel, eine weitere

Erhellung des Textes als Ganzes zu fördern und damit einen Beitrag

zur Religionsgesehichte des MR zu bieten, der er zugehört und in der er

einen „Sitz im Leben" hat.

Es versteht sich von selbst, daß bei der Auswahl des heranzuziehenden

Materials nicht wahUos auf Schlangenkulte und mythologische Schlangen

zurückgegriffen werden kann; der moderne Religionsforscher befindet

sich ja, was die Fülle solcher Numina betrifft, in keiner wesentlich ande¬

ren Lage als der alttestamenthche Seher in Ez. 8,10'! Das Selektions¬

prinzip aber, nach dem verfahren werden muß, ist jene Überlegung, mit

der m. E. stets ParaUelmotive zu überprüfen und zu befragen smd: es

müssen vor aUem verwandte religiöse Intentionen, dann aber auch gene¬

tische Verbindungen feststeUbar sein. Hinsichthch des ersteren wurde bei

1 Es handelt sich um die Vision einer ägyptischen Opferkammer, vgl.

Hans Schmidt, Die großen Propheten (= Die Schriften des A T 11,2), Göttin¬

gen 1923, 405 f.

16*

(4)

242 Günter Lanczkowski

der intern ägyptologischen Interpretation ermittelt, daß die Schlange im

,, Schiffbrüchigen" als Numen, also als Schlangengott zu verstehen ist

und durch die Eigenschaft königlicher und zugleich hilfreicher Quahtäten

charakterisiert wird. Schwieriger ist der zweite Punkt zu beantworten, der

nämhch, wie weit nun der Kreis von Verwandtschaften dieses im ,, Schiff¬

brüchigen" verkündeten königlichen und hUfreichen äthiopischen Schlan-

gennumens zu ziehen ist. Mit Sicherheit müssen, wenn auf überschau¬

bare genetische Verbindungen geachtet werden soll, außerhalb der Be¬

trachtung solche verblüffenden Sachparallelen bleiben wie der toltekisch-

aztekische QuetzalcoatP und der ihm bis in die sprachliche Büdung seines

Namens entsprechende Kukulkan der Maya. Aber auch ohnedies sind die

mit frühen äthiopischen Vorstellungen verbundenen Fragen nach Her¬

kunft und Verwandtschaft kompliziert genug; denn die relativ starke

Isolierung des Landes war ja erst eine Folge davon, daß Äthiopien — um

mit Menelik II. zu reden — ,,eine Insel der Christen im Meer der Heiden"

wurde. Aus Zeugnissen der äthiopischen Kultur ist denn auch mit

Sicherheit zu schließen, daß das Land in früherer Zeit in reichen kulturel¬

len Verbindungen auch mit seiner weiteren Umwelt gestanden hat. Was

speziell die äthiopische Anschauung von dem könighchen Schlagengott

betrifft, so wird man am ehesten an Bezüge zur afrikanischen Umwelt

denken; als zugehörig zu den theriomorphen Numina wird ja auch das

Vorkommen der Schlange und ihrer Kulte in Ägypten zu der afrikani¬

schen Komponente dieser Kultur gerechnet^. Aber für Äthiopien dürfen

nicht außer acht bleiben die engen, sich am augenfälligsten im Sprach¬

lichen äußernden Beziehungen zur semitischen Welt, deren umfassendste

religiöse Urkunde für uns das AT bildet; insbesondere durch die vorhin

zitierte Etymologie ist ja diese Verbindung für die Schlangenvorstellung

gesichert. Die Frage nach der Urheimat des Schlangennumens, deren Be¬

antwortung wohl spekulativ gefördert werden kann, ist für den Erzähler

des ,, Schiff brüchigen" eindeutig klar; er leitet die Vorstellung in der

von üim beschriebenen spezifischen Weise aus Äthiopien ab.

Noch zwei Vorfragen, die zu Einwänden methodischer Art Anlaß geben

könnten, müssen kurz gestreift werden; sie betreffen die zeitliche An¬

setzung der genum äthiopischen Tradition und die Bezeichnung des

Landes Punt als „Insel" im ägyptischen Text.

Hinsichtlich des Alters der äthiopischen Tradition sind die einheimi¬

schen Angaben^ — wie so oft bei chronologischen Fragen seiner Ge-

' quetzalli = grüne Feder, coatl = Schlange.

2 Vgl. u. a. E. Otto, Ein Beitrag zur Deutung der ägyptischen Vor- und

Frühgeschichte, in Die Welt des Orients 1,6 (1952), 450f. Hanns Stock, Das

Ostdelta Ägyptens in seiner entscheidenden Rolle für die politische und religiöse Entwicklung des Alten Reiches, in Die Welt des Orients 1,3 (1948), 140.

' Vgl. hierzu E. Littmann, Queen of Sheba, 26.

(5)

Parallelmotive zu einer altägjrptischen Erzählung 243

schichte — ganz unzuverläßig. Den Versuchen, das Ende der Herr¬

schaft des Drachens von Aksum mit den Anfängen der salomonischen

Dynastie oder mit Tatsachen der christlichen Geschichte des Landes, vor

ahem mit der Mission der neun Heüigen, in Verbindung zu bringen, eignet

nur eine ideengeschichthche Wahrheit, insofern eben die Verehrung des

heidnischen Numens in der christlichen Ära unmöglich war. Daneben

findet sich aber auch eine Überlieferung, die die Herrschaft des Drachens

an den Beginn der mythischen Geschichte des aksumitischen Reichs ver¬

legt und erzählt, daß dieses königliche Numen damals vierhundert Jahre

geherrscht habe. Eirüieimische inschriftliche Belege, nach denen seine

Verehrung in die Zeit des ägyptischen MR zu datieren wäre, können wir

nicht aufweisen; denn die ältesten äthiopischen Urkunden, die aksumi¬

tischen Königsinschriften, stammen aus der Zeit unmittelbar vor Beginn

und während der ersten Christianisierung des Landes. Aber das ist kein

Beweis gegen ein hohes Alter der Schlangenvorstellung; im Gegenteil:

nach der Christianisierung des Landes ist die Entstehung eines solchen

Mythos absolut undenkbar. Er muß also alt sein; ergänzend karm als

außeräthiopischer Beleg hierfür Josephus angeführt werden, der eine

Sage überliefert, nach der Mose — vor dem Exodus •— das ägyptische

Heer gegen die äthiopischen Schlangen geführt habe'. Daß das Alter des

Schlangenmythos in Äthiopien ein sehr hohes ist, ist ohnehin bei diesem

Land kultureller Fossüien^ ohne weiteres anzunehmen, und die Vorstel¬

lung, daß gerade ein numinoses Wesen als Herrscher über das aksumi¬

tische Reich gedacht ist, bestätigt es noch ausdrückhch*. Vor ahem darf

natürhch nicht übersehen werden, daß als ägyptische QueUe eben der

,, Schiff brüchige" selbst die Existenz dieses uns aus anderen Quellen

ebenfalls bekannten Mythos als eine Erscheinung seiner Zeit schUdert!

Chronologische Argumente gegen die Heranziehung äthiopischen Materials

sind mithin nicht stichhaltig. VieUeicht darf in diesen Zusammenhängen

noch darauf aufmerksam gemacht werden, daß wir ja — mit Recht —

auch dort afrikanisches Vergleichsmaterial heranziehen, wo dessen ge¬

schichtliche Tiefe nur ganz hypothetisch erschlossen werden kann, weil

es uns aUein durch Feldforschungen bekannt ist. So hat etwa Junkeb

die Vorstellung eines tanzenden Horus mit dem rituellen Tanz des Königs

der Mangbattu erläutert*, Helck baute Untersuchungen zur ägyptischen

Frühgeschichte auf der Voraussetzung auf, „daß wir von den magischen

GrundvorsteUungen ausgehen müssen, die bei den ungeschichtlichen

' Antiqu. Jud. II, 201 ff.

" So E. Littmann im Vorwort zu Abessinische Klagelieder, Tübingen 1949.

' Vgl.C. J. Gadd, Ideas of Divine RuleintheAncientEast,LondonlQ4:5, 18.

* H. JüNKJBB, Der sehende und blinde Gott, Sitz. Ber. Bayr. Ak., phil.-hist.

Kl. Jg. 1942, H. 7,43.

(6)

244 Günteb Lanczkowski

Völkem hamitischen Blutes bis vor kurzem anzutreffen waren^". Und

Stock formulierte systematisch: „Zum Vergleich lassen sich Anschau¬

ungen afrikanischer Stämme vom sakralen Königtum weitgehend auf

ägyptische Verhältnisse übertragen^".

Ein Risiko bei der Zugrundelegung der äthiopischen Überlieferungen

für den ägyptischen Bericht des „Schiffbrüchigen" könnte auch in der

Unsicherheit über die Lage des Landes Punt gesehen werden. Der „SchiflF-

brüchige" beschreibt es als eine Insel (Zl. 39—41): fa /www^ ° ^ 1 A n

\^^^il.f\WzZ'^^t- Aber damit smd

doch wohl nur scheinbare Schwierigkeiten gegeben. Denn wenn es sich

wirklich um eine Insel handeln sollte, deren Lage wir außerhalb des

heutigen abessinischen Staatsbereiches lokalisieren müßten*, so bedeutet

das doch nicht im geringsten, daß diese Insel nicht in damaliger Zeit

puntischem Einfluß unterstand*. Darüber hinaus aber ist es m. E. aus

zwei verschiedenen Gründen durchaus zweifelhaft, ob wir die Bezeich¬

nung „Insel" hier im präzisen Sinne unseres geographischen Terminus

fassen dürfen. Einmal könnten wir durchaus eine erweiterte Bedeu¬

tung von „Küstenland" annehmen; gleiche Bedeutungsnuancen hat ja

auch das hebräische ""X, das möghcherweise dem ägyptischen iw ver¬

wandt ist*. Und im Arabischen ist Sjij»-, wenn die Araber ihre Heimat

damit bezeichnen®, ja auch keine Insel in unserem Sinne. Wichtiger

als diese Überlegungen erscheint aber wohl ein zweiter, religiöser Ge¬

sichtspunkt: als Reflex eines numinosen Erlebnisses verbindet der

,, Schiff brüchige" den Ort seiner Begegnung mit dem Schlangengott

in Gedanken mit dem Urhügel in den Wassern des Nun. Er tut es

mit gutem Recht. Denn einmal sieht er in dem numinosen Drachen

einen Urgott, dessen Verbindung mit der Vorstellung des Urhügels alt

-Jl AwvNA -I

ist; so wird z. B. in Pyr. 1652 Atum angeredet: A V\ Zl '

j/^. Zum andern erlebt der ,, Schiff brüchige" die Stätte seiner

' W. Helck, Zur Vorstellung von der Grenze in der ägyptischen Frühge¬

schichte, Hildeshemi 1951, 11.

" H. Stock, Ägyptische Religionsgesehichte (Forsohungsbericht), in Saecu¬

lum I (1950), 619.

' Vgl. Wainwbight, Zeberged : The Shipwrecked Sailor's Island, in JE A 32, 31—38.

* Fb. W. Fbeihebb von Bissing, Pyene {Punt) und die Seefahrten der

Ägypter, in Die Welt des Orients 1,3 (1948), 146f.

' GE3^mva-Busi^, Hebräisches und aramäisches Handwörterbuch, 17. Aufl.,

Leipzig 1921, 28.

' Vgl. C. Bbockelmann, Oeschichte der islamischen Völker und Staaten,

1943, 1.

(7)

Parallelmotive zu einer altägyptisohen Erzählung 245

Gottesbegegnung als ein Land vegetativer Lebensfülle und der ihr zu¬

grunde hegenden Schöpferkraft, was mit der Bezeichnung ' ' ^

H I /WWA.

aawaLJ (Zl. 114) zusammengefaßt wird. Und diese Charakterisierung

ist typisch für die Vorstehung vom Urhügel, mit dem das Leben auf

der Erde beginnfi.

Auf Grund dieser Überlegungen scheint die ausdrückhche Nennung

von Punt eine religiöse Deutung des Textes nicht in Frage zu stellen,

sondern diese gerade zu bestätigen. Denn der Seeverkehr mit Punt, der

im AR eine stehende Einrichtung war und bis in die Zeit der 12. Dynastie

gepflegt wurde^, hatte dies Land zu einer relativ gut bekannten Größe

gemacht. Es würde, hätte der Erzähler tatsächhch ein ,, Märchen" be¬

richten wohen, eine mit seinem guten und klaren Stil schlecht in Ein¬

klang zu bringende literarische Ungeschickhchkeit darstehen, das jeder

' A. DE Buck, De Egyptisehe Voorstellingen hetreffende den oerheuvel, Lei¬

den 1922, 3. B. H. Stbickeb, De Grote Zeeslang, Leiden 1950, 20. Für analoge

außerägyptische Anschauungen vgl. A. J. Wensinck, The Ideas of Western

Semites concerning the Navel of the Earth, in Verh. der Kon. Ak. von Weten-

.schapen te Amsterdam, Afd. Letterkunde (1916), N. R. XVII, 1. Wollten

wir nach den weit hinter die Geschichte vom Schiffbrüchigen zmückreichen-

den Ursprüngen dieser Vorstellimgen fragen, so erhöbe sich einmal das

Problem der Verbindung der Schlange mit dem Wasser, vgl. u. a. J. Dü-

michen, Baugeschichte desDenderatempels, Straßburg 1877, 45; R. T. Bundle Clabk, The Origin of the Phoenix, Part II, in The University of Birmingham

Historical Joumal 11,2 (1950), 119. Zum anderen ist zu fragen, inwieweit

Schlange und Urhügel ursprünglich als Einheit gesehen wurden; noch eine

äthiopische Tradition vollzieht diese Gleichsetzung: sieben Heilige (oder

Engel) fragen, ob der Drache auf dieser oder jener Seite eines Hügels sei,

und erhalten die Antwort: „Er ist der Hügel" (Littmann, Queen of Sheba, 21. 5). — Beide Problemkreise werfen die Frage nach einer Beeinflussung

durch den sumerischen Kur{\. ) -Mythos auf, vgl. S. N. Kbameb, Su¬

merian Mythology, Philadelphia 1944, 7 6 ff. — Zur ägyptischen Verbindung der Vorstellung der Sehlange und des Berges vgl. noch die charakteristische

Stelle Tb. 108, 14—^18, s. Sethe und Gen., Die Sprüche für das Kennen der

Seelen der heiligen Orte, Az 59 (1924), 74; 81f., und den Namen der schlangen-

TT O «5k

gestaltigen Merit-seger auf dem Denkstein des Nefer-Abu: «c3> QA l/n

v. ^ v7q<::i> jQ. —"— ± /wam r-, ., ä\ r

^ aA A IU II W*, vgl. Maspebo, Recueil de tra-

^ 3 p^^^ /wAAA £^ 0 crüzl^ www 1—1 I

vaux 2 (1880), 109f. Roedeb, Urkunden zur Religion des alten Ägypten,

Jena 1915, 57. Eeman, Die Religion der Ägypter, Bln. u. Leipzig 1934, 146.

H. Bonnet, Reallexion der ägyptischen Religionsgesehichte, Bln. 1952, 455.

2 Für die weitere Zeit des MR fehlen Nachrichten. Erst über eüie Expedi¬

tion zur Zeit der Hatschepsut süid wir wieder gut unterrichtet, vgl. A. Kö-

STEE, Zur Seefahrt der alten Ägypter, ÄZ 58 (1923), 125ff. v. Bissing, 1. c. p.

148. Ed. Meyeb, GdA^ 1,2 (1909), §§ 229, 253f., 265f., 277f., 288. E. Otto,

Ägypten. Der Weg des Pharaonenreiches, Stuttgart 1953, 76; 89; 113f.

(8)

246 Günter Lanczkowski

Märchenerzählung immanente Gesetz zu verletzen, das als Schauplatz

phantasievoUer Berichte einen empirischer Kenntnis der Zuhörer und

Leser entzogenen Schauplatz realer oder erdachter Art erfordert ; nur so

ist ja der Effekt des Erstaunens gesichert und der Erzähler vor dem Vor¬

wurf der Lüge bewahrt. Wenn daher hier der Erzähler ausdrücklich

Punt nennt, so bedeutet das klar und deutlich, daß er sich absichtlich

der Kritik seiner Zuhörer stellt, mithin nachdrücklich für die Wahrheit

seines religiösen Erlebnisses verbürgt. Eine Deutung, die trotzdem den

„Schiffbrüchigen" als ,, Märchen" verstehen möchte, geht also an den

klaren Aussagen des Textes vorbei, entspricht folglich nicht der Tendenz

des Erzählers, sondern dem säkularistischen Geiste unserer Zeit mit dem

diesem innewohnenden Hang zur Nivellierung der religiösen Fakten; sie

ist also Modernismus. Mithin sind wir vollauf berechtigt, in wechselseitiger

Befragung ägyptischen, äthiopischen und gemeinsemitischen Materials

eine weitere Klärung einzelner Züge der Erzählung zu versuchen.

I

Sowohl im „Schiffbrüchigen" als auch in der äthiopischen Tradition

wird die Schlange deuthch als numinoses Wesen, als Schlangengott be¬

schrieben. Das Numen des ägyptischen Textes besitzt einen Bart von

über 2 Ellen Länge (Zl. 63—64), seine Glieder sind mit Gold überzogen,

seine Augenbrauen aus echtem Lapislazuli (Zl. 64—66). Und von dem

äthiopischen Drachen berichtet eine Überheferung', daß sein Körper wie

aus Blei und Eisen sei. Der Hinweis auf ein Götterbild steht außer Frage ;

ägyptisches Material bestätigt diese Deutung: die mit überirdischer

Kraft ausgestattete Sonne denkt sich der Ägjrpter aus Metall und Edel¬

steinen bestehend^, im Pap. Westcar* kommen die zukünftigen Herrscher

der 5. Dyn. mit vergoldeten Gliedern zur Welt, im „Buch von der Him¬

melskuh" heißt es von Re^: f ^ "^"fiPij ^|^ ^ lll"^

® ^^^^4

T'lllXII"'. J4ooo^ II III Jooo.^ W

Auch in späteren Texten finden sich analoge Vorstellungen, z. B.*:

A^AAftA^ r— C\ -^^ O

v\ T P^f / S^« I '•''^ A \\ ° . Besonders die letztere

/^AMA \[) ■ \ o

Vorstellung erinnert stark an den TVSTM des Mose*, dessen Verehrung

' Littmann, Queen of Sheba, 21.

' A. Scharff, Der historisehe Abschnitt der Lehre für König Merikare, Sitz- Ber. Bayr. Ak. Wiss, phil.-hist. Abt. Jg. 1936, H. 8,58.

' 10,10ff. Erman, Die Literatur der Ägypter, Leipzig 1923, 74.

* TSBA IV (1876), 4. BIFAO XL (1941), 58f. Ebman, Literatur, 77.

Boeder, Urkunden, 142f. ^ a. Mariette, Detiderah, Paris 1870fr., II 48.

« Num. 21,8. 9. Exod. 4,2ff.

(9)

Parallelmotive zu einer altägyptischen Erzählimg 247

die Jahwereligion zunächst legitimiert^ ; erst der fromme König Hiskia

entfernte das Kultbild aus dem Tempel von Jerusalem^.

Mit diesen Belegstellen ist nun nicht nur auf eine weite Verbreitung

religiöser Schlangenverehrung im Alten Orient hingewiesen, sondern zu¬

gleich, in dem an letzter Stelle zitierten Zusammenhang, auch auf eine

unterschiedhche Wertung des Schlangenkultes; denn König Hiskia sieht

in dem Bild der bislang tolerierten Schlange einen verehrungsunwürdigen

Gegenstand. Diese Divergenz in der Einschätzung der Schlange betrifft

in besonderem Maße den Vergleich der äthiopischen Tradition und des

ägyptischen Berichtes. Der „Schiffbrüchige" schildert den Schlangengott

in äußerst positiver Weise, unsere äthiopischen Traditionen sind negativ

eingestellt. Ein grundsätzlicher Gegensatz ist freilich damit nicht gege¬

ben. Das erhellt für den äthiopischen Bericht aus der Tatsache, daß un¬

sere erreichbaren Traditionen vom aksumitischen Drachen christhch ge¬

prägt sind. Und das Christentum empfand diesen Drachen als ein Symbol

des Heidentums und verfemte ihn als solches*. Das geht nicht nur aus der

negativen Akzentuierung der Drachengeschichten selbst hervor, sondern

auch aus gelegentlichen Anspielungen in anderen Zusammenhängen. Als

eine solche, die damit noch für den heutigen Äthiopier mehr als nur ein

Bezug auf Gen. 3 sein dürfte, ist wohl die Bitte in einem Marienhed zu

verstehen*: „Maria, umbaue mich mit dem Bohwerk deines Bundes

gegen die Gefahr und zermalme das Haupt der Schlange. .."

Aber nicht nur spekulativ ist aus der Tatsache einer späteren christ¬

hchen Verfemung auf eine einstige Hochschätzung des aksumitischen

Drachens zu schließen. In heidnischen Gebieten Abessiniens ist vielmehr

diese positive Wertung noch heute lebendig. Die Galla verehren eine

solche heihge Schlange*. Auch die VorsteUung, daß der Häupthng, der

in einer Höhle wohnt, dort mit einer Schlange lebe, findet sich bei den

Galla^. In der weiteren Umwelt Abessiniens, unter den nilotischen

Primitiven, hat sich ebenfalls Schlangenverehrung erhalten'. Jedoch

' Vgl. Ed. Meyer (und B. Luther), Die Israeliten und ihre Nachbarstäm¬

me, Halle 1906, 427. ^ Rgg. II 18,4. ' Littmann, Abessinien, 62.

* S. Euringer, Das Hohelied des Bundes der Erbarmung, in Oriens Christi¬

anus 35 (1938), 106f.

' H. M. Hyatt, The Church of Abyssinia, London 1928, 27: „We may

have here in the Galla rite some vestige of the ancient religion of the abo¬

rigines of East Africa."

° Littmann, Queen of Sheba, 17f. Die Vorstellung erinnert an jene der

ägyptischen Spätzeit, die die ürschlange Kneph in eine Höhle versetzt, wo

sie mit dem Nun in Verbmdung steht (vgl. H. Kees, Der Götterglaube im

AAVW\ .<*1 ^

alten Ägypten, Leipzig 1941, 349), und an die @ ^ ^^O'^^^

(vgl. K. Sethe, Amun und die acht Urgötter von Hermopolis, Bln. 1929, § 106.) ' Ch. G. Seulqmai!!, Pagan Tribes of the Nilotic Sudan,l,ondon 1932,464;458.

(10)

248 Günter Lanczkowski

nicht nur das sind Indizien für eine ursprünghche Hochschätzung der

Drachengestalt. Vielmehr schimmert eine solche auch noch durch christ¬

hche Traditionen hindurch, wenn nämhch in der Geschichte von den

neun HeUigen berichtet wird, wie eine riesige Schlange — hier nun frei¬

lich auf mehr oder weniger erzwungene Weise — einem Heiligen beisteht,

indem sie ihm hUft, die Höhe eines abessinischen Tafelberges zu erreichen,

auf dem eine Siedlung liegt, die der Heihge missionieren wUU ; der Cha¬

rakter des hUfreichen Numens ist noch erkennbar.

Neben der Hochschätzung der Schlange schließen wir hieraus auf eine

besondere Zähigkeit, mit der sich ihre Verehrung erhält. Eine solche ist

auch in anderen, rehgiösen Bezirken nachzuweisen und besonders auf¬

fälhg dort, wo auf Grund einer nicht-chthonischen Ausrichtung oder gar

eines Bekenntnisses zu einem monotheistischen Himmelsgott durchaus

eine schlangenfeindliche Einstellung vorausgesetzt werden müßte. Auf

die eherne Schlange des Mose wurde schon hingewiesen. Für die Welt des

NT ist wohl bezeichnend, daß diese Schlange des Mose Joh. 3,14 in ,,typo-

logischer" Weise^ zitiert werden kann. Und selbst Apk. Joh. 20,2 f. nimmt

«in nur vorläufiges Gericht über den Drachen an, seine Bindung auf tau¬

send Jahre. Auch der Islam ist bei der Verfemung von Schlangen nicht

konsequent vorgegangen. Mohammed räumte ihnen vielmehr die Mög¬

hchkeit einer Bekehrung zum wahren Glauben ausdrücklich ein*. Be¬

zeichnend ist auch eine Episode aus dem Grabenkrieg, wo von einem

Mediner berichtet wird, wie er tot umfällt, nachdem er eine Schlange mit

seiner Lanze aufgespießt hat* .

Beide rehgionsgeschichtlichen Momente nun, die Zähigkeit des Fest¬

haltens an Schlangenverehrung und die ursprüngliche Hochschätzung

dieser Numina, sind von äußerster Wichtigkeit für die Interpretation des

„Schiffbrüchigen". Auch am ägyptischen Material läßt sich ja, wie Kees

gezeigt hat*, eine zwiespältige Haltung gegenüber der Schlange nach¬

weisen. Diese kann, bis in die Gegenwart Ägyptens hinein, als Agatho-

daimon verstanden werden*. Im Königskult der alten Zeit tritt diese

Wertung der Schlange sehr deutlich hervor, wenn sie — als ein Beispiel

^ I. Gxnni, II Oadla, Aragäwi, Rom 1895, 16.

* Unter ,, Typologie" versteht man bekanntlich in der theologischen

Exegese die Verwendxmg alttestamentlicher SteUen im Sinne der Vorankün¬

digung christlicher Heilstatsachen.

' So ün Koran, Sure 46,28; daß hierbei unter den Djiim Schlangen zu

verstehen sind, erhellt aus einer erläuternden Stelle in der Prophetenbiogra¬

phie des Ibn Hishäm, vgl. J. Wellhausen, Skizzen und Vorarbeiten 3,

Herlin 1887, 137f.

* Wellhausen, 1. c.

" Kees, Götterglaube, 52ff.

* Kees, 1. c. p. 53. Sehte, Amun, § 39.

(11)

Parallelmotive zu einer altägyptischen Erzählung 249

7m

*

unter vielen — in ihrer Gestalt als Uräus angerufen wird^. : ^ J f^^^^

Q I . Daneben aber steht jene diametral entgegengesetzte

Haltung, die zu dem Wunsche J^^^ ^ ~wvaa ^ x.^ ^

führt".

In einer solchen Situation, die vielleicht noch auf Grund der seit der

6. Dyn. nachweisbaren Zerstörung hieroglyphischer Schlangenzeichen*

in einer für Schlangenverehrung negativ tendierenden Weise verstanden

werden kann, nimmt der „Schiffbrüchige" eine klare und eindeutige

SteUung ein. Er verkündet eine Hochschätzung der Schlange und wiU

zugleich zurückführen zu der von ihm in Äthiopien vorgefundenen ur¬

sprünghchen Bedeutung dieses Numens. Auf die Wurzeln der Schlangen¬

verehrung zurückzugehen, ist mithin ein Erfordernis für ein richtiges

Verständnis dieses ägyptischen Textes.

Dabei ist es geboten, darauf zu achten, daß diese Ursprünge vor einem

duahstischen Denken liegen, wie es auch unsere Betrachtungen numinoser

Schlangen oftmals beeinflußt*. Abzuweisen ist wohl auch der Versuch,

von den physischen Eigenschaften des Tieres auszugehen, deren Kenntnis

für den Menschen das Ergebnis naturwissenschaftlicher Beobachtung ist,

nicht aber des Erstaunens vor der fremdartigen Manifestation von

Macht*; bezeichnend ist wohl, daß auch noch für uns Heutige eine moral-

analogische Wertung von Tieren, wie sie in der Fabel und im metaphori¬

schen Gebrauch von Tierappellativen auftritt, recht wenig zu tun hat

mit zoologischen Erkenntnissen*. Auch sollte wohl beachtet werden, daß

die schematische Klassifizierung der Schlange als eines chthonischen

Numens kaum die Ursprünge erreichen kann, weU sie das Ergebnis einer

Denkoperation ist, die bereits andere, nicht-chthonische VorsteUungen

1 MoKET, Le ritud du culte divin joumcdier en iigypte, Paris 1902, 233; vgl.

Kbbs, Kulturgeschichte des alten Orients I. Ägypten, München 1933, 177.

" CT II 373d.

' P. Lacau, Suppressions et modifications de signes dans les textes fune- raire8,'AZ 51 (1913), Iff.

* Auch die Schlange von Gen. 3 ist, zumindest vor ihrer Verfluchimg,

nicht eigentlich böse, sondem durch das Prädikat DTIS HTI beschrieben.

= Letzteres spiegelt gut Pyr. 665a wider : '^^^ S=5 ^ (| 1 ^ q ^

(j ''"^ III' ■'-'^^^'^Ib wisA die Schlange zu den Göttern gerechnet

(Pyr. 665c). Vom Fremdartigen der Schlange geht auch van dbb Leeuw aus:

Phänomenologie der Religion, Tübingen, 1933, § 8,1.

° Ein gutes Beispiel für die absolute Bedeutungslosigkeit des biologischen

Charakters der Schlange bietet — aus germanischer Welt — Heimskringla

I, 18, wo sogar Wodan als Schlange gesehen wird ! In Ägypten werden Schlan¬

ge und Stier gleichgesetzt (vgl. u. a. Pyr. 689b) !

(12)

250 Günter Lanczkowski

des Heiligen notwendig voraussetzt. Mit allen derartigen spekulativen

Überlegungen kommen wir eben letztlich nur zu modernistischen Aus¬

sagen über Schlangennumina, die dann bestenfalls späteren rehgiösen

Setzungen entsprechen, nicht aber zu einer unbefangenen Erkenntnis,

die lediglich auf dem Befund des alten Materials aufbaut.

Die primäre Qualität der Schlange, die man als das TtveujxaTixwTaTov^

aller Tiere empfindet^, scheint die der Verfügung über das Leben zu sein ;

hieraus dürfte sich auch das beharrliche Festhalten an Schlangenvereh¬

rungen mühelos erklären. Für uns liegt die Frage nach rationalen Grün¬

den dieser Vorstellung nahe, die alte Zeit aber gibt, besonders sofern sie

noch im ungebrochenen Mythos lebt, Auskünfte, die eben dieser mytho¬

logischen Sphäre verhaftet sind; so etwa im Gilgamelepos (XI, 287 ff.),

wo sich die Schlange verjüngt, nachdem sie dem GilgameS das „Wunder¬

gewächs" (XI, 278) des Lebenskrautes entwendet hat.

Beweiskräftig für den Zusammenhang von Schlange und Lebenskraft

sind besonders Texte, bei denen sich diese Bezüge aufweisen lassen, ob¬

wohl die uns vorliegende Redaktion kein Interesse mehr an deren Heraus-

steUung haben kann. So resultiert dieser ursprüngliche Ideenzusammen¬

hang bei Gen. 3 nicht nur aus der Tatsache, daß die Schlange vom Ge¬

heimnis des Lebensbaumes weiß, sondern auch aus einer ursprünghchen

Identität der Eva als der Mutter des Menschengeschlechtes mit der

Schlange. Das können wir noch aus dem Namen mn erschließen, der

im Text neben dem gut begründeten Namen TWK als fremd empfun¬

den und durch die volksetymologische Zuordnung zu ""n (Gen. 3,20)

nicht begründet wird. Wir haben vielmehr sprachlich mn zu dem

phönizischen HVT zu stellen, womit eine Schlangengottheit bezeichnet

wird*. Demnach ist die Eva des AT eine depotenzierte Gottheit, die einst

schlangengestaltig verehrt wurde*.

Auch für die positive Wertung der Schlange in Ägypten ist diese Quali¬

tät uranfänghchen Lebens entscheidend. Der Schöpfergott fi Ij \ )

hat daher ebenso Schlangengestalt* me — nach der späteren thebani-

^ Th. Hopfner, Fontes historiae religionis aegyptiacae, Bonn 1922ff., 291 (Philo von Bvblos bei Euseb).

^ Auch das ist keine natmwissenschaftliche Erkenntnis !

' M. Lizbarski, Ephemeris für semitische Epigraphik I, 34. Neuerdings hat B. HRozNif, Die älteste Oeschichte Vorderasiens, Prag 1940, 140 Eva mit der churritischen Göttin Chepa in Verbindimg gebracht.

* H. Gressmann, Die Paradiessagc, in Festgabe A. von Harnack, Tübingen

1921, 37. H. Gressmann, Mythische Reste in der Paradieserzählung, in ARW

10 (1907), 357—361.

' A.W.Shorter, The Ood Nehebkau, in JEA XXI {1Q35), 41 ff. J. Spiegel,

Das Werden der altägyptischen Hochkultur, Heidelberg 1953, § 299. Vgl. M.

Piepeb, Die große Inschrift des Königs Neferhotep in Abydos, Leipzig 1929, 40f.

(13)

Parallelmotive zu einer altägyptischen Erzählung 251

schen Kosmogonie — der Urgott Amun in seiner Gestalt als — i^^^

G ' 1^ ^ ' "^^^'^ Atum wird gelegenthch die Erscheinungsform als Schlange

zugeschrieben^, wie er sie denn auch nach dem ,, Gespräch zwischen Atum

und Osiris" im 175. Kap. des Totenbuches bei der eschatologischen Wie-

derherstehung der Urzeit erneut annehmen wird. Ferner liegt eine

generationsmäßige Verbindung von Ur- oder Hochgöttern mit Schlangen,

auch wenn sie bereits die primäre und exemte Stellung des theriomorphen

Numens abschwächt, doch auf der gleichen Linie, so wenn z. B. Geb als

Vater der Schlangen erscheint*.

Als ein numinoses Wesen, das selbst über Lebenskraft verfügt und

diese ständig erneuert*, wird die Schlange auch zum Spender des Lebens

für andere und steht dann zuweilen mit dem Vergetationsgott Min in

Verbindung*. Vor allem ist auch die Personifikation als A/vwA\aa^aaa ^/t ^ J)\il \

hier einzuordnen*; ihr erbaut bekannthch Amenemhet III. in Medinet

Mädl einen Tempel', und ihre Bedeutung für die Volksfrömmigkeit ist

auch in späterer Zeit so groß, daß sie in die christliche Heiligenlegende*

und in die legendäre Ausschmückung der Mosegeschichtc' eingeht.

VieUeicht ist ein Beleg für die Vorstellung von der lebenschafFcnden

Kraft der Schlange auch in der Schreibung des ägyptischen Wortes für

,, Vater", it, zu sehen. Für das Wort — als eine noch nicht durch das

christhche Vater-Sohn-Verständnis inhalthch modifizierte Vokabel —

kann man a priori einen stärkeren Bedeutungsakzent in Hinsicht auf

generative Fähigkeiten postulieren. Bestätigt wird diese Vermutung durch

offenbar existierende etymologische Zusammenhänge mit (| , ist

doch generell Getreide als lebenerhaltende Substanz katexochen gewürdigt

A/VA/W\f\

worden, wenn sich auch die spezielle Symbolik des Begriffs □ ü ^ be¬

diente^". AuffäUig und schwierig zu deuten ist nun bei dem Worte für

1 Sethe, Amun § 124. Bonnet, Reallexikon, 373—374, vgl. auch Poe-

PHYEius, bei Euseb III, 11, 45, s. Hopfnee, Fontes 470.

2 Kees, Oötterglaube, 55; 216. Vgl. ferner eine thebanische Schreibung der

acht Urgötter: g^^ , Sethe, Amun § 84.

3 Pyr. 665a-^!^ * Tb. c. 87,2. * W. Spiegelbebg, ÄZ 62 (1927), 37f.

« J. Leibovitsch, Oods of Agriculture in Ancient Egypt, in JNES XII

(1953), 73ff.

' R.Naumann in Mitt. Deutsch Inst. f. ägypt. Altertumskunde 8 (1939),

185ff.

' A. Hebmann in Mitt. Deutsch. Inst. f. ägypt. Altertumskunde 8 (1939),

171ff. » HoPFNEB, 1. c. p. 213f. 1» Vgl. CT II 100a.

(14)

252 Güntee Lanczkowski

„Vater" die besonders seit dem MR häufige^ Schreibung von it mit ^

worin man ahgemein eine Schlangenart erkannt hat^. Die Variationen

zwischen Schreibungen mit und ohne gaben Buechaedt zu seiner

mit Vorbehalt ausgesprochenen Vermutung Anlaß, zwei verschiedene

ägyptische Wörter für „Vater", it und tf, anzunehmen*. Auch Zyhlaez vertritt diese These noch in seiner nubischen Grammatik*. Spiegelbeeq*

postulierte die Schreibung einer alten Endung -w mit /. Kees* sah in der

Schreibung mit h^=^ das älteste Beispiel für die aus der Kanzleischrift des

NR bekannten Schreiberunarten; aus der gewohnheitsmäßigen Hinzu¬

fügung der 3. sg. des maskulinen Possessivpronomens sei die Form (| ^

entstanden zu denken. In letzter Zeit ist zweimal' ein Vorschlag gemacht

worden, der auch vom Inhaltlichen her mühelos alle Schwierigkeiten be¬

hebt. Demnach wäre als Ideogramm anzunehmen. Diese These impli¬

ziert sachhch die Vorstehung einer engen Verbindung des ,, Vaters" mit

der durch die Schlange symbolisierten Lebenskraft*. Es paßt durchaus

zu dieser VorsteUung, daß auch || in späterer Zeit zuweUen in der

Schreibung (| .••"j"' erscheint*. DieFrage, ob das determinierende /

gelegenthch nicht mehr als solches verstanden und dann ausgesprochen

wurde, etwa in der demotischen Form itf. tj, ist von sekundärer Bedeu-

^ Die gebräuchlichste Schreibimg der Pyr. ist [I O, daneben kommen

fl ^

und vor ; (1 findet sich erst nach der Pyramidenzeit.

' Vgl. Gaedinee, Orammar, S. 476. Vgl. auch die Bedeutung des demo¬

tischen Eine abweichende Deutung nur bei F. Ll. Geiffith, Hieroglyphs,

London 1898, 24f.

" M. Buechaedt, Das ägyptische Wort für „Vater", in ÄZ 48 (1910), 18ff.

* E. Zyhlaez, Grundzüge der nubischen Orammatik, Leipzig 1928, 166f.

» Recueil de travaux 26, 148. ' ÄZ 64 (1929), 91 f.

' E. Dävaud, L'itai radical du mot „pere" en igyptien, in Kemi I (1928),

142f. B. Grdseloff, Le signe et le mot || „pere", in Annales du

ServiceXl.111 (1943), 311£f.

' Es paßt zu dieser Deutung, daß das Determinativ im allgemeinen fehlt,

wenn es sich nicht um den physischen Vaterbegriff handelt und eine über¬

geordnete göttliche Kraft in enger Verbindung zu it steht, vgl. T|| üri,

Dagegen hat die pluralische Form im Sinne von leiblichen Vorfahren durch-

A V ^

aus^.=^, vgl. z. B. Kairo 20164 ^^=_ »^.^^^ und auch die (nachlässige)

Schreibung ^'^"^ '^^^ "^^^ in der Mastaba des Kthjf, vgl. H. Junker, /-\ r\

Giza VI (1943), 99; üi Pyr. Spr. 273 findet sich von göttlichen Vorfahren:

T\ f\ T\

« WBI 142.

(15)

Parallelmotive zu einer altägyptischen Erzählimg 255

tung ; jedenfalls ergibt sich eine Aussprache von / nicht zwangsläufig aus

dem koptischen eioiT, da dieses auch das Wort für „Gerste", dessen

Schreibung mit »i^^ nicht die gewöhnliche ist, wiedergeben kaim^.

Offenbar gehört zum „Wortfeld", also zur onomasiologischen Gruppe

von ü auch die doch wohl etymologisch und semasiologisch verwandte

Vokabeliij, die ,, Patron, Souverän, Herrscher, ßaaiXsii?"" bedeutet und

nach der Blütezeit des AR, besonders in der Epoche des Aufstiegs des

MR in ihrem Gebrauch auffällig aktuahsiert erscheint*.

Mit dem Zusammenhang von it und itj ist nun jene Bedeutungsebene

erreicht, die die Schlange als könighches Numen sinnvoll erscheinen läßt

tmd die für das Verständnis des „Schiffbrüchigen" zentral ist. Zugleich

wird mit dem Verweis auf die VorsteUung der im Herrscher zentrierten

generativen Kraft deutlich, daß der Erzähler des ,, Schiff brüchigen" bei

seinem Bericht von dem äthiopischen Drachen doch wohl an ein ägypti¬

sches Vorverständnis anknüpfen wollte, ja vielleicht die Kraft einstiger

ägyptischer VorsteUungen gerade in seiner Zeit des Ringens um eine Neu¬

festigung des KönigsgedaiUiens wieder aufleben zu lassen beabsichtigte,

indem er auf die Bedeutung dieser Gedanken in der Fremde verwies*.

^ Nur anhangsweise kann darauf hingewiesen werden, daß die bei dieser

Deutimg dem Worte it zugrunde liegende Bedeutung sich dann mit der der

indogermanischen Wörter pater, TraT'ifjp, fqg usw. in etwa treffen würde, weim

diese, wie es seit dem MA (vgl. Kluge, Etymologisches Wörterbuch der

deutschen Sprache'', Straßbmg 1910, 472) gelegentlich geschehen ist, mit einer

Bedeutung zusammengebracht werden könnten, wie sie im angls. fidan ent¬

halten ist, was jedoch heute ün allgemeinen abgewiesen wird (vgl. A. Walde,

Lateinisches etymologisches Wörterbuch, Heidelberg 1910, 565). — Der Ver¬

such eines Vergleichs des ägypt. ti mit anderen i-konsonantigen Wörtern für , .Vater" wie türk. ata, got. atta (neben jadar) chmr. attai-, heth. atta-, elam.

atta-, luw. to<i-, hierogl.-heth. toto- muß außerhalb dieser Betrachtung bleiben.

a WB I 143.

» Prisse 4,2. Weste. 9,6. Schiffbr. 24. 173. Siut 18,11. Smuhe B 267.

* Für eine frühe Identifikation von Körüg und Schlange spricht vor allem der Name des Königs "^"^ aus der Thinitenzeit (vgl. B. Grdselopf, Le nom du roi „Serpent", in Annales du Service XLIV (1944), 282ff.), wie wir ihn von

seinem Grabstein, einem der ersten großen Kunstwerke Ägjrptens, kennen

(vgl. Spiegel, Hochkuüur § 20. Gh. Bobbaux, Musie National du Louvre,

Paris 1932, 227 f. Schäfeb-Ändbae, Die Kunst des AUen Orients, Berlin 1925, 184). Auch in den Pyr. wird der König entweder direkt als Schlange verstan¬

den (z. B. 1146 als AN, X Li) oder doch in enger Verbindung mit Schlan-

jj^xjjTTi -r. Ci^ n tk

gennumina gesehen, vgl. u. a. 454 c: <zr> I i 'V ^ '

302a—b: (| ^ ^~^P Ii'^'^ [-q ^^^^

^Kt-- Ci

(16)

254 Günteb Lanczkowski

Der „Schiffbrüchige" bedient sich also — mit einem modernen Terminus

ausgedrückt — der Methode der Akkomodation. Man kann dabei fragen,

ob es ein Erfolg seiner Mission oder, allgemeiner gesagt, eine Konsequenz

jener geistigen Bewegung war, von der in unserer Überlieferung der

,, Schiff brüchige" Kunde gibt, daß gerade in der Aufstiegszeit desMR die

Identifikation von Fürsten mit der ^ § gut belegt ist^.

<:^> A VJ

II

In besonderer Weise werden Schlangennumina als Mächte vegetativer

und generativer Fruchtbarkeit dadurch gekennzeichnet, daß ihnen

Menschenopfer dargebracht werden, durch deren Vollzug der Fortlauf des

Lebens gesichert werden soll. In den äthiopischen Geschichten vom aksu¬

mitischen Drachen wird berichtet, daß diesem erstgeborene Töchter ge¬

opfert wurden^, unter denen sich dann nach manchen Überlieferungen als

letzte in der Reihe der zu dieser Kulthandlung bestimmten Mädchen die

spätere Königin von Saba' befand*. Ohne mit Hilfe des uns zur Verfü¬

gung stehenden Materials die der Feststellung genetischer Abhängigkeiten

eigene Frage nach einer Priorität beantworten zu können, ist doch eine

allgemeine Einordnung dieser äthiopischen Berichte in größere Zusam-

Bezeichnend ist auoh die Verbindung von Schlangennumina mit Königs-

güttern, z. B. Pyr. 2047 d:

>^WSk°

k^UWM^

Vgl. auch S.A.B. Mebceb, The Pyramid Texts{l952) IV, 68 ff. — Auf diesem

Hintergrxmd liegt auch die Vermutung nahe, daß Ez. 29,3 D''n2Sa"']'?a nS71Q bnin D""!!!!! in einem spezieller geprägten Sinnzusammenhang verstanden

werden kann als nur dem einer generellen Abwertimg. In gleiche geistige

Zusammenhänge gehört wohl auch, wenn wir die Nachahmung ägyptischen

Hofstils in der Umwelt Israels (H. Gbessmann, Der Messias, Göttingen

1929, 44ff.) berücksichtigen, C?n3 als Name eines Ammoniterkönigs (Sam. I

11,1. Sam. II 10,2; 17,25. 27. Chron. I 19,1).

1 Hatnub gr. 20,2; 26,4. Siut 4,8; vgl. auoh Kairo 20543 (auf eine Prin¬

zessin bezogen). — Zu Beginn der ersten Zwischenzeit wird die Entwertung

IL mit dem Zusammenbruch des Staates zusammengestellt.

k,^2=L^^i°&>koi^iPPf

\m^t\^~i,\-iz.^^^m'^^i\

^ Littmann, Deutsche Aksum-Expedition, 39.

' Littmann, Queen of Sheba, 2S.

(17)

m ^

Parallelmotive zu einer altägyptischen Erzählung 255

menhänge möglieh. Solche weisen zunächst nach Südarabien. Feitz |

Hommel hat zuerst in der Festschrift für Georg Ebers^ auf frühe minäische '

Opferlisten aufmerksam gemacht, auf denen der Gottheit geweihte

Frauen aufgezählt werden; auch sieben Ägypterinnen befinden sich unter

ihnen^. Gut in diese Zusammenhänge paßt der Titel Mukarrib „Opfer¬

fürst", den die frühen Herrscher von Saba', Qatabän und Hadramaut

führen*. Daß es sich bei diesen Opferverzeichnissen um ,, Hierodulen¬

listen" handele, ist ein Analogieschluß auf Grund israelitischer* Über¬

heferungen und später Berichte über Babylonien*, wie er durch das süd- |

arabische Material selbst in keiner Weise bestätigt wird* und sicher nicht

den urtümhchen Sinn des Kultes umschreibt.

Die Vermutung, daß es sich dabei vielmehr — zumindest zunächst —

um die kultische Tötung junger Mädchen gehandelt habe, gewinnt noch

dadurch an Wahrscheinlichkeit, daß die außerägyptischen Namen der

Geopferten zum Mittelmeer weisen'. Auf die kretischen Menschenopfer,

die wahrscheinlich in der Form von Holokautomata dargebracht wurden,

wird sicher in diesen Zusammenhängen zu achten sein, besonders da für

Kreta die frühe Verehrung einer Schlangengottheit nachge\viesen ist*.

Bezeichnend ist auch eine spätere karthagische Volksmeinung, nach der

die Stätte des Flammen-Selbstopfers der Dido von Schlangen und Dra- ii

chen bewohnt gedacht wurde*. Die kultische Darbringung junger Mäd- ,

chen, der Vollzug ihrer Opferung durch Verbrennen und die Verehrung -;|

eines Schlangennumens sind also gemeinsame Züge dieser Überlieferun- j

gen, hinter denen man mehr als nur zufällige Parallelen zu südarabisch- ,i

äthiopischen Gebräuchen zu vermuten geneigt ist. j

In der hiermit gegebenen Spezialisierung haben wir keine Kunde von j

Menschenopfern aus ägyptischer Frühzeit; wir können nur aus archäolo- 1

gischen Funden auf die Tötung von Gefolgsleuten beim Begräbnis des ?

Königs schheßen^* und die Tradition solcher Sitten in Nubien feststellen^^. is

Wir können aber auch in keiner Weise annehmen, daß der ,, Schiff brü- s

3

1 Hommbl, Ägypten in den südarabischen Inschriften, in Aegyptiaca, Fest- i

schrift für Georg Ebers, Leipzig 1897, 25ff.

2 Vgl. auch Ed. Meyer, GdA*, IV, l,134ff. j

' H. V. Wissmann, Geographische Grundlagen und Frühzeit der Oeschichte J

Arabiens, in Saeculum IV (1953), 91. P

* Ed. Meybr, Israeliten, 177 ff. mit Belegstellen. 'f

° Herodot I 199. j

° K. Mlaker, Die Hierodulenlisten von Ma'in, Leipzig 1943, 30f.; 50f. |

' V. Wissmann, 1. c. p. 97f. II

^ Sir Arthur Evans, The Palace of Minos I, London 1921, 495ff.

' W. R. Smith, The Religion of the Semites, 3. Aufl., London 1927, 373 f.

" Flinders Petbie, Tombs of the Courtiers and Oxyrhynkhos, London 1925, 8 (Sect. 14).

" G.A.ReisneeüiÄZ 52 (1915), 34ff. A. Wiedemann ül ARW 21 (1922), 467.

17 ZDMG 105/2

(18)

256 Güntee Lanczkowski

chige", wenn er in seinem Bericht von dem in Äthiopien verehrten

Schlangennumen dieses selbst von einer ^ erzählen

läßt, die ihm einst "^^^e^: gegeben worden sei (Zl. 129), irgend¬

wie alte Riten des Menschenopfers erneut beleben will ; solche Tendenzen

lagen seiner human ausgerichteten Zeifi völhg fern. Man könnte vielmehr

im Gegenteil vermuten, daß durch dieses — für uns nicht völlig deutliche

— • ^ Verhüllung oder die Humanisierung des

äthiopischen Tatbestandes angestrebt werden soll. Auf die Bedeutung des

für uns schwierigen ägjrptischen Begriffes können wir daher vom äthiopi¬

schen Vergleichsmaterial nicht schließen; dieses erlaubt uns jedoch die

Erkenntnis der ursprünghchen Kultsitte unter Abzug der zeitbedingten

ägyptischen Färbung.

m

Dem Ritual des Menschenopfers liegen wohl ursprüngliche Vorstel¬

lungen vom Tod des Gottes selbst und von dessen nachfolgender Er¬

neuerung zugrunde*. Gerade für die Schlange sind ja solche Anschauungen charakteristisch*. In den ,, Schiffbrüchigen" sind sie in der Weise einge¬

gangen, daß vom Tode der Genossen der Schlange in früheren Tagen

der Insel berichtet wird (Zl. 129fF.). Die christlich geprägte äthiopische

Tradition spricht von einem einmaligen Tod des aksumitischen Drachens

und einer damit beginnenden besseren Ära.

Wichtig ist nun, auf welche Art der Tod des Drachens vor sich geht.

Die Genossen des Schlangennumens sind im ,, Schiff brüchigen" getötet

worden, indem ein Stern vom Himmel fiel und sie daraufhin im Feuer

verbrannten (Zl. 129ff.)*. Äthiopische Berichte haben in späterer Zeit

unter christhchem Einfluß die Tötung des Drachens sublimiert*. Eine

' Man vergleiche, wie in den Zaubermärchen des Pap. Westcar bei Tötung

und Wiedererweckung eines lebenden Wesens eine Gans als Ersatz für einen

Gefangenen gefordert wird, s. Eeman, Literatur, 7L

' Eeman, ÄZ 43 1. c. übersetzte: ,, durch Geschick (?)" (und vermutete Literatur 60, Anm. 4 darunter , ,ein auf die Insel verschlagenes Menschenkind' ') ,

Gaedinee, Grammar § 457 u. S. 462 (F 5) „by prayer", G. Lefebvee, Ro¬

mans et contes igyptiens, Paris 1949, 37: ,,une fille en bas äge que je m'6tait procur^e par priöre" mit dem Zusatz: „La phrase est obscme".

ä W. R. Smith, 1. c. * Tb. c. 87,2.

' Das Motiv der Tötung durch einen herabfallenden Stein ist auch in die

koptische Heiligenlegende eingegangen, vgl. O. von Lemm, Zu einem Enko-

mium auf den hl. Viktor, ÄZ 48 (1910), 81ff.

° A. Dillmann, Zur Geschichte des Axumitischen Reichs, Abh. Kgl. Ak.

Wiss. Berlm 1880, 5.

(19)

Parallelmotive zu einer altägyptischen Erzählung 257

wohl recht urtümliche Form berichtet von seiner Tötung durch feuriges

Eisen'. Es dürfte nicht schwer sein zu zeigen, daß der „Schiffbrüchige",

wenn er einen meteorischen Ursprung der Verbrennung angibt, die äthi¬

opischen Traditionen nicht verfälscht, sondern nur in seinem ägyptischen Verständnis ausgedrückt hat; denn „Eisen", wie wir es im äthiopischen

Berichte als Medium der Verbrennung angegeben finden, ist für den

Ägypter Jj (| aawm '' und archäologische Forschungen habe

die Ursprünge dieser Bezeichnung und damit die Berechtigung ihres Aus¬

drucks aufgedeckt*. Damit aber ergibt sich die Frage nach der Bedeutung

dieser Vorstehungen für den Kreis unserer Betrachtungen.

Man könnte zunächst eine völkerkimdliche Erklärung versuchen und

die Tötung des aksumitischen Drachens durch das Mittel des Eisens aus

dem Einfluß, vielleicht der Einwanderung afrikanischer Stämme in Äthi¬

opien verstehen; denn die Afrikaner sind, wofür nicht nur ihre eigenen

mündhchen Traditionen sprechen, sondern auch das Zeugnis ägyptischer

Wandgemälde, bekannt für eine sehr alte Vertrautheit mit der Gewinnung

und Verarbeitung des Eisens*. Auch die Tatsache, daß der Name des

äthiopischen Drachentöters, MlO, sehr deutliche Anklänge an einen

in den aksumitischen Königsinschriften (Nr. 11, Zl. 25) vorkommenden

afrikanischen Namen aufweist, könnte bestätigend angeführt werden für

etwaigen Einfluß des nicht-semitischen afrikanischen Bereiches.

Damit ist jedoch noch nichts über die religiösen Intentionen gesagt, die

der Zerstörung durch feuriges Eisen zugrunde liegen. Für eine generehe

rehgionsgeschichthche Wertung von Eisen, in die wir auch unsern Be¬

richt einordnen, ist die weite Verbreitung des Glaubens an seine vor

Dämonen schützende Macht bezeichnend*; dieser Glaube lebt folk¬

loristisch weiter in dem Gebrauch von Hufeisen als unheilabwehrender

Kräfte* und — im modemen ägyptischen Bereich — in der bloßen

1 Littmann, Deutsche Aksum-Expedition, 1. c. Littmann, La leggenda

dd Dragone, 1. c. ^ wB I 436.

* Flinders Petbie, Wainwbight and Mackay, The Labyrinth, Oerzel and

Mazghuneh, London 1912, löff. A. Lucas, Ancient Materials and Ind,ustries, London 1948, 270. Für die Annahme eines siderischen Ursprunges der Metalle

bei den Griechen vgl. K. PaijMM, Die Religion der Griechen ( = Christus und

die Religionen der Erde II), Freiburg i. Br. 1951, 29. Für die israelitische

Tradition süid die tTN'^nS bezeichnend, die Ezechiel (28,14) in emer

Drohweissagung gegen den König von Tyrus erwähnt, vgl. H. Gunkel,

Schöpfung und Chaos in Urzeit und Endzeit, Göttingen 1921, 148;H. Gunkel, Genesis (Qöttinger Handkommentar zum AT 1,1), 5. Aufl., 1922, 34.

* B. Ankermann, Kulturkreise und KuUurschiehten in Afrika, in Zeit¬

schrift für Ethnologie 37 (1905), 75.

* I. Goldziheb, Eisen als Schutz gegen Dämonen, in ARW 10 (1907), 41ff.

' Goldziheb, 1. c. p. 45.

17*

(20)

258 Günter Lanczkowski

Nennung des Eisens als eines Mittels zur Verhütung zerstörerischer

Whkungen des Wirbelwindes^. Auch dem Feuer wird, besonders in einer

substanzgebundenen Form, die Zerstörung des Bösen und Dämonischen

zugeschrieben. So in Gen. 19,24; eine enge ideenmäßige Berührung mit

dem Bericht des ,, Schiff brüchigen" liegt hier insofern vor, als die Mittel

der Vernichtung, mögen sie auch vulkanischen Ursprungs sein, vom Er¬

zähler als vom Himmel gesandt (D'ölPrTp'" "föisn mrT") verstanden sind.

Christliche Vorstellungen, von Apk. Joh. 20, 14 über die (vermutlich in

Ägypten entstandene) Petrus-Apokalypse bis zur Zusammenfassung des

mittelalterlichen Hönenbildes in Dantbs Inferno, sind ebenfalls zu

nennen. Nach indischen Anschauungen vertreibt Agni die Unholde^;

^■fi«f = ignis. Und besonders bezeichnend ist eine mittelpersische Vor¬

stellung im Großen Bundahishn*, nach der in dem feurigen Metahstrom

des Weltgerichtes* gööihr, der Drache, verbrannt wird; die Abwertung

des Verbrannten hat sich bis in das neupersische Schimpfwort pedär

sühtä ,,(Sohn eines) verbrannten Vaters" erhalten*. Das in diesen Zu¬

sammenhängen vorhegende negative Werturteil über das Verbrannte

gilt mit Sicherheit auch für die aksumitische Drachengeschichte in den

uns bekannten, christlich geprägten Traditionen.

Ebenso sicher aber ist anzunehmen, daß gerade damit nicht die ur¬

sprüngliche Intention eines das Schlangennumen positiv fassenden Glau¬

bens erreicht ist. Man könnte daher überhaupt die aksumitische

Drachenverbrennung als späteren Zusatz fassen, wäre sie uns nicht durch

den ,, Schiff brüchigen" aus vorchristlicher Zeit gut belegt. Deshalb wird

man eine ursprünglich positive Einschätzung der Verbrennung anzuneh¬

men haben. Eine solche Sicht, die von der lebenerhaltenden und -erneu¬

ernden Kraft des Feuers* auszugehen hat, ist ebenfalls rehgionsgeschicht-

lich gut belegbar. Sie findet ihre sublimste Form in der Feuertaufe als

einer xaivv] xticti?', ihre ursprüngliche wohl in dem Gedanken der Ver¬

brennung als Mittel zur Förderung der Fruchtbarkeit*. Und eine solche

^ Lane, Manners and Customs of Modern Egyptians', London 1871, I 283.

^ W. Caland, Das Srautasütra des Äpastamba, 1921, 144.

^ Vgl. F. König, Die Religion des Zarathustra ( = Christus und die Religi¬

onen II), 658f. * Vgl. Visprat 20,1. Sih rö&ak 1,4; 2,4.

' Frdl. Hinweis Prof. Roemer.

° Vgl. den Prometheusmythos und das Tiüp aEi^wov des Heraklit

(fragm. 30), den römischen Kult des Feuers durch Vestaliimen und flamines,

das heilige Feuer der Brigit ( J. A. MacCulloch, The Religion of Ancient

Celts, Edinburgh 1911, 69 f.)

' Vgl. Mt. 3,11; Lc. 3,16, mandäische und (in einigen Sekten) gnostische Feuertaufe; im eschatologischen Bereich das Tnjp >ca{>apaiov.

8 Vgl. J. G. Frazer, Der Ooldene Zweig, Leipzig 1928, 937; 946ff. Verbren¬

nung zur Erneuerung des Lebens auch in der spätägyptischen Form der Phö¬

nix-Sage, vgl. A.Wiedemann, ÄZ 16 (1878), 102; Bundle Clark,1 . c. p. 131.

(21)

Parallelmotive zu einer altägyptischen Erzählimg 259

Tendenz fügt sich vollkommen ein in die oben festgestehten Qualitäten

des aksumitischen Drachens.

Hinsichtlich des Eisens können wir auf Grund seiner Bezeugung im

„Schiffbrüchigen" ebenfahs schließen, daß es im Kult des aksumitischen

Drachens eine ursprüngliche Funktion hatte und nicht erst eine von der

negativen christlichen Einschätzung herangezogene. Denkbar ist das

durchaus; denn der Umgang mit Eisen wird, wie in anderen Völkern,

auch von den Abessiniern in Verbindung gebracht mit dem Umgang mit

übernatürlichen Mächten^.

IV

Nun ist aber voUkommen deutlich, daß keines der beiden herausgestell¬

ten Motive der Verbrennung im Bericht des ,, Schiffbrüchigen" ankhngt.

Es findet sich dort keine Verfemung des äthiopischen Schlangenkultes;

denn eine solche müßte, wie die christhche Überlieferung, gerade den Tod

des zur Zeit herrschenden Schlangennumens berichten und verböte natür¬

hch überhaupt dessen positive Schilderung. Wir finden aber andererseits

auch keinerlei Hinweis darauf, daß die einstige Verbrennung von Genos¬

sen des Numens in Anschauungen der Fruchtbarkeitskulte ihren Sitz im

Leben hätte. Da der ganze Text im Dienste einer Verkündigung steht,

für die der Bericht aus Äthiopien positiven Charakter trägt, ist zu fragen,

aus welchem Grund der Erzähler vom äthiopischen Befund abweicht und

welche Deutung er an dessen Stelle setzt.

Beide Fragen, für die der Text selbst wenig deutliche Auskünfte gibt,

können nur mit Vorbehalten beantwortet werden. Wahrscheinlich stand

einer positiven Berichterstattung über die Verbrennung die Haltung des

ägyptischen Hörers, für den der Verbrennungstod als härteste und ver-

abscheuungswürdigste Strafe galt^, zu sehr entgegen. Gerade dann aber

spricht es für die Treue des Erzählers, daß er diesen Bericht nicht unter¬

schlägt, sondern sich offenbar bemüht, ihn umzudeuten. Das geht aus

dem ^ 1^ (Zl. 124) hervor, mit dem er einen tragischen Akzent

setzt. In den Rahmen der damaligen geistigen Strömungen Ägyptens

würde es hineinpassen, hierin eine Anspielung auf den Tod früherer

Götter* in einer Weise zu sehen, die, wie auch die Vernichtung des ersten

^ E. Littmann, Geschichte der äthiopischen Litteratur, Leipzig 1907, 236.

"Kees, Kulturgeschichte, 1%; 223. Eeman, iiteraiwr, 67. Randall-Mac-

IVEE and Mace, El Amrah and Abydos, London 1902, Taf. 29, Zl. 5—6. Kees,

Das Priestertum im ägyptischen Staat, Leiden 1953, 190; für israelitische Wertung vgl. Jer. 29, 22.

»Merikare 133—134.

(22)

260 GüNTEK Lanczkowski, Parallelmotive zu einer altägyptisohen Erzählimg

Menschengeschlechtes^, in anderen Texten als Folge schuldhafter Ver¬

fehlungen dargesteht wird. Dann würde also hiermit ein ethisches Motiv

zitiert. Gleichzeitig aber gibt der Bericht des ,, Schiff brüchigen" — und

auch das fügt sich der geistigen Lage Ägyptens zur Entstehungszeit des

Textes vollkommen ein — eine mythische Begründung für Monotheismus,

wenn er nämhch vom Übrigbleiben des einen Schlangennumens spricht.

Dieses Bestreben nun, die vorgefundene und erlebte äthiopische Reli¬

gion weder mit wissenschaftlicher Akribie zu beschreiben, noch aber etwa

einige ihrer Züge zu unterschlagen, sondern diese in einer Weise zu ver¬

künden, die in die aktuelle Situation der Heimat hineinspricht, ist

charakteristisch für den religiösen Gehalt des Textes im ganzen und eben¬

so für das damahge Ägypten. Denn wir können keinerlei Material dafür

beibringen, daß die Ägypter sich so sehr von den Gesetzen alles mensch¬

lichen Verhaltens entfernten, daß sie nicht in der doch wohl primär welt¬

anschaulichen Erschütterung, die mit dem Zusammenbruch des AR ver¬

bunden war, sich so verhielten, wie es uns die Geschichte analoger Situ¬

ationen stets lehrt, daß sie nämlich Ausschau nach fremden Lösungs¬

versuchen hielten und für auswärtigen Einfiuß in besonderer Weise auf¬

geschlossen waren. In dieser Krise hat der Text des ,, Schiff brüchigen"

seinen Sinn. Denn er verkündet einen fremden, äthiopischen Gott, den er

monotheistisch faßt und sowohl als königliches wie auch als hilfreiches

Numen charakterisiert. Daß solche Aussagen einen Beitrag zu dem Rin¬

gen der ersten Zwischenzeit um einen neuen, vertieften GottesbegrifF dar¬

stehen, ist absolut sicher. Gleichzeitig kann man angesichts der engen

Verbindung von Gottesanschauung und Königtum im alten Ägypten dar¬

auf schheßen, daß damit auch ein Beitrag zu einer Neubegründung des

Königsverständnisses gegeben werden soll, wie sie uns dann tatsächlich

in der ,, Lehre für König MerUiare" voll entgegentritt. Besonders die Tat¬

sache, daß die „Geschichte des Schiffbrüchigen" als Schicksalskasus einem Fürsten erzählt wird, der nach einer Expedition mit Befürchtungen

der Audienz beim König entgegensieht, spricht für diese Deutung.

' H. Kees, Totenglauben und Jenseitsvorstellungen der alten Ägypter,

Leipzig 1926, 33. Eeman, Literatur, 77.

(23)

Gab es eine Pluralendung -w im Ägyptischen?

Eine relative Chronologie der ägyptischen Sprache

Herrn Universitätsprofessor Dr. H. Junker zu

seinem 75. Geburtstage am 25. November 1953

verehrungsvoll zugeeignet

Von Weenek Vycichl, Paris

I. Die gegenwärtigen Ansichten über die Pluralendung

beim Nomen masculinum

Es gibt nur wenige Kapitel der ägyptischen Grammatik, in denen eine

so vollkommene Einhelligkeit erzielt werden konnte, wie in der Frage

der Pluralendung des m. Nomens.

A. Erman sagt in seiner Ägyptischen Grammatik (4. Auflage, Berhn

1928, § 189) ,,Die Endung des Pluralis ist -w, im Femininum -ud".

Auch G. Lefebvre verzeichnet als Pluralendungen m. -w und f. -wt

{Grammaire de l'Egyptien Classique, Le Caire 1940, § 116). A. H. Gardistbe

hält ebenfalls in der 2. Auflage seiner Egyptian Grammar (London 1950,

§ 72 bis 74) an den Endungen m. -w und f. -wt fest.

II. Zur Schreibung der m. Pluralendung

R. O. Faulkner, dem wir eine eingehende Studie über die Schreibun¬

gen des Plurals und Duals im Altägyptischen verdanken, sagt hierüber:

,,Es scheint als wäre die Zahl bei den ersten Versuchen mit der Hiero¬

glyphenschrift nicht ausgedrückt worden. Dieser alte Gebrauch lebt in

beträchtlichem Maße in den Inschriften der ersten drei Dynastien fort,

wo viele Wörter, die zweifellos Plurale sind, als Singulare geschrieben

werden, gewöhnlich in der primitiven Weise mit einem einzigen Ideo¬

gramm oder Lautzeichen {The Plural and Dual in Old Egyptian, Bruxelles

1928, § 1).

Die älteste Art der Pluralschreibung besteht jedenfalls nicht in der

buchstäblichen Schreibung mit -w, sondern (a) is der dreifachen Setzung

des Ideogramms oder Lautzeichens und als Abkürzung dafür dem Ge¬

brauch von 000 und 111 in verschiedenen Stellungen. Erst in der 5. und

6. Dynastie tritt (b) die Schreibung mit w allgemein hervor, die in früherer

Zeit nur sporadisch anzutreffen war (Faulknee, op. cit., § 20).

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