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Archiv "Nützlichkeit von klinischen Prüfungen für die ärztliche Praxis" (30.01.1985)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KONGRESSBERICHT

Im Rahmen dieses internationalen Treffens gab es eine Reihe von provozierenden Unterthemen wie

„Chronische Bedenken über chronische Toxizitätsuntersu- chungen", „Die Zukunft von Lang- zeit-lnterventions- und Präven- tionsstudien", „Neue biostatisti- sche Konzepte für klinische Stu- dien" und „Klinische Prüfungen bei Kindern". Auf das Thema

„Nützlichkeit klinischer Prüfun- gen und ärztliche Praxis" soll im folgenden näher eingegangen werden.

Alle Redner gingen von der Un- verzichtbarkeit von randomisier- ten, kontrollierten Arzneimittel- studien aus, denen erkenntnis- theoretisch nichts methodisch Präziseres entgegenzusetzen ist.

Nur bringen solche kontrollierten Studien für die ärztliche Praxis, das Arzt-Patienten-Verhältnis, mannigfaltige Probleme bezüg- lich der Planung, der Auswertung und der Beurteilung mit sich,' da es dem Arzt häufig gebricht, sei- nen individuellen Patienten als Teil eines statistischen Mittelwer- tes zu betrachten.

Nicht lösbar ist das Problem, in- wieweit die in einer kontrollierten Arzneimittelstudie beobachteten Patienten repräsentativ für alle Patienten sind, da es keine ver- tretbare Möglichkeit gibt, nach den Gesetzen des Zufalls unter den Patienten etwa der Bundesre- publik Deutschland mit bestimm- ten Krankheitskriterien eine re- präsentative Stichprobe zu erhal-

ten. Werden die Charakteristika eines einer Klinik zur Verfügung stehenden Krankenkollektivs je- doch möglichst eingehend be- schrieben, können die pharmako- logischen Wirkungen während ei- ner klinischen Erprobung vor der Zulassung hinreichend belegt werden.

Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereitet unter anderem die mangelhafte Vergleichbarkeit ver- schiedener, international durch- geführter Studien Sorge, weshalb Dukes, Kopenhagen, seine Zuhö- rer mit dem Gedanken an „guide- lines" für die klinischen Untersu- chungen von zum Beispiel Antihy- pertonika bzw. Antirheumatika vertraut machen wollte. Diese

„guidelines" sollen nicht die Funktion von deutschen Richtli- nien oder gar Gesetzeskraft besit- zen, sondern eher ein Leitfaden zur Anleitung von klinischen Ex- perimenten bestimmter Zielset- zung sein. Sie sollen einen ver- tretbaren, vergleichbaren Min- deststandard bewirken und sie können bei wissenschaftlicher Begründbarkeit modifiziert wer- den. Daniiit wäre auch der Ethik Tribut gezollt, denn entsprechend dem Entwicklungsstand eines neuen Arzneimittels sollten zu- nächst möglichst wenig Patienten exponiert werden.

Während des letzten Jahrzehntes vermehrte sich das Mißbehagen gegenüber klinischen Studien im wesentlichen dadurch, daß immer mehr und immer schwierigere

Fragen beantwortet werden soll- ten. Man fragte nicht mehr nur, ob ein Mittel pharmakologische Wir- kungen zeigt, wie etwa die Sen- kung des Blutdruckes in einem klinisch interessanten Ausmaß, sondern ob es zum Beispiel wirk- sam die Reinfarkthäufigkeit ver- mindert. Diese Studien sind zeit- lich bezüglich Planung und Durchführung zwar wesentlich aufwendiger geworden, jedoch in ihrem Ergebnis für den praktizie- renden Arzt und dessen Arzt-Pa- tienten-Verhältnis häufig enttäu- schend verlaufen. Für die Zukunft scheint die Finanzierung solcher, für das Gesundheitswesen emi-

nent wichtiger Studien nicht gesi- chert, weil die Hersteller, wie im Falle Clofibrat, erheblich an Um- satz zugunsten der Konkurrenz einbüßen können und den Ge- sundheitsbehörden die Geldmittel fehlen.

Vor diesem Hintergrund gaben mehrere Redner bei verschiede- nen Gedankenansätzen zu beden- ken, ob und wie neben der kon- trollierten Studie im fortgeschrit- tenen Stadium der Arzneimittel- prüfung (Phase 3 vor der Zulas- sung; Phase 4 nach der Zulas- sung) auch die ärztliche Beobach- tungsgabe und Urteilsfähigkeit bei der Beurteilung eingebracht werden kann.

Lucchelli, Mailand, berichtete un- ter anderem über einen Versuch mit einer gefäßaktiven Substanz, bei dem nicht die Patienten, son- dern die praktizierenden Ärzte die experimentelle Einheit waren und randomisiert wurden. Bei Erfra- gen einfacher, qualitativer sym- ptomatischer Wirkkriterien wur- den die Ergebnisse einer rando- misierten, kontrollierten Studie bestätigt; dies jedoch an 7500 Pa- tienten, einer Anzahl, die für die

Fragestellung um mehr als zwei Zehnerpotenzen zu hoch und zum Erfassen von seltenen, unter be- sonderen Bedingungen auftreten- den, dosisabhängigen uner- wünschten Wirkungen oder Aller- gien immer noch zu gering er- scheint.

Nützlichkeit

von klinischen Prüfungen für die ärztliche Praxis

Kurzbericht über das 5. Internationale Treffen

„Arzneimittel im Spannungsfeld

zwischen Forschung und Vorschriften"

der Fachgesellschaft der Ärzte in der Pharmazeutischen Industrie in München, Oktober 1984

252 (48) Heft 5 vom 30. Januar 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Klinische Prüfungen NOTIZ

Lasagna, Boston, möchte der ärzt- lichen Beobachtung bei der Beur- teilung neuer Arzneimittel neben der kontrollierten Studie mehr Be- deutung beimessen, ohne dabei praktikable Vorschläge unterbrei- tet zu haben. Natürlich wurden bedeutende Entdeckungen ohne kontrollierten Versuch durch Zu- fallsbeobachtungen getätigt, nur handelt es sich bei den Beispielen (wie Digitalis, Chlorpromazin) um deutliche Effekte, während man sich heute meistens mit kleinen Effektunterschieden herum- schlägt, deren klinische Bedeu- tung dazu noch fragwürdig ist.

Beide, der Fallbeobachter oder die kontrollierte Studie, können zu Fehlbeurteilungen führen, weil die falschen oder zu wenig Patien- ten, eine falsche Dosis oder ein in- kompetenter Experimentator in- volviert waren.

Nachdenklichkeit verursachte der Satz: „Es scheint bizarr, daß Be- hörden Einzelfallbeobachtungen bei unerwünschten Wirkungen akzeptieren, jedoch nicht bei er- wünschten. Warum? Fehlinterpre- tationen von Toxizität sind ebenso schwerwiegend wie die von thera- peutischen Effekten". Ist dieser Zustand nicht Folge ethischer Er- wägungen, nach denen Arzneimit- tel nicht bei maximal erwünsch- tem Effekt auf dosisabhängige un- erwünschte Wirkungen, oder bei einer Dosis mit toxischen Wirkun- gen auf den maximal zu errei- chenden erwünschten Effekt in ei- ner therapeutischen Studie zu er- proben sind?

Füllgraff, Berlin, stellte das Para- digma der gängigen Arzneimittel- prüfung, besonders bei chroni- schen Studien über Jahre bzw.

Jahrzehnte zur Diskussion, bei Studien, in denen nach der Wirk- samkeit einer Therapie zum Bei- spiel bezüglich der Lebensverlän- gerung gefragt wird. Meistens be- trifft dies chronische Erkrankun- gen, deren akute Schübe sympto- matisch therapiert werden, deren Leiden sich jedoch spontan oder durch eine veränderte Einstellung des Erkrankten ändern kann.

In diesen Studien wurden Tausen- de von Patienten über Jahre zum Wohle sehr weniger therapiert. Ist dies zu rechtfertigen? Ist das Risi- ko der Korrektur eines Risikofak- tors (zum Beispiel Hyperlipid- ämie) größer als der unkorrigierte Risikofaktor? Sollte man nicht besser die Pathophysiologie der Erkrankungen mit dem Ergebnis der Bildung von Untergruppen er- forschen, um bei solchen bessere Erfolge erzielen zu können?

Man könnte aber auch fragen, ob die Arzneimitteltherapie jetzt an die Grenzen ihrer Leistungsfähig- keit gestoßen ist. Pharmaka wer- den zu Arzneimitteln, wenn sie die Funktion von Körperzellen oder Organen in einer für den Men- schen vorteilhaften Weise fördern oder hemmen. Diese Änderung muß mit den Sinnen des Experi- mentators und des Patienten wahrnehmbar sein. Andere Arz- neimittel haben, selbst wenn es sie gäbe, keine Chance, entdeckt zu werden. Wenn es andererseits zum Beispiel zutrifft, daß die Fünf- Jahres-Überlebensrate bei Brust- krebskranken, die die Diagnose nicht akzeptieren oder sich als Sieger über die Krankheit sehen, 75 Prozent beträgt, bei stoischen oder von der Krankheit sich als geschlagen gebenden Patienten aber nur 35 Prozent, sei die Frage erlaubt, ob der Arzt nicht über- haupt eine psychotherapeutische Führung des Patienten anstatt ei- ner an Wirksamkeit zweifelhaften Arzneimitteltherapie betonen soll- te (Psychotherapie anstatt einer

„Hostie"). Nur zur Behandlung ei- nes akuten Schubes sollte er zu einer wirksamen symptomati- schen Therapie greifen. Vielleicht wird diese Hypothese durch eine zunehmende Anzahl im Ergebnis zwiespältiger Präventionsstudien gefestigt.

Professor Dr. med.

Hermann Kampffmeyer Institut für Pharmakologie und Toxikologie

der Universität München Nußbaumstraße 26 8000 München 2

Cephalosporine:

Antibiotikainduzierte Hämostasestörung und Blutungsneigung

Von Professor Dr. Dr. Dieter Adam, München, 1. Vorsitzender der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e.V., wurde uns die folgende Richtigstellung über- sandt, die wir gern abdrucken.

R. Gross In der von der Arbeitsgemein- schaft Arzneimittelsicherheit der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Che- motherapie e. V. formulierten Stellungnahme, abgedruckt in Heft 51/52 (1984) des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES, werden für bestimmte Cephalosporine, darunter auch Ceftriaxon, Warn- hinweise zu Blutgerinnungsstö- rungen ausgesprochen.

Eine in der Zwischenzeit dem Bundesgesundheitsamt vorgeleg- te Dokumentation läßt erkennen, daß unter Ceftriaxon kein erhöh- tes Blutungsrisiko besteht, was die Behörde veranlaßt hat, auf ei- nen Warnhinweis zu Blutgerin- nungsstörungen im Packungspro- spekt für Ceftriaxon zu verzichten.

Die Arbeitsgemeinschaft Arznei- mittelsicherheit der Paul-Ehrlich- Gesellschaft schließt sich dieser Beurteilung an; damit entfällt der in Tabelle 2 der Stellungnahme angeführte Warnhinweis für Cef-

triaxon.

BERICHTIGUNG

In Heft 49/1984 ist in dem Beitrag von Professor Gross „Der Arzt zwischen Technologie und Ethik"

auf Seite 3661, mittlere Spalte, vorletzter Absatz, ein sinnentstel- lender Fehler gedruckt worden:

Es muß selbstverständlich asym- ptotisch (nicht asymptomatisch) heißen. MWR Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 5 vom 30. Januar 1985 (51) 253

Referenzen

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