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Archiv "Alkoholismusforschung in den USA" (22.01.1982)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

ÄRZTEBLATT

Heft 3 vom 22. Januar 1982

Alkoholismusforschung in den USA

Am Beispiel des „National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism (NIAAA)"

Johannes Sumser

1. Der Umfang der Aktivitäten von NIAAA

Drogenmißbrauch und die da- mit verbundenen Probleme nehmen ständig zu. Dies er- fordert immer weitergehende Bemühungen, wirksame Hil- fen bereitzustellen. So wird zur Zeit die Errichtung eines nationalen Forschungsinstitu- tes in Berlin diskutiert. In die- ser Situation erscheint es sinnvoll, die Arbeit entspre- chender Einrichtungen im Ausland zu beobachten. Als Beispiel hierfür soll in diesem Aufsatz') für den Bereich von Alkoholmißbrauch und Alko- holismus das „National Insti- tute on Alcohol Abuse and Al- coholism (NIAAA)" in den USA vorgestellt werden.

Heute kann NIAAA als die umfas- sendste Institution im Alkoholbe- reich angesehen werden. Seine Auf- gaben beschreibt die Hughes Act.

Es soll umfassende Gesundheits-, Erziehungs-, Ausbildungs-, For- schungs- und Planungsprogramme für die Prävention und Behandlung von Alkoholmißbrauchern und Alko- holikern entwickeln, leiten und ver- walten sowie alle Aktivitäten der Bundesregierung koordinieren (vgl.

Final Report, S. 5). Tabelle 1 gibt einen prägnanten Überblick über die Finanzierung der Aktivitäten von NIAAA im Haushaltsjahr 1978.

(1) Forschung

Die Forschungsgelder werden durch die beiden Abteilungen „Fremdfor- schung" und „Institutseigene For- schung" verwaltet. Weiter unten werden beide Abteilungen ausführ- lich beschrieben.

(2) Evaluation

Die Evaluation dient der Programm- entwicklung und -analyse. Sie dient der Beratung und Begutachtung der Programmpolitik und -entwicklung und damit der Erstellung von Richtli- nien für die langfristige Politik von NIAAA. Durch die Abteilung Pro- grammanalyse und Evaluation wird Evaluation in jedem funktionalen

Gebiet der Verantwortlichkeit des In- stituts durchgeführt. Diese Abtei- lung führte 1972 ein Datensystem ein, um die Alkoholismus-Behand- lungszentren, die durch das Institut finanziert werden, zu überwachen.

Die Evaluation der Verantwortlich- keiten des Instituts führt so zu einem spezialisierten System der Wissens- speicherung. Die Daten, die in die- sem Informationssystem gespei- chert werden, dienen als Grundlage für Managemententscheidungen.

NIAAA hat damit ein Rückkoppe- lungsinstrument zur Kontrolle und gleichzeitigen Begründung der Insti- tutionspolitik.

(3) Behandlung

Die Abteilung für Spezielle Behand- lung und Rehabilitation hat die Auf- gabe, die Führung der Bundesregie- rung in einer Vielzahl von Gebieten sicherzustellen, um den Zugang, die Einrichtung und Qualität der Fürsor-

1) Dieser Aufsatz ist die Zusammenfassung ei- nes Kapitels der Diplomarbeit des Verfas- sers zum Thema „Zur primären Prävention von Alkoholismus. Eine Darstellung grund- legender Strategien sowie ausgewählter Projekte des ,National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism (NIAAA)', Washing- ton, D. C.", eingereicht beim Fachbereich 12 (Erziehungswissenschaft) der Freien Universität Berlin, September 1981.

Die Anregung zu dieser Arbeit erhielt ich im Rahmen eines Stipendiums der University of Pittsburgh. Für Anregungen und Unter- stützung danken möchte ich insbesondere Herrn Dr. Donegan, Department of Special Programs, und Herrn Prof. Dr. B. Holzner, Department of Sociology, beide University of Pittsburgh.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 3 vom 22. Januar 1982 71 Ausgabe A/B

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

Tabelle 1: Projekte von NIAAA nach Aufgabenschwerpunkten, Finanzierung und Anzahl im Haushaltsjahr 19782):

Bereich Haushalts- Anzahl Finanzie-

ansatz in Prozent der Prozent rung pro

Tsd. Dollar Projekte Projekt

Forschung 15 161 9,6 236 23,2 64 241

Evaluation 2 364 1,5 28 2,7 84428

Behandlung 57 659 36,5 508 49,9 113 501

Prävention 6 899 4,4 38 3,7 181 552

Ausbildung 7 370 4,7 100 9,8 73 700

Allgemeine

Unterstützungs- 2 290 1,4 22 2,3 104 090

Programme Zuwendungen an

Bundesstaaten 66 334 41,9 86 8,4 771 325

Gesamt 158 077 100,0 1018 100,0 -

2j Vgl. Report to U. S. Congress, 1980. S. 2.

ge für Alkoholiker in der ganzen Na- tion zu vergrößern. Die Abteilung ist untergegliedert in Spezielle Projek- te, Berufsförderung und Leistungs- analyse. Als Aufgaben werden ge- nannt:

~ Die Bewilligung von Zuschüssen, um die Einrichtungen zur Behand- lung von Alkoholikern auszuweiten.

~ Die Erweiterung von Einrichtun- gen für Bevölkerungsgruppen mit hohem Risiko sowie Bevölkerungs- minoritäten wie die amerikanischen Indianer, Urbevölkerung Alaskas, Frauen, Jugendliche, spanisch spre- chende Minoritäten, schwarze Mino- ritäten und ältere Menschen.

~ Die Unterstützung der Einfüh- rung einer breit angelegten Kosten- deckung für Alkoholiker in der Kran- kenversicherung in der gesamten Nation.

~ Die Unterstützung von Program- men im Gebiet des Alkoholismus am Arbeitsplatz. Arbeitgebern und Ge- werkschaften soll die Wirksamkeit dieser Programme bewußtgemacht werden. (Vgl. Fifth Annual Report, S. 23)

(4) Prävention

Die Präventionsprogramme zur Ver- meidung zukünftigen Alkoholmiß-

brauchs und Alkoholismus sind von ihrer Anlage her Bildungsprogram- me. NIAAA bezeichnet diese als

"Operation Mainstream" und weist damit darauf hin, daß es das allge- meine Ziel von NIAAA ist, Alkoholis- musprävention in die Hauptbereiche des Systems der Sozial- und Ge- sundheitsdienste einzugliedern. Durch seine Abteilungen für Ju- gendbildung und Gemeindepräven- tion sowie durch das "National Clea- ringhause for Alcohol Information (NCALI)" wird versucht, Strategien und Programme zu entwickeln, die geeignet sind, Menschen die Fakten zu vermitteln, die sie brauchen, um eine informierte Entscheidung dar- über zu treffen, ob sie trinken, und, wenn sie sich entscheiden zu trin- ken, dies mit einer Einstellung zu tun, die ihr Wohlgefühl und die Qua- lität ihres Lebens erhöht. (Vgl. Fifth Annual Report, S. 42)

NCALI3) ist ein Informationsdienst von NIAAA, der eingerichtet wurde, um weltweit Informationen über Al- koholismusprävention, -behandlung und -forschung zu sammeln und die- ses Wissen der Fachöffentlichkeit wie auch der allgemeinen Öffent- lichkeit zur Verfügung zu stellen. So können etwa Literaturnachweise über ein Computersystem abgerufen

USA: Alkoholismusforschung

werden. Zu speziell anzugebenden Teilbereichen versendet NCALI re- gelmäßig die Nachweise der neu aufgenommenen Informationen. Be- troffene können zu spezifischen Problemen Informationsblätter er- halten.

(5) Ausbildung

Die Abteilung Ausbildung soll si- cherstellen, daß genügend qualifi- ziertes Personal ausgebildet wird, das Forschung durchführen kann.

Die Durchführung dieser Aufgaben wird als immer wichtiger angesehen, je näher NIAAA seinem Ziel kommt, die Hilfseinrichtungen für Alkoholi- ker in den Hauptaufgabenbereich des öffentlichen Gesundheitswe- sens zu integrieren. Mit diesen Be- mühungen wird zugleich eine neue Berufsgruppe begründet. (Vgl. Fifth Annual Report, S. 29)

(6) Bundeshilfe an einzelne Staaten:

State Formula Grants

Formula Grants sind Bundesmittel, die an die einzelnen Bundesstaaten vergeben werden, um Alkoholmiß- brauch und Alkoholismus mit Hilfe von einzelstaatlichen und lokalen Programmen zu bekämpfen. Der Sinn dieses Programms besteht dar- in, jeden einzelnen Bundesstaat zu befähigen, umfassende und koordi- nierte einzelstaatliche Programme zu entwickeln und einzuführen. Der Zuschuß an den einzelnen Bundes- staat bestimmt sich nach Bevöl- kerungszahl, finanzieller Bedürftig- keit und durch die Notwendigkeit für Hilfseinrichtungen. (Vgl. a. a. 0.,

s.

29)

2. Forschung durch NIAAA Abteilung für Fremdforschung

Das allgemeine Ziel dieser Abteilung besteht darin, Grundlagen- und an- gewandte Forschung zu den Ursa- chen und zur Behandlung von Alko- holismus, insbesondere auf dem Ge- biet der klinischen Forschung, der Prävention und Erziehung sowie zu den verhaltensmäßigen und psycho-

3) Anschrift von NCALI: National Clearing- hause for Alcohol Information, P. 0. Box 2345, Rockville, Maryland 20832, USA.

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logischen Wirkungen von Alkohol zu unterstützen. (Vgl. a. a. 0., S. 51) Aufgabe ist es, alle Aspekte der po- tentiellen Gründe und Konsequen- zen von Alkoholismus zu studieren.

Um dieses Ziel zu erreichen, stellt diese Abteilung ein extensives För- derungsprogramm zur Verfügung, das sich hauptsächlich an Universi- täten und Forschungslaboratorien wendet und Forschungsprogramme in dem weiten Bereich zwischen bio- medizinischen und psychosozialen Fragen von Alkoholismus unter- stützt. (Vgl. ebd.)

Neben diesen Problembereichen wird die Erforschung der Gründe, Muster und erhaltenden Faktoren ju- gendlichen Trinkans sowie die Wir- kungen dieser Faktoren auf Jugend- liche und junge Erwachsene als be- deutend angesehen. ln ähnlicher Weise repräsentiert der Alkoholmiß- brauch unter Frauen ein sehr wichti- ges, aber vernachlässigtes For- schungsgebiet, besonders im Hin- blick auf sein Ausmaß und die Zu- sammenhänge dieses Problems.

Weiterhin sind Studien über Präven- tivmaßnahmen und Behandlungs- techniken für diese Bevölkerungs- gruppen von großem Interesse, ins- besondere da hier Verfahren erfor- derlich sein könnten, die sich von den in der Öffentlichkeit bisher be- kannten Vorgehansweisen unter- scheiden könnten. Studien über Fa- milien, in denen ein Familienmit- glied Alkoholprobleme hat, sowie über die hier zugrundeliegenden fa- miliendynamischen Aspekte sind dringend notwendig. Sie können dem Verständnis und der Entwick- lung verbesserter Behandlungsmo- delle dienen.

Ebenso sind ein sehr wichtiges, aber vernachlässigtes Gebiet, über das nur wenige Informationen vorhan- den sind, die Alkoholprobleme von älteren Menschen, verschiedenen Minoritäten wie die amerikanische Urbevölkerung, Schwarze, Spanier und amerikanische Gruppen asiati- schen Ursprungs. Faktoren wie Ru- hestand, Vernachlässigung und kul- turelle Eigenarten und Isolation sind dringend zu erforschen. Sie sind in

Beziehung zu setzen zu den Grün- den und Mustern für Alkoholmiß- brauch innerhalb dieser Bevölke- rungsgruppen. Dabei ist auch die Entwicklung wirksamer Techniken zur Behandlung und Prävention für diese Gruppen zu berücksichtigen. (Vgl. DHEW: Announcement, S. 5) Antragsberechtigt für diese For- schungsstipendien sind alle öffentli- chen oder privaten nicht gewinn- orientierten Organisationen wie Uni- versitäten, Colleges, Krankenhäu- ser, Laboratorien, Einrichtungen der Länder- und Gemeindeverwaltun- gen wie auch Einzelpersonen. Inner- halb der Abteilung für Fremdfor- schung hat die Unterabteilung für epidemologische und spezielle Stu- dien die Aufgabe, Daten über Alko- holmißbrauch und Alkoholismus für ein besseres Verständnis seiner Ge- schichte, Trend und Auftratansmu- ster zu entwickeln und zu analysie- ren, um dem Institut zu helfen, Prio- ritäten in Forschung, Prävention und Behandlung aufzustellen. (Vgl.

Fifth Annual Report, S. 54). Hierzu wurde ein spezielles Datensystem aufgebaut.

An der Tätigkeit der gesamten Abtei- lung erscheint wichtig die enge Ver- bindung zwischen Wissensproduk- tion einerseits und der Erstellung ei- nes Systems zur Speicherung dieses Wissens. Aus der Beschreibung der Unterabteilung für epidemiologi- sche und spezielle Studien wird deutlich, daß das Sammeln der Da- ten selbst Gegenstand der Wissens- produktion ist. Der Bezugsrahmen für die inhaltliche Füllung dieses Wissenssystems liegt schwerpunkt- mäßig in der medizinischen und bio- logischen Forschung. Dies ist zu- rückführbar auf das Krankheitskon- zept von Alkoholismus, das bereits als wirkungsvoller Faktor bei der Er- richtung des Instituts genannt wur- de. Dies wird noch deutlicher wer- den bei der folgenden Beschreibung der Aufgaben der Abteilung für insti- tutseigene Forschung.

Die Abteilung für institutseigene Forschung

Diese Abteilung hat drei Bereiche:

..,. Metabolismuslaboratorium,

USA: Alkoholismusforschung

..,. Biopsychosoziales Forschungs- laboratorium,

..,. Klinische und biologische Ver- haltensforschung (biobehavioral re- search).

Die Aufgabe dieser Unterabteilun- gen ist es, institutseigene For- schungsprogramme der Mehrfach- Determinanten von Alkoholismus und der kritischen Faktoren in der Prävention, Diagnose, Behandlung und Rehabilitation in ihrer Bezie- hung zum Alkoholismus und Alko- holmißbrauch durchzuführen. (Vgl.

DHEW: Announcement, S. 12)

Die Programme beschäftigen sich ausschließlich mit biomedizinischen Fragestellungen von Alkoholmiß- brauch und Alkoholismus. Neben diesen klinisch orientierten For- schungszielen ist das institutseige- ne Forschungsprogramm geplant, um innerhalb des Forschungspro- gramms der amerikanischen Bun- desregierung nach den Ursachen und der Behandlung von Alkoholis- mus und der damit zusammenhän- genden Erkrankungen als Schritt- macher zu dienen. Es ist ein Trai- ningsbereich für zukünftige Anleiter im Gebiet der alkoholbezogenen Forschung (Vgl. The Formula Grant Program, S. 69). Im Haushaltsjahr 1979 wurde der institutseigenen For- schung ein Betrag von etwa 3,9 Mil- lionen Dollar zur Verfügung gestellt.

Vergleich zwischen Fremd- und institutseigener Forschung Als Folgerung aus den Beschreibun- gen der beiden Forschungsabteilun- gen innerhalb von NIAAA kann ge- sagt werden, daß die institutseigene Forschung die grundlegende klini- sche Forschung repräsentiert, die nach außerhalb vergebene Fremd- forschung eherangewandte Ansätze verfolgt. Seide Bereiche überlappen sich jedoch. Daraus kann gefolgert werden, daß die bisherigen For- schungsprogramme noch nicht eine zusammenhängende Theorie der Probleme von Alkoholmißbrauch und Alkoholismus erbracht haben.

Dies zu leisten ist sicherlich vorran- giges Ziel der Forschungsabteilun-

gen von NIAAA.

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Ausgabe

NB DEUTSCHES ARZTEBLATT

79. Jahrgang Heft 3 vom 22. Januar 1982 75

(4)

Spektrum der Woche Aufsätze Notizen

USA: Alkoholismusforschung

3. NIAAA als führende Institution innerhalb der Aktivitäten der amerikanischen Bundesregierung zum Problembereich des

Alkoholismus

Im Bereich der Probleme von Alko- holmißbrauch und Alkoholismus können 23 Bundeseinrichtungen be- nannt werden, die sich mit diesem Problembereich auseinandersetzen.

(Vgl. Report to U. S. Congress, 1980, S. 15). Vier Einrichtungen sind da- von von besonderer Bedeutung. Die- se finanzieren mit 94,9% der Bun- desmittel 85,2% aller Projekte.

Tabelle 2 konzentriert sich auf den Forschungsbereich. 63,9 Prozent al- ler Forschungsmittel werden durch NIAAA vergeben. Aus Tabelle 2 er- gibt sich auch, daß die Forschungs- projekte von NIAAA wesentlich ko- stenintensiver als die der anderen Bundeseinrichtungen sind.

Die Bedeutung von NIAAA liegt nicht nur in der größeren Projektunter- stützung. In den Funktionen, die NIAAA im Hinblick auf die anderen Bundeseinrichtungen auszufüllen hat, fällt eine Besonderheit auf.

NIAAA hat nicht nur die Aufgabe, im Bereich von Alkoholmißbrauch und Alkoholismus Wissen zu produzie-

ren, zu organisieren, zu speichern und zu verteilen, sondern auch die verschiedenen Aktivitäten der ande- ren Bundeseinrichtungen in diesem Bereich zu koordinieren.

Diese Funktion wurde NIAAA 1974 in einer Ergänzung der Hughes Act zu- gewiesen (P. L. 93-282). NIAAA er- hielt hierbei die Verantwortung für das „Interagency Committee on Federal Activities for Alcohol Abuse and Alcoholism".In Zusammenwir- kung mit verschiedenen Instanzen des Department for Health, Educa- tion and Welfare dient der Direktor von NIAAA als Sammelpunkt für alle Alkoholmißbrauch- und Alko- holismusprogramme des Ministe- riums (Vgl. Fifth Annual Report, S. 20). Weiterhin wurden zwischen NIAAA und anderen Bundeseinrich- tungen Abkommen zur Zusammen- arbeit geschlossen. Aus dieser füh- renden Position von NIAAA im Ver- hältnis zu anderen Institutionen der amerikanischen Bundesregierung und aus der bereits dargelegten Be- deutung der Forschung für die For- mulierung der Ziele des Instituts kann geschlossen werden, daß die Leitlinien der Forschung im Bereich von Alkoholmißbrauch und Alkoho- lismus durch NIAAA in den gesam-

ten Bereich der Aktivitäten der ame- rikanischen Bundesregierung im Al- koholbereich hineinwirken. NIAAA formuliert damit die Problemberei- che und Fragestellungen für die For- schung, deren Ergebnisse selbst wieder zum Bezugsrahmen für die weiteren Projektvorhaben nicht nur für NIAAA, sondern ebenso für die anderen Einrichtungen der amerika- nischen Bundesregierung im Alko- holbereich wird. Damit erscheint NIAAA als die führende Institution zur Bekämpfung von Alkoholmiß-

brauch und Alkoholismus innerhalb der amerikanischen Bundesverwal- tung.

Kritisch sei angemerkt, daß mit die- ser führenden Position auch eine er- hebliche Machtfülle verbunden ist, was die Auswahl der Forschungs- probleme und -gruppen betrifft. Ob und inwiefern hier Einseitigkeiten und Verzerrungen auftreten, läßt sich nur vermuten.

4. Schlußfolgerungen

Der Forschungsbereich von NIAAA erweist sich als zentrales Mittel zur Erstellung der Leitlinien für die Be- kämpfung von Alkoholmißbrauch und 'Alkoholismus. Hier werden im wesentlichen die Ziele und Aufga- ben für Prävention, Behandlung und Ausbildung formuliert. Durch das System der Bewilligung von Projekt- geldern übt NIAAA einen weitrei- chenden Einfluß aus. Für die Errich- tung eines nationalen Forschungs- instituts bei uns ergibt sich daraus die Frage, wie ein auf Forschung begrenztes Institut seine Ergebnisse in konkretes Handeln umsetzen kann. Als weitere Frage ergibt sich, wie diese Forschungsergebnisse und die sich daraus ergebenden Handlungsalternativen mit den Ar- beitsinhalten anderer Institutionen, die ebenfalls im Alkoholbereich ar- beiten, koordiniert werden können.

5. Zusammenfassung

Mit dem „National Institute on Alcoholabuse and Alcoholism (NIAAA)" besitzen die USA eine zen- trale Bundeseinrichtung, die im Be- reich von Alkoholmißbrauch und Al- koholismus Wissen weltweit sam- Tabelle 2: Bundesmittel für Forschungsprojekte im Alkoholbe-

reich4):

Bundeseinrichtung Forschungs- Anzahl

gelder in Prozent der Prozent

Tsd. US-Dollar Projekte

NIAAA 15 161 63,9 236 25,1

Veterans

Administration (VA) 4 351 28,4 486 51.6

National Institute on

Drug Abuse 1 154 4.9 44 4,7

National Institute on

Mental Health 822 3,5 24 2,6

10 andere

Bundeseinrichtungen 2 221 9,3 151 16,0

Gesamt 23 709 100,0 941 100 ,0

4) Zusammengestellt aus: Report to U. S. Congress, 1980, S. 15.

76 Heft 3 vom 22. Januar 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B

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USA: Alkoholismusforschung

melt und zur Verfügung stellt sowie durch Förderungsmittel entspre- chend seinen politischen Leitlinien die verschiedensten Projekte im Be- reich von Forschung, Evaluation, Behandlung und Prävention finan- ziert.

Eine kurze Übersicht über die ver- schiedenen Abteilungen von NIAAA nach Zielsetzung und Umfang der Tätigkeiten stellte die Spannweite der Aufgaben von NIAAA vor. Dabei wurde gezeigt, daß die Servicelei- stungen des „National Clearing- house for Alcohol Information (NCALI)" benutzt werden können, um Informationen über Alkoholis- mus zu erhalten.

Die weitere Darstellung konzentrier- te sich auf eine Analyse des For- schungsbereiches. Entlang der or- ganisatorischen Struktur von NIAAA (eigene Forschung, Fremdfor- schung) wurden die Forschungspro- jekte nach Umfang und Inhalt diffe- renziert. Dabei zeigte sich, daß ins- besondere bei der institutseigenen Forschung die Schwerpunkte im biologischen und medizinischen Be- reich liegen. Dies ist als Versuch zu werten, von der Basis des Krank- heitskonzeptes von Alkoholismus ausgehend, eine zusammenhängen- de Theorie über Alkoholismus zu er- stellen. Sozialwissenschaftliche For schungsansätze werden eher in der Fremdforschung verfolgt. Es zeigte.

sich, daß die Forschungsergebnisse steuerndes Element für die anderen Aufgabenbereiche und die Planung von NIAAA sind.

Bei der Gegenüberstellung der Akti- vitäten von NIAAA mit denen anderer Bundeseinrichtungen im Alkoholbe- reich stellte sich heraus, daß NIAAA, als „leading agency" für die Bemü- hungen der amerikanischen Bun- desbehörden zur Bekämpfung von Alkoholmißbrauch und Alkoholis- mus anzusehen ist.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:

Johannes Sumser Kottbusser Damm 9 1000 Berlin 61

Die Arbeit in Kanton verlief aller- dings schon im letzten Jahr nicht mehr reibungslos. Die Stadt wurde von etwa 300 Luftangriffen heim- gesucht (3). Huwers Stolz: erst Ta- ge, bevor die Japaner kamen, ha- be man das Hospital geschlossen, ist berechtigt. Ähnlich bei der Mili- tärakademie. Schretzenmayr be- richtet vom Ende des militärärztli- chen Hospitals, in dem er die inne- re Klinik leitete: „Eine bittere Pille war mein Abschied von meiner Ar- beitsstätte. Beunruhigt fuhr ich abends — es war ein Sonntag — nochmals heraus. Ich fand das am Vortag noch überbelegte Kranken- haus menschenleer und ausge- räumt, nur im Infektionskranken- haus herrschte Leben, das Tod be- deutete. Da lagen in ihren Exkre- menten die Cholerapatienten der eben ausgebrochenen Epidemie, die nicht hatten weglaufen kön- nen, ohne Pflege und ohne die ret- tenden Kochsalzinfusionen. Nicht einmal mehr eine Spritze zur Mor- phiuminjektion war aufzutreiben.

Machtlos und ohne Mittel zu hel- fen, Vertreter einer Wissenschaft, die die Nächstenliebe auf ihre Banner geschrieben hat, stand ich inmitten dieser vor Durst verge- henden Menschenwracks. Grausi- ger hätte mir das Schicksal den Zusammenbruch all meiner Bemü- hungen nicht vor Augen führen können. Das heisere Röcheln die- ser Cholerakranken klingt mir noch heute als düstere Erinnerung in den Ohren" (3).

Huwer fand eine neue Aufgabe in Peking. 1939 übernahm er die gy- näkologische Abteilung des Deut- schen Hospitals — zunächst noch unbehelligt von den politischen Ereignissen. Dieses Krankenhaus war ursprünglich ein Überbleibsel des kolonialistischen Strohfeuers, das Deutschland in China für kur-

ze Zeit unterhalten hatte. Nach dem Boxer-Aufstand hatten die europäischen Großmächte das kaiserliche China gezwungen, ih- nen in Peking weitgehende exter- ritoriale Rechte einzuräumen. Die Europäer setzten eine „Schutz- truppe" ein, die das exterritoriale Gebiet zu bewachen hatte. Für das deutsche Kontingent der „Schutz- truppe" wurde ein kleines Lazarett geschaffen. Als nach dem ersten Weltkrieg die Deutschen ihre Rechte verloren, übernahm ein deutscher Arzt, Dr. Dipper, auf ei- gene Faust das zurückgelassene Lazarett und baute es zu einem Krankenhaus aus. Aus den damals 20 Betten waren, als Huwer 1939 nach Peking kam, 150 Betten ge- worden. Finanziert wurde das Hospital aus Einnahmen der er- sten und zweiten Klasse, während 30 Betten der dritten Klasse gratis für Patienten zur Verfügung stan- den. „Das Reich", sagt Huwer,

„hat zu diesem Hospital keinen Pfennig zugeschossen. Es war völ- lig selbständig. Die Ärzte wählten selbst ihre leitenden Ärzte aus."

Alles aus eigener Kraft also; das war nur zu finanzieren, weil das Deutsche Hospital in China einen ausgezeichneten Ruf genoß, dafür zeugt auch das eingangs erwähn- te Mehnert-Zitat.

1945, die Japaner, die Peking be- setzt hielten, hatten auch den Krieg verloren und wurden mit amerikanischer Hilfe entwaffnet, war auch das Deutsche Hospital am Ende. Den Ärzten wurde der Zutritt verwehrt, es ging in chinesi- sche, später in russische Hände über. Peking wurde vorüberge- hend zu einer amerikanisch be- herrschten Stadt. Formal waren die Amerikaner lediglich zur Un- terstützung der Nationalchinesen im Land, de facto führten sie sich DIE REPORTAGE

Deutscher Arzt in China

Professor Huwer und die deutsch-chinesische Medizintradition

Fortsetzung aus Heft 2/1982

Ausgabe A/B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 3 vom 22. Januar 1982 79

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