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Archiv "Normokaliämischer primärer Hyperaldosteronismus" (24.01.2003)

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(1)

B

luthochdruck ist eine der häufig- sten Erkrankungen der westlichen Welt, die bis zu 25 Prozent der Er- wachsenen betrifft (5, 14). Seine Präva- lenz steigt mit zunehmendem Lebensal- ter an und erreicht fast 50 Prozent bei den über 50-Jährigen. Obwohl unter- schiedliche Gene, Hormonsysteme und Umweltfaktoren pathophysiologisch ei- ne Rolle spielen, wird eine monokausale Ursache bisher nur bei einem kleinen Teil der Patienten gefunden. Nach bis- heriger Auffassung haben mehr als 95 Prozent aller Patienten eine essenzielle oder primäre arterielle Hypertonie. Se- kundäre Hypertonieursachen umfassen neben renovaskulären Erkrankungen und klassischen endokrinen Störungen wie Phäochromozytom, Cushing-Syn- drom und Conn-Syndrom auch seltene genetische Hypertonieformen

Conn-Syndrom

Das Renin-Angiotensin-Aldosteron- System stellt einen Schlüsselmecha- nismus der Blutdruckregulation dar.

Angiotensin II ist der potenteste Sti-

mulus für die Freisetzung von Aldosteron, welches im distalen Nephron nach Bin- dung an den Mineralocorti- coidrezeptor den Natrium- und Wasserhaushalt reguliert (6) (Grafik 1).

Die autonome Aldoste- ronsekretion wird als primä- rer Hyperaldosteronismus (PHA) bezeichnet. Dieses Krankheitsbild wurde erst- mals 1955 von Jerome Conn beschrieben und hat als Conn-Syndrom Eingang in die Literatur gefunden (2).

Leitbefund ist die klassische Symptomtrias bestehend aus Hypertonie, metabolischer Alkalose und Hypokaliämie, die in der ersten größe- ren Serie von Patienten in 100 Prozent der Fälle nach- weisbar war (3). Zahlreiche weitere Symptome sind Folge der Hypokaliämie (Tabelle 1). Neben dem Conn-Syndrom führen auch andere Hypertonieformen zu einer hypoka- liämischen Alkalose (Tabelle 2). Sie

Zusammenfassung

Der primäre Hyperaldosteronismus (PHA) ist neueren Untersuchungen zufolge eine häufi- ge Ursache der arteriellen Hypertonie. Seine Prävalenz beträgt 2,6 bis 11 Prozent bei Hyper- tonikern in Spezialambulanzen. Bis zu 90 Pro- zent aller Patienten sind normokaliämisch, das Fehlen einer Hypokaliämie schließt somit kei- neswegs einen PHA aus. Bester Screeningtest ist die Bestimmung des Aldosteron-Renin-Quo- tienten (ARQ). Der ARQ wird wenig durch An- tihypertensiva wie Betablocker oder ACE-Hem- mer beeinflusst (einzige Ausnahme: Spirono- lacton). Bei pathologischem ARQ (Einheiten und Methodik des Referenzlabors müssen hier- bei beachtet werden) ist ein Bestätigungstest indiziert, wobei nach der Erfahrung der Auto- ren der NaCl-Belastungstest zu bevorzugen ist.

Die weitere Abklärung erfolgt mittels sich er- gänzender biochemischer und bildgebender

Verfahren. Da es sich beim PHA um eine poten- ziell heilbare Erkrankung handelt, wird mo- mentan ein generelles Screening auch bei nor- mokaliämischen hypertensiven Patienten emp- fohlen, wenn mehr als zwei Antihypertensiva zur Behandlung erforderlich sind.

Schlüsselwörter: Conn-Syndrom, Hyperaldoster- onismus, Aldosteron, Hypertonie, Hypokaliämie, Diagnosestellung

Summary

Normokaliemic Primary Hyperaldosteronism

Recent evidence suggests that primary hyper- aldosteronism (PHA) is much more common than previously assumed. The prevalence in hypertensive individuals ranges from 2.6 to 11 per cent in specialized out-patient clinics. Up

to 90 per cent of the individuals are normo- kaliemic at presentation. Therefore, a normal potassium concentration does not rule out PHA. The best screening parameter is the aldo- sterone to plasma renin activity ratio (ARR).

With the exception of spironolactone most antihypertensive medications do not influence the ARR. If the ARR is abnormal, further work- up is required to confirm autonomous aldos- terone secretion. The test of choice is the sodium chloride infusion test which – if abnor- mal – is followed by additional biochemical and radiological studies. Since PHA is possibly cured by surgery it is suggested that all nor- mokaliemic hypertensive patients requiring more than two antihypertensive drugs are screened for PHA.

Key words: Conn’s syndrome, hyperaldostero- nism, aldosterone, hypertension, hypokalemia, diagnosis

1Schwerpunkt Endokrinologie und Diabetologie, Abteilung Innere Medizin 2 (Leiter: Prof. Dr. med. Martin Reincke), Kli- nikum der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg

2Marienhospital Herne, Universitätsklinik, Medizinische Klinik 1 (Direktor: Prof. Dr. med. Lars C. Rump), Universität Bochum

Grafik 1

Regulation des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems

Martin Reincke

1

Lysann Seiler

1

Lars C. Rump

2

Normokaliämischer primärer

Hyperaldosteronismus

(2)

lassen sich laborchemisch vom Conn- Syndrom abgrenzen, dessen cha- rakteristische Laborkonstellation die Kombination einer supprimierten Plas- ma-Renin-Aktivität bei erhöhtem Se- rum-Aldosteron ist.

Zehn Jahre nach seiner Erst- beschreibung zeigte Conn, dass die ar- terielle Hypertonie beim primären Hyperaldosteronismus viele Jahre be- stehen kann, bevor eine Hypokaliämie auftritt. Zeitgleich ließ die Entwick- lung von spezifischen Hormonassays erstmals eine systematische Analyse von Patienten mit arterieller Hyper- tonie bezüglich des Renin-Angio- tensin-Aldosteron-Systems zu. Trotz offenem Skeptizismus von Kollegen bewies er 1968 die Existenz des nor- mokaliämischen Conn-Syndroms bei Hypertonikern mit einem Bericht über 14 Patienten, welche alle erfolg- reich an einem Aldosteron-produzie- renden Nebennierenadenom operiert wurden (4).

Seit der ersten Beschreibung des PHA sind mehr als 4 500 Publikatio- nen zum Conn-Syndrom erschienen (21). Während die klassische Sym- ptomtrias in unzähligen Übersichtsar- beiten und Lehrbuchbeiträgen darge- stellt wurde, ist Conns Beschreibung des normokaliämischen PHA und sei- ne Empfehlung, jeden Hypertoniker auf das Vorliegen des normokaliämi- schen Conn-Syndroms zu testen, in Vergessenheit geraten.

Prävalenz des klassischen, hypokaliämischen primären Hyperaldosteronismus

Die Prävalenz des PHA wird in den Lehrbüchern mit 0,1 bis 1,0 Prozent bei unselektierten Hypertonikern an- gegeben (29). Diese Zahl reflektiert denjenigen Anteil der Patienten, die

einen klassischen PHA mit Hypoka- liämie oder Serumkalium im unter- en Normbereich aufweisen (< 3,7 mmol/L). Patienten mit klassischem PHA können phasenweise normoka- liämisch sein, wenn durch eine koch- salzarme Diät das reduzierte Natrium- angebot am Nierentubulussystem zu einer erniedrigten Kaliumclearance

´ Tabelle 1C´

Symptome des Conn-Syndroms bei 145 Patienten (modifiziert nach 3)

Symptome Prozentualer

Anteil Hypertonie,

Hypokaliämie 100

Muskelschwäche 73

Polyurie/Polydipsie 46–72

Hypernatriämie 65

Paresen einzelner

Muskelgruppen 21

Tetanien 21

Müdigkeit 19

Ödeme 3

Asymptomatisch 6

´ Tabelle 2C´

Mögliche Ursachen der hypokaliämischen Hypertonie und ihre Folgen für das Renin- Angiotensin-Aldosteron-System

Syndrom Ursache Serum- Plasma-

Aldosteron Renin- Aktivität Essenzielle Hypertonie + Sekundärer Hyperaldosteronismus ! ! Diuretikaeinnahme bei Na+-Mangel

Renovaskuläre Hypertonie Sekundärer Hyperaldosteronismus ! ! bei renaler Ischämie

Primärer Autonomie der Aldosteronsekretion ! "

Hyperaldosteronismus

Glucocorticoid-suppressibler Chimäres Gen zwischen 11β-Hydroxy- ! "

Hyperaldosteronismus lase und Aldosteron-Synthase

Apparenter Defekt der renalen 11 β-Hydroxy- " "

Mineralocorticoidexzess steroiddehydrogenase

Liddle-Syndrom Konstitutiv aktiver Na+-Kanal " "

AGS (11β-Hydroxylase) Vermehrte Desoxycorticosteron- " "

sekretion als Folge des Enzymdefektes Grafik 2

Klassifikation der Störungen des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems mittels Angiotensin- Renin-Quotienten (ARQ) und Serum-Aldosteron. Eingezeichnet sind die von den Autoren be- nutzten Grenzwerte zur Identifizierung von Patienten mit PHA (ARQ 300 ; Serum-Aldo- steron: 150 pg/mL).

pg/mL ng/mL/h

(3)

führt. Diese kaschierte Hypokaliämie lässt sich durch eine Erhöhung der Kochsalzzufuhr mit Steigerung der re- nalen Kaliumclearance aufdecken (1).

Allerdings zeigten Bravo und Mitar- beiter schon 1983, dass in ihrem Kol- lektiv circa zehn Prozent aller Patien- ten mit PHA auch unter hoher Koch- salzzufuhr normokaliämisch blieben und merkte deshalb an, dass die Hypo- kaliämie beim PHA nicht ein obligates Kriterium der Diagnose ist.

Optimiertes PHA-

Screening: der Aldosteron- Renin-Quotient

Eine Neubestimmung der Häufigkeit des PHA bei unselektionierten Hy- pertonikern erfolgte erst relativ spät.

Grund hierfür war die Schwierigkeit, milde normokaliämische Formen des PHA sicher von der so genannten Low-Renin-Hypertension abzugren- zen. Die Skepsis gegen ein Basisscree- ning für den PHA bei Hypertonikern hatte auch finanzielle und organisato- rische Gründe: Eine laufende Blut- druckmedikation kann bekannter- maßen die Plasma-Renin-Aktivität entweder erniedrigen (Betablocker) oder erhöhen (ACE-Hemmer und Di- uretika) und hierdurch einen PHA vortäuschen oder verschleiern. Die in dieser Situation notwendige Empfeh- lung, alle Antihypertensiva für minde- stens eine Woche abzusetzen, war bei vielen Patienten aus praktischen Gründen kaum durchführbar.

Eine Vereinfachung des Screening- verfahrens wurde von Hiramatsu et al. (13) 1981 beschrieben, die den Quotienten aus einer einmaligen Al- dosteron- und Renin-Bestimmung (ARQ) als Suchtest für einen PHA bei Patienten mit arterieller Hypertonie evaluierten. Der ARQ erwies sich – im Gegensatz zur isolierten Reninbe- stimmung – in weiteren Untersuchun- gen als ein Parameter, der durch die Abnahmebedingungen (liegend/ste- hend), die orale Natriumaufnahme oder durch die antihypertensive Be- gleitmedikation (Ausnahme: Spirono- lacton) nicht wesentlich verändert wird (12, 18, 28). Der ARQ ist auch als Screeningtest für andere Störungen

des Renin-Angiotensin-Aldosteron- Systems, wie zum Beispiel eine pri- märe Nebennierenrindeninsuffizienz oder einen sekundären Hyperaldoste- ronismus, geeignet, wenn zusätzlich die absolute Höhe des Serum-Al- dosterons bei der Interpretation des Quotienten mitberücksichtigt wird (20) (Grafik 2). Bei der Interpretation

und dem Cut-Off-Wert des Normal- bereichs sind die jeweiligen Einhei- ten und der Assay des Referenzla- bors genau zu beachten (Tabelle 3).

Wenn es nicht anders erwähnt wird, wird im Folgenden einheitlich der ARQ in (Aldosteron [pg/mL]) : (Plas- ma-Renin-Aktivität [ng/mL/h]) ver- wendet.

´ Tabelle 3C´

Beispiele unterschiedlicher Labormethodik, Einheiten und Cut-Off-Werte, die bei der Interpretation eines ARQ berücksichtigt werden müssen

Autor Serum-Aldosteron Renin Blutentnahme- Cut-Off für erhöhten ARQ als Bedingungen Hinweis auf PHA McKenna et al. RIA (pmol/L) PRA (ng/mL/h) 4° C ARQ > 1 000 (20)

Fardella et al. RIA (ng/dL) PRA (ng/mL/h) 4° C ARQ > 50, S-Aldosteron

(7) > 16 ng/dL

Seiler et al. RIA (pg/mL) PRA (ng/mL/h) 4° C ARQ > 300, S-Aldosteron

(24) > 150 pg/mL

Trenkel et al. RIA (pg/mL) PRC (pg/mL) RT ARQ > 50 (27)

ARQ, Aldosteron-Renin-Quotient; RIA, Radioimmunoassay; PRA, Plasma-Renin-Aktivität, Abnahme auf Eis; PRC, Plasma-Re- nin-Konzentration; RT, Raumtemperatur, Probenlagerung bei Raumtemperatur. Die Aldosteronkonzentration lässt sich von pg/mL in SI-Einheiten (pmol/L) durch Multiplikation mit 2,775 umrechnen.

´ Tabelle 4C´

Prävalenz des PHA in hypertensiven Patientenkollektiven bei Verwendung des Aldo- steron-Renin-Quotienten

Autor Jahr Patienten- Prozentualer Anteil Prozentualer Anteil

zahl mit pathologischem mit PHA

Screeningtest

Gordon et al. (11) 1994 199 20,1 8,5

Lim et al.* (16) 2000 495 16,6 9,2

Lazurowa et al. (15) 2000 100 k.A. 8

Fardella et al. (7) 2000 305 14,4 9,5

Loh et al. (19) 2000 350 18,0 4,6

Gesamt 1 449 17 7,9

Daten aus prospektiven Studien. * Studie wurde in primären Gesundheitszentren durchgeführt. k.A., keine Angabe; PHA, primärer Hyperaldosteronismus

´ Tabelle 5 ´

Prävalenz des PHA in hypertensiven Patientenkollektiven bei Verwendung des ARQ

Autor Jahr Patienten- Prozentualer Anteil Prozentualer Anteil

zahl mit pathologischem mit PHA

Screeningtest

Rayner et al. (23) 2000 216 32 3,4

Seiler et al. (24) 2002 425 15 11,5

Gesamt 641 20 8,7

PHA, primärer Hyperaldosteronismus

(4)

In einer aktuellen Untersuchung der Autoren ließ sich die diagnostische Wertigkeit der ARQ bestätigen (24).

Von 425 in der Spezialsprechstunde zwischen 1999 und 2001 betreuten Hypertoniepatienten hatten 49 Pa- tienten eine PHA (11 Prozent; 61 Prozent davon normokaliämisch, 39 Prozent hypokaliämisch). Der ARQ >

300 bei absolutem Serum-Aldosteron

> 150 pg/mL erwies sich mit einer Sen- sitivität von 84 Prozent und einer Spe- zifität von 97 Prozent als zuverlässiger Test (positiver prädiktiver Wert 85 Prozent, negativer prädiktiver Wert 97 Prozent).

Prävalenz des

normokaliämischen PHA bei Hypertonikern

Nach den grundlegenden Arbeiten der Arbeitsgruppe um Richard Gordon in den frühen 90er-Jahren wurde deut- lich, dass das Screening normokaliä- mischer hypertensiver Patienten mit- tels ARQ die Inzidenz des PHA dra- stisch erhöht. Diese Arbeitsgruppe fand bei geänderter Screeningstrate- gie eine Verzehnfachung der Häu- figkeit des PHA (10, 26) (Grafik 3).

Nur jeder zehnte Patient wies da- bei die hypokaliämische, klassische Variante des PHA auf, 90 Prozent wa- ren normokaliämisch. In den letzten Jahren erfolgten in mehreren Zen- tren Untersuchungen bei unselektio- nierten Hypertonikern mittels ARQ.

Die Ergebnisse bestätigen, dass der PHA als häufigste, monokausale Ur- sache der arteriellen Hypertonie anzu- sehen ist.

Bisher sind sieben Studien erschie- nen, in denen die Prävalenz des PHA in Hypertoniespezialambulanzen un- tersucht wurde (Tabelle 4, 5), entweder mittels ARQ (7, 11, 15, 17) oder mittels ARQ in Kombination mit der absolu- ten Aldosteron-Serum-Konzentration (19, 23, 24). Die Bestätigung der Dia- gnose eines PHA erfolgte jeweils durch ergänzende Testverfahren (Ta- belle 6). Gordon et al. untersuchten 199 unselektionierte Patienten mit ar- terieller Hypertonie, die zur Ab- klärung zugewiesen wurden (11). 20 Prozent nahmen keine antihyperten-

sive Medikation ein, 34, 32, 12 und 2 Prozent der Patienten wurden während der Diagnostik mit 1 bis 4 Antihypertensiva behandelt. 17 der 199 (8,5 Prozent) Patienten wiesen ei- nen PHA auf. Als Bestätigungstest des PHA diente eine fehlende Suppressi- on von Aldosteron im Fludrocortison- belastungstest (Testbeschreibung: sie- he Tabelle 6). Fünfzehn dieser Patien- ten konnten weiter abgeklärt werden,

wobei sich bei 6 Patienten ein Aldo- steron-produzierendes Adenom und bei 9 eine bilaterale idiopathische Hy- perplasie fand.

Sechs weitere Untersuchungen fan- den Prävalenzraten des PHA ähnlich denen von Gordon et al. (7, 15, 17, 19, 23, 24). Zwei dieser Untersuchungen schlossen auch Kontrollkollektive normotensiver Normalpersonen mit ein. In der ersten Untersuchung fan- den Fardella et al. mittels ARQ > 250 und Fludrocortisonbelastungstest als Bestätigungstest eine Prävalenz des PHA von 9,5 Prozent bei hypertensi- ven Patienten (7). In der zweiten Stu- die untersuchten Loh et al. (19) mittels ARQ > 200 in Kombination mit einem absoluten Serum-Aldosteron > 150

pg/mL 395 konsekutive Patienten. 60 Prozent nahmen Betablocker, 38 Pro- zent Calciumantagonisten, 15 Prozent ACE-Hemmer, 5 Prozent Diuretika und 3 Prozent andere Antihypertensi- va ein. 75 Prozent der Patienten beka- men eine antihypertensive Monothera- pie. 18 Prozent der Patienten und 0,7 Prozent der Kontrollpersonen wiesen einen auffälligen Screeningtest auf.

Die Diagnose eines PHA wurde be- stätigt durch einen NaCl-Be- lastungstest (Testbeschrei- bung: siehe Tabelle 6) bei 16 der initial 53 Patienten mit pathologischem Testergebnis (4,6 Prozent der 395 Patien- ten).

Diese Ergebnisse unterlie- gen möglicherweise einer sta- tistisch epidemiologischen Verzerrung, da in Hyperto- nie-Spezialambulanzen über- wiegend Patienten mit akze- lerierter Hypertonie behan- deln werden, die vermutlich häufiger einen normokaliä- mischen PHA aufweisen. In der bisher einzigen Studie in einem primären Gesund- heitszentrum fanden Lim et al. in Großbritannien einen erhöhten ARQ > 750 bei 14,4 Prozent der Hypertoniker, ei- ne Prävalenz, die derjenigen spezialisierter Zentren ent- spricht (16). Diese Autoren folgerten, dass circa 10 Pro- zent der hypertensiven Pati- enten an einem PHA leiden. Diese Zahl ist vermutlich zu hoch, da die Pa- tienten keinem Bestätigungstest unter- zogen wurden.

Ursachen des PHA

Ein PHA wird in mehr als 99 Prozent durch ein Aldosteron-produzierendes Adenom oder durch eine idiopathische beidseitige Nebennierenhyperplasie aus- gelöst. Bei der idiopathischen Nebennie- renhyperplasie liegt eine genetisch noch nicht näher charakterisierte Erkrankung vor, für die bildmorphologisch normale oder kleinknotig hyperplastische Neben- nieren charakteristisch sind. Das Aldo- steron-produzierende Adenom ist bei Grafik 3

Häufigkeit des PHA (Fälle/Jahr) in Abhängigkeit von der Screeningstrategie in den Jahren 1970–1991 im Univer- sitätskrankenhaus von Brisbane, Australien (modifiziert nach Gordon et al. [10]). Pfeil 1: Umstellung des Scree- nings auf ARQ. Pfeil 2: Screening normokaliämischer Pa- tienten mit akzelerierter Hypertonie. Pfeil 3: Screening aller Hypertoniker unabhängig vom Serum-Kalium und von der Anzahl der Antihypertensiva.

(5)

der klassischen hypokaliämischen Vari- ante des PHA mit 60 bis 90 Prozent aller Fälle deutlich häufiger als die bilaterale, idiopathische Hyperplasie (22). Umge- kehrt verhält es sich bei der normokaliä- mischen Variante des PHA: Hier ist die bilaterale, idiopathische Hyperplasie mit 60 Prozent die häufigere Form (11, 19).

Seltene Ursachen des PHA sind der durch Dexamethason supprimierbare PHA bei chimärem 11β-Hydroxylase/

Aldosteron-Synthase-Gen und der PHA bei bilateraler makronodulärer Neben- nierenhyperplasie.

Vorgehen bei Nachweis eines PHA

Das diagnostische Vorgehen bei Vorlie- gen eines primären Hyperaldosteronis- mus folgt gängigen Empfehlungen (8, 25) (Grafik 4). Hierbei orientiert sich die dif- ferenzialdiagnostische Abklärung an biochemischen Verfahren (Aldosteron- bestimmung im Orthostasetest; 8.00 Uhr [liegend], 12.00 Uhr [stehend]) und bild- gebenden Verfahren (CT oder MR).

Charakteristisch für ein Aldosteron-pro- duzierendes Adenom ist im Orthostase- test ein scheinbar paradoxer Abfall des Serum-Aldosterons im Tagesverlauf von 8.00 Uhr (liegend) auf 12.00 Uhr (ste- hend), der sich durch eine ACTH-Ab- hängigkeit der Aldosteronsekretion er- klärt, während für die bilaterale Hyper-

plasie eine noch erhaltene Angiotensin- II-Abhängigkeit der Aldosteronsekreti- on mit Anstieg des Aldosterons unter Or- thostase typisch ist. Allerdings sind auch 30 Prozent aller Adenome Angiotensin- II-responsiv und zeigen einen Aldoster- on-Anstieg bei aufrechter Körperhal-

tung. Liegen konkordante Befunde zwi- schen Orthostasetest und Bildgebung vor (Grafik 4), wird die jeweilige spezifi- sche Therapie (Adrenalektomie oder Spironolactontherapie) durchgeführt.

Lässt sich mit diesen Tests die Differenzi- aldiagnose zwischen Adenom und Hy- Grafik 4

Differenzialdiagnose und Abklärung des PHA

´ Tabelle 6C´

Bestätigungsteste zum Nachweis eines primären Hyperaldosteronismus bei pathologischem ARQ

Test Prinzip Durchführung Wertung Nebenwirkungen/Limitationen

Fludrocortison Volumenexpansion durch exo- 4 x 0,1 mg (alle 6 h) Normal: Wegen Hypokaliämie und RR-Ent- -Belastungstest genen Mineralocorticoidexzess Fludrocortison (Astonin H) Suppression des gleisung, nur schwierig ambulant

#Suppression von Renin/ tgl. über 4 Tage, Blutent- Serum-Aldosterons durchführbar, zeitaufwendig Angiotensin II nahme an Tag 5 morgens < 50 pg/mL

#Suppression von auf Serum-Aldosteron Aldosteron

NaCl- Akute Volumenexpansion 2 Liter 0,9 % NaCl über Normal: Überwachung des Patienten er- -Belastungstest #Suppression von Renin- 4 h i.v., Blutentnahme auf Suppression des forderlich

Angiontesin II Aldosteron 0’ und 240’ Serum-Aldosterons RR-Anstieg möglich

#Suppression von Aldosteron < 85 pg/mL

Ausscheidung Aldosteron im Urin ist kein 24-h-Sammelurin auf Tetra- Erhöht bei PHA, Sammelfehler

der Urin- verlässlicher Parameter, da nur hydroaldosteron* und aber auch erhöht bei * Nur in Speziallabors verfügbar Aldosteron- 5 % unverändert ausgeschieden Aldosteron-18-Glucuronid sekundärem Hyper- Kosten

metabolite werden. Hauptmetabolite aldosteronismus

sind Tetrahydroaldosteron (70 %) und Aldosteron-18- Glucuronid (15 %)

ARQ, Aldosteron-Renin-Quotient; RR, mittlerer arterieller Blutdruck; PHA, primärer Hyperaldosteronismus

(6)

perplasie nicht eindeutig stellen, ist die selektive Venenblutentnahme mit Aldo- steron und Cortisolbestimmung indi- ziert. In der Hand des geübten Radiolo- gen liegt die erfolgreiche Katheterisie- rung beider Nebennieren bei > 90 Pro- zent. Charakteristisch für Patienten mit Aldosteron-produzierendem Adenom ist ein Gradient des Aldosteron-/Corti- solquotienten zur tumortragenden Seite von mehr als 5 : 1.

Die Behandlung der Wahl besteht für Patienten mit Aldosteron-produzie- rendem Adenom in der möglichst la- paroskopischen Adrenalektomie, ob- wohl auch eine langfristige Behandlung mit Spironolacton eine wirksame The- rapie darstellt (9). Für Patienten mit bi- lateraler idiopathischer Hyperplasie bleibt nur die medikamentöse Behand- lung mit Spironolacton, eventuell in Kombination mit ACE-Hemmern und Betablockern.

Kosten-Nutzen-Analyse

Unter der Annahme, dass 25 Prozent al- ler Personen der westlichen Welt hyper- tensiv sind und dass ein PHA bei konser- vativer Schätzung bei circa 5 Prozent al- ler Hypertoniker vorliegt, würden 12 500 Personen pro Million einen PHA haben.

Diese Hochrechnung führt zu einer Zahl von 820 000 Patienten mit PHA in Deutschland. Nach den bisherigen Studi- en leiden circa 40 Prozent dieser Patien- ten an einem Aldosteron-produzieren- den Adenom, welches durch eine laparo- skopische Adrenalektomie prinzipiell heilbar ist. Bei den verbleibenden 60 Pro- zent (bilaterale, idiopathische Hyperpla- sie) ist die Hypertonie mittels eines Mi- neralocorticoid-Antagonisten wie Spiro- nololacton alleine oder in Kombination mit Betablockern/ACE-Hemmer medi- kamentös gut kontrollierbar.

Angesichts dieser Daten ist eine Aus- einandersetzung über die Frage erforder- lich, ob ein allgemeines Screening hyper- toner Patienten empfohlen werden soll- te. Weitere kontrollierte Studien bei un- terschiedlichen Hypertoniekollektiven (milde und akzelerierte Hypertonie, ju- venile und Altershypertonie) und Nor- malpersonen mit statistisch validen Me- thoden müssen zunächst die Frage der genauen Prävalenz und des optimalen

Hyperthermie wirkt bei einigen Tieren teratogen und kann zum Tod des Fetus führen. In einer Kohortenstudie gingen die dänischen Autoren der Frage nach, ob, wie bisher angenommen wurde, Fie- ber auch beim Menschen einen Risiko- faktor für eine Totgeburt darstellt. 27 432 Frauen, die sich in der ersten Hälfte ihrer Schwangerschaft befanden, wurden für die Danish National Birth Studie ausge- wählt. Mithilfe von Interviews ermittel- ten die Autoren bei 24 040 der Frauen, ob und wie oft Fieberereignisse während der ersten 16 Wochen der Schwangerschaft aufgetreten waren. Außerdem wurden für jede Fieberepisode Daten zur Höhe des Anstiegs der Körpertemperatur und des Gestationsalters erhoben.

Vom Civil Registration System und der National Discharge Registry erhiel- ten die Wissenschaftler Angaben über den Ausgang der Schwangerschaften.

Anhand dieser Daten wurde unter Be- achtung der Möglichkeit einer verspäte- ten Geburt ein relatives Risiko von 0,95 (95 Prozent Konfidenzintervall 0,8 bis 1,13) für eine Totgeburt bestimmt.

1 145 Schwangere (4,8 Prozent) hat- ten eine Fehl- oder Totgeburt erlitten.

Bei 3 752 (18,5 Prozent) der unter- suchten Frauen war mindestens eine Fieberepisode während der ersten 16 Wochen der Schwangerschaft aufge- treten.

Unter Berücksichtigung bekannter Risikofaktoren, wie beispielsweise mütterliches Alter, Anzahl vorheriger Fehlgeburten, Alkohol- und/oder Ta- bakkonsum, und der gemessenen Para- meter wie Dauer und Anzahl der Fiebe- repisoden, Fiebertemperaturmaxima, Gestationsalter zur Zeit der Fieberepi- sode fanden die Forscher keinen Hin- weis auf einen Zusammenhang zwi- schen Hyperthermie während der er- sten 16 Wochen der Schwangerschaft und einer Totgeburt. Se Nybo Andersen A-M, Vastrup P, Wohlfahrt J, Andersen PK, Olsen J, Melbye M: Fever in pregnancy and risk of fetal death: a cohort study.The Lancet 2002; 360: 1552–1556.

Dr. Anne-Marie Nybo Andersen, Department of Social Medicine, University of Copenhagen, Blegdamsvej 3, 2200 Kopenhagen, Dänemark. E-Mail: a.nybo@socmed.ku.dk

Screening- und Bestätigungstests klären.

Des Weiteren muss geklärt werden, wel- che Patienten von der Diagnosestellung hinsichtlich der Langzeitprognose (Blut- druckeinstellung, kardiovaskuläre End- punkte) profitieren. Auch eine sorgfälti- ge Kosten-Nutzen-Analyse ist erforder- lich. So belaufen sich die Kosten für das initiale Screening auf circa 50 Euro, eine ambulante oder stationäre Abklärung, wie sie in Grafik 4 dargestellt ist, auf circa 300 bis 1 000 Euro. Bis Ergebnisse solcher Studien vorliegen, sollten die normokaliämische Hypertoniepatienten, welche eine medikamentös schlecht ein- stellbare Hypertonie aufweisen, mehr als zwei Antihypertensiva einnehmen müs- sen und insofern von der Diagnosestel-

lung am ehesten profitieren, auf das Vorliegen eines PHA untersucht werden (16, 24).

Manuskript eingereicht: 6. 5. 2002, revidierte Fassung an- genommen: 14. 10. 2002

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2003; 100: A 184–190 [Heft 4]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit0403 abrufbar ist.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Martin Reincke Abteilung Innere Medizin 2

Klinikum der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Hugstetterstraße 55

79106 Freiburg

E-Mail: reincke@med1.ukl.uni-freiburg.de

Hyperthermie während der Schwangerschaft kein Risiko für Totgeburt

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