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Archiv "Die Multicenterstudie „Kleines Mammakarzinom“: Vorläufige Ergebnisse - Neue Aspekte" (15.11.1990)

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(1)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Die Multicenterstudie

„Kleines Mammakarzinom"

Vorläufige Ergebnisse - Neue Aspekte

Die deutsche Brustkrebsstudie, in der 1042 auswertbare Fälle behan- delt wurden, ist bisher erfolgreich verlaufen und hat zu einem befriedi- genden vorläufigen Ergebnis geführt, so daß heute das Verfahren der brusterhaltenden Chirurgie zumindest für Tumoren bis zwei Zentimeter Maximaldurchmesser, abgesehen von wenigen Ausnahmen, als adä- quates Therapieverfahren angesehen werden kann. Die studienbeglei- tende Forschung hat wichtige prognostische Parameter erkannt, die zum Teil während des Studienablaufes und zum Teil retrograd ermittelt wer- den. Ihre Bewertung ist hilfreich für die Erstellung neuer Konzepte.

Alfred Schauer, Dagmar Marx

und Lucia Ummenhofer;

Helmut F. Rauschecker und Wolfgang Gatzemeier;

Rolf Sauer;

Martin Schuhmacher und Willi Sauerbrei

I)

er Weg von der radika- len Mastektomie zur brusterhaltenden Chir- urgie war in der Bun- desrepublik länger und schwieriger als in anderen Europäi- schen Staaten, speziell Frankreich, Italien und der Schweiz, wo diese Problematik durch einzelne Studien- gruppen mit höherer Risikobereit- schaft schon Mitte der 70er Jahre aufgenommen und bearbeitet wurde.

Der „organisierte Rückzug" von der Rotter-Halstedschen Standard-Ope- ration begann 1976 durch ein in Göt- tingen entwickeltes intraoperatives Lymphknoten-Staging (21, 23), wo- bei bei negativer Axilla die einfache Mastektomie respektive die Patey- sche Operation eingeführt wurde.

Dieses intraoperative Staging-Ver- fahren wurde rasch von verschiede- nen anderen Kliniken übernommen, denn es half, ein zweizeitiges Opera- tionsverfahren zu vermeiden.

Studienplanung:

„brusterhaltende Chirurgie"

Drei Jahre später initiierte eine deutsche Planungsgruppe unter Be- rücksichtigung der unterschiedlichen Biologie der Mammakarzinome die Bearbeitung eines Studienprotokolls

zur brusterhaltenden Chirurgie (Stu- die I unterstützt durch das Bundes- ministerium für Forschung und Technologie). Die 1979 begonnene Studienplanung konnte leider erst im Oktober 1983 in die aktive Lauf- phase umgesetzt werden. Diese Ver- zögerung brachte die deutsche Gruppe im internationalen wissen- schaftlichen Wettbewerb zunächst in große Schwierigkeiten.

Die klinische Bedeutung der deutschen Studie wurde zunächst von Kritikern gering eingeschätzt, weil sich Mitteilungen über die Ebenbürtigkeit der brusterhaltenden Chirurgie zur Mastektomie zu dieser Zeit mehrten, ohne daß aber in jeder Hinsicht einer Kritik standhaltende Daten vorgelegt wurden.

Vor allem waren die lokoregio- nären Rezidivraten in praktisch allen Studien nicht unerheblich und in ih- rer biologischen Bedeutung für eine etwaige Tumorprogression nach wie vor nicht sicher einschätzbar (zusam- menfassende Darstellung großer Studien siehe: Veronesi et al. 1981, 1983; Sarrazin et al. 1982, 1984;

Kurtz et al. 1983; Hünig et al. 1983;

Aus den Referenzzentren für: Pathologie (Universität Göttingen); Chirurgie (Universi- tät Göttingen); Strahlentherapie (Universität Erlangen; Statistik und Dokumentation (Uni- versität Freiburg)

Durand et al. 1984; Fisher et al. 1985 [33, 17, 9, 7, 2, 3]).

Aus dieser noch immer unsiche- ren Situation heraus ergab sich ein Vorteil für die deutsche Studie, ex- aktere, am pTNM-System orientierte Daten, unter Berücksichtigung be- deutender biologischer Tumorfakto- ren, vorzulegen (siehe hierzu be- reits vorausgegangene Mitteilungen:

Schauer et al. 1986; Sauer et al. 1989 [25, 19]).

In die Studie aufgenommen wur- den mit morphologisch abgesicherter Begrenzung nur exakt gestagete Fäl- le der Gruppe pT1a-1cN oMo.

Das histologische Aufarbeitungs- verfahren und die postoperative Ho- mogenbestrahlungstechnik (20) wur- den im Protokoll genau festgelegt und vor Beginn der Studie in Studientref- fen mehrfach besprochen und anhand von Einzelkasuistiken während des Studienablaufes ständig unter neuen Gesichtspunkten beziehungsweise den Aspekten aufgetretener Einzel- fehler neu diskutiert.

Vorläufige Daten und Ergebnisse

Die Anzahl der in die Studie aufgenommenen Fälle erfuhr in der sechsjährigen Rekrutierungsphase einen enormen Zuwachs. In der A-3628 (56) Dt. Ärztebl. 87, Heft 46, 15. November 1990

(2)

Grad. Anzahl der Patienten 310 275 216

II 507 435 322

III 122 101 69

0 0 0 143

194 47

83 111

26 35 45 7

5 9 0 Studie 1: Brusterhaltende Chirurgie krankheitsfreies Überleben

1.0- 0.9 0.8—

0.7 0.6—

0.5- 0

Graduierung:

III

L

4 Jahre

(mittlere Verlaufsbeobachtungszeit: 2,5 Jahre)

1

III

6 7

Abbildung 2: BMFT-Studie 1: Brusterhaltende Chirurgie

drüsiger Differenzierungsgrad (1-3 Punkte)

Grad der Polymorphie (1-3 Punkte)

1 2 3

00300000 0o0c 0 0 (3(}A ,23 0E2000 0(160

Bü.;)

°Nom

00

9, ^®

Grad der Hyperchromasie und Mitoserate (1-3 Punkte)

Grad. II III

1 2

000000 #0 0,702 013#000 cocijgo

o00000 i-jocJJ u

III 8-9

Punkte 3-5

II

Il l

Nachkontrollphase (Follow up) be- finden sich zur Zeit 1042 Fälle. Dies ist derzeit international die größte Fallakkumulation des definierten Stadiums pT1N oMounter streng defi- nierten Studienbedingungen auch des Follow up. Die Studienleitung hält es für einen großen Gewinn, daß die inzwischen mehr oder weniger flächendeckend entwickelte bruster- haltende Chirurgie in der Bundesre- publik Deutschland unter Studien- bedingungen und damit zumindest in der Regel unter kontrollierten Be- dingungen erfolgte.

Einen besonderen Gewinn im Sinne der flächendeckenden Neuori- entierung und Verbesserung der Versorgung sehen wir auch darin, daß an der Studie nicht nur Universi- tätskliniken beteiligt sind, sondern auch zahlreiche Stadtkrankenhäuser und kommunale Krankenhäuser.

Für die Übermittlung neuer in- ternationaler Erkenntnisse auf dem Gebiet immunpathologischer Unter- suchungsmöglichkeiten, vor allem zur Erfassung prognostischer Fakto- ren und die ständige Effizienzkon- trolle waren die halbjährlich stattfin- denden Studientreffen — unterstützt durch das BMFT — von besonderer Bedeutung. Ebenso bedeutend für den gemeinsamen Lernprozeß waren die in den jeweiligen Treffen ange-

Abbildung 1: Histolo- gisches und zytologi- sches Grading beim Mammakarzinom nach Bloom und Ri- chardson, modifiziert durch Schauer/Weiss 1981 (II —> IIa, IIb)

setzten Rezidivbesprechungen, die das Ziel hatten, „Schwachstellen"

der Studie herauszufinden und das biologische Verhalten des Einzeltu- mors auch retrograd näher zu analy- sieren (27). Alle international lau- fenden Studien hatten global auf

subtilere Stratifikation und die be- sondere Bewertung biologischer Faktoren weitgehend verzichtet, so daß gerade darin die wissenschaft- lich begründete Weiterentwicklungs- chance und günstige Voraussetzun- gen für die Endauswertung der deut- schen Studie liegen könnten.

Die Hereinnahme dieser Punkte in ein während des Studienablaufes korrigiertes Studiendesign erwies sich vor allen Dingen auch deshalb als besonders nützlich, weil darin ei- ne wissenschaftliche Kompensati- onsmöglichkeit gegenüber dem Rückgang der Randomisationsrate zu liegen schien.

Insgesamt lassen sich derzeit aus der vorläufigen Bewertung der seit Oktober 1983 in die Studie einge- brachten 1042 Fälle bei einer mittle- ren Nachbeobachtungszeit von zwei- einhalb Jahren nachfolgende Aussa- gen machen:

1. Die Rate der brusterhaltend operierten zu den mastektomierten Frauen ist 70:30 Prozent; die brust- erhaltend operierten Patientinnen waren durchschnittlich 9,3 Jahre jün- ger als die mastektomierten.

2. Unter Berücksichtigung der durch den Wegfall einer Randomisa- Dt. Ärztebl. 87, Heft 46, 15. November 1990 (59) A-3631

(3)

Alter •,<. 45 45-60

> 60 Tumorgröße < 10 mm

11-20 mm

0.34 0.39 0.37

0.08 0.14 0.18

univariate multivariate Analyse Analyse

N = 727 N=936

p-Wert p-Wert p-Wert

Faktor

0.0006 0.02 0.002

Tumor- Graduierung

III

Östrogen- <_20 fmol 0.21 0.70

Rezeptor >20 fmol

Progesteron- .<20 fmol 0.06 0.38 Rezeptor >20 fmol

Therapie Mastektomie 0.39 0.13 0.48

Brusterhal- tung

tion inadäquaten Zusammensetzung des Krankengutes der beiden Thera- piearme (Tumorektomie und Radio- therapie respektive einfache Mastek- tomie) waren die Gesamtrezidivra- ten mit 7,1 Prozent : 6,4 Prozent bis- her nicht wesentlich unterschiedlich.

Sie umfassen lokoregionäre Rezidive und/oder systemische Progressionen, ferner das Auftreten von ipsi- und contralateralen Zweittumoren. Bei Ausklammerung von brusteigenen und anderen Zweittumoren redu- ziert sich die Rezidivrate um etwa 30 Prozent. Bei den Fällen, bei denen die Anzahl exstirpierter Lymphkno- ten an der unteren Grenze lag, war, soweit gegenwärtig erkennbar, die Rezidivrate nicht erhöht. Diese Aus- sage soll nicht zu einem reduzierten

„Staging" verleiten, da umgekehrt bekannt ist, daß unter etwa 15 unter- suchten Lymphknoten manchmal der kleinste eine Metastasierung zeigt.

Darüber hinaus gibt es keine Hinweise darauf, daß bei den Rezi- diven besonders häufig ein zu gerin- ger tumorfreier Randsaum vorlag.

Eine auf minimale Randsäume bezo- gene vergleichende Auswertung wird zur Zeit durchgeführt. Die exakte statistische Auswertung hierzu kann in Kürze erwartet werden.

Die systemische Progressionsra- te (hämatogene Tumormetastasie- rung) ist in beiden Therapiearmen (Brusterhaltung und Homogenbe- strahlung versus Mastektomie) nicht

Abbildung 3:

BMFT-Studie 1: Pro- gnostische Faktoren und Therapie; Be- deutung bezüglich rezidivfreier Überle- benszeit

wesentlich unterschiedlich. Insge- samt wurden 36 Progressionen beob- achtet, davon 27 bei der Gruppe mit brusterhaltender Chirurgie ( = 3,6 Prozent) und 9 nach Mastektomie ( = 2,9 Prozent).

Die Rezidivraten waren bei den Grad-III-Tumoren mit hohem Ma- lignitätsgrad dreimal so hoch wie bei den Grad-I-Tumoren mit niedrigem Malignitätsgrad (Gradingschema siehe Abbildung 1, Rezidive in Ab- hängigkeit vom Tumorgrading Abbil- dung 2). Darüber hinaus ergab sich nach dem von unserer Gruppe ange- gebenen Tumorgrading (23), bei Aufgliederung des großen Blockes der Grad-II-Tumoren in Grad-IIa- und IIb-Tumoren, daß die Grad-lla-

Tumoren biologisch noch eher den Grad-I-Tumoren und die Grad-IIb- Tumoren bereits eher dem biologi- schen Verhalten der Grad-III-Tu- moren entsprechen. Abbildung 3 zeigt den hohen Stellenwert des Tu- morgrading, verglichen mit anderen prognostischen Tumorparametern.

Dieses Tumorverhalten wurde bereits 1981 festgestellt, als an 109 Fällen die Rezidivrate und die häma- togene Metastasierungsrate mit dem Grading und mit der Blutgefäßein- bruchsrate in Korrelation gesetzt wurde (23). Die biologische Unter- schiedlichkeit des Grading muß Be- achtung finden, wenn die bruster- haltende Chirurgie von 2 cm auf 3 cm erweitert werden soll (Volumen-

Abbildung 4: Immunhistochemische Darstellung des nukleären Ostrogenrezeptorproteins an den Zellkernen eines intraductalen An- teils eines infiltrierend wachsenden soliden ductalen Mammakarzi- noms; homogene Rezeptorausstattung - Abbott-Antikörper

A-3632 (60) Dt. Ärztebl. 87, Heft 46, 15. November 1990

Abbildung 5: Immunhistochemische Darstellung des nukleären Pro- gesteronrezeptorproteins eines infiltrierend wachsenden mucinö- sen Karzinoms; homogene Rezeptorausstattung — Helle „Schleim- seen" zwischen den zum Teil dissoziierten Tumorzellen

(4)

Proteine: p 185 erb B2 (neu) p 170 erb B1 (EGFR) Chromosomen-

lokalisation: 17q 11-12 7p 12-13

Proteinhomologie p 185 / EGFR

—0491y_lsolysierungsstellen

—<>

C = cysteinreiche Cluster

Transmembrandomäne

Threonin

(mögliche Phosphorylierungsstelle)

82%

Tyrosinphosphorylierungsstellen

0—

NH 2

c

c

T

Y Y Y COOH

44%

v 1 33%

Antikörper 3B5 (mono)

c-neu (Ixe)

intra- zelluläre Domäne Antikörper

9G6 (mono)

extra- zelluläre Domäne

Abbildung 6: Transmembrane Substrukturen und Proteinhomologien von p-185-Protein und EGFR

p 185- ,

p 185+

- T4 Invasive Ductal-Carcinoma 100

80

60

40

20

0

>3 LK-Metastasen

zunahme um den Faktor 3,4) oder, wenn auf eine Strahlentherapie un- ter Studienbedingungen am dafür geeigneten Kollektiv verzichtet wer- den soll.

Auffällig waren im Rahmen der Rezidivfallkonferenzen immer wie- der Einzelfälle, bei denen ein Grad- I-Tumor und eine nahezu homogene Östrogenrezeptor(ER)- und Pro- gesteronrezeptor(PR)-Ausstattung vorlag. Derartige Fälle besitzen in der Regel, gemessen mit dem Anti- körper Ki67, ein sehr niedriges proliferationsaktives Compartment (28, 31, 14, 13).

Wie in solchen Fällen lokoregio- näre Rezidive möglich werden, ist ei- ne offene Frage. Vorstellbar ist eine lokale Reklonierung von Tumorzel- len, die sich gegenüber der Strahlen- therapie wie parenchymatöse Organ- zellen mit niedrigem biologischem Zellumsatz verhalten (29).

3. Die Östrogen- und Progeste- ronrezeptorausstattung (Abbildung 4 und Abbildung 5) korreliert auf Grund der Tatsache, daß es sich um einen sogenannten „Differenzie- rungsmarker" handelt, relativ eng mit dem Tumormalignitätsgrad und damit mit dem Tumorgrading. In diesem Zusammenhang ist allerdings festzustellen, daß es Grad-I-Tumo- ren gibt, die sowohl in den zytosoli- schen als auch in den immunhisto- chemischen Bestimmungen hormon- rezeptornegativ sind. Hieraus ergibt sich, daß bei studienrelevantem Ein- satz des Tumorgrading dieses nicht durch die Zuhilfenahme des Rezep- torstatus ersetzt werden kann.

4. In den durch das Referenz- zentrum Pathologie durchgeführten studienbegleitenden Untersuchun- gen wurde festgestellt, daß im Ein- zelfall eine nicht sicher unterscheid- bare, in den meisten Fällen nach- weisbare phäno- respektive geno- typische Heterogenität der Ostro- gen- und Progesteronrezeptoraus- stattung vorliegt (24, 27). Der Nach- weis einer derartigen Heterogenität ist einerseits bereits durch die einfa- che Abschätzung positiver und nega- tiver Tumorzellpopulationen im Mi- kroskop mit Hilfe des immunreakti- ven Score (IRS) zu führen, anderer- seits aber zusätzlich semiquantitativ bestimmbar (27, 6, 8).

Die Feststellung eines hohen Heterogenitätsgrades mit hohem ER- und/oder PR-negativem Anteil kann für therapeutische Entschei- dungen bei späterer hämatogener Metastasierung bedeutungsvoll sein.

Dabei wäre allerdings auch wegen der Möglichkeit klonaler Selektion bei weitgehend homogener Rezep-

Abbildung 7: c-erb-B2(neu)-Onkogen- Expression, dargestellt mit Antikörpern ge- gen das Transmembran(p185)-Protein bei Patientinnen mit 1 bis 3 positiven und mehr positiven Lymphknoten. Beachte den Kur- venanstieg (p185 positive Fälle) bei mehr als drei positiven Lymphknoten!

torausstattung die Überprüfung des zu therapierenden Metastasengewe- bes ratsam. Inzwischen stehen paraf- fingängige Antikörper gegen das PR- Protein zur Verfügung, die an den Studienfällen zur Zeit für nachträgli- che Heterogenitätsbestimmungen im Einsatz sind.

5. Das histologische Tumorgra- ding konnte bei einem Teil der von uns untersuchten Studienfälle durch den immunhistochemischen Nach- weis des proliferationsaktiven Prote- ins mit Hilfe des von Gerdes, Lell und Mitarbeitern (10) entwickelten und zum Einsatz gebrachten Anti- körpers Ki67 ergänzt und verbessert werden (14). Leider sind diese Un- tersuchungen bisher nur an nicht fi- xiertem Tumorgewebe möglich, so daß die Bestimmungen nur an dem tiefgefrorenen Tumorgewebe (Über- sendung in der Regel auf Trockeneis als Termingut) möglich waren. Stu- dienbegleitende Untersuchungen an Routinematerial zeigten eine gute Korrelation des proliferationsakti- ven Ki67-Compartments zur Mitose- rate und zum Malignitätsgrad.

6. Eigene zunächst studienbe- gleitende Untersuchungen an Mam- makarzinomen verschiedener Sta- dien über die Ausstattung mit dem Epidermal-Growth-Factor-Receptor (EGFR), der einer der Ansprech- partner für die autokrine Wachs- Dt. Ärztebl. 87, Heft 46, 15. November 1990 (63) A-3635

(5)

Abbildung 8: Großzelliges ductales Carcinoma in situ (DCIS) mit c-erb-B2-Onkogen-Expression, dargestellt durch den immunhisto- chemischen Nachweis des p185-Proteins an den Tumorzellmembra- nen; die myoepitheliale Außenschicht ist frei (endogene Kontrolle)

Abbildung 9: Infiltrierend wachsendes solides ductales Karzinom der Brustdrüse mit intensiver p185-Protein-Expression an allen Tu- morzellen

tumsstimulation ist, ergaben eine Po- sitivkorrelation zur Proliferationsak- tivität und eine Negativkorrelation zum Hormonrezeptorstatus (28, 1).

Da die zunächst zur Verfügung stehenden Antikörper nicht paraffin- gängig waren, konnten wir auch hier nur Fälle untersuchen, die uns von den Studienteilnehmern aus Patho- logischen Instituten als Termingut zugesandt wurden. Inzwischen sind auch paraffingängige Antikörper verfügbar, so daß wir über die bereits vorliegenden Untersuchungen hin- ausgehend weitere 500 bis 600 Studi- enfälle auf Expression dieses Rezep- tors überprüfen werden.

Wenngleich wir die Befunde von Sainsbury (15) aufgrund unserer stu- dienbegleitenden Untersuchungen bestätigen können und darüber hin- aus eine enge Korrelation zwischen EGFR-Positivität und höheren Ma- lignitätsgraden sowie eine Negativ- korrelation zur ER- und PR-Aus- stattung feststellen konnten, so ha- ben die Befunde von Sainsbury, die eine rasche Progression EGFR-posi- tiver Fälle dokumentieren, bisher noch keine sichere Bestätigung ge- funden.

7. Neben dem EGFR hat in den letzten Jahren im Hinblick auf die Tumorprogression vor allem die Am- plifikation des c-erb-B2(neu)-Onko- gens eine besondere Bedeutung er- langt (32). Während noch vor etwa drei Jahren der Nachweis vor allem durch in situ Hybridisierungen von mRNA geführt wurde und damit

kaum eine routinemäßige Bestim- mung an größeren Fallzahlen mög- lich war (zusammenfassende Dar- stellung siehe Höfler 1988), stehen jetzt paraffingängige Antikörper zum Nachweis des Genexpressions- produktes, nämlich des p185-Pro- teins zur Verfügung.

Studienbegleitend hat das Refe- renzzentrum Pathologie drei ver- schiedene Antikörper, die verschie- dene Abschnitte des Transmembran- proteins (siehe Abbildung 6) markie- ren, getestet und konnte feststellen, daß die zunächst untersuchten 44 Fibroadenome negativ waren, aty- pisch proliferierte Mastopathien in etwa 7 Prozent positiv sind und Fälle von ductalen Carcinomata in situ (DCIS) zu 60 Prozent bei großzelli- gen high-grade-Typen beziehungs- weise zu 10 Prozent bei micropapilla- ry-low-grade-Typen positiv sind.

Darüber hinaus ergab sich auch eine Abhängigkeit vom Tumorgra- ding (Grad I: 6 Prozent positiv, Grad III: zirka 30 Prozent) (Zusammen- fassung siehe rapid Communication:

Marx, Schauer et al. 1990 [12]).

Bereits hieraus resultiert folge- richtig ein Zusammenhang zur Tu- morprogression. An 159 untersuch- ten Nichtstudienfällen mit Lymph- knotenbeteiligung ergab sich ab drei beteiligten Lymphknoten eine er- hebliche Zunahme p185-positiver Fälle (Abbildung 7). Wir werten die- sen Befund als Hinweis auf rasche metastatische Tumorprogredienz.

Nach Erarbeitung dieser Fakten in

sehr aufwendigen Fallstudien an rund 300 Tumorfällen sind wir dazu übergegangen, unsere Studienfälle näher zu analysieren.

Zur Zeit befinden sich rund 500 Fälle der Studie in Auswertung mit vergleichendem Einsatz dreier ver- schiedener Antikörper (Abbildung 8 und Abbildung 9). Das Nahziel ist die Multivarianzanalyse im Vergleich mit den übrigen untersuchten pro- gnostischen Parametern. Das Fern- ziel ist die Aufklärung der prognosti- schen Bedeutung dieses Tumorcha- rakteristikums anhand der Verlaufs- beobachtung. Hierüber wird später zu berichten sein, da die mittlere Verlaufsbeobachtungszeit erst bei zur Zeit zweieinhalb Jahren liegt.

Zusätzliche Untersuchungen laufen zur Zeit an den Studienfällen über die c-myc-Expression. Ergebnisse über die multiple drug resistence ge- ne-expression könnten für jene Fälle Bedeutung erlangen, bei denen auf- grund hämatogener Progression eine zytostatische Therapie ins Auge zu fassen ist.

Die Studiengruppe hofft auf ein herausragendes Ergebnis nach mitt- lerer Nachbeobachtungszeit von we- nigstens fünf Jahren, die 1992 er- reicht sein wird. Herausragend im Vergleich mit vorausgegangenen Studien in Europa und den USA kann es sein, weil die Ansätze limi- tierter sind und das Protokoll beson- ders differenzierte Anforderungen stellt; herausragend im Bezug auf die Bewertung prognostischer Faktoren A-3636 (64) Dt. Ärztebl. 87, Heft 46, 15. November 1990

(6)

soll es sein, weil eine wissenschaftli- che Abstützung auf den Randomisa- tionsvergleich kaum möglich sein wird (Randomisationsrate 6,5 Pro- zent).

Wir gehen davon aus, daß uns die Studie I „Kleines Mammakarzi- nom" genügend Informationen lie- fert für eine Nachfolgestudie, die die biologische Tumorbewertung (pro- gnostische Faktoren) und strahlen- biologische Gesichtspunkte als ent- scheidende Eckpfeiler des Studien- designs haben wird.

Pläne für die

zukünftigen Studien

Unter Studienbedingungen ist zu prüfen, ob bei Tumoren bis zu 3 cm unter günstigen Voraussetzun- gen (Grad I bis IIa, ER/PR positiv, keine „extensive intraductal canceri- zation" (EIC), keine Lymphangiosis carcinomatosa, keine Beteiligung des Unterhautgewebes, genügender Ab- stand zum retromammillären Be- reich, axilläre Lymphknoten tumor- frei) eine brusterhaltende Chirurgie auch in dem Bereich Maximaldurch- messer > 2 cm, bis 3 cm mit verant- wortbaren Ergebnissen möglich ist.

Die Onkogenaktivitäten (c-erb-B2, c-myc) sollen dabei in einer Multiva- rianzanalyse studienbegleitend ge- prüft werden.

Bei Tumoren mit einem Ma- ximaldurchmesser bis zu 2 cm wird zunächst unter Zugrundelegung der Ergebnisse der Studie „Kleines Mammakarzinom" zu prüfen sein, ob bei den unter 1) genannten gün- stigeren Parametern künftig auf eine Strahlentherapie verzichtet werden kann.

Nach Abschluß der Rekrutie- rungszeit der Studie I (Kleines Mam- makarzinom) ist es uns ein Bedürf- nis, allen Kollegen, die sich an der Durchführung der Studie beteiligt haben, ganz herzlich zu danken für alle Mühen, die sie durch die speziel- len Arbeiten, über die Routine hin- ausreichend, in der Bearbeitung der Formblätter, in der Bearbeitung der Diagnostik und im Versand des Ma- terials sowie den differenzierten strahlentherapeutischen Maßnah- men geleistet haben.

Unser letztes definitives Fernziel soll es sein, für das mammographisch zu vermutende Ductale Carcinoma in Situ (DCIS) die besten Diagno- stik- und Behandlungsbedingungen zu schaffen, für das „Kleine Mam- makarzinom" die bestmöglichen Be- dingungen für den Verzicht auf zu- sätzliche Strahlentherapie herauszu- finden und für die größeren Tumo- ren bis zirka 3 cm unter kurativen Aspekten vertretbare Konzepte zu erarbeiten. Wenn diese Konzepte akzeptable Ergebnisse liefern, ist zu- nächst ein weiterer „Meilenstein"

bei der Bekämpfung des Brustkrebs erreicht. Weit offen ist aber immer noch die Frage nach optimaler The- rapie des fortgeschrittenen Mamma- karzinoms. Hier Strategien ganz

Levamisol und 5-FU zur adjuvanten Therapie des Kolonkarzinoms

In den Vereinigten Staaten er- kranken pro Jahr etwa 100 000 Per- sonen an einem Dickdarmkarzinom.

In der Todesursachenstatistik ran- giert das Kolonkarzinom an zweiter Stelle nach dem Bronchialkarzinom.

In einer großen Studie wurde der Ef- fekt einer adjuvanten Chemothera- pie beim resezierten Kolonkarzinom überprüft. Insgesamt 1296 Patienten mit einem Kolonkarzinom im Stadi- um Dukes B2 bzw. Dukes C nahmen an einer Therapiestudie teil, wobei je ein Teil der Patienten Levamisol (50 mg alle 8 Stunden für 3 Tage, alle 2 Wochen über 1 Jahr) oder Levamisol + 5-Fluorouracil (450 mg/m 2 Kör- peroberfläche für 5 Tage über 48 Wochen) erhielten. Die durch- schnittliche Nachbeobachtungszeit betrug 3 Jahre.

Bei den Patienten mit Dukes C-Karzinomen führte die Therapie mit Levamisol + 5-FU zu einer signi- fikanten Reduktion der Rezidivrate um 41 Prozent, auch die Zahl der Todesfälle ging innerhalb des Beob-

neuer Dimensionen zu entwickeln, ist die größte Herausforderung für die kommenden Jahre.

Wir danken dem Bundesministerium für Forschung und Technologie für die Un- terstützung dieser klinischen Studie und der studienbegleitenden Forschung.

Die Zahlen in Klammem beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonder- druck, anzufordem über die Verfasser.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Alfred Schauer Zentrum Pathologie

der Universität Göttingen Robert-Koch-Straße 40 W-3400 Göttingen

achtungszeitraums um 33 Prozent zurück. Die alleinige Behandlung mit Levamisol hatte keinen nach- weisbaren Effekt. Die Ergebnisse im Stadium B2 sind widersprüchlich und erlauben noch keine eindeutigen Schlüsse. Toxische Nebenwirkungen des Levamisols wurden nur selten beobachtet und bestanden in der Re- gel aus leichter Übelkeit, einer gele- gentlichen Dermatitis oder einer Leukopenie, während unter der Kombinationstherapie Levamisol + 5-Fluorouracil die Nebenwirkungen von Fluorouracil überwogen, näm- lich Übelkeit, Erbrechen, Stomatitis, Diarrhoe, Dermatitis und Leukope- nie.

Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß im Stadium Dukes C die Kombinationstherapie Levamisol + 5-Fluorouracil durchaus als adjuvan- te Behandlung empfohlen werden kann, zumal sie von jedem onkolo- gisch versierten Arzt praktiziert wer- den kann.

Moertel, C. G., T. R. Fleming, J. S. Mac- Donald et al.: Levamisole and Fluorouracil for Adjuvant Therapy of Resected Colon Carcinoma. N. Engl. J. Med. 322: 352-358, 1990.

Mayo Clinic, Rochester, MN 55905 A-3638 (66) Dt. Ärztebl. 87, Heft 46, 15. November 1990

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