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Archiv "Internmedizinische Aspekte zur Ulkus-Chirurgie" (09.12.1976)

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Aktuelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSATZ

Nach Statistiken der Weltgesund- heitsorganisation erkrankt jeder zehnte Mensch im Laufe seines Le- bens an einem peptischen Ulkus.

Etwa 20 Prozent der Ulkuskranken müssen letztlich durch mehr oder weniger ausgedehnte Eingriffe chirurgisch behandelt werden. Dies zeigt, daß man in der Praxis auf die Probleme der Ulkustherapie und deren Folgen vorbereitet sein muß.

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die Form der UI- kuskrankheit, die sich im Duode- num manifestiert. Da hierbei die vermehrte Säuresekretion eine be- sondere Rolle spielt, wird die Be- ziehung zu den Problemen der UI- kuschirugie besonders deutlich.

Es soll daher im einzelnen auf die folgenden Fragen eingegangen werden:

O Wie wird die peptische Ulkus- krankheit konservativ behandelt?

Die konservative Therapie des Ul- kus duodeni beschränkt sich seit Jahren auf rein symptomatische Maßnahmen, wobei die Verordnung von Antazida zwar meist rasche Beschwerdefreiheit, jedoch keine eindeutige Verkürzung der Abheil- phase bringt. Arbeitsplatzunterbre- chung, Bettruhe oder gar Hospitali- sierung sind beim unkomplizierten Ulkus duodeni nur bei Vorliegen besonderer beruflicher oder häusli-

cher Konfliktsituationen notwendig.

Die Zusammensetzung und die me- chanische Beschaffenheit der Nah- rung haben keinerlei objektivierba- ren Einfluß auf das peptische UI- kusleiden. Eine rationale Basis für die Ulkusdiät ergibt sich damit nicht. Wir empfehlen freigewählte kleinere Mahlzeiten in kurzen Zeit- abständen. Von Genußmitteln führt Nikotin zu einer Verzögerung der Ulkusheilung. Konzentrierter Alko- hol kann besonders in Verbindung mit Salicylaten eine Schleimhaut- schädigung verursachen. Wir raten unseren Patienten, Alkohol zu mei- den. Medikamente wie Salicylate, Steroide, Phenylbutazon und Indo- methazin sind wegen ulzerogener Eigenschaften kontraindiziert.

In den letzten Jahren wurde eine Stoffklasse entwickelt, die soge- nannten Histamin-H2-Rezeptor-Ant- agonisten, mit denen eine. wirksa- me Hemmung der basalen und sti- mulierten Magensekretion erreicht wird. Diese Medikamente werden zur Zeit noch erprobt. Nach eige- nen Erfahrungen ist eine starke Hemmung der H+-Sekretion nachweisbar. Schmerzfreiheit wird bei entsprechender Dosierung langfristig erreicht. Auch die Ab- heilung großer Ulzera erfolgt rela- tiv rasch. Als Nebenwirkungen wur- den Agranulozytosen beobachtet, die jedoch bei neueren modifizier- ten Substanzen bisher nicht auftra- ten. Für die Zukunft scheint sich hier ein erfolgversprechender kon- servativer Behandlungsweg für das

Durch die konservative Be- handlung kann beim Duode- nalulkus meist rasche Schmerzfreiheit erzielt wer- den. Eine Rezidivfreiheit kann nur durch die operative Behandlung erreicht werden.

Hinsichtlich Operationsmor- talität und unerwünschter postoperativer Folgezustände (Dumping, Diarrhöen) schnei- den dabei die resezierenden Verfahren schlechter ab als die verschiedenen Formen der Vagotomie, die mit einer erhöhten Rate an Rezidivul- zera belastet sind. Nach den bisherigen Erfahrungen hat die selektiv-proximale Vago- tomie in bezug auf die Hei- lung des Grundleidens und das funktionelle Ergebnis die besten Erfolge.

peptische Ulkus aufzuzeigen. Auch das duodenale Hormon Sekretin wird neuerdings wegen seiner be- kannten Hemmwirkung auf die H+-Sekretion in der Behandlung des peptischen Ulkus erprobt. Au- ßerdem stimuliert Sekretin die Bi- karbonatsekretion des Pankreas und bewirkt dadurch eine Neutrali- sierung der beim Vorliegen einer Hypersekretion des Magens ver- mehrt in das Duodenum gelangen- den Säure. Die bisher vorliegenden Behandlungsergebnisse lassen noch keine abschließende Beurtei- lung zu. Nach eigenen Erfahrungen mit einem Depotsekretin (Firma Hoechst), erscheint zumindest auf den Ulkusschmerz eine rasche und günstige Wirkung gegeben zu sein.

Was ist nun gesichert in der kon- servativen Therapie des Ulcus duo- deni? Ein unkompliziertes Ulcus duodeni heilt mit und ohne Thera- pie in der Regel innerhalb von vier bis fünf Wochen ab. Das Ziel wäh- rend dieser Abheilphase weitge- hend Schmerzfreiheit zu erzielen, läßt sich durch Antazida relativ leicht erreichen. Die Erzielung ei- ner Rückfallfreiheit ist jedoch auch

Internmedizinische Aspekte zur Ulkus-Chirurgie

Torsten-Udo Hausamen, Wolf-Peter Fritsch, Theo Scholten

1. Medizinische Klinik A der Universität Düsseldorf (Direktor: Professor Dr. med. F. Grosse-Brockhoff)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 50 vom 9. Dezember 1976 3239

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Tabelle 1: Klinische Ergebnisse der Ulkuschirurgie

Operationsmethode Letalität

Reduktion der H+-Sekretion

Rezidiv —

BAO PAO ulkus

Magenteilresektion nach Billroth 11 nach Billroth 1 mit Vagotomie Vagotomie selektiv gastrisch selektiv proximal

ca. 2 Mo ca. 90 Mo ca. 90 Mo 4,6 Mo 2-3 Mo ca. 90 90 ca. 90 Mo 3,3 Mo 0,3 Mo 70-80 Mo ca. 50 90 bis 16 °A 0,26 Mo 70-80 90 ca. 50 90 0-16 Vo Ulkus-Chirurgie

heute noch ein Wunschtraum der inneren Medizin geblieben. Dies hat zur Folge, daß etwa 20 Prozent der Patienten mit unkompliziertem Ulcus duodeni früher oder später doch zur operativen Behandlung dem Chirurgen überwiesen werden müssen.

O Wann muß beziehungsweise soll das peptische Ulkus operativ behandelt werden?

Absolute Indikationen zur Opera- tion sind die konservativ nicht be- herrschbare Blutung, die Entwick- lung einer Stenose sowie die Per- foration und Penetration. Relative Indikationen sind das Versagen der konservativen Therapie und häufi- ge Ulkusrezidive.

Wann können wir von einem Versa- gen der konservativen Therapie sprechen und welche Zahl von UI- kusrezidiven ist in welchem Zeit- raum als nicht mehr erträglich an- zusehen? Ein Duodenalulkus, das innerhalb von drei bis fünf Wochen keine eindeutige Heilungstendenz aufweist, sollte nach entsprechen- der präoperativer Diagnostik ope- rativ behandelt werden. Bezüglich der Häufigkeit der Ulkusrezidive werden verschiedene Gesichts- punkte in Betracht zu ziehen sein.

Relativ leicht wird die Entschei- dung fallen, wenn rezidivierende Blutungen aufgetreten sind. Auch

häufige Arbeitsunfähigkeit, meist verbunden mit der Gefahr des so- zialen Abstieges und familiärer Konflikte, wird die Entscheidung zur Überweisung des Patienten an den Chirurgen erleichtern. Bei älte- ren Patienten, bei denen mit einem erhöhten Operationsrisiko zu rech- nen ist, wird die Indikation sehr zu- rückhaltend gestellt werden, zumal mit zunehmendem Alter die Ulkus- häufigkeit eher rückläufig ist. Bei jungen Patienten, etwa bis zum 40.

Lebensjahr, stellen wir die Indika- tion zur Operation, wenn innerhalb von zwei Jahren drei oder mehr Ul- kusrezidive aufgetreten sind. Bei diesen Patienten ist mit einer jah- relangen Fortdauer der Erkrankung zu rechnen, da die konservative Therapie Ulkusrezidive nicht ver- hindern kann.

O

Welche diagnostischen Maß- nahmen sind präoperativ und postoperativ notwendig bezie- hungsweise wünschenswert?

In der präoperativen Diagnostik be- steht die Notwendigkeit einer ein- wandfreien, objektiven Sicherung der Diagnose Ulcus duodeni. Es stellt sich auch die Frage nach präoperativen Tests, die dem Chir- urgen eine Entscheidungshilfe bei der Auswahl des Operationsverfah- rens leisten können. In der post- operativen Diagnostik rücken neben einer routinemäßig durchzuführen-

den Kontrolle der Operationsver- hältnisse und des Operationserfol- ges mit zunehmendem Abstand zur Operation die Aufdeckung der postoperativen Folgezustände in den Vordergrund

a) Präoperativ:

Die entscheidenden Untersu- chungsverfahren zur Objektivie- rung eines Zwölffingerdarmge- schwüres sind die Röntgenkon- trastdarstellung des oberen Gastro- intestinaltraktes sowie die endo- skopische Untersuchung. Es soll hier keine vergleichende Wertung der beiden Untersuchungsverfah- ren erfolgen. Man wird sich nach den praktischen Gegebenheiten orientieren müssen. Ein erfahrener Röntgenologe liefert zuverlässigere Befunde als ein unerfahrener En- doskopiker und umgekehrt. Größe- re Untersuchungsstatistiken haben ergeben, daß die zusätzliche endo- skopische Untersuchung die dia- gnostische Sicherheit beim Ulcus duodeni erhöht.

Die fraktionierte Magensekretions- analyse kann nichts zur Sicherung der Diagnose Ulcus duodeni bei- tragen. Auch für die Auswahl des Operationsverfahrens können die Ergebnisse keine Entscheidungs- hilfe leisten, obwohl zahlreiche Be- wertungsvorschläge veröffentlicht wurden. Bisher fehlen objektive Daten, die die Richtigkeit dieser Vorschläge unterstützen können.

Der gemeinsame Wunsch von Chir- urgen und Internisten nach einer Operation nach Maß kann leider bisher noch nicht erfüllt werden.

Bei speziellen Fragestellungen kann die fraktionierte Magensekre- tionsanalyse allerdings diagnosti- sche Hinweise liefern, wie zum Bei- spiel beim Zollinger-Ellison-Syn- drom, bei dem gastrinbildende Tumoren (sogenannte Gastrinome) über eine endogene Hypergastrin- ämie eine massive Hypersekretion und dadurch rezidivierende pepti- sche Ulzerationen verursachen.

Die Auswertung einer Magensekre- tionsanalyse sollte durch die Be- 3240 Heft 50 vom 9. Dezember 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Aktuelle Medizin Ulkus-Chirurgie

Tabelle 2: Klinische Ergebnisse der Ulkuschirurgie

Dumpingsyndrom Diarrhöen

Mangeler- Karzinom- Operationsverfahren total schwer total schwer scheinungen risiko Magenteilresektion

nach Billroth 11 bis 30 0/0 ca. 2 0/0 10 °/0 2 °/0 bis 30 0/0 erhöht nach Billroth I

mit Vagotomie bis 30 Vo ca. 1 90 20 0/0 5-6 0/0 selten n. s. -f•

Vagotomie

selektiv gastrisch bis 30 Obo ca. 2 0/0 15 Vo 2 °/0 selten k. A.++

selektiv proximal 5-6 0/0 0 5 0/0 0 k. A.±± k. A.++

+ nicht signifikant erhöht ++ keine Angaben

rechnung der Basalsekretion und der Gipfelsekretion nach Penta- gastrinstimulation vorgenommen werden. Die Basalsekretion liegt normalerweise unter 5 mval/Std.

Eine Basalsekretion von über 15 mval/Std. (nach 2/3 Resektion > 5 mval/Std.) ergibt den Verdacht auf das Vorliegen eines Zollinger-Elli- son-Syndroms und sollte Anlaß zu einer radioimmunologischen Se- rumgastrinbestimmung sein. Da die Gipfelsekretion unter maxima- ler Stimulation (zum Beispiel 6 kg Körpergewicht Pentagastrin) weitgehend unabhängig von exo- genen und endogenen Stimuli ist, ist dieser Wert besser reproduzier- bar als die Basalsekretion.

Bei gesunden Männern fanden wir einen Normbereich von 16 bis 32 mval/Std. und bei Frauen von 12 bis 25 mval/Std. Es sei darauf hin- gewiesen, daß auch bei normaler Gipfelsekretion pathologische Ver- änderungen im Bereich des Ma- gens oder des Duodenums vorlie- gen können. Eine ganze Reihe von Patienten mit Ulcus duodeni haben eine normale Gipfelsekretion. Eine Hypersekretion findet sich bei vie- len Patienten mit Ulcera duodeni.

Extrem erhöht sind die Werte beim Zollinger-Ellison-Syndrom. Da beim Zollinger-Ellison-Syndrom schon unter Ruhebedingungen durch die endogene Hypergastrinämie die I-1+-Sekretion maximal stimuliert

ist, liegt der Quotient von Basalse- kretion zur Gipfelsekretion in der Regel über 0,45.

b) Postoperativ:

Zur Aufdeckung und Abklärung postoperativer Beschwerden ist die endoskopische Untersuchung an erster Stelle zu nennen. Durch Fal- tenwulstungen und Nischenbildun- gen im Anastomosenbereich ist eine einwandfreie Beurteilung bei der Röntgenuntersuchung häufig erschwert. Andererseits gibt uns die Röntgenuntersuchung einen besseren Überblick über das funk- tionelle Operationsergebnis in be- zug auf Entleerung des Magenre- stes, Durchgängigkeit der Anasto- mose und Ausmaß der Resektion, so daß auch hier eine Kombination beider Verfahren wünschenswert ist.

Der diagnostische Wert der fraktio- nierten Magensekretionsanalyse ist in der postoperativen Diagnostik offensichtlicher als präoperativ.

Ziel jeder Ulkuschirurgie ist die Reduktion der beim Ulcus duodeni häufig gesteigerten Säuresekre- tion. Die postoperative Gipfelsekre- tion kann zumindest bei den rese- zierenden Verfahren dabei als Richtwert genommen werden. Zwar hängt die Entwicklung eines Rezi- divulkus nicht nur von der postope- rativen H+-Sekretion ab, sondern

auch von anderen Faktoren wie Fa- dengranulomen, Medikamentenein- nahme usw. Die Erfahrung hat je- doch gezeigt, daß Rezidivulzera, bei denen die aufgeführten Ursa- chen nicht in Frage kommen, bei einer postoperativen Gipfelsekre- tion von unter 5 mval/Std. selten sind. Eine Gipfelsekretion nach Magenteilresektion von über 10 mval/Std. ist als nicht ausreichend herabgesetzt anzusehen. Bei einer Gipfelsekretion von über 20 mval/

Std. ist die Entwicklung eines Ul- cus pepticum jejuni sehr wahr- scheinlich.

Häufige Rezidivulzera nach Magen- resektion oder einer postoperati- ven Gipfelsekretion von über 20 mval/Std. sind verdächtig auf das Vorliegen eines Zollinger-Ellison- Syndroms. In diesen Fällen soll- te eine Serumgastrinbestimmung veranlaßt werden. Es ist dabei zu berücksichtigen, daß nach Vagoto- mie ein erheblicher Anstieg der Serumgastrinkonzentration auftritt, so daß bei Einsendung von Se- rumproben unbedingt eine Angabe des durchgeführten Operationsver- fahrens notwendig ist.

0 Mit welchen postoperativen Folgezuständen ist zu rechnen?

Die Kenntnis der postoperativen Folgezustände ist für die Beratung

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 50 vom 9. Dezember 1976 3241

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Ulkus-Chirurgie

und die Behandlung der Patienten von großer Bedeutung. Womit muß man nun rechnen? Drei Punkte sol- len in den Vordergrund gestellt werden, die unabhängig vom Ope- rationsverfahren bei der Indika- tionsstellung in Betracht zu ziehen sind und die auch die Fragen bein- halten, die vom Patienten präope- rativ gestellt werden:

O Wie hoch ist die operationsbe- dingte Mortalität?

O Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist mit erneuten Ulkusschüben zu rechnen und

O Welchen Preis muß der Patient für die Heilung seines Ulkusleidens in Form von operationsbedingten Nebeneffekten bezahlen?

In Tabelle 1 und 2 sind die Zahlen für die heute gebräuchlichsten Operationsmethoden aufgeführt.

Zum Verständnis sei kurz ange- merkt, daß bei der selektiv-gastri- schen Vagotomie sämtliche zum Magen, also die zum Korpus und zum Antrum führenden Vagusfa- sern durchtrennt werden, während bei der selektiv-proximalen Vago- tomie lediglich die Vagusfasern, die die Belegzellen im Korpus des Magens innervieren, durchschnit- ten werden. Synonyma für die se- lektiv-proximale Vagotomie sind die hochselektive Vagotomie oder die Parietalzell-Vagotomie. Aus Ta- belle 1 geht hervor, daß die rese- zierenden Verfahren eine fast zehnfach höhere Mortalität haben als die beiden Formen der Vagoto- mie.

Die resezierenden Verfahren füh- ren zu einer Herabsetzung der H+-Sekretion um fast 90 Prozent, und zwar sowohl bei der Basalse- kretion als auch bei der Gipfelse- kretion (Tabelle 1). Die selektiv- gastrische und selektiv-proximale Vagotomie vermögen eine Vermin- derung der Basalsekretion um fast 80 Prozent zu bewirken, die Gipfel- sekretion wird nur um etwa 50 Pro- zent herabgesetzt. Da die postope- rative H+-Sekretion sicherlich ein wesentlicher Faktor für die Ent-

wicklung des Rezidivulkus ist, kön- nen diese Werte für die Auswahl des Operationsverfahrens verwandt werden. Danach käme eine Vago- tomie bei einer Gipfelsekretion von über 45 bis 50 mval/Std. nicht in Frage, da mit einer postoperativen Gipfelsekretion von etwa 30 mval/

Std. zu rechnen wäre.

Bei der Beurteilung der Rezidiv- häufigkeit des Ulkusleidens sollten grundsätzlich nur Statistiken heran- gezogen werden, bei denen ein ausreichender Abstand zur Opera- tion, das heißt mindestens fünf Jahre verstrichen sind. Rezidiv- ulzera können unmittelbar nach der Operation, jedoch auch im be- trächtlichen Abstand dazu auftre- ten. Etwa 20 Prozent der Rezidivul- zera entwickeln sich mehr als fünf Jahre nach der Operation. Bei den resezierenden Verfahren ist mit ei- ner Rezidivquote von 3 bis 5 Pro- zent zu rechnen (Tabelle 1). Bei der selektiv-gastrischen Vagotomie schwanken die Zahlenangaben au- ßerordentlich stark und reichen bis 16 Prozent. Ähnliche Verhältnisse finden sich auch bei der selektiv- proximalen Vagotomie, wobei hier einschränkend angeführt werden muß, daß nur wenige postoperative Nachbeobachtungen über fünf Jahre vorliegen. Ein endgültiges Urteil über die Rezidivquote bei diesem Operationsverfahren kann daher noch nicht gefällt werden.

Das Dumping-Syndrom kann eine wesentliche Beeinträchtigung des postoperativen Befindens der Pa- tienten bewirken. Insgesamt leiden bis zu 30 Prozent der resezierten Patienten unter Dumpingbeschwer- den, allerdings nur 1 bis 2 Prozent so schwer, daß eine erneute Opera- tion notwendig wird (Tabelle 2).

Auch die selektiv-gastrische Vago- tomie zeigt eine ähnliche Häufig- keit. Besser schneidet hier die se- lektiv-proximale Vagotomie ab, bei der die Dumpingrate nach bisheri- gen Erfahrungen um 5 Prozent liegt. Schwere Dumpingfälle wur- den bisher noch nicht beobachtet.

Postoperative Diarrhöen werden als typische Folge der Vagotomie

angesehen. Die Aufstellung zeigt jedoch, daß sie auch nach den re- sezierenden Verfahren nicht selten auftreten (Tabelle 2). Während die resezierenden Verfahren und die selektiv-gastrische Vagotomie etwa in gleicher Häufigkeit zu Diarrhöen führen, ergeben sich auch hier für die selektiv-proximale Vagotomie günstigere Verhältnisse. Insgesamt scheint die Durchfallhäufigkeit bei etwa 5 Prozent zu liegen. Schwere Durchfälle wurden bisher noch bei keinem Patienten beobachtet.

Während Verdauungsbeschwerden wie Dumping-Syndrom und Diar- rhöen im Laufe der Zeit abnehmen, entwickeln sich Mangelerscheinun- gen erst relativ spät. Es handelt sich meist um die Entwicklung ei- ner Anämie, um Gewichtsverlust und um Osteopathien. Am häufig- sten werden diese Veränderungen bei Patienten mit Magenteilresek- tion nach Billroth II beobachtet, und zwar bei bis zu 30 Prozent der Pa- tienten. Nach einer Billroth-I-Ope- ration und nach den verschiedenen Formen der Vagotomie sind Man- gelerscheinungen selten. Eine ab- schließende Beurteilung der selek- tiv-proximalen Vagotomie ist dies- bezüglich jedoch bisher noch nicht möglich, da entsprechend lange Beobachtungszeiträume noch nicht vorliegen können. Es ist jedoch nicht zu erwarten, daß die selektiv- proximale Vagotomie hier ungünsti- ger abschneidet als die •übrigen Formen der Vagotomie.

Die Diskussion um das Karzinomri- siko nach Magenoperationen hat lange Zeit zu Kontroversen geführt.

Es scheint heute statistisch gesi- chert, daß nach einer Magenteilre- sektion nach Billroth II das Karzi- nomrisiko nach 15 bis 25 Jahren um etwa das Sechsfache erhöht ist.

Bei den übrigen Operationsverfah- ren ist ein Trend nicht erkennbar.

Nach den aufgeführten Operations- ergebnissen stellen die resezieren- den Verfahren sichere operative Möglichkeiten zur Behandlung des Ulcus duodeni dar. Gegenüber der Vagotomie sind sie belastet mit ei- ner höheren Operationsmortalität

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 3242 Heft 50 vom 9. Dezember 1976

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Aktuelle Medizin

Die Ziffer 6 des letzten Abschnitts Organisatorische und prophylakti- sche Maßnahmen zur Behandlung von Transfusionszwischenfällen über die schrittweise Ausschaltung Rh-positiver Erythrozyten ist in die- ser Formulierung zu kurz und gibt dem Kliniker keine ausreichende Handhabung für eine derartige Si- tuation.

Bei der postpartalen Anti-D-Pro- phylaxe ist man zwar bestrebt, die Beseitigung der Rh-positiven Zel- len möglichst schnell, spätestens 72 Stunden p. p. erreicht zu haben.

Bei so großen Mengen wie nach einer Fehltransfusion ist jedoch die Verhütung einer intravasalen Hämolyse das Wichtigere. Auch um 10 Tage verspätete Anti-D-Prophy- laxen sollen noch wirkungsvoll sein.

Man ist geneigt zu überdosieren.

Damit wird die für Rh nicht typi- sche intravasale Hämolyse bewirkt, weil die so im Überschuß vorhan- denen IgG-Moleküle dann auch eine Komplementaktivierung her- beiführen, wie es sonst nur IgM- Antikörper bei der dichteren An- ordnung von Rezeptoren zum Bei- spiel im ABO-System tun. Bei der i.

m. Anwendung auch großer Men- gen IgG-D besteht wegen der Re- sorptionsverzögerung diese Gefahr nicht. So große IgG-D-Mengen können jedoch schlecht i. m., sie müssen vielmehr i. v. appliziert werden.

Es liegen bis jetzt Erfahrungen vor, die folgende Empfehlung gestatten:

Das meist lyophil gelieferte Präpa- rat ist zunächst in der angegebe-

AUSSPRACHE

nen Elektrolytlösung oder Aqua bi- dest. (meist 2 ml für 200-300 pg) sehr vorsichtig zu lösen. Das dabei zur Beschleunigung gern ange- wandte Schütteln der Ampulle muß unbedingt unterbleiben, es soll langsam im Wasserbad (30°-37 ° C) gelöst werden, um Schäumen beziehungsweise Aggregatbildun- gen zu vermeiden. Diese Lösung wird dann in 5prozentigem Human- albumin so verdünnt, daß 1000 bis 2500 g in mindestens 100 ml sus- pendiert sind. Die Infusion muß langsam erfolgen (Dauertropf), wo- bei die Hälfte der Gesamtdosis auf keinen Fall schneller als innerhalb von zwei Stunden einlaufen soll.

Erst wenn zwei Stunden danach keine Reaktion auftrat, kann die restliche Menge appliziert werden, ebenfalls bei mindestens zwei Stunden Laufzeit (je länger, desto verträglicher).

Es empfiehlt sich, größere Mengen als 2500 ,mag auf mehrere Tage zu verteilen. Die Elimination der Ery- throzyten kann dann sechs bis zehn Tage dauern, sie kommt da- mit der physiologischen Phagozy- toserate von 1 Prozent pro Tag recht nahe. Ein Bilirubinanstieg schon vor drei Stunden nach der ersten Dosis spricht für eine größe- re intravasale Hämolyse (relativ un- empfindlicher Suchtest).

Die benötigte Gesamtmenge er- rechnet sich aus 10 bis höchstens 12 pg für 1 ml Erythrozytensedi- ment bei „Normalpersonen"; bei Kindern muß das kleinere Reak- tionsvolumen unbedingt berück- sichtigt werden (meistens ist nur ein Drittel der Erwachsenendosis nötig).

Ulkus-Chirurgie

und mit einer erhöhten Rate an Folgezuständen, die den Opera- tionserfolg beeinträchtigt. Demge- genüber wird bei der Vagotomie eine höhere Häufigkeit an Rezidiv- ulzera beobachtet. 'Soweit die bis- herigen Ergebnisse eine Beurtei- lung zulassen, hat die selektiv-pro- ximale Vagotomie in bezug auf die Heilung des Grundleidens und das funktionelle Ergebnis die besten

Erfolge.

Abschließend sei noch betont, daß hier kein Negativkatalog zur Bela- stung der Ulkuschirurgie aufge- stellt werden sollte. Es steht ohne Zweifel fest, daß die Ulkuschirurgie einen festen Platz in der Therapie des peptischen Ulkusleiden behal- ten wird. Solange beim Duodenal- ulkus durch die konservative The- rapie keine Rezidivfreiheit erreicht werden kann, ist die Ulkuschirurgie die einzige Möglichkeit, den Patien- ten langfristig von seinem Ulkuslei- den zu befreien. Die Erfahrungen mit neuen Operationsverfahren deuten erfreulicherweise an, daß der Preis, den der Patient in Form von Risiko und Nebeneffekten da- für bezahlen muß, geringer zu wer- den verspricht.

Literatur

Blum, A. L., Fasel, J.: Die elektive Chirur- gie des Ulcus duodeni: ein dreifaches Di- lemma, Dtsch. med. Wschr. 98 (1974) 1033-1038 — Cox, A. G., Alexander-Wil- liams, J. (eds.): Vagotomy an triel, London:

Heinemann 1973 - Johnston, D.: Highly selective vagotomy, Prog. Surg 14 (1975) 1-45 — Price, W. E., Grizzle, J. E., Post- lethwait, R. W., Johnson, W. D., Grabicki, P.: Results of Operation for duodenal ulcer, Surg. Gyn. Obst. 131 (1970) 233-244 — Rick, W., Hausamen, T.-U., Fritsch, W.-P.:

Verdauungsdiagnostik. In: Hollmann, S., Südhof, H. (Hrsg.), Biochemische Befunde in der Differentialdiagnose innerer Krank- heiten. Stuttgart: Thieme 1975

Anschrift für die Verfasser:

Professor Dr. med.

Torsten-Udo Hausamen

Medizinische Klinik der Städtischen Krankenanstalten Dortmund Burhausstraße 40

4600 Dortmund 1

Vermeidung und Behandlung von Transfusionszwischenfällen

Zu einer Bekanntgabe

des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer in Heft 37/1976, Seite 2315-2318

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 50 vom 9. Dezember 1976 3243

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