Deutsches Ärzteblatt
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17. Dezember 2010 A 2505 chiatrie, Psychotherapie und Ner-venheilkunde, als „Primärarzt“ zu gelten, verwendet.
Das bedarf einer Richtigstellung:
Fachärzte für Psychiatrie und Ner- venärzte fordern weiterhin vehement aufgrund der immer noch vorhande- nen Stigmatisierung psychischer Störungen in der grundsätzlichen Diskussion um die Einführung von Primärarztmodellen, dass das Erst- zugangsrecht für Patienten zum Psychiater und Nervenarzt erhalten bleiben muss.
Eine Überweisung zum Psychiater oder Nervenarzt wird zwar mittler- weile insbesondere bei jüngeren Pa- tienten eher akzeptiert als früher, und es wird auch häufiger eine Überweisung zur Vermeidung der Praxisgebühr beim Hausarzt einge- fordert.
Es ist aber nach wie vor so, dass Patienten mit psychischen Störun- gen den Arztbrief des Psychiaters
nicht beim Hausarzt sehen wollen, bei dem die Medizinische Fachan- gestellte zum Beispiel eine Ver- wandte eines Vereinskollegen oder Nachbarn ist. Die Schwelle zur In- anspruchnahme psychiatrischer Hilfe darf nicht noch erhöht wer- den.
Des Weiteren fordern die Verbände, dass Psychiater und Nervenärzte Lotsenfunktion in der Behandlung psychischer und hirnorganischer Störungen übernehmen. Die enor- men primären und sekundären Krankheitskosten durch psychische Störungen, wie sie seit Jahren in al- len Gesundheitsberichten verschie- dener Institutionen immer wieder festgestellt werden, sind auch ein Hinweis auf den Optimierungsbe- darf der Behandlungswege der be- troffenen Menschen.
Dr. med. Christa Roth-Sackenheim, 1. Vorsitzen- de des Berufsverbandes Deutscher Psychiater (BVDP), 56626 Andernach
HOMÖOP ATHIE
Politiker fordern, die Homöopathie aus dem GKV-Katalog auszuschließen (DÄ 30/2010: „Alternati- ve Therapieverfah- ren: Homöopathie in der Kritik“ von Marc Meißner).
Breitere Anwendung senkt Kosten
. . . Bis zu den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts gab es nur ei- ne erfahrungsgestützte Medizin.
1946 empfahl David Sackett den kontrollierten Versuch, um die Er- fahrung zu ergänzen, aber nicht zu ersetzen, denn die statistische Aus- wertung solcher Studien ergibt nur Wahrscheinlichkeiten, keine Ge- setzmäßigkeiten. Außerdem ist fast keine Studie methodisch bedingt fehlerfrei! Das ist die Basis der be-
O ÖO
P H d a 3 v r der Kritik“von Marc
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17. Dezember 2010 weisgestützten Medizin, englischEvidence based Medicine.
Da es sich dabei nicht um Beweise, sondern nur um statistische Wahr- scheinlichkeiten handelt, sollte man besser von Probability based Medi- cine, also wahrscheinlichkeitsge- stützter Medizin sprechen.
Die erste brauchbare Metaanalyse von Kleijnen, Knipschild und ter Riet (1991) wertete 105 homöopa- thische Studien aus. Die Autoren stellten fest, dass danach die Wirksamkeit der Homöopathie be- wiesen sei. Da aber der Wirkme- chanismus nicht verstanden wur- de, seien weitere Studien nötig.
Hier zeigt sich das entscheidende wissenschaftstheoretische Pro- blem, wie es von dem Amerikaner Thomas Kuhn formuliert wurde.
Nach dem Paradigma der Schul- medizin wirkt eine Arznei nur chemisch im Körper. Bei den ho- möopathischen Medikamenten muss man aber eine physikalische Information zur Umsteuerung der krankhaften Regulationsvorgänge annehmen. Dieser Paradigmen- wechsel wird aber von den Vertre- tern der Allopathie bisher verwei- gert . . .
Die Homöopathie bewährt sich täg- lich in der Praxis, wie kürzlich Prof.
Witt an mehr als 1 000 Patienten in einer Studie zeigen konnte. Das wissen nicht nur die Patienten, son- dern auch die Politiker, weshalb die homöopathischen Ärzte bei ihnen offene Türen finden. Bei einer brei- teren Anwendung dieser Heilme- thode könnten die Kosten im Ge- sundheitswesen entscheidend ge- senkt werden.
Dr. med. Karl-Heinz Gebhardt, Ehrenvorsitzender des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte, 76137 Karlsruhe
Hokuspokus
Es geht doch gar nicht um die „we- niger als neun Millionen Euro für homöopathische Mittel“, die die GKV 2008 ausgegeben hat, es geht um Redlichkeit in der Medizin, um Überprüfbarkeit, um die unver- ständlich hochdotierten GOÄ-Zif- fern 30 und 31 und die Adelung der Homöopathie durch die Aufnahme in den fakultativen Weiterbildungs- katalog und damit letztlich die Er- stattung eines paradoxen unbewie- senen Konzepts zulasten der Soli- dargemeinschaft der Versicherten.
Die Forderung von Prof. Dr. med.
Karl Lauterbach besteht (in diesem Punkt jedenfalls) zu Recht! Wer es noch nicht weiß: Die Grundannah- men der Homöopathie sind längst widerlegt und eine Wirksamkeit, die über ein Placebo hinausginge, in nunmehr 200 Jahren nicht darge- tan. Interessierten sei der Bericht von Fritz Donner über die Überprü- fung der Homöopathie ans Herz ge- legt (www.kwakzalverij.nl/
699/Der_Donner_Bericht). Pikan- terweise war es das DÄ selbst, das durch den Beitrag von Hans-Joa- chim Krämer und Ernst Habermann (DÄ 26/1997 vom 27. Juni 1997, S.
A1811–2) bestätigte, dass Chinarin- de eben nicht malariaähnliche Symptome beim Gesunden hervor- ruft. Damit aber verflüchtigt sich die Chimäre Homöopathie wie eine zu D30 „potenzierte“ Substanz. Wir sollten endlich sprechende Medizin und Zuwendung besser honorieren, anstatt Hokuspokus des 18. und 19.
Jahrhunderts und damit vorwissen- schaftliche Medizin zu perpetuie- ren.
apl. Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Christoph J. G.
Lang, Neurologische Universitätsklinik, 91054 Erlangen
GROSS BRIT A NNIEN
Unkenntnisse über die Anforderungen an einen Notdienst- einsatz können die berufliche Existenz gefährden (DÄ 36/
2010: „Ad-hoc- Dienste in Großbritannien: Andere Län- der, andere Sitten“ von Herwig Bret- schneider).
Klimawandel
Den Ausführungen des Kollegen Bretschneider möchte ich als Rück- kehrerin einiges, hoffentlich hilfrei- ches, hinzufügen.
Auf eine Bereitstellung der ärztli- chen Ausrüstung ist kein Ver- lass. Insbesondere die Kleinigkeiten – RR-Gerät, Otoskop, Thermome- ter, zusätzlich zum Stethoskop – sollte man schon selbst mitnehmen.
Jeder Patient, insbesondere Klein-
kinder, muss gänzlich untersucht, und der Befund peinlichst genau dokumentiert werden. So, wie in Deutschland, gilt als nicht durchge- führt, was nicht dokumentiert ist, nur ist die Klagehäufigkeit sehr viel höher. Auch negative Befunde müs- sen dokumentiert werden!
Anweisungen an die Patienten zum weiteren Prozedere müssen gege- ben und dokumentiert werden. Man darf sich nicht darauf verlassen, dass der Patient Verschlechterung/
Komplikationen erkennt und sich wieder meldet.
In den MVZ kann es einem wider- fahren, dass die Patienten durch längere Wartezeiten verärgert sind. Bekommen sie dann eine an- dere Behandlung/ein anderes Präpa- rat als sie wollten, so kann es zur Beschwerde kommen. Am besten entschuldigt man sich gleich beim Aufrufen des Patienten für die War- tezeit.
Überhaupt spielen die Wünsche und Erwartungen der Patienten eine ver- stärkte Rolle – bis hin zu der Frage des Arztes an den Patienten, ob die- ser denn weiß, woher seine Symp- tome kommen könnten!
Nicht zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass das politische und wirtschaftliche Klima sich gegen die Beschäftigung auslän- discher Ärzte im Allgemeinen, und Deutscher insbesondere, wendet. Die NHS erfährt peu à peu dieselben Engpässe, wie das deutsche Gesundheitssystem, die Gelder werden ab 2011 eingefro- ren. Im letzten Rundschreiben des General Medical Council (GMC) wurde bedauernd darauf hinge- wiesen, dass man gesetzlich nicht in der Lage sei, die ausländischen Ärzte einer strengeren Prüfung zu unterziehen, aber daran werde ge- arbeitet! . . .
Linda Tennant-Roland, 55257 Budenheim
G OSS
U d a e b g 2 Dienste inGroßbritan