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Der Energietransport durch elektrische Str¨ome und elektromagnetische Felder in verschiedenen Darstellungen

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Academic year: 2021

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Der Energietransport

durch elektrische Str¨ ome und elektromagnetische Felder in verschiedenen Darstellungen 1

Ein Beispiel f¨ ur das Zusammenspiel

zwischen Erfahrung und Konvention bei der physikalischen Begriffsbildung

Udo Backhaus

Fachbereich Physik der Universit¨ at Osnabr¨ uck

1Dem Andenken an Prof. Dr. Klaus Sch¨afer gewidmet

(2)
(3)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 1

2 Vom Fließen physikalischer Gr¨ oßen 9 2.1 Physikalische Fl¨ usse bei statischen und station¨ aren Vorg¨ angen 9

2.2 Grundlagen . . . 10

2.2.1 Empirische Grundlagen . . . 10

2.2.2 Interpretationen . . . 10

2.2.3 Suggestionen . . . 12

2.3 Probleme . . . 13

2.3.1 Fachliche Probleme . . . 13

2.3.2 Didaktische Probleme . . . 14

3 Energie im elektromagnetischen Feld 17 3.1 Vorbemerkungen . . . 17

3.2 Maxwell-Gleichungen und elektrodynamische Potentiale . . . . 18

3.3 Poyntingscher Satz . . . 19

3.4 Alternative Darstellungen . . . 21

3.4.1 Hines-Darstellung . . . 22

3.4.2 Lai-Darstellung . . . 23

3.4.3 Neue Darstellung . . . 24

3.5 Unentscheidbarkeit . . . 24

3.6 Gegen¨ uberstellung der Bilder . . . 27

4 Gleichstr¨ ome und quasistat. Str¨ ome 33 4.1 Poynting-Bild . . . 35

4.2 Lai-Bild . . . 35

4.3 Hines-Bild . . . 37

4.4 Neues Bild . . . 37

5 Transformatoren 41 5.1 Vorbemerkungen . . . 41

iii

(4)

5.2 Zylindrischer Transformator . . . 42

5.2.1 Berechnung der elektrischen und magnetischen Felder . 42 5.2.2 Poynting-Bild . . . 44

5.2.3 Neues Bild . . . 46

5.3 Langgestreckter Transformator . . . 48

5.3.1 Poynting-Bild . . . 49

5.3.2 Hines-Bild . . . 50

6 Zwei-Platten-Wellenleiter 53 6.1 Berechnung der Felder und Potentiale . . . 53

6.2 Energiestr¨ omung in Lorentz-Eichung . . . 54

6.3 Andere Potentiale in Lorentz-Eichung . . . 56

6.4 Verallgemeinerungen . . . 57

6.4.1 Beliebiger Leitungsquerschnitt . . . 57

6.4.2 Ebene Wellen . . . 58

7 Hertzscher Dipol 61 7.1 Berechnung der Felder und Potentiale . . . 61

7.2 Details der Energiestr¨ omung . . . 63

7.3 Energieabstrahlung . . . 68

8 Zusammenfassung und Diskussion 71

Literatur 77

Danksagung 81

Anhang: Formelsammlung 83

(5)

Kapitel 1 Einleitung

Physik wird von Menschen f¨ ur Menschen gemacht, um Vorg¨ ange in unserer nat¨ urlichen und technischen Umwelt beschreiben, erkl¨ aren, vorhersagen und beeinflussen zu k¨ onnen. Die Aussagen der Physik fassen vielf¨ altige Erfah- rungen zusammen und ordnen sie in ein umfassendes theoretisches System ein. Dabei gehen physikalische Aussagen immer auch ¨ uber die unmittelba- re Erfahrung hinaus. Deshalb greifen bei der Bildung physikalischer Begriffe empirische Erfahrungen und konventionelle Entscheidungen ineinander.

Die wissenschaftstheoretische Diskussion des Verh¨ altnisses zwischen Ph¨ ano- menen, physikalischen Begriffen und physikalischer Theorie hat die Entwick- lung der neuzeitlichen Physik von ihrem Beginn an begleitet. Diese Diskussi- on soll hier nicht dargestellt werden. Stattdessen beschr¨ anke ich mich darauf, die dieser Arbeit zugrunde liegende Position, die sich eng an Wagenschein (siehe insbesondere [52]) und Jung [20] anlehnt, thesenartig zusammenzufas- sen:

Die elementare Physikausbildung dreht sich um physikalische Begrif- fe, mit denen sich Ph¨ anomene in der Wahrnehmungswelt beschreiben lassen. In diesem Sinne bilden die Ph¨ anomene die Grundlage physika- lischer Theorien.

Andererseits kann nicht bestritten werden, daß die Interpretation von Ph¨ anomenen und die Aufmerksamkeit, die ihnen zuteil wird, von den Vorerfahrungen und Erwartungen abh¨ angen, also theoriegeleitet sind:

Was ein Mensch sieht, h¨ angt sowohl davon ab, worauf er blickt, wie davon, worauf zu sehen ihn seine visuell-begriffliche Erfahrung gelehrt hat.“ ([22], S. 125).

Diese beiden Aussagen fließen in der ¨ Uberzeugung zusammen, daß Ph¨ anomene und Begriffe sich gemeinsam entwickeln. Das ¨ andert nichts

1

(6)

an der Wagenscheinschen Grund¨ uberzeugung, die von Jung ([20], S.

13) folgendermaßen zusammengefaßt wird:

Die Begriffe vor den Ph¨ anomenen lehren, heißt, leere Worte lehren, H¨ ulsen ohne Inhalt. Theorien lehren, ohne zu lehren, aus welchen Ph¨ anomenen sie herauswachsen, worauf sie sich beziehen und was sie in der Ph¨ anomenwelt leisten, ist Schein- wissen. Man kann mit diesen leeren Begriffen spielen lernen, und man kann sogar abfragen, welche Z¨ uge dieses Spiels der Befragte beherrscht - vielleicht sehr viele. Das h¨ ort sich dann so an, als habe einer Physik gelernt.“

Diese Positionen k¨ onnen in der folgenden didaktischen Konsequenz zu- sammengefaßt werden ([20], S. 35): Jede Theorie sollte so lange und so fest wie m¨ oglich in der Alltags- und Erfahrungswelt der Lernenden verankert werden. Dabei sollte dem Lernenden jedoch der Unterschied zwischen dem Ph¨ anomen auf der einen Seite und der Verwendung des Ph¨ anomens in der Theorie auf der anderen Seite klar werden. Er kann ganz gut verstehen, daß es keinen zwingenden Weg von den Ph¨ anome- nen zur Theorie gibt. Theorie ist immer eine produktive Antwort auf die Ph¨ anomene!

In dieser Arbeit soll das Zusammenspiel zwischen Erfahrung und Konven- tion, zwischen Ph¨ anomen und Theorie am Beispiel einer bekannten physika- lischen Begriffsbildung untersucht werden: am Beispiel des Flusses extensiver physikalischer Gr¨ oßen. Dabei konzentriere ich mich auf den Fluß der Ener- gie durch elektromagnetische Anordnungen und Felder. Einerseits ist man durch die Diskussion von Problemen des Energietransportes mit der Vor- stellung vertraut, daß Energie sich bewegen, fließen kann. Andererseits ist diese Vorstellung aber doch nicht so fest verankert wie z.B. die vom Fluß elektrischer Ladung, vom elektrischen Strom also. Dadurch ist es, so hoffe ich, leichter m¨ oglich, eine Sensibilit¨ at f¨ ur die konventionellen Aspekte dieser Fließvorstellung zu erzeugen.

Der Energiebegriff spielt im Physikunterricht der allgemeinbildenden Schu-

len in den letzten Jahren eine st¨ andig wachsende Rolle, die sich in dem im-

mer gr¨ oßeren Raum widerspiegelt, der diesem Begriff in den Lehrpl¨ anen ein-

ger¨ aumt wird. Ein Anlaß daf¨ ur war sicher die Energiekrise der Jahre 1973/74,

in der die Abh¨ angigkeit insbesondere der westlichen Welt von einer ungehin-

derten Energiezufuhr einer breiten ¨ Offentlichkeit bewußt wurde. Mindestens

ebenso wichtig aber ist wohl die Bedeutung, die der Energie als struktu-

rierendem und die Teilgebiete der Physik verbindendem Begriff zugewiesen

(7)

3 wird. Eine entscheidende Rolle spielt sicher auch die sich immer mehr durch- setzende ¨ Uberzeugung, daß die Energie, verglichen mit den Gr¨ oßen

” Kraft“

und ” Arbeit“, die anschaulichere physikalische Gr¨ oße ist, von der Sch¨ uler be- reits vorwissenschaftlich ein Vorstellung haben, die sich weitgehend mit der wissenschaftlichen Bedeutung deckt.

Wurde die Energie fr¨ uher als eine Art Bilanzierungsgr¨ oße eingef¨ uhrt, die den Ablauf von Prozessen steuert (vielleicht an sch¨ onsten dargestellt von Feynman in seinem

” Kl¨ otzchen-Bild“ ([10], S. 4-1f)), so beruht heute ih- re Anschaulichkeit auf der Betonung ihres extensiven Charakters und ihrer Mengenartigkeit. Diese Eigenschaft hat n¨ amlich zur Folge, daß man sich vor- stellen kann, Energie sei in einem K¨ orper enthalten und sie werde zwischen K¨ orpern ausgetauscht.

Die dem Energiebegriff zugrundeliegende allgemeine Erfahrung beschreibt Robert Mayer ([30], S. 3) folgendermaßen:

Soll eine ruhende Masse in Bewegung gesetzt werden, so ist da- zu ein Aufwand von Kraft erforderlich. Eine Bewegung entsteht nicht von selbst; sie entsteht aus ihrer Ursache, aus der Kraft.

Ex nihilo nil fit. Ein Objekt, das, indem es aufgewendet wird, Bewegung hervorbringt, nennen wir Kraft. Die Kraft als Bewe- gungsursache, ist ein unzerst¨ orliches Objekt. Es entsteht keine Wirkung ohne Ursache; keine Ursache vergeht ohne entsprechen- de Wirkung. Ex nihilo nil fit. Nil fit ad nihilum. Die Wirkung ist gleich der Ursache. Die Wirkung der Kraft ist wiederum Kraft.“

Im physikalischen Sinne konkretisiert geh¨ oren dazu Erfahrungen, daß eine

” Wirkung“ wie das W¨ armer- oder Schnellerwerden eines K¨ orpers immer ein- hergeht mit einer

” Ursache“, z.B. der Abk¨ uhlung eines anderen K¨ orpers, sei- nem Herabsinken oder einer k¨ orperlichen Anstrengung. Bei der Bildung des Energiebegriffes konzentriert man sich (statt auf den intensiven Aspekt der zu Gr¨ oßen wie

” Temperatur“ und

” Druck“ f¨ uhrt) auf den extensiven Aspekt

der Ph¨ anomene, insbesondere auf die Erfahrung, daß durch eine doppelte

Ursache (gleiche Zustands¨ anderung zweier gleicher K¨ orper) eine gr¨ oßere Wir-

kung erzielt wird. (Das Zusammenspiel von Konvention und Erfahrung bei

der Bildung physikalischer Begriffe wird z.B. von Stegm¨ uller [49] beschrieben,

siehe auch [1]). Die durch Idealisierung tats¨ achlicher Erfahrungen gewonnene

Uberzeugung von der Reversibilit¨ ¨ at mechanischer Vorg¨ ange f¨ uhrt dazu, eine

Erhaltungsgr¨ oße zu konstruieren. (In Feynman’s Kl¨ otzchen-Bild wird dieser

Konstruktionsvorgang veranschaulicht. In [45] z.B. wird angedeutet, wie er

den Leitfaden bei der Bildung des Energiebegriffes im Schulunterricht bilden

kann.)

(8)

Die Unanschaulichkeit von Fernwirkungen, die ¨ Uberzeugung also, daß sich Wirkungen nur kontinuierlich durch den Raum fortpflanzen k¨ onnen, f¨ uhrt schließlich dazu, Energieerhaltung nicht nur global, sondern auch lokal an- zunehmen und den Energieaustausch zwischen zwei Systemen deshalb durch einen Energiefluß zu beschreiben.

Obwohl die Details dieses Flusses noch weiter ¨ uber die zugrundeliegen- den einfachen Ph¨ anomene hinausgehen als ihre Beschreibung durch den Aus- tausch von Energie, ist dar¨ uber im elektromagnetischen Fall schon fr¨ uh ein weitgehender Konsenz erreicht worden: Bei elektromagnetischen Vorg¨ angen wird der Energiefluß durch den Poynting -Vektor S = E × H beschrieben ([36]). Man ist mit dieser Beschreibung noch niemals in Widerspruch zur Erfahrung geraten. Ihre Aussagen widersprechen aber in vielen F¨ allen der unvoreingenommenen Erwartung:

Ein elektrisch geladener K¨ orper in einem homogenen Magnetfeld ist von ringf¨ ormigen Energiestr¨ omen umgeben.

In einem Stromkreis fließt die Energie nicht durch die stromf¨ uhrenden Kabel. Sie str¨ omt stattdessen außerhalb der Kabel an ihnen entlang.

Die Details der Energiestr¨ omung h¨ angen von der Umgebung des Strom- kreises ab: Ein zweiter, von ersten galvanisch getrennter Stromkreis kann sogar dazu f¨ uhren, daß die Verbraucher beider Kreise ihre Ener- gie von der Quelle des jeweils anderen Kreises erhalten (siehe Abb. 4.7).

In der Umgebung einer sendenden Antenne str¨ omt die Energie nicht nur in radialer, sondern auch in meridonaler Richtung. Zeitweilig str¨ omt sie sogar zur Antenne hin.

Trotz der Unanschaulichkeit solcher Aussagen wird die Richtigkeit dieser Darstellung, meist ohne n¨ ahere Begr¨ undung, behauptet:

Diese mysteri¨ ose zirkulierende Energiestr¨ omung, die zun¨ achst so l¨ acher- lich erschien, ist absolut notwendig.“ ([11], S. 27-17)

Das kindliche Modell von den energiebeladenen Elektronen, welche die elektrische Energie gleichsam vom Erzeuger zum Verbraucher tragen, geht weit an der Wirklichkeit vorbei.“ ([37], S. 48)

Oft werden die Aussagen der Poynting schen Darstellung des elektromagne- tischen Energieflusses einge¨ ubt, ohne daß Alternativen diskutiert werden.

Zweifelnde Sch¨ uler werden mit Scheinargumenten zum Schweigen gebracht:

(9)

5

Erg¨ anzungsfrage: ,Wer transportiert die Energie im Leiter?’

Antwort: ,Die Elektronen’ (ca. 70% (der Sch¨ uler)).

Erg¨ anzungsfrage: ,Worin unterscheiden sich die Elektronen als ,Energietr¨ ager’, wenn sie a) zun¨ achst vom Minuspol der Energie- quelle zur Lampe und b) sodann von der Lampe zum Pluspol der Energiequelle fließen?’

Ergebnis: Daß die Energie nicht mit den Elektronen zur Energie- quelle zur¨ uckfließt, war nach der Diskussion allen Sch¨ ulern klar und nachfolgend der Widerspruch, daß sich Elektronen voneinan- der unterscheiden sollen, je nachdem ob sie vor oder hinter der Lampe fließen sollen.“ ([42], S. 272)

Zielfrage 4b: Was bedeuten die Begriffe Lageenergie bzw. poten- tielle Energie?

Antwort 4b: Diejenigen Sch¨ uler, die zuvor noch diese Begriffe ver- wendet und damit die Vorstellung verbunden hatten, das hochge- hobene Kreidest¨ uck m¨ usse sich - weil es ja potentielle Energie ,hat’ und Arbeit verrichten k¨ onne - ,irgendwie’ ge¨ andert haben, brachten sich selbst zur Einsicht, daß potentielle Energie nichts anderes als gravitative Feldenergie ist.“ ([42], S. 283)

In dieser Arbeit gehe ich der Frage nach, ob die Poynting sche Darstellung des Energieflusses durch elektromagnetische Felder tats¨ achlich eine notwen- dige Folge der Mengenartigkeit der Energie ist oder ob sie nicht vielmehr auf weiteren konventionellen Entscheidungen beruht. Wenn das der Fall ist - und das ist das Ergebnis dieser Arbeit -, dann scheint es mir besser, das lernten die Sch¨ uler. Das Nachdenken ¨ uber die empirischen Grundlagen und die Dis- kussion m¨ oglicher Alternativen bietet eine g¨ unstige Gelegenheit, etwas ¨ uber Physik zu lernen.

In Kapitel 2 werden zun¨ achst die Vorstellung vom Fluß physikalischer Gr¨ oßen und ihre Grundlagen allgemein erl¨ autert. Dabei soll deutlich werden, daß die hier diskutierten Fragen nur Spezialf¨ alle von Problemen darstellen, die bei der Einf¨ uhrung aller extensiven Gr¨ oßen auftreten. Die Aussagen dieses Kapitels werden in Kapitel 3 am Beispiel der Energie konkretisiert, und zwar insbesondere anhand der Energie¨ ubertragung mit Hilfe elektrischer Str¨ ome und elektromagnetischer Felder. Dabei wird an einen Umstand erinnert, der zwar lange bekannt, aber anscheinend fast vergessen ist:

Ehe wir uns mit einigen Anwendungen der Poyntingschen Formeln

. . . besch¨ aftigen, m¨ ochten wir sagen, daß wir sie nicht wirklich ,bewie-

sen’ haben. Wir haben lediglich ein m¨ ogliches u und ein m¨ ogliches S

(10)

gefunden. . . . De facto gibt es unendlich viele verschiedene M¨ oglichkei- ten f¨ ur u und S, und bisher hat noch niemand ¨ uber eine experimentelle oglichkeit nachgedacht, mit der man sagen k¨ onnte, welche die richtige ist.“ ([11], S. 27-8)

Die Frage, inwieweit andere L¨ osungen . . . ebenfalls sinnvoll sind, ist bisher kaum diskutiert worden. Man begn¨ ugt sich allenthalben mit der durch (den Poyntingschen Ausdruck) gegebenen einfachsten L¨ osung, denn S ist sowieso nicht direkt meßbar.“ ([37], S. 48)

Die Unbestimmtheit, mit der Ausdr¨ ucke f¨ ur die Energiedichte u und die Ener- giestromdichte S aus der Kontinuit¨ atsgleichung f¨ ur die Energie (der Forde- rung nach lokaler Energieerhaltung) gefolgert werden k¨ onnen, wird benutzt, der Poynting schen Darstellung des Energieflusses in elektromagnetischen Fel- dern drei Alternativen gegen¨ uberzustellen, von denen zwei bereits in der Lite- ratur diskutiert wurden. Außerdem werden Argumente diskutiert, mit deren Hilfe die M¨ oglichkeit alternativer Darstellungen bestritten wird. Es wird ge- zeigt, daß diese Argumente fehlerhaft (z.B. [53]) oder unvollst¨ andig (z.B. [12]) sind oder starke zus¨ atzliche konventionelle Forderungen darstellen (z.B. [5]).

Dadurch ¨ uberzeugt, daß die Diskussion von Alternativen zur Poynting- schen Darstellung legitim ist, werden in den n¨ achsten Kapiteln Folgerun- gen aus den verschiedenen Darstellungen miteinander verglichen. In Kapi- tel 4 wird zun¨ achst der Energietransport durch Gleichstr¨ ome und langsam ver¨ anderliche Str¨ ome untersucht. Dabei zeigt sich, daß es m¨ oglich ist, bei statischen Problemen die Energiefl¨ usse zum Verschwinden zu bringen und bei station¨ aren Str¨ omen den Energiefluß in den Kabeln zu lokalisieren. Ge- speichert wird dann die Energie in elektrisch geladenen K¨ orpern (

” potentielle Energie elektrischer Ladungen“) und in stromf¨ uhrenden Dr¨ ahten (

” potenti- elle Energie elektrischer Str¨ ome“).

In Kapitel 5 wird der Energiefluß durch einen Transformator untersucht.

Dieses Problem ist in den letzten Jahren in mehreren Arbeiten behandelt

worden - allerdings nur vom Poynting schen Standpunkt aus. Der Transfor-

mator spielt f¨ ur diese Arbeit insofern eine gewisse Rolle, als durch ihn Ener-

gie von einem Generator in den Verbraucher eines von ihm galvanisch ge-

trennten Stromkreises gelangt. Im Gegensatz zu den Ergebnissen der meisten

Ver¨ offentlichungen zeigt sich, daß die Energie in der Poynting -Darstellung im

wesentlichen um den Transformator herumfließt, der Transformator also an

der Energie¨ ubertragung gar nicht beteiligt ist. Es ist aber m¨ oglich, durch eine

alternative Darstellung den Energiefluß entsprechend der Erwartung zu loka-

lisieren. Die Energie geht dann von den Wicklungen der Prim¨ arspule auf die

der Sekund¨ arspule ¨ uber. Beim Transformator mit geschlossenem Eisenkern

(11)

7 kann man eine Darstellung finden, die den Energiefluß - in vollkommener Analogie zur elektrischen Zweidrahtleitung - in den Schenkeln des Eisenker- nes lokalisiert.

In den beiden letzten Kapiteln werden hochfrequente Felder untersucht.

In Kapitel 6 zeigt sich, daß auch bei Hochfrequenzwellenleitern Energiedich- te und -str¨ omung in den Leitern lokalisiert werden k¨ onnen. Als Beispiel f¨ ur die Energie¨ ubertragung durch elektromagnetische Wellen wird in Kapitel 7 die Energieabstrahlung eines Hertz schen Dipoles behandelt. Nat¨ urlich fließt dabei in allen Darstellungen die Energie durch Vakuum. Die alternativen Darstellungen unterscheiden sich jedoch in den Details wesentlich vom Poyn- ting -Bild und sind z.T. deutlich weniger komplex. Im Extremfall ist beim har- monisch schwingenden Dipol die Stromdichte ¨ uberall (d.h. auch im Nahfeld) radial nach außen gerichtet und - ebenso wie die Energiedichte - zeitlich kon- stant. Es scheint so, als er¨ offneten selbst diese Unterschiede keine M¨ oglichkeit, experimentell zwischen den verschiedenen Alternativen zu unterscheiden.

In der abschließenden Diskussion pl¨ adiere ich daf¨ ur, die Aufmerksamkeit der Lernenden st¨ arker auf die empirische Basis physikalischer Aussagen zu konzentrieren und dabei deutlich zu machen, daß die Ph¨ anomene verschiede- ne M¨ oglichkeiten zu ihrer Beschreibung und Interpretation offenlassen. Wenn jedoch die Mengenartigkeit der Energie betont wird, wird man kaum verhin- dern k¨ onnen, daß sich Lernende detaillierte Vorstellungen ¨ uber die Loka- lisierung der Energie machen. Es ist dann sinnvoll, mehrere M¨ oglichkeiten anzudeuten und Argumente f¨ ur eine begr¨ undete Entscheidung anzubieten.

Einfachheit und Anschaulichkeit sind Beispiele solcher Argumente.

(12)
(13)

Kapitel 2

Vom Fließen physikalischer Gr¨ oßen

2.1 Physikalische Fl¨ usse bei statischen und station¨ aren Vorg¨ angen

Nach Falk und Herrmann ([8], S. 24) offenbaren

” klassische und moderne Physik, aber auch unterschiedliche Ge- biete der Physik, . . . eine auffallende Einheitlichkeit, wenn man als Fundamentalbegriffe mengenartige Gr¨ oßen verwendet. . . . Das Wort mengenartig bedeutet, daß die Gr¨ oße als eine Art Sub- stanz gedacht werden darf, daß sie an unterschiedlichen Stellen im Raum sein kann, kurz, daß es eine Dichte zu ihr gibt und daß sie str¨ omen kann, es also einen Strom der Gr¨ oße gibt. Beispiele solcher Gr¨ oßen sind: Energie, Impuls, Drehimpuls . . . .“

Zum Beispiel lassen sich auf den ersten Blick so verschieden aussehende Vorg¨ ange wie das Leuchten einer Lampe in einem Stromkreis und das Ziehen eines Klotzes ¨ uber eine rauhe Oberfl¨ ache v¨ ollig analog beschreiben, wenn man die beobachtbaren Ph¨ anomene wie W¨ armeentwicklung, mechanische Span- nungen, elektrische Felder usw. auf das Fließen von Energie und elektrischer Ladung bzw. Impuls zur¨ uckf¨ uhrt.

In beiden F¨ allen gibt es dann einen offenen Strom (n¨ amlich der Ener- gie) und einen geschlossenen (divergenzfreien) Strom (der Ladung bzw. des Impulses).

Wenn man sich auch - zumindest beim elektrischen Stromkreis - an solche Str¨ omungsbilder gew¨ ohnt hat, so sind sie doch insofern ¨ uberraschend, als bei den Vorg¨ angen selbst entsprechende Bewegungen nicht zu beobachten sind.

9

(14)

Abbildung 2.1: Energiestrom und

” Tr¨ agerstrom“ bei verschiedenen physika- lischen Vorg¨ angen, dem Leuchten einer Gl¨ uhlampe in einem Stromkreis (links) und dem Ziehen eines Klotzes ¨ uber eine rauhe Unterlage

Ladung und Impuls ¨ andern sogar an keiner Stelle der Versuchsanordnung ihren Wert. Im folgenden werden einige Anmerkungen zu der fachlichen Pro- blematik dieser Beschreibung gemacht und weitere Gesichtspunkte genannt, die bei der fachdidaktischen Diskussion dieser Betrachtungsweise ber¨ ucksich- tigt werden m¨ ussen.

2.2 Grundlagen

2.2.1 Empirische Grundlagen

Die Erfahrung zeigt, daß bei der Wechselwirkung zweier Systeme S und S

die Energie E und einige andere extensive Gr¨ oßen G

1

, G

2

, . . . insgesamt ihren Wert nicht ¨ andern.

E ˙ + ˙ E

= 0 und G ˙

i

+ ˙ G

i

= 0. (2.1) Zwischen den ¨ Anderungen der verschiedenen Gr¨ oßen bestehen folgende Be- ziehungen (Gibb’sche Fundamentalform der Systeme):

E ˙ = k

1

G ˙

1

+ k

2

G ˙

2

+ . . . und E ˙

= k

1

G ˙

1

+ k

2

G ˙

2

+ . . . (2.2)

2.2.2 Interpretationen

Die physikalische Beschreibung der Wechselwirkung geht jedoch ¨ uber diese

Gleichungen hinaus, indem die Abnahme einer Gr¨ oße G beim einen und die

(15)

2.2. GRUNDLAGEN 11

Abbildung 2.2: Beschreibung zweier Systeme durch extensive Gr¨ oßen

Abbildung 2.3: Beschreibung der Wechselwirkung zweier Systeme durch die Anderung extensiver Gr¨ ¨ oßen und dazu geh¨ orende Fl¨ usse entsprechende Zunahme beim anderen System als Austausch dieser Gr¨ oße zwischen den Systemen interpretiert, die ¨ Anderung der Gr¨ oße also auf einen Zu- oder Abfluß mit der Stromst¨ arke I

G

zur¨ uckgef¨ uhrt wird (Abb. 2.3).

E ˙ + I

E

= 0 und G ˙

i

+ I

Gi

= 0 (2.3) Entsprechend (2.2) ist dann die Energiestromst¨ arke mit den Stromst¨ arken der anderen Gr¨ oßen verkn¨ upft:

I

E

= k

1

I

G1

+ k

2

I

G2

+ . . . (2.4) Dar¨ uberhinaus stellt man sich vor, Gr¨ oße und dazugeh¨ orende Str¨ omung seien mit den Dichten ρ

G

und j

G

im Raum verteilt, man k¨ onne also nicht nur sagen, daß die Gr¨ oße ausgetauscht werde, sondern sogar, wie das geschehe (Abb. 2.4):

Die makroskopisch an den Systemen festgestellte Erhaltung der Gr¨ oßen

wird auch mikroskopisch vorausgesetzt. Deshalb m¨ ussen Dichte und Strom-

(16)

Abbildung 2.4: Detaillierte Beschreibung des Gr¨ oßenflusses durch Stromdich- te und Dichte (die durch unterschiedlich dichte Punktierung gekennzeichnet wird)

dichte die Kontinuit¨ atsgleichung erf¨ ullen:

˙

ρ

G

+ ∇ · j

G

= 0 (2.5)

2.2.3 Suggestionen

Diese der Hydrodynamik entlehnte Beschreibung weckt Assoziationen, die sehr anschaulich sind, fachlich aber nur zum Teil gerechtfertigt werden k¨ onnen:

Die Einf¨ uhrung von Dichte und Stromdichte erweckt den Eindruck, diese Gr¨ oßen seien eindeutig bestimmt.

Die Sprechweise vom Gr¨ oßenstrom leistet der Vorstellung von

” Indivi- duen“ oder

” Paketen“ Vorschub, die sich mit meßbarer Geschwindigkeit bewegen.

Die Bezeichnung der weiteren Str¨ ome als

Tr¨ agerstr¨ ome“ der Ener- gie ([8], S. 24) suggeriert eine feste Verbindung zwischen

” Tr¨ ager“ und

” Last“ und damit gleiche Str¨ omungswege, zumindest aber gleiche Str¨ omungs-

geschwindigkeiten.

(17)

2.3. PROBLEME 13

2.3 Probleme

2.3.1 Fachliche Probleme

Die Beschreibung der Wechselwirkung zweier Systeme durch detaillierte Str¨ o- mungsbilder f¨ ur mehrere Gr¨ oßen geht offensichtlich weit ¨ uber die Tatsache der Erhaltung dieser Gr¨ oßen und andere auf einfache Weise an diesem Ph¨ ano- men zu sammelnde Erfahrungen hinaus. Insofern kann man gar nicht erwar- ten, daß man zu einfachen Aussagen kommen kann, ohne daß umfangreiche zus¨ atzliche Erfahrungen und Verabredungen hinzugenommen werden. Formal

¨ außert sich das z.B. darin, daß Dichte und Stromdichte einer Gr¨ oße durch die Kontinuit¨ atsgleichung (2.5) nicht eindeutig festgelegt werden. Man kann u.a. beliebige Ringstr¨ ome hinzuf¨ ugen, weil diese divergenzfrei sind.

Die Str¨ omungsgeschwindigkeit taucht in den bisherigen Gleichungen ¨ uber- haupt nicht auf. Aus der Vorstellung wandernder

” Individuen“ folgt jedoch die Beziehung

j

G

= ρ

G

· v

G

(2.6)

Diese ist jedoch problematisch:

Gleichung (2.6) kann nicht aufrechtgehalten werden, wenn an die Str¨ o- mungsgeschwindigkeit v

G

einschr¨ ankende Bedingungen gestellt werden, z.B. die Voraussetzung, daß v

G

mit der Geschwindigkeit des

” Tr¨ agers“

¨ ubereinstimmt ([15]).

Da keine

” Individuen“ beobachtbar sind, kann die Str¨ omungsgeschwin- digkeit v

G

nur durch (2.6) bestimmt werden. Solange aber j

G

und ρ

G

nicht eindeutig sind, wird dadurch auch v

G

nicht festgelegt.

Wie in den anfangs genannten Beispielen des stromf¨ uhrenden Drah- tes und des unter Spannung stehenden Erdbodens ist oft die Dichte anscheinend Null, die dazu geh¨ orende Stromdichte jedoch nicht. In sol- chen F¨ allen kann man sich dadurch helfen, daß man (2.6) durch eine komplexere Beziehung ersetzt, z.B.

j

G

= ρ

G

v

G

+ ρ

G

v

G

(2.7) Dadurch w¨ achst allerdings die Zahl der zu bestimmenden Gr¨ oßen.

Auch die Erwartung einer der Gibb’schen Fundamentalform (2.2) ent- sprechenden einfachen Beziehung zwischen den Stromdichten von En- ergie- und Tr¨ agerstrom

j

E

= k

1

j

G1

+ k

2

j

G2

+ . . .

(18)

erweist sich als tr¨ ugerisch: Im allgemeinen stimmen weder die Strom- bahnen, noch, wenn sie ¨ uberhaupt sinnvoll angegeben werden k¨ onnen, die Str¨ omungsgeschwindigkeiten ¨ uberein. Am bekanntesten ist das im Falle des elektrischen Stromes, wo man sich daran gew¨ ohnen mußte, daß die Elektronen sehr langsam durch die Dr¨ ahte wandern, die Ener- gie aber nach dem Einschalten sehr schnell an der Lampe zur Verf¨ ugung steht. Außerdem str¨ omt sie (nach Poynting) nicht durch die Kabel, son- dern durch den Zwischenraum.

2.3.2 Didaktische Probleme

Gerade f¨ ur Lehrer ist es wichtig, sich diesen Spielraum und diese scheinbaren Widerspr¨ uche bewußt zu machen. Viele Lernschwierigkeiten beruhen n¨ amlich m.E. darauf, daß Sch¨ ulern aufgrund anderer bzw. ganz fehlender Vorerfah- rungen oft ganz andere Interpretationen der beobachteten Ph¨ anomene und damit ganz andere physikalische Aussagen naheliegen. Bei der Einf¨ uhrung von Gr¨ oßenstr¨ omen sollte deshalb der Modellcharakter hervorgehoben und die Argumente deutlich gemacht werden, die f¨ ur bzw. gegen ein bestimmtes Bild sprechen. So schreibt z.B. Herrman ([16], S. 25):

Indem wir sagen, zwischen den K¨ orpern fließe ein Strom, ma- chen wir uns ein Bild von dem Raum zwischen den K¨ orpern.

. . . Daf¨ ur, daß wir den Zustand mit dem Wort

Strom“ bezeich- nen beschreiben, haben wir zwei Argumente: Die Beschreibung gibt das Verhalten der K¨ orper . . . richtig wieder. . . . Das Gebiet

zwischen den K¨ orpern erf¨ ahrt eine beobachtbare Ver¨ anderung. . . . Weitere Gr¨ unde f¨ ur unsere Annahme eines Stromes gibt es nicht. Es ist

wichtig, sich das klarzumachen, denn das Wort ,Strom’ im nor- malen Sprachgebrauch . . . beinhaltet viel mehr. . . .“

Bei solchen ¨ Uberlegungen wird vielleicht auch nachvollziehbar, warum sich die Fließvorstellung z.B. beim elektrischen Strom durchgesetzt hat, beim Im- puls dagegen (noch?) nicht.

Insbesondere sollte untersucht werden, ob sich die neu einzuf¨ uhrenden Gr¨ oßen Dichte, Stromdichte und evtl. Str¨ omungsgeschwindigkeit durch zus¨ atz- liche Erfahrungen eindeutig machen lassen. Es spricht jedoch vieles daf¨ ur, daß das nicht der Fall ist. Wie aber soll sich der Lehrende bei fehlender - bzw.

auf dem angestrebten Niveau nicht verst¨ andlich zu machender - Eindeutigkeit verhalten? Soll er die Richtigkeit eines Bildes behaupten?

Die in (einen hochgehobenen) orper geflossene Energie hat

sich in ihm aber nicht angeh¨ auft. Das ¨ außert sich darin, daß in

(19)

2.3. PROBLEME 15 einem Gravitationsfeld ein K¨ orper ¨ uberall die Masse m und damit dieselbe Ruheenergie E = mc

2

hat. Daraus muß man schließen, daß die Energie in das Gravitationsfeld weitergeflossen und dort gespeichert worden ist.“ ([50], S. 49)

Oder soll er Wahlm¨ oglichkeiten verdeutlichen und gegeneinander abw¨ agen und evtl. je nach Problem unterschiedliche Bilder verwenden? Die Antwort auf diese Fragen h¨ angt sicher vom Adressatenkreis ab. Der R¨ uckgriff auf die Relativit¨ atstheorie z.B. w¨ are im Schulunterricht auch dann wenig hilfreich, wenn das Argument stichhaltig w¨ are.

Mit den Fl¨ ussen physikalischer Gr¨ oßen k¨ onnen anscheinend Vorg¨ ange aus den verschiedenen Bereichen der Physik weitgehend analog beschrieben wer- den. Diese Betrachtungsweise tr¨ agt insofern wesentlich zur Vereinheitlichung der Physik bei. Aufgrund der mechanischen Analogie ist die Beschreibung sehr anschaulich und sollte dadurch Sch¨ ulern auf der qualitativen Ebene schon fr¨ uh eine selbst¨ andige Anwendung auf relativ komplexe Sachverhal- te erm¨ oglichen. Allein diese Gesichtspunkte lassen es mir sehr lohnend er- scheinen, diese Ideen gr¨ undlich zu durchdenken, zu diskutieren und evtl. zu erproben.

Die Anschaulichkeit beruht jedoch auf Assoziationen, die fr¨ uher oder sp¨ ater korrigiert werden m¨ ussen, insbesondere auf der Vorstellung sich be- wegender unterscheidbarer

” Individuen“ mit eindeutig bestimmbarer Dichte, Stromdichte und Geschwindigkeit. Schwierigkeiten sind deshalb zu erwarten, wenn dieses Problem offensichtlich wird, z.B. wenn sich herausstellt, daß

die Frage nach der Fließgeschwindigkeit nicht befriedigend beantwortet werden kann (siehe z.B. Heiduck [15]),

die Energie entlang anderer Wege str¨ omt als ihre Tr¨ ager oder

sich je nach gew¨ ahltem Bezugssystem ganz verschiedene Str¨ omungsbil- der ergeben.

Es erhebt sich dann die Frage, was von der Anschaulichkeit der Fließvorstel-

lung bleibt, wenn man sie auf den fachlichen Kern, also auf die Existenz von

(nicht eindeutig bestimmbarer) Dichte und Stromdichte und auf die Konti-

nuit¨ atsgleichung reduziert.

(20)
(21)

Kapitel 3

Stromdichte und Dichte der Energie im

elektromagnetischen Feld

3.1 Vorbemerkungen

In den vergangenen Jahren hat der Energiebegriff in der fachdidaktischen Diskussion eine große Rolle gespielt. Als Folge davon tauchte die Frage nach den Datails und den Mechanismen des Energietransportes auf, eine Frage, die durch die explizite Betrachtung der Energie als

” eine Art Substanz“, zu der es eine Dichte gibt und die str¨ omen kann (Falk/Herrmann [8]), zus¨ atzliche Bedeutung erlangte. Deshalb erschienen in der letzten Zeit mehrere Aufs¨ atze (Ebinghaus [6], Hecht [14], Rang [37], akel [24], Heald [13], agerl/Henze [32]), in denen am Beispiel der Energieverteilung und -speicherung durch elektrische Stromkreise und elektromagnetische Felder in konkreten F¨ allen (Spule, Kondensator, Doppel- bzw. Koaxialkabel, Transformator und Dipol- strahlung) der Weg der Energie untersucht wird.

Ein Ergebnis aller dieser Aufs¨ atze ist, daß sich die Details der Energie- str¨ omung in ¨ uberraschender Weise von der naiven Vorstellung unterschei- den. Alle Autoren benutzen n¨ amlich die auf Poynting [36] und Maxwell [29]

zur¨ uckgehenden Ausdr¨ ucke f¨ ur die Energiestromdichte und die Energiedichte.

Danach treten z.B. auch in F¨ allen, in denen keine Energie¨ anderungen zu be- obachten sind (in statischen elektromagnetischen Feldern), Energiestr¨ omun- gen auf und fließt die Energie bei elektrischen Leitungen nicht durch die Dr¨ ahte, sondern außerhalb an ihnen entlang.

Zweck dieses Kapitels ist der Nachweis, daß die Poynting sche nur eine von vielen im wesentlichen gleichberechtigten Beschreibungen des Energie-

17

(22)

transportes ist. Eine davon, die hier meiner Kenntnis nach zum ersten Mal diskutiert wird, entspricht weitgehend der

” naiven“ Vorstellung, nach der

die Energie i.a. durch die Dr¨ ahte str¨ omt,

elektrische Ladungen mit Energie

” beladen“ sind und

keine Energie fließt, wenn nirgends ein energetischer Vorgang zu beob- achten ist, wenn sich also die Energie keines der beteiligten Systeme

¨ andert.

Um diese weitgehenden Behauptungen erl¨ autern zu k¨ onnen, soll zun¨ achst die Herleitung des Poynting ’schen Satzes angedeutet werden.

3.2 Maxwell-Gleichungen und elektrodynami- sche Potentiale

Die folgenden ¨ Uberlegungen und Umformungen beruhen auf der Darstellung elektrischer und magnetischer Felder mit Hilfe elektrodynamischer Potentiale und auf den Zusammenh¨ angen zwischen den Feldst¨ arken einerseits und den Str¨ omen und Ladungen andererseits, wie sie durch die Maxwell -Gleichungen beschrieben werden. Deshalb werden diese Beziehungen hier zun¨ achst zusam- mengestellt:

Maxwell-Gleichungen

∇ · D = ρ (3.1)

∇ · B = 0 (3.2)

∇ × E = B ˙ (3.3)

∇ × H = j + D ˙ (3.4)

Im folgenden werden immer lineare Beziehungen zwischen E und H einerseits und D und B andererseits vorausgesetzt:

D = εε

0

E (3.5)

B = µµ

0

H (3.6)

(23)

3.3. POYNTINGSCHER SATZ 19 Elektrodynamische Potentiale

B = ∇ × A (3.7)

E = Φ A ˙ (3.8)

Eichtransformationen

Die Potentiale sind durch die Gleichungen (3.7) und (3.8) nicht eindeu- tig bestimmt. Folgende Transformationen ¨ andern vielmehr nichts an den Feldst¨ arken:

A −→ A

= A + Λ

Φ −→ Φ

= Φ Λ ˙ (3.9)

Dabei ist Λ = Λ( r, t) eine beliebige skalare Funktion des Ortes und der Zeit. In dieser Arbeit werden im wesentlichen die folgenden zwei Eichungen benutzt:

Coulomb-Eichung : ∇ · A = 0 ∧ ∇

2

Φ = ρ

εε

0

(3.10)

Lorentz -Eichung : ∇ · A + 1 c

2

Φ = 0 ˙ mit 1

c

2

= εε

0

µµ

0

(3.11) Erf¨ ullt die skalare Funktion Λ die Bedingung

2

Λ 1 c

2

2

Λ

∂t

2

= 0, (3.12)

dann erf¨ ullen Potentiale, die vor der Umeichung die Bedingung der Lorentz - Eichung erf¨ ullten, sie auch nachher.

3.3 Poyntingscher Satz

Bewegt sich ein elektrisch geladener K¨ orper mit der Ladung Q in einem elektrischen Feld mit der Feldst¨ arke E , dann ¨ andert sich seine Energie W

mech

:

dW

mech

dt = Q v · E (3.13)

Bei kontinuierlich verteilter Ladung gilt entsprechend f¨ ur die Energiedichte u

mech

:

du

mech

dt = j · E (3.14)

(24)

( j = Stromdichte). Fordert man lokale Energieerhaltung, so muß die Bilanz durch eine Abnahme der Feldenergie am selben Ort oder durch einstr¨ omende Feldenergie ausgeglichen werden:

du

mech

dt = ∂u

F eld

∂t ∇ · S

F eld

(3.15)

Wie sich die Energiedichte u und die Energiestromdichte S (der Index

” Feld“

wird im folgenden weggelassen) durch bekannte, das Feld beschreibende Gr¨ oßen ausdr¨ ucken lassen, ist zun¨ achst unbekannt. Aus den Maxwell -Gleichungen folgt jedoch:

j · E

(3

=

.4)

( ∇ × H D) ˙ · E

= E · D ˙ + E · ( ∇ × H)

(9.17)

= E · D ˙ ∇ · ( E × H) + H · ( ∇ × E)

= j · E

(3

=

.3)

E · D ˙ H · B ˙ ∇ · ( E × H) (3.16) Vergleich der Gleichungen (3.14), (3.15) und (3.16) ergibt:

∂u

∂t + ∇ · S =

∂t

1

2 ( E · D + H · B)

+ ∇ · ( E × H) (3.17)

Mehr kann aus der Forderung nach lokaler Energieerhaltung allein nicht

¨ uber die Abh¨ angigkeit der Energiedichte und der Energiestromdichte von den Feldst¨ arken gefolgert werden. Gleichung (3.17) legt jedoch folgende Identifi- zierung nahe:

S

P

= E × H u

P

= 1

2 ( E · D + H · B)

(3.18)

Der Index P soll auf Poynting [36] hinweisen, obwohl der Ausdruck f¨ ur

die Energiedichte bereits von Maxwell [29] benutzt wurde.

(25)

3.4. ALTERNATIVE DARSTELLUNGEN 21

Abbildung 3.1: Energiefluß nach Poynting um einen ruhenden elektrisch ge- ladenen K¨ orper in einem homogenen Magnetfeld

3.4 Alternative Darstellungen

Eine durch (3.18) gegebene Energiestromverteilung widerspricht insbesonde- re bei statischen, aber auch bei station¨ aren Vorg¨ angen intuitiven Vorstel- lungen. So ist ein elektrisch geladener K¨ orper, der sich in einem homogenen Magnetfeld in Ruhe befindet, von kreisf¨ ormigen Energiestr¨ omen umgeben (Abb. 3.1), da sich in seiner Umgebung elektrische und magnetische Feldlini- en kreuzen. Dieser Energiestrom ist eine Art Superstrom: Er f¨ uhrt nirgends zu beobachtbaren Ver¨ anderungen, und er fließt ohne Antrieb unver¨ andert weiter.

Solche Diskrepanzen zwischen der Poynting -Darstellung und der Intuition waren der Anlaß f¨ ur verschiedene Versuche, alternative Ausdr¨ ucke f¨ ur den Vektor der Energiestromdichte zu konstruieren. Gleichung (3.17) bietet daf¨ ur M¨ oglichkeiten in zweifacher Weise:

1. In der Kontinuit¨ atsgleichung (3.15) tritt nur die Divergenz der Strom- dichte auf. Sie wird daher auch erf¨ ullt, wenn geschlossene, d.h. quellen- freie Str¨ omungen hinzugef¨ ugt werden:

S = S

P

+ ∇ × X( r, t), wobei X( r, t) ein beliebiges Vektorfeld ist.

2. Auch die Energiedichte u wird durch (3.15) nicht eindeutig festge-

legt. ¨ Anderungen an u k¨ onnen durch entsprechende Korrekturen am

(26)

Str¨ omungsfeld kompensiert werden: Die Kontinuit¨ atsgleichung wird auch erf¨ ullt, wenn man zugleich

S = S

P

+ Y ˙ und u = u

P

∇ · Y w¨ ahlt.

Auch eine Kombination beider M¨ oglichkeiten erf¨ ullt die Kontinuit¨ atsglei- chung:

S = E × H + ∇ × X + Y ˙ u = 1

2

E · D + H · B

∇ · Y (3.19)

In der Literatur wurden viele Alternativen vorgeschlagen (siehe z.B. [47]).

Im folgenden sollen neben der Poynting schen jedoch nur die von Lai [26] und Hines [19] vorgeschlagenen diskutiert und einem dritten Vorschlag gegen¨ uber- gestellt werden, der bisher noch nicht diskutiert worden ist.

3.4.1 Hines-Darstellung

Ausgangspunkt des Vorschlages von Hines [19] ist eine von Macdonald [31]

vorgeschlagene Darstellung, die einer Festlegung X = 0 Y = 1

2

A × H

in (3.19) entspricht. Nachdem Hines einige Einw¨ ande gegen diese Darstellung entkr¨ aftet hat, erweitert er sie folgendermaßen:

X

H

= Φ H und Y

H

= 1

2 ( A × H) = S

H

= E × H + ∇ × Φ H + 1

2

∂t ( A × H)

(9.14)

= E × H +

Φ × H

EA˙

×H

+ Φ

∇ × H

Φ

j+ ˙D

+ 1 2

∂t ( A × H) u

H

= u

P

1

2

( A × H)

(9

=

.17)

u

P

1 2

H · ( ∇ × A) A · ( ∇ × H)

(27)

3.4. ALTERNATIVE DARSTELLUNGEN 23

=

S

H

= 1 2

A × H ˙ A ˙ × H

+ Φ(j + D) ˙ u

H

= 1

2 ε

0

E

2

+ 1

2 A · D ˙ + 1 2 A · j

(3.20)

Da sich die Energiedichte dieser Darstellung nicht von der Macdonald ’s unterscheidet, stimmen beider Aussagen weitgehend ¨ uberein.

However, in the case of the static fields just mentioned, Q ( =

S) vanishes. This is the physically acceptable result which the modi- fication was designed to yield.“ ([19], S. 127)

3.4.2 Lai-Darstellung

Lai modifiziert die Darstellung von Hines und korrigiert damit das vermeint- lich falsche Ergebnis, daß sich in Hines’ Darstellung f¨ ur die Strahlungsleistung eines Hertz schen Dipols ergibt:

Unlike the failure of the Hines choice S

H

for the energy flow vector, the present choice S

N

( =

S

L

) can account for the power radiated by an accelerated charge.“ ([26], S. 842)

X

L

= Φ H und Y

L

= 0 =

S

L

= S

H

12∂t

( A × H) u

L

= u

P

= S

L

= A ˙ × H + Φ

j + D ˙

u

L

= u

P

(3.21)

Als Vorteile seines Vorschlages f¨ uhrt er an, daß

the energy flows along the wire at a rate of Φ j when a constant current flows through a wire,

there is no energy flow in static superposed electric and ma- gnetic fields in the absence of currents, and

the energy comes down the wires for a slowly charging capa-

citor.“

(28)

3.4.3 Neue Darstellung

In beiden alternativen Darstellungen kommt auch im Falle einer langsamen Stromsteigerung in einer Spule die Energie durch die Leitungen. Anders als bei Poynting und Lai wird sie aber bei Hines nicht im magnetischen Feld, sondern in den Spulenwicklungen gespeichert, eine Aussage, die gut zu der Vorstellung

” potentieller Energie“ paßt, da sich die Spulenwindungen gegen- seitig anziehen.

Will man eine entsprechende Aussage auch f¨ ur die Aufladung eines Kon- densators erreichen, dann muß man den Ausdruck f¨ ur die Energiedichte so ab¨ andern, daß im statischen Fall auch der elektrische Anteil der Feldener- gie verschwindet. Das war meine urspr¨ ungliche Motivation f¨ ur den folgenden Vorschlag:

X

n

= Φ H , Y

n

= 1 2

A × H Φ D

=

















S

n

= S

H

12∂t

D) u

n

= u

H

+

12

D)

= u

H

+

12



D

· Φ

D·(−EA˙)

∇ ·

D

ρ



=

S

n

= S

H

1 2

∂tD)

= 1 2

A × H ˙ A ˙ × H + Φ D ˙ Φ ˙ D

+ Φj u

n

= 1

2

A · D ˙ A ˙ · D + A · j + Φρ

(3.22)

3.5 Unentscheidbarkeit

Solange man nur von der Kontinuit¨ atsgleichung, also der lokalen Energie- erhaltung, ausgeht, lassen sich keine Einschr¨ ankungen f¨ ur die Zusatzfelder X( r, t) und Y ( r, t) in Gleichung (3.19) finden. Man muß nach zus¨ atzlichen physikalischen Gesichtspunkten suchen und pr¨ ufen, inwieweit sie eine Ent- scheidung erm¨ oglichen.

Eine erste ¨ Uberlegung dieser Art hat Birkeland [5] angestellt, nachdem

Hertz ([18], S. 234) auf die Problematik des Schlusses von einer integralen auf

eine differentielle Bilanz hingewiesen hatte. Birkeland forderte vom Vektor

der Energiestromdichte, daß er nur von den Feldst¨ arken an den jeweiligen Or-

ten abh¨ angig ist. Er schloß damit eine Abh¨ angigkeit von den Ableitungen der

(29)

3.5. UNENTSCHEIDBARKEIT 25 Feldst¨ arken und von den Potentialen von vornherein aus. Weiterhin benutzte er den Maxwell schen Ausdruck f¨ ur die Energiedichte und setzte damit Y = 0 voraus. Unter diesen Annahmen zeigte Birkeland, daß die Poynting sche De- finition die einzige ist, die mit den Maxwell schen Gleichungen in Einklang steht. In der Tat enthalten die vorgeschlagenen Alternativen zu S

P

in irgend- einer Form neben den Feldst¨ arken die elektrodynamischen Potentiale. Damit sind diese Vorschl¨ age so lange unvollst¨ andig, wie nicht eine bestimmte Ei- chung der Potentiale festgelegt ist ([21], [34]). Es gibt jedoch keinen Hinweis darauf, welche Eichung vorzunehmen w¨ are. Bei dem von Lai vorgeschlage- nen Vektor der Energieflußdichte l¨ aßt sich durch geeignete Eichung ¨ Uber- einstimmung mit dem konventionellen Poynting -Vektor herstellen. So wirft die Abh¨ angigkeit von der Eichung die Frage auf, ob es ¨ uberhaupt m¨ oglich ist, eine willk¨ urfreie Lokalisierung des Energieflusses im elektromagnetischen Feld vorzunehmen.

Neben der Erhaltung der Energie sollte f¨ ur jedes abgeschlossene System auch die Erhaltung von Impuls und Drehimpuls gelten. Darauf beruht der Gedankengang von Furry [12], der unter Voraussetzung einer Y = 0 ent- sprechenden Forderung bei der Impulsbilanz das Verschwinden von X und Y zeigt, so daß (unter dieser Voraussetzung) S

P

der

” richtige“ Vektor der Energiestr¨ omung ist. Bei der folgenden Skizzierung des Beweises von Fur- ry werden Erg¨ anzungen angebracht, die beim Fehlen seiner Voraussetzungen erforderlich sind.

F¨ ur den Impuls von Ladungstr¨ agern gilt bei Wechselwirkung mit einem elektromagnetischen Feld

d P

mech

dt = ρ E + j × B

dV

Den Integranden formt man mit den Maxwell -Gleichungen um (siehe z.B.

[23], S. 238f):

dP

mech

dt =

∂t

E × H c

2

dV +

∂t

αβ

∂x

β

e

α

dV (3.23)

wobei t

αβ

(α, β = 1, 2, 3) der Maxwell sche Spannungstensor ist. Um von der integralen Bilanz (3.23) zu einer differentiellen zu gelangen, identifiziert man gew¨ ohnlich den ersten Integranden mit der Impulsdichte und den zweiten mit der Divergenz der Impulsstromdichte im Feld. Dabei hat man jedoch die gleichen Probleme, wie sie in Abschnitt 3.4 f¨ ur die Energiebilanz diskutiert wurden: Weder kann man ringf¨ ormig geschlossene Impulsstr¨ ome ausschließen, noch wird die Impulsbilanz falsch, wenn die Impulsdichte

g = E × H

c

2

Z

αβ

dx

β

e

α

(3.24)

(30)

gesetzt und zugleich die Impulsstromdichte um

∂tZ

erg¨ anzt wird.

Nach der speziellen Relativit¨ atstheorie bilden Impuls und Energie einen Vierervektor. Dies legt eine Zusammenfassung der Bilanzgleichungen nahe.

Man erh¨ alt

f

i

= ∂T

ik

∂x

k

, (i = 1, 2, 3, 4; x

4

= ict) (3.25) wobei f

i

=

dgmech

,

cidumech

die Viererkraftdichte und

T

ik

=

Impulsstromdichten Impulsdichte · ic Energiestromdichte · i/c Energiedichte · ( 1)

der Energie-Impuls-Tensor des elektromagnetischen Feldes ist. Nach den bis- herigen Ergebnissen nimmt T mit allen Integrationskonstanten die Form



t +

∂tZ Ec×2H

∂xZαββ

· e

α

· ic

E × H + ∇ × X + Y ˙

i

c

u + ∇ · Y



(3.26)

an. Nun betrachtet Furry die vierdimensionale Verallgemeinerung des Dre- himpulses

L

ijk

= T

ij

x

k

T

ik

x

j

.

Hinreichende Bedingung f¨ ur die Erf¨ ullung des Drehimpulserhaltungssatzes in allen Inertialsystemen,

∂x

i

L

ijk

= 0 ist die Symmetrie des Energie-Impuls-Tensors:

T

ik

= T

ki

. (3.27)

Dies ergibt eine Verkn¨ upfung zwischen der Impulsdichte und der Energie- stromdichte:

S = c

2

· g (3.28)

Setzt man, wie Furry, die Impulsdichte in der ¨ ublichen Form an (und damit

Z = 0), dann folgt daraus tats¨ achlich S = S

P

. Dies wird in der Literatur

als Beweis f¨ ur die Eindeutigkeit der Energiestromdichte und die Richtigkeit

des Poynting schen Ergebnisses gewertet, obwohl die Argumentation nur im

Rahmen der Voraussetzung beweiskr¨ aftig ist. Allgemeiner f¨ uhrt Furry’s Ar-

gument lediglich zu einer Einschr¨ ankung f¨ ur X, Y und Z, die keinen Vor-

schlag f¨ ur S widerlegt, solange nicht weitere Argumente zu einschr¨ ankenden

Forderungen an Z f¨ uhren.

(31)

3.6. GEGEN ¨UBERSTELLUNG DER BILDER 27 Eine Kl¨ arung dieser Situation erfordert die Einbeziehung weiterer physi- kalischer Ideen ¨ uber die Erhaltungss¨ atze hinaus. Dazu wurde vorgeschlagen, f¨ ur verschiedene Ans¨ atze die Strahlungsleistung einer beschleunigten Ladung mit dem Ergebnis der Larmor -Formel ([25]) zu vergleichen [51]. Eine solche Rechnung f¨ uhrten Wallace und O’Connell [53] f¨ ur den Hines-Vektor durch.

Sie glauben gezeigt zu haben, daß sich mit dem Hines-Vektor nur die H¨ alfte der Strahlungsleistung nach der Larmor -Formel ergibt. Tats¨ achlich jedoch beruht ihr Schluß auf einem Rechenfehler. Beim ¨ Ubergang von ihrer Formel (12) zu Gleichung (18) haben sie den Summanden

˙ n ·

1

2 A × B ˙

= 1 2

e

2

R

2

( n · β)(

..

β · n) ( β · β)

..

vergessen ( β =

vc

). Dieser zus¨ atzliche Summand f¨ uhrt dazu, daß die mit dem Hines-Vektor berechneten Momentanwerte der Strahlungsleistung von denen der Larmor -Formel verschieden sind. Zeitliche Mittelung - bei periodischen Vorg¨ angen ¨ uber eine Periode, bei nichtperiodischen Vorg¨ angen ¨ uber den gan- zen Beschleunigungsvorgang - f¨ uhrt jedoch nicht nur zur ¨ Ubereinstimmung beider Ergebnisse, sondern ergibt auch f¨ ur den Hines-Vektor die bekannte Winkelverteilung der Strahlungsleistung. Diese Aussage gilt nicht nur f¨ ur die von Wallace und O’Connell gew¨ ahlte Eichung, sondern f¨ ur alle physikalisch sinnvollen Eichungen. (Diese Aussage wird in Abschnitt 7.3 am Beispiel des Hertz schen Dipols erl¨ autert.)

Wandelt man also die Forderung nach ¨ Ubereinstimmung mit der Larmor - Formel in eine experimentell ¨ uberpr¨ ufbare Aussage ab und fordert, daß alle Vektoren der Energieflußdichte die zeitlich gemittelte Winkelverteilung der Strahlungsleistung richtig wiedergeben m¨ ussen, dann ergibt sich daraus zwar eine einschr¨ ankende Bedingung f¨ ur X und Y . Alle hier diskutierten Vektoren erf¨ ullen jedoch diese Bedingungen.

Diese ¨ Uberlegungen zeigen, daß Alternativen zum Poynting -Vektor prin- zipiell m¨ oglich sind. Damit ist die Frage aufgeworfen, ob f¨ ur die Annahme lokalisierter Energie im elektromagnetischen Feld vielleicht doch nur pragma- tische Gesichtspunkte sprechen ([33], S. 237). Damit w¨ urde dann die gleiche Situation bestehen wie beim Gravitationsfeld, in dem Energie und Impuls nicht lokalisierbar sind [7].

3.6 Allgemeine Gegen¨ uberstellung der verschie- denen Bilder

1. Nach Poynting sind S und u nur an die Feldst¨ arken, nicht an die Str¨ ome

und Ladungen gekoppelt:

(32)

S

P

= 0 E = 0 H = 0 ∧ ¬ ( E H)

Elektromagnetische Energie str¨ omt dort, wo sich elektrische und magnetische Feldlinien kreuzen.

u

P

= 0 E = 0 H = 0

Elektromagnetische Energie wird in elektrischen und in magneti- schen Feldern gespeichert.

Es liegt eine Zerlegung der Energie in einen elektrischen und einen magnetischen Anteil nahe:

u = u

e

+ u

m

2. Da die Energiedichten im Poynting - und im Lai -Bild ¨ ubereinstimmen, stimmen auch die

” Netto-Energiestr¨ ome“ in ein Raumgebiet ¨ uberein:

u

L

= u

P

∇ · S

L

= ∇ · S

P

In den beiden anderen Darstellungen stimmt das i.a. nicht.

3. Bei statischen Feldern gilt in den meisten Eichungen ˙ Φ = A ˙ = 0. In diesem Fall gilt:

S

L

= Φj u

L

= u

e

+ u

m

(3.29)

S

H

= Φj u

H

= u

e

+ 1 2

A · j = u

e

+ u

j

(3.30) S

n

= Φj u

n

= 1

2 Φρ + 1 2

A · j = u

ρ

+ u

j

(3.31)

Der Energiefluß ist in allen drei Bildern in gleicher Weise an den Strom- fluß gekoppelt. Die Energie wird aber verschieden lokalisiert:

Bei Lai sitzen wie bei Poynting elektrische und magnetische Ener- gie in den entsprechenden Feldern.

Bei Hines wird die magnetische Energie auf die Str¨ ome verlagert ( ” potentielle Energie der Str¨ ome“).

Im neuen Bild wird zus¨ atzlich die elektrische Energie auf den Ladungen lokalisiert (

” potentielle Energie der Ladungen“). Hier

enth¨ alt das Vakuum also keine Energie.

Abbildung

Abbildung 2.1: Energiestrom und
Abbildung 2.3: Beschreibung der Wechselwirkung zweier Systeme durch die Anderung extensiver Gr¨¨ oßen und dazu geh¨ orende Fl¨ usse entsprechende Zunahme beim anderen System als Austausch dieser Gr¨ oße zwischen den Systemen interpretiert, die ¨ Anderung d
Abbildung 2.4: Detaillierte Beschreibung des Gr¨ oßenflusses durch Stromdich- Stromdich-te und DichStromdich-te (die durch unStromdich-terschiedlich dichStromdich-te Punktierung gekennzeichnet wird)
Abbildung 3.1: Energiefluß nach Poynting um einen ruhenden elektrisch ge- ge-ladenen K¨ orper in einem homogenen Magnetfeld
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Referenzen

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