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Interview mit Markus Wöhrle Leiter des Strahlforschungslabors der Hansgrohe SE

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Academic year: 2022

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Interview mit Markus Wöhrle

Leiter des Strahlforschungslabors der Hansgrohe SE

Interview mit dem Strahlforscher Markus Wöhrle

„Wir ziehen uns hier schon mal die Badehose an und stellen uns unter einen neuen Duschstrahl. Auch wenn es dafür schönere Orte gibt als einen technischen Wasserprüfstand mit Gitterrostboden.“

Als Strahlforscher hält Markus Wöhrle gemeinsam mit seinem Team Beobachtungen rund um Wasserstrahlen wissenschaftlich fest. An seinem Arbeitsplatz bei Hansgrohe, der Spezialeinheit Strahllabor, dokumentiert er die Ergebnisse und leitet aus den gewonnenen Erkenntnissen neue Duschfunktionen ab. Zu seinen Aufgaben gehört es auch, Methoden für Prüf- und Testverfahren zu entwickeln. Für Tests im neuen Kalklabor zum Beispiel, für eine verbesserte Strahlbildvermessung oder für die Funktionsmustererstellung.

Markus Wöhrle – wie wird man denn Strahlforscher?

Markus Wöhrle: Das Berufsbild wurde hier bei Hansgrohe geboren. Es entstand aus dem Wunsch heraus, das Wasser verstehen zu lernen. Und das nicht nur über

naturwissenschaftlich bereits belegte Formeln, sondern vielmehr durch Beobachten, Experimentieren und Tüfteln. Das hat lange Tradition bei Hansgrohe. Strahlforscher versuchen zu verstehen, was sie mit Strahlen alles machen können. Wir zeichnen unsere Versuche und Testreihen genau auf, verifizieren und dokumentieren sie.

Wie ist Ihr Werdegang bei Hansgrohe?

M.W.: Meinen Abschluss in Umwelt- und Verfahrenstechnik habe ich an der Hochschule Offenburg gemacht, ich bin also Diplom-Ingenieur. Meine Arbeit schrieb ich über

Qualitätssicherung und Messtechnik bei Hansgrohe. Ich arbeitete dann in der Verfahrenstechnik und kümmerte mich um die Optimierung von Materialien und

Prozessen in Sachen Fertigungs- und Gebäudetechnik. Vor rund zehn Jahren bekam ich die Chance, als Ingenieur hierher in die Entwicklung zu wechseln und die neue Spezialeinheit

„Strahlforschung“ für Wasserstrahlen aufzubauen.

Was tut Ihr Team von Montag bis Freitag?

M.W.: Unsere Leidenschaft fürs Wasser fängt nicht um acht Uhr an und hört um 17 Uhr

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Leiter des Strahlforschungslabors der Hansgrohe SE

auf. Sie begleitet uns ständig – bei der Arbeit und in der Freizeit. Hier im Strahllabor betreiben wir Grundlagenforschung. Wir beobachten und untersuchen Wasserstrahlen und ihr Verhalten. Wir arbeiten dabei nach strukturierten Prüfbedingungen und unter

Berücksichtigung aller einschlägigen internationalen Normen. Diese Vorgaben müssen wir natürlich sauber erfüllen.

Wir greifen Kundenrückmeldungen auf. Wir beobachten aber auch vieles aus dem

Alltagsleben heraus. Dort und bei der täglichen Arbeit mit dem Element Wasser finden wir viele spannende Effekte, Technologien und Mechanismen, die uns helfen, unsere Produkte zu verbessern. Wir gehen mit offenen Ohren und Augen durchs Leben, um zu sehen, was man mit einem Strahl so alles anstellen kann. Wie man Wasser in Zukunft noch effizienter nutzen und verteilen kann.

Wie dokumentieren Sie Ihre Forschungsergebnisse?

M.W.: Da wir das Wissen und die Wasserkompetenz bei Hansgrohe ausbauen möchten, legen wir viel Wert auf die sorgfältige Dokumentation aller Daten. Wir arbeiten mit modernsten Medien und leistungsstarken

Speicherplattformen. Mittlerweile gibt es eine Zehnjahresdatenbank mit den Auswertungen unserer Versuchsreihen. Damit man auf die gemachten

Erfahrungen zurückgreifen und nicht immer wieder von vorne anfangen muss. Das war nicht immer so. Es gab zwar bereits vor 30 Jahren eine Ein-Mann-Strahlforschung, aber natürlich hatte man damals, ohne PC, nicht die Möglichkeiten, die wir heute haben.

Ist die Sanitärforschung hier State of the Art, auf dem technologisch bestmöglichen Entwicklungsstand?

M.W.: Man kann natürlich immer noch mehr machen, aber die Hansgrohe SE ist heute vermutlich führend in diesem Bereich. Allein, was das Team hier anbelangt. Oder in Bezug auf die Messmethoden, die Strömungsberechnungen. Wir arbeiten mit Pulver, Harzen, Vakuumgießerei, fertigen ganze Baugruppen an. Wir reißen unsere Vorentwicklungsteile mit CAD auf (red. Anm.: rechnerunterstützte Konstruktion), bauen 3-D-Modelle und erstellen Erstmuster mit modernstem Rapid Prototyping. Das ist ein Verfahren, mit dem man schnell zu Funktionsmustern kommt – besonders, wenn man es mit komplexen

Innengeometrien zu tun hat. Wir haben wirklich einen Quantensprung in den letzten Jahren gemacht.

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Testen Sie auch mal am lebenden Objekt?

M.W.: Klar. Wir ziehen uns hier schon mal die Badehose an und stellen uns unter einen neuen Duschstrahl. Auch wenn es dafür schönere Orte gibt als einen technischen

Wasserprüfstand mit Gitterrostboden. Natürlich kann man einen Brausenprototyp auch mit nach Hause nehmen und in aller Ruhe ausprobieren. Von uns Strahlforschern hat jeder einen Doppelanschluss für Handbrausen zu Hause in seiner Dusche.

Bei der Brausen- und Armaturenherstellung geht es stark um Emotionalität und Sinnlichkeit, um Wohlfühlkriterien und Luxusthemen. Doch welchen Stellenwert hat der Umweltschutz in Ihrer Forschung?

M.W.: Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind bei der Hansgrohe SE mehr als nur

Schlagworte. Hier tut das Unternehmen seit langem sehr viel: Schadstoffvermeidung in der Fertigung oder Galvanik, Recycling, erneuerbare Energien. In der Strahlforschung

kümmern wir uns um sinnvolle Wasserbegrenzung, um der Verschwendung

entgegenzusteuern. Um nicht Teil der Wegwerfgesellschaft zu sein, steht bei uns Qualität klar im Vordergrund. Wir produzieren langlebige Produkte, und damit kann man eine Menge für den Umwelt- und Ressourcenschutz tun. Davon abgesehen hat Hansgrohe sehr früh angefangen, verbrauchsarme Brausen und Armaturen zu entwickeln.

Spielt da nicht auch die schwäbische Sparsamkeit hinein?

M.W.: Ja, das glaube ich schon. Die effiziente Nutzung von Wasser und Energie ist seit jeher der Dreh- und Angelpunkt in unserer Forschungsarbeit. Allerdings schauen wir uns stets die Machbarkeit an. Wenn man versucht, sparsame Brausen und Armaturen zu entwickeln, muss man ständig Grenzen ausloten: Wie weit können wir runter mit dem Wasserverbrauch, sodass wir immer noch einen guten Strahl haben, der eine optimale Reinigungsleistung erzielt und für den gewünschten Duschkomfort sorgt? Sonst stehen Frauen, die das Shampoo aus ihren Haaren ausspülen wollen, am Ende ewig unter der Dusche – und das ist gar nicht ökologisch. All das muss man gezielt untersuchen. Am tollsten ist es, Wasser und Energie sparende Produkte zu entwickeln, die außerdem Komfort und einen hohen Wohlfühlfaktor bieten.

Stichwort AirPower. Das wurde hier in der Strahlforschung erfunden, nicht wahr?

M.W.: Ja, ursprünglich ging es dabei um die Strahlart RainAIR. Wir wollten einen tropfigen Strahl, ähnlich dem natürlichen Regen, erzeugen, mal weg von den geraden Strahlfäden, den so genannten Spaghettistrahlen. Wir wollten eine Technologie haben, bei der man ein zweites Medium hinzufügt: Wasser unterstützt durch Luft. Diese Anregung haben wir uns aus der Natur des Schwarzwalds geholt: der Bach, der sich selbst reinigt,

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indem er Luft im Wasser verwirbelt und zerhackt, meist an Stellen, wo er schnell und unruhig fließt.

Wie überträgt man diese Erkenntnis in die Duschwelt?

M.W.: Die ersten Schritte waren denkbar einfach: im Duschkopf das Wasser beschleunigen und so Luft in die Brause mit hineinreißen. Die Integration in ein

vorgegebenes Produktdesign ist dagegen äußerst

komplex. AirPower funktioniert so: Die angesaugte Luft verdrängt das Wasser, und daher braucht man weniger davon. Der Clou: Es ist auch weniger Energie nötig, um die geringere Wassermenge zu erwärmen. Man bekommt zudem ein völlig anderes Strahlbild: Der belüftete Wasserstrahl ist nicht nur voller,

sondern auch vielfältiger.

Ist dieses Verfahren der Luftverwirbelung der Geniestreich Ihrer Abteilung?

M.W.: Unter anderem, ja. AirPower hat uns sehr viele Möglichkeiten eröffnet. Das Ganze ist übrigens durch einen Fehler zustande gekommen. Bei einem Test merkte man plötzlich, dass Luft in eine Brause gezogen wurde. Es kam kein Wasser aus einigen Düsen heraus.

Daraufhin meinte unser damaliger Chef und heutiger Aufsichtsratsvorsitzender, Klaus Grohe: „Versucht das doch mal ernsthaft zu realisieren!“ So hat er die Entwicklung maßgeblich vorangetrieben. Wir haben experimentiert, die Düsenanzahl verändert, den Strahl mal härter, mal weicher gemacht. Bei AirPower liegt die Kunst nämlich auch darin, die richtigen Querschnittsverhältnisse zu finden.

Und betriebswirtschaftlich betrachtet war und ist die Erfindung ja auch eine erfreuliche Geschichte …

M.W.: Absolut. Diese Tüftelei rund um die Duschwasserbelüftung hat sich gelohnt. Wir sind als erstes namhaftes Sanitärunternehmen an diese Sache herangegangen und bieten heute eine breite Produktpalette, die mit der AirPower-Technologie arbeitet.

Sie sagen, AirPower sei ein Geniestreich unter anderen gewesen …

M.W.: Eine weitere Erfindung ist die Whirl-Massage, bei der der Strahl in eine Spirale verwandelt wird. Dieser kreisende Helixstrahl hat den Vorteil, dass es keine unangenehme Dauerbelastung für eine einzige Hautpartie gibt. So wie die Finger eines Masseurs wandert auch der Strahl über die Haut. Das war harte Arbeit, aber ein toller Erfolg. Die: Raindance Handbrausen etwa arbeiten heute mit einer Dreifachhelix: Drei Massagedüsen kreisen auf

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der Haut. Raindance ist zu einem Bestseller geworden und hat einen Trend gesetzt wie ein guter Song. Sie ist für Hansgrohe die Nummer eins im Brausenbereich. Hier hat einfach alles gepasst in Sachen Design und Wassertechnologie.

Gibt es auch Themen, in die Sie dauerhaft investieren und die nicht unmittelbar von Erfolg gekrönt sind?

M.W.: Es gibt Grundlagenthemen, da müssen wir über Jahre hinweg dranbleiben und Geduld haben. Das bedeutet permanente Forschungsarbeit, etwa zum Thema „stark kalkhaltiges Wasser“. Da gibt es eine Menge Ansatzmöglichkeiten, denen wir in unserem Kalklabor nachgehen. So etwas erfordert dauerhafte Investitionen, besonders bei

Neuentwicklungen. Das ist kleinteilige Arbeit, die effizient bleiben muss, denn natürlich gibt es auch Budgetgrenzen. Aber wir haben bereits Entwicklungen und

Reinigungstechnologien, die das Leben diesbezüglich leichter machen, QuickClean zum Beispiel.

Ins Strahllabor kann nicht jeder herein- und herausspazieren. Ihre Arbeit unterliegt der Geheimhaltung …

M.W.: Die Strahlforschung ist in der Tat für viele Tabuzone. Aber wir arbeiten hier auch nicht abgeschottet. Das würde den Austausch mit anderen Abteilungen erschweren und uns einen Teil der Kreativität rauben. Wir sind stolz auf unsere Entwicklungsarbeit. Nicht auszudenken, wenn unausgegorene Ideen oder halb entwickelte Produkte nach draußen dringen würden. Die Wettbewerber schlafen nicht, auf dem Sanitärmarkt muss man heute schnell reagieren. Deshalb wahren wir hier einen Schutzraum. Und zur Geheimhaltung ist sowieso jeder Mitarbeiter verpflichtet.

Ist Ihr Job nicht irgendwann ausgeschöpft? Fällt Ihnen wirklich in zehn Jahren noch eine neue Wasserspielart ein?

M.W.: Ich bin überzeugt: Dieses Thema ist unerschöpflich. Wasser ist noch nicht wirklich richtig erforscht. Besonders bezüglich der nachhaltigen Nutzung gibt es noch viele

Möglichkeiten. Die Entwicklung dauert an und wird immer rasanter. Je knapper die Ressource Wasser, desto wichtiger wird unsere Arbeit. Grauwasserrecycling oder Wärmerückgewinnung sind zum Beispiel riesige Felder.

Abgesehen von den ökologischen Themen: Wir leben in einer Zeit, in der Freude, Genuss, Lebensqualität und der Luxus des Sich-wohl-Fühlens eine große Rolle spielen. Auch in diesem Bereich ist die Strahlforschung noch lange nicht am Ende.

Haben Sie Ihren Traumberuf gefunden?

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M.W.: Als Umwelt- und Verfahrenstechniker bin ich glücklich, dass wir uns bei

Hansgrohe in diese Richtung entwickelt haben. Ich habe schon immer mit Wasser arbeiten wollen – und zwar in einem Bereich, in dem man sinnvolle Produkte entwickeln kann.

Produkte, die die Welt beständiger machen, vielleicht auch etwas Gutes bewirken. Meine Mitarbeiter und ich ziehen da an einem Strang: Wir wollen Wasser effizient einsetzen, Energiesparlösungen finden, kluge Systeme wie Wärmerückgewinnung ausbauen, kurz: in großem Stil etwas für die Umwelt tun.

Sind Sie privat auch ein Tüftler?

M.W.: Ja, absolut. Ich habe hier in Schiltach ein altes Fachwerkhaus selbst

wiederhergerichtet. Da wurde jahrelang intensiv gewerkelt, um den Charme und die Romantik zu erhalten – und trotzdem maximal mögliche Energieeffizienz zu erlangen. Ich tüftele für mein Leben gern, auch wenn mir privat momentan die Zeit dafür fehlt …

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Katja Volkmer, freie Journalistin, München.

Das St ra hlf or schu ngs te am 20 11 ( v.l .n .r . ): Ma rkus W öhrl e, Da vi d Ba uma nn, Kla us But zk e , F r an z Sc ho rn , Ul ri ch Ki nle , Sven Klei n wäch te r.

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