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Die Gesundheitsfördernde Schule : Möglichkeiten und Grenzen von Gesundheitsförderung durch Organisations- und Schulentwicklung

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Justus-Liebig-Universität Gießen

Fachbereich Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement

Institut für Ernährungswissenschaft

Die Gesundheitsfördernde Schule

Möglichkeiten und Grenzen von Gesundheitsförderung

durch Organisations- und Schulentwicklung

Inaugural-Dissertation

zur Erlangung des Doktorgrades, Dr. oec. troph.,

Fachbereich Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und

Umweltmanagement der Justus-Liebig-Universität Gießen

Eingereicht von

Dipl. oec. troph. Ulrike Johannsen

aus Breklum

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Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades am Fachbereich Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement der Justus-Liebig-Universität Gießen mit dem Titel: „Die Gesundheitsfördernde Schule – Möglichkeiten und Grenzen von Gesundheitsförderung durch Organisations- und Schulentwicklung“.

Disputationstermin: 21. Juli 2003

Vorsitzende: Frau Prof. Dr. Becker-Brandenburg 1. Gutachterin: Frau Prof. Dr. I.-U. Leonhäuser 2. Gutachterin: Frau Prof. Dr. I. Heindl, Flensburg Prüfer: Herr Prof. Dr. H. Boland

(3)

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ... I Verzeichnis der Abbildungen ...VI Verzeichnis der Tabellen ... VII Verzeichnis der Abkürzungen ... IX Verzeichnis des Anhangs ... X

Seite

1 Einleitung und Problemstellung ...1

2 Stand der schulischen Gesundheitsförderung in der Bundesrepublik Deutschland ...6

2.1 Begründungsansätze für die Notwendigkeit der schulischen Gesundheitsförderung ...6

2.1.1 Epidemiologische Daten zum gesundheitlichen Befinden von Schülerinnen und Schülern ...6

2.1.2 Arbeitszufriedenheit und Lehrergesundheit ...12

2.1.3 Burnout-Syndrom ...13

2.1.4 Herausforderung an Erziehungs- und Bildungsinstitutionen ...14

2.1.5 Bildungspolitische Rahmenbedingungen ...15

2.2 Derzeitiger Stand der Forschung zur Gesundheitsförderung in Schulen ...17

2.2.1 Ziele und Grundsätze von schulischer Gesundheitsförderung ...17

2.2.1.1 Gesundheitsbegriff ...17

2.2.1.2 Gesundheitserziehung, -bildung, -beratung und -aufklärung ...22

2.2.1.3 Gesundheitsförderung ...25

2.2.1.4 Grenzen von Gesundheitsförderung ...32

2.3 Entwicklung schulischer Gesundheitsförderung im zeitlichen Kontext ...33

2.3.1 Von der schulischen Gesundheitserziehung zur Gesundheitsförderung in Schulen ...35

(4)

Inhaltsverzeichnis

2.3.2 Von der Gesundheitsförderung in Schulen zum Konzept

der Gesundheitsfördernden Schule ...37

2.3.3 Konzept der Gesundheitsfördernden Schule ...39

2.3.4 Ziele und Merkmale der Gesundheitsfördernden Schule ...42

2.3.5 Vom Konzept der Gesundheitsfördernden Schule zur Vernetzung Gesundheitsfördernder Schulen ...43

2.3.6 Zusammenfassung ...46

2.4 Unterstützungssysteme innerhalb und außerhalb der Schule ...47

2.4.1 Netzwerkförderung ...49

2.4.2 Gesundheitszirkel in Schulen ...53

2.4.3 Schulische Gesundheitsförderung durch stadtteilorientierte Kooperationsnetze ... ...54

2.4.4 Regionale Unterstützungssysteme: Thematische Schwerpunkte der schulischen Gesundheitsförderung anhand eines regionalen Beispiels (Hamburg) ...56

2.5 Organisations- und Schulentwicklung ...58

2.5.1 Organisationsentwicklung ...58

2.5.1.1 Ziele, Prinzipien und Merkmale der Organisationsentwicklung ...63

2.5.1.2 Grenzen von Organisationsentwicklung ...67

2.5.1.3 Anstelle einer Zusammenfassung: Die Grundelemente eines Organisationsentwicklungsprogramms ...69

2.5.2 Organisationsentwicklung in der Schule ...70

2.5.3 Grundlegende Entwicklungen in den USA ...77

2.5.4 Schulentwicklung ...80

2.5.5 Modelle von Organisations- und Schulentwicklung im pädagogischen System ...83

2.6 Gesundheitsförderung durch Organisationsentwicklung ...84

2.6.1 Gesundheitszirkel ...90

2.6.2 Gesundheitsförderliche OE-Methoden ...91

(5)

Inhaltsverzeichnis

3 Evaluation von partizipativen schulischen Gesundheitsförderungsmaßnahmen ...97

3.1 Derzeitiger Stand der Evaluationsforschung zur Gesundheitsförderung in Schulen in Deutschland ...97

3.2 Evaluation und Qualitätssicherung ...99

3.2.1 Ansätze der Qualitätsforschung ... 99

3.2.2 Ansätze der Evaluationsforschung ...100

3.2.3 Schulinterne Evaluation ...105

3.2.4 Qualitätssicherung und Qualitätsfestlegung in der Gesundheitsfördernden Schule ...106

3.3 Evaluationsdesign im Rahmen des Forschungsvorhabens ...107

3.3.1 Grundlagen der Evaluation ...107

3.3.2 Konzept der Evaluation ...113

3.3.3 Methodische Vorgehensweise und Bewertung der Methoden ...117

3.4 Evaluation der schulischen Gesundheitsförderung im Rahmen der Organisations- und Schulentwicklung ...128

3.5 Evaluation des Aufbaus und der Funktion eines außerschulischen Unterstützungsnetzwerkes anhand eines regionalen Beispiels ...131

4 Empirische Ergebnisse, Fallbeispiele und Analysen der Teilevaluationen unter Darstellung von kontext-, struktrur-, prozess- und ergebnisbezogenen Aspekten ...132

4.1 Ergebnisdarstellung ausgewählter Aspekte gesundheitsförderlicher Organisations- und Schulentwicklung unter Berücksichtigung von Fallbeispielen ...133

4.1.1 Teilevaluation ! ...133

4.1.1.1 Koordinatorinnen-Befragung ...134

4.1.1.2 Schulleiter-Befragung ...145

4.1.1.3 Schulklimabefragung ...153

4.1.1.4 Interviews ...166

(6)

Inhaltsverzeichnis

4.2 Ergebnisdarstellung ausgewählter Aspekte von Gesunde-Schule-Teams ...215

4.2.1 Teilevaluation " ...215

4.2.1.1 Fallstudien: Gesunde-Schule-Team-Befragung ...216

4.2.1.2 Interviews ...244

4.2.2 Überprüfung der Hypothesen und Ziele ...245

4.3 Ergebnisdarstellung ausgewählter Aspekte des kommunalen Unterstützungsnetzwerks ...248

4.3.1 Teilevaluation # ...248

4.3.1.1 Kooperationspartner-Befragung ...249

4.3.1.2 OPUS-Team-Befragung ...256

4.3.1.3 Interviews ...258

4.3.2 Überprüfung der Hypothesen und Ziele ...262

4.4 Möglichkeiten und Grenzen der Organisations- und Schulentwicklung im Bereich der schulischen Gesundheitsförderung unter Berücksichtigung des Qualitätsmanagements ...266

5 Entwicklung eines mehrdimensionalen Modells zur Erfassung schulischer Entwicklungsprozesse sowie kommunaler Unterstützungsstrukturen im Bereich der Gesundheitsförderung ...271

6 Schlussfolgerungen und Ausblick ...275

6.1 Gesundheitsfördernde Schulentwicklung aus Sicht der Beteiligten ...275

6.2 Empfehlungen für die Evaluation zukünftiger Projekte im Bereich der schulischen Gesundheitsförderung mit einem mehrdimensionalen methodischen Vorgehen ...282

(7)

Inhaltsverzeichnis

6.3 Empfehlungen für die Planung und Umsetzung zukünftiger gesundheitsfördernder Schulentwicklungsprojekte für die Ebene der Schule, die politisch-administrative

Ebene und die außerschulische Unterstützungsebene...283

7 Zusammenfassung/Summary... 288

8 Literatur... 295

(8)

Verzeichnis der Abbildungen

VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN

Seite

Abb. 1 Kontinuum zwischen Gesundheit-Krankheit ...22

Abb. 2 Handlungsebenen der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung und ihre Übertragbarkeit auf das Bildungswesen ...31

Abb. 3 Typen gesundheitsbezogener Interventionen in Schulen ...41

Abb. 4 Stern der Gesundheitsfördernden Schule ...45

Abb. 5 Organisatorischer Eisberg ... 60

Abb. 6 Prinzipien und Grundsätze der Organisationsentwicklung ...65

Abb. 7 Hauptkriterien der Organisationsentwicklung ...69

Abb. 8 Hauptkriterien gesundheitsförderlicher OE-Methoden ...92

Abb. 9 Methodentriangulation von qualitativen und quantitativen Methoden ...105

Abb. 10 Untersuchungsdesign ...110

Abb. 11 Fragestellungen der Struktur-, Prozess- und Ergebnisevaluation verbunden mit einer Input- und Kontextevaluation ...114

Abb. 12 Zusammensetzung des Gesunde-Schule-Teams der Schule A ...217

Abb. 13 Zusammensetzung des Projektteams „Gesunde Schule“ der Schule B ...232

Abb. 14 Verknüpfungen und Überschneidungen zwischen den Bereichen der Gesundheitsförderung, der Organisationsentwicklung und des Qualitätsmanagements ...267

Abb. 15 Modell zur Erfassung von Strukturen und Prozessen gesundheits-förderlicher Schulentwicklung und einer kommunalen Unterstützungsstruktur ...272

(9)

Verzeichnis der Tabellen

VERZEICHNIS DER TABELLEN

Seite Tab. 1 Überblick über ausgewählte nationale und internationale Programme,

versuche bzw. Aktivitäten im Bereich der schulischen Gesundheitsförderung ...34

Tab. 2 Schematische Gegenüberstellung ergebnis- und prozessorientierter Ansätze in der Evaluationsforschung ...101

Tab. 3 Gegenüberstellung der „gemischten Strategien“ neuerer Evaluationsforschung ...102

Tab. 4 Evaluationsdesign der Teilevaluationen ...119

Tab. 5 Ziele und ihre Evaluierung (Teilevaluation !) ...121

Tab. 6 Ziele und ihre Evaluierung (Teilevaluation ") ...122

Tab. 7 Ziele und ihre Evaluierung (Teilevaluation #) ...123

Tab. 8 Systematik zur Darstellung der Befragungsergebnisse der Teilevaluation !...133

Tab. 9 Häufigkeitsverteilung zu strukturbezogenen Merkmalen bei der Schulklimabefragung in absoluten Zahlen (Schule A) Ausgangsbefragung ...154

Tab. 10 Häufigkeitsverteilung zu strukturbezogenen Merkmalen bei der Schulklimabefragung in absoluten Zahlen (Schule B) Ausgangsbefragung ...155

Tab. 11 Häufigkeitsverteilung zu strukturbezogenen Merkmalen bei der Schulklimabefragung in absoluten Zahlen (Schule B) Abschlussbefragung ...156

Tab. 12 Häufigkeitsverteilung zu prozessbezogenen Merkmalen bei der Schulklimabefragung in absoluten Zahlen (Schule A) Ausgangsbefragung ...157

Tab. 13 Häufigkeitsverteilung zu prozessbezogenen Merkmalen bei der Schulklimabefragung in absoluten Zahlen (Schule B) Ausgangsbefragung ...159

Tab. 14 Häufigkeitsverteilung zu prozessbezogenen Merkmalen bei der Schulklimabefragung in absoluten Zahlen (Schule B) Abschlussbefragung ...160

Tab. 15 Häufigkeitsverteilung zu ergebnisbezogenen Merkmalen bei der Schulklimabefragung in absoluten Zahlen (Schule A) Ausgangsbefragung ...162

Tab. 16 Häufigkeitsverteilung zu ergebnisbezogenen Merkmalen bei der Schulklimabefragung in absoluten Zahlen (Schule B) Ausgangsbefragung ...164

(10)

Verzeichnis der Tabellen

Seite Tab. 17 Häufigkeitsverteilung zu ergebnisbezogenen Merkmalen bei der

Schulklimabefragung in absoluten Zahlen (Schule B) Abschlussbefragung ...165

Tab. 18 Verlauf der Interviews ...166

Tab. 19 Kontextuelle, strukturelle, prozessuale und ergebnisbezogene Aspekte (Beispiele) der Evaluation zur Gesundheitsfördernden Schulentwicklung (Teilevaluation !)... 213

Tab. 20 Systematik zur Darstellung der Befragungsergebnisse der Teilevaluation" ...215

Tab. 21 Auswertung der Fragen 1-10 zum Ablauf bzw. zur Struktur des Gesunde-Schule-Teams ...218

Tab. 22 Auswertung der Veränderungsprozesse ...222

Tab. 23 Auswertung zu Inhalten bzw. Ergebnissen des Gesunde-Schule-Teams ...226

Tab. 24 Auswertung der Fragen 1-10 zum Ablauf bzw. zur Struktur des Projektteams „Gesunde Schule“ ...233

Tab. 25 Auswertung von Veränderungsprozessen des Projektteams „Gesunde Schule“ ...236

Tab. 26 Auswertung zu Inhalten bzw. Ergebnissen des Projektteams „Gesunde Schule“ ...240

Tab. 27 Strukturelle, prozessuale und ergebnisbezogene Aspekte (Beispiele) der Evaluation von „Gesundheitszirkeln“ (Teilevaluation ") ...247

Tab. 28 Systematik zur Darstellung der Befragungsergebnisse der Teilevaluation# ...258

Tab. 29 Zielgruppen der Institutionen ...250

Tab. 30 Anzahl der Nennungen von Arbeitskreisen ...251

Tab. 31 Einschätzung der Wichtigkeit von Veranstaltungen und Arbeitskreisen...252

Tab. 32 Förderung der aktuellen Vernetzung bzw. Kooperation untereinander ...253

Tab. 33 Hemmung der aktuellen Vernetzung bzw. Kooperation untereinander.... ...253

Tab. 34 Bewertung von Einrichtungen und Institutionen für die Förderung einer Kooperation ...254

Tab. 35 Items der Schwierigkeiten, um die Gesundheitsförderung weiter an Hamburger Schulen zu etablieren ...256

Tab. 36 Strukturelle, prozessuale und ergebnisbezogene Aspekte (Beispiele) der Evaluation vom außerschulischen Unterstützungsnetzwerk (Teilevaluation #) ...265

(11)

VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN

AG Arbeitsgruppe

BLK Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung BZgA Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

E Eltern

GF Gesundheitsförderung GST Gesunde-Schule-Team

HAG Hamburgische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e.V. IfL Institut für Lehrerfortbildung

ISP Institutioneller Schulentwicklungs-Prozess

L Lehrkräfte

n.P. nicht-unterrichtendes Personal OD Organization Development OE Organisationsentwicklung

OPUS Offenes Partizipationsnetz und Schulgesundheit PISA Programme für International Student Assessment RUZ Regionales Unterstützungszentrum

S Schüler

SL Schulleitung

WHO World Health Organization

(12)

VERZEICHNIS DES ANHANGS

Anhang 1 Zeitplan

Anhang 2 Fragebogen Koordinatorinnen (Ausgangsbefragung) Anhang 3 Fragebogen Koordinatorinnen (Abschlussbefragung) Anhang 4 Fragebogen Schulleitung (Ausgangsbefragung) Anhang 5 Fragebogen Schulleitung (Abschlussbefragung) Anhang 6 Fragebogen Organisationsklima

Anhang 7 Graphische Darstellung der Ergebnisse der Schulklima-Befragung (Beispiel) Anhang 8 Fragebogen Kooperationspartner

Anhang 9 Auswertung der Text-Fragen am Beispiel des Koordinatoren-Fragebogens Anhang 10 Gesprächsleitfaden

Anhang 11 Inhaltsanalyse am Beispiel eines Experten-Interviews

Anhang 12 Zusammenfassende graphische Darstellung der Auswertung der Gesunde-Schule-Team Befragungen

Anhang 13 Beobachtungsleitfaden Anhang 14 Beobachtungsschema

Anhang 15 Kartenabfrage zum Bilanzgespräch des OPUS-Teams Anhang 16 Evaluationszielscheibe zur Arbeit des OPUS-Teams

Wenn im Text, auf Grund der besseren Lesbarkeit, nur die weibliche oder männliche Form erscheint, ist jeweils die andere auch gemeint.

(13)

_______________________________________________________________________________

„Die schöne Klammer, in das Zentrum die eigene Gesundheit zu nehmen, über alle Kulturen hinweg, macht es als interkulturelles Signum möglich, sich zusammen zu bewegen. Dies ist eine der besten und gewaltigsten Ideen, die Schulentwicklung eigentlich haben kann“ (Wolfgang ARNDT, Schulleiter einer mitarbeitenden Schule, 1999).

1

Einleitung und Problemstellung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Forschungsbereich Gesundheitsförderung im Setting Schule. Seit den 90er Jahren hat sich gezeigt, dass der Setting-Ansatz für die Gesund-heitsförderung in zweckrationalen Organisationen wie Betrieben, Schulen und Krankenhäuser in hervorragender Weise geeignet ist.

Von erkenntnisleitendem Interesse der Arbeit sind zum einen gesundheitsfördernde Schulent-wicklungsprozesse, die innerhalb der Organisation Schule ablaufen. Zum anderen gilt es, das sich entwickelnde kommunale Unterstützungsnetzwerk außerhalb der Organisation abzubilden. Als wichtige Aspekte einer gesundheitsfördernden Schulentwicklung soll die Arbeit mit „Gesundheitszirkeln“ näher beleuchtet und vertieft werden. Im Rahmen dieser Evaluationsstudie ist zu untersuchen, inwiefern sich die Organisation Schule hin zu einer gesundheitsfördernden Organisation verändern oder bewegen kann. Die Methodik der Organisationsentwicklung, ur-sprünglich gedacht für unternehmerische Veränderungsprozesse, hält nun Einzug in die Institution Schule. Gefordert wird eine systematische Herangehensweise, die strukturelle Lösungsstrategien in einem schulspezifischen Entwicklungsprozess sucht. Ob dieses Modell auf die Schule zu übertragen ist, auf welche Schwierigkeiten die Methodik der Organisationsentwicklung mit dem Thema der Gesundheitsförderung in dem System Schule − einem System zwischen Innovation und Erstarrung − stößt, gilt es durch die vorliegende Arbeit zu reflektieren. Auch ist diese Frage-stellung in ihrer systemischen Herangehensweise neu. Bisher war sie in der Literatur nur am Rande von Bedeutung.

Der Forschungsauftrag der vorliegenden Arbeit wurde mit der Hamburger Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung genau abgestimmt. Sie wurde als wissenschaftliche Evaluation im Rahmen des BLK-Modells „Offenes Partizipationsnetz und Schulgesundheit (OPUS)“ und als Ko-operationsprojekt zwischen der Schulbehörde und der Hamburger Fachhochschule (Studiengang Gesundheit) konzipiert. Die finanziellen Mittel für diese Arbeit stammten aus dem

(14)

Hochschulson-_______________________________________________________________________________ derprogramm (HSP) III des Bundes und der Länder, die eine spezielle wissenschaftliche Qualifi-zierung von Frauen mit Hochschulabschluss anstrebten, um den Frauenanteil in Forschung und Lehre an den Hochschulen zu erhöhen. So kam es zu einer individuelle Förderung für den Zeitraum von drei Jahren (1998 - 2000) durch ein Promotionsstipendien, das u.a. einen regionalen Bezug, hier Hamburg, und die Einbindung in eine Hochschule1 vor Ort vorzuweisen hatte. Eine Folge des Kooperationsprojektes war, dass die Fragestellungen des Forschungsauftrages weitgehend vorgegeben waren und sich an den aktuellen Entwicklungen nationaler gesundheitsfördernder Schulprojekte orientierten und insgesamt ein politischer Wille bezüglich der BLK-Modellversuche und damit auch hinter der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit stand.

Die vorliegende Fremdevaluationsstudie soll daher in erster Linie Strukturen, Prozesse und Ergebnisse schulischer Gesundheitsförderung von vier Hamburger Schulen berücksichtigen. Davon sind zwei Schulen bereits Modellversuchsschulen, die zwei Jahre (1997-1999) am BLK-Modellversuch „Offenes Partizipationsnetz und Schulgesundheit (OPUS)“ teilgenommen haben. Darüber hinaus können diese Schulen auf mehrjährige Erfahrungen schulischer Gesundheitsför-derung zurückgreifen und haben vielfältige Praxisbeispiele entwickelt und erprobt. Diese „models of good practise“ haben eine wichtige Signalwirkung für weitere Schulen unterschiedlichster Schulformen, die sich auf diesem Gebiet engagieren wollen, auch über Hamburg hinaus.

Der u.a. daraus resultierende induktive Forschungsansatz berücksichtigt die Tatsache, dass noch keine theoriegeleitete Evaluationsforschung im Kontext der schulischen Gesundheitsförderung entwickelt wurde. Auch eine theoretische Modellierung kausaler Prozesse, die die Wirkung von Maßnahmen auf die Institution oder auf das Verhalten der Betroffenen vermitteln, kommt in der bisherigen Literatur nicht vor. Die vorliegende Arbeit knüpft an dieser Lücke an. Vorerst gilt es sich intensiver mit dem komplexen Forschungsgegenstand auseinander zu setzen um grundlegende Erkenntnisse über das Forschungsfeld „schulische Gesundheitsförderung“ zu gewinnen, um eine Grundlage zur Entwicklung einer theoriegleiteten Evaluationsforschung zu liefern.

Der komplexe Forschungsgegenstand gesundheitsfördernder Schulentwicklungsprozesse kann nur durch eine entsprechende Methodenauswahl berücksichtigt und abgebildet werden. Dazu bieten sich insbesondere formative Evaluationsmethoden an, die in der vorliegenden Studie eingesetzt

1 Gemeint ist die Fachhochschule Hamburg, Fachbereich Ökotrophologie mit dem Studiengang Pflege und

Gesundheit/Public Health, die sich zwischenzeitlich umgenannt hat zur Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg.

(15)

_______________________________________________________________________________ und erprobt werden. Quantitativ an diese Fragestellung heranzugehen ist durch die noch geringe Anzahl von Schulen, die sich in einem systematischen gesundheitsfördernden Prozess befinden, schwierig. Auch wenn bei der vorliegenden Arbeit nicht der Schwerpunkt auf eine Methodenent-wicklung gelegt wird, kann die Nutzung zahlreicher Methoden wichtige Erkenntnisse für weitere Evaluationsstudien im Kontext schulischer Gesundheitsförderung liefern. Bisherige Evaluations-vorhaben im Bereich der schulischen Gesundheitsförderung beziehen sich vor allem auf die Im-plementation einzelner gesundheitsförderlicher Projektinhalte, beispielsweise zur Bewegungsför-derung oder zur FörBewegungsför-derung einer gesunden Ernährungsweise.

Die wissenschaftliche Fragestellung der vorliegenden Arbeit führt zum einen zu einem Erkennt-nisgewinn, wie eigentlich die sehr individuellen Schulentwicklungsprozesse in den Schulen in Bezug auf die Gesundheitsförderung aussehen. Zum anderen werden auch offene Fragestellungen aufgezeigt, die in weiteren schulischen Evaluationsvorhaben zu untersuchen sind.

Innerhalb der schulischen Gesundheitsförderung gilt es zu berücksichtigen, dass die Gesundheitsförderung an sich, so wie sie die WHO innerhalb der Ottawa-Charta 1986 geprägt hat, einen Entwicklungsprozess darstellt und breite Handlungsfelder aufzeigt. Der durch die Ottawa-Charta ausgelöste Paradigmenwechsel im Bereich der Gesundheitserziehung und -förderung schaffte eine Basis, um sich nicht nur verhaltensorientiert dem Bereich der Gesundheit zu nähern, sondern auch die Verhältnisse mit zu betrachten und dadurch Lebensweltbezüge positiv zu verändern.

Dieses Potenzial gilt es auch bzw. gerade im schulischen Kontext zu nutzen, denn Schule ist eine der wichtigsten gesellschaftlichen Institutionen, die insbesondere für Kinder und Jugendliche einen prägenden Lebens-, Lern- und Erfahrungsbereich darstellt. Der konzeptionelle Wandel von der Gesundheitserziehung zur Gesundheitsförderung, der in der vorliegenden Arbeit beschrieben ist, wird besonders durch eine systematische Schulentwicklung deutlich, die sich auf das gesamte Setting, auf Schule als Lebens-, Lern- und Arbeitsplatz bezieht. Hingeführt zu einer Öffnung und Aufgeschlossenheit bezüglich gesundheitsfördernder Fragestellungen im Setting Schule haben insbesondere die BLK-Modellversuche zur schulischen Gesundheitsförderung, die insgesamt im Zeitraum von ca. 8 Jahren durchgeführt wurden. Sie haben eine Bewegung innerhalb der Schullandschaft in Gang gebracht, die aber möglicherweise die breite Masse der Schulen noch nicht erfasst hat. Auch durch den neuen Hamburger Gesetzentwurf (1999), der die Gesund-heitsförderung als wichtigen und verpflichtenden Arbeitsbereich festschreibt, ist es möglich geworden, mit einzelnen Schulen auf diesem Gebiet intensiver zu arbeiten.

(16)

_______________________________________________________________________________

Die Frage nach einer gesundheitsfördernden Organisations- und Schulentwicklung ist hingegen neu und wurde in diesem Kontext noch nicht gestellt. Der Sinn und die Notwendigkeit, diese zwei unterschiedlichen Bereiche Gesundheitsförderung und Schulentwicklung zusammenzubringen, soll in der vorliegenden Arbeit Gegenstand der Betrachtung sein. Es gilt zu klären, inwieweit Erfah-rungen seitens der Schulen mit der Schnittmenge beider Bereiche existieren und ob sich daraus allgemeine Empfehlungen für eine zukünftige gesundheitsfördernde Organisations- und Schulent-wicklung ableiten lassen. Möglichkeiten und Grenzen dieser Fragestellung gilt es ebenso aufzuzeigen, wie auch die Darstellung von Perspektiven für weitere Schulen erfolgen soll, sich in Zukunft innerhalb dieses Arbeitsfeldes erfolgreich zu engagieren.

Schwierig erscheint es, die Begrifflichkeiten beider Bereiche, angefangen von der Gesundheits-erziehung und Gesundheitsförderung über die Schulentwicklung bis hin zur Organisations-entwicklung, gegeneinander abzugrenzen und abschließend zu definieren. Zu viele Über-schneidungen gilt es zu erkennen und bei der vorliegenden Arbeit zu berücksichtigen. Erstmalig wird der Terminus „Gesundheitsfördernde Schulentwicklung“ in den Zusammenhang mit den oben stehenden Begrifflichkeiten gesetzt und eine Definition vorgenommen.

Im Bereich der Öffnung von Schule gibt es im gesundheitsfördernden Kontext noch wenig Erfahrungen. Die Schwierigkeit von Kooperation und Vernetzung scheint im System Schule begründet zu sein.

Ein außerschulisches Unterstützungssystem scheint es, so kann vermutet werden, in Hamburg zu geben. Wie dieses sich neu formierende „Netzwerk“ genau aussieht und funktioniert, wurde bisher noch in keiner Weise näher betrachtet oder untersucht. Die Transparenz und Erreichbarkeit wichtiger Institutionen könnte durch eine erste Analyse erhöht werden. Umso spannender ist es, sich mit dem Forschungsgegenstand Unterstützungssystem auseinander zu setzen, um für weitere Tätigkeiten innerhalb des Netzwerkes neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Die vorliegende Arbeit ist so aufgebaut, dass im Anschluss an die Problemstellung (Kapitel 1) die Bereiche der Gesundheitsförderung und der Organisations- und Schulentwicklung näher geklärt und definiert werden (Kapitel 2). Dabei wird auch auf den regionalen Bezug schulischer Gesundheitsförderung und auf ein regionales Unterstützungssystem eingegangen sowie das Konzept der „Gesundheitszirkel“ beschrieben. Grundlegende Entwicklungen zum Gebiet der Organisationsentwicklungen stehen dabei im Zentrum der Betrachtungsweise. Perspektiven aus den USA werden an dieser Stelle mitbetrachtet. Kapitel 3 führt in die Evaluation partizipativer

(17)

_______________________________________________________________________________ schulischer Gesundheitsförderungsmaßnahmen ein und gibt einen Überblick über die Eva-luationsforschung zur schulischen Gesundheitsförderung in Deutschland. Darüber hinaus wird das Evaluationsdesign der Studie mit seiner methodischen Vorgehensweise beschrieben. Die Ergebnisdarstellung in Kapitel 4 wird in der Reihenfolge der Teilevaluationen durchgeführt und orientiert sich an den Kernpunkten von Evaluation und Qualitätssicherung (Strukturqualität, Prozessqualität, Ergebnisqualität). Dieses Kapitel beinhaltet auch die Überprüfung der einzelnen Ziele und Hypothesen und fügt im Anschluss eine Analyse wichtiger Evaluationsergebnisse an. Unter Berücksichtigung des Qualitätsmanagements werden die Möglichkeiten und Grenzen der Organisations- und Schulentwicklung im Bereich der schulischen Gesundheitsförderung aufgezeigt. An dieser Stelle wird auch die Definition des Terminus „Gesundheitsfördernde Schulentwicklung“ vorgenommen. Die Ausführungen münden in die Entwicklung eines mehr-dimensionalen Modells zur Erfassung schulischer Entwicklungsprozesse und eines außer-schulischen Unterstützungsnetzwerkes (Kapitel 5).

Perspektiven und Empfehlungen für die Planung und Umsetzung zukünftiger partizipativer Schulentwicklungsprozesse im Bereich der schulischen Gesundheitsförderung werden im Rahmen der Schlussfolgerung thematisiert (Kapitel 6). Im Kapitel 7 sind schließlich die Ergebnisse der Evaluationsstudie im Hinblick auf eine gesundheitsfördernde Schulentwicklung und das regionale Unterstützungsnetzwerk zusammenfassend dargestellt.

(18)

______________________________________________________________________________

2

STAND DER SCHULISCHEN GESUNDHEITSFÖRDERUNG IN

DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

2.1

BEGRÜNDUNGSANSÄTZE FÜR DIE NOTWENDIGKEIT DER SCHULISCHEN GESUNDHEITSFÖRDERUNG

Im folgenden Kapitel geht es um die Frage, welche Forschungsergebnisse und welche theoretischen Hintergründe über die programmatischen Impulse der Gesundheitsförderung hinaus die gegenwärtigen schulischen Gesundheitsförderungskonzepte beeinflusst haben.

2.1.1 Epidemiologische Daten zum gesundheitlichen Befinden von Schülern

Ein Ausgangspunkt vieler Überlegungen zur schulischen Gesundheitsförderung ist die gesundheitliche Lage von Kindern und Jugendlichen. Es gab bisher keine umfassende bundesweite Erhebung zu Gesundheitszustand, -einstellung und -verhalten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Es mangelte hierzulande immer noch an einem regelmäßigen und aussagekräftigen Gesundheitsberichtswesen. KOLIP, NORDLOHNE und HURRELMANN (1995, S. 25) sprechen sogar von einer „desolaten Lage der Gesundheitsberichterstattung“. Diesem Mangel wird nun in einem aktuellen Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (2002 - 2006) zur Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen des Robert-Koch-Instituts entgegengewirkt. Damit soll eine Lücke geschlossen werden im Bereich von epdemiologischen Daten zur selbst eingeschätzten Lebensqualität bei Kindern und Jugendlichen.

In die vorliegende Arbeit fließen allerdings nur die bisher veröffentlichten Daten, die ausschnitthaft bestimmte Aspekte von Gesundheit bzw. Krankheit bei Kindern und Jugendlichen erfassen.

Laut HURRELMANN (1993, 1995) ist bei Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter eine wachsende Beeinträchtigung des körperlichen und psychosozialen Wohlbefindens zu regis-trieren. Daten aus verschiedenen Quellen zeigen, dass die gesundheitliche Lage von Kindern und Jugendlichen gekennzeichnet ist durch eine Zunahme bestimmter chronischer Erkrankungen. Nach den Daten der Schuleingangsuntersuchungen von fünf- bis sechsjährigen Kindern wurden bei 20,0 Prozent Sehstörungen, bei 13,7 Prozent der Jungen und 8,7 Prozent der Mädchen

(19)

______________________________________________________________________________ Sprachstörungen, bei 10,2 Prozent Haltungsschwächen, bei 4,3 Prozent Atemwegserkrankungen und bei 3,9 Prozent Hautkrankheiten erhoben (DLUGOSCH 1997).

1993 wurde im 1. Gesundheitssurvey2 festgehalten, dass 10% der 12- bis 17-Jährigen von chroni-schen Krankheiten (Allergien3, Stoffwechsel-, Herz- und Kreislauferkrankungen), 5% von behandlungsbedürftigen Störungen in den Bereichen Wahrnehmung, Emotion, Leistung sowie Sozialverhalten und 30% von psychosomatischen Problemen (Kopfschmerzen, Nervosität, Magenschmerzen, Schlafstörungen etc.) betroffen sind.

Besondere Beachtung finden muss ein Ergebnis des Jugendgesundheitssurveys, nämlich das subjektive Gefühl hoher Belastung. Mehr als die Hälfte der befragten Jugendlichen gab an, manchmal oder häufig erschöpft, gestresst, überfordert oder müde zu sein (KOLIP u.a. 1995, S. 39). Dieses Phänomen kann man im Zusammenhang sehen mit den genannten hohen Anteilen psychosomatischer Beschwerden, wie Kopfschmerzen (39,4 %), Nervosität (30,3 %), Konzentrationsschwierigkeiten (30,2 %) und Rückenschmerzen (23,5 %). SCHMIDT und ESSER schätzten bereits 1985, dass 3 bis 7 Prozent der Kinder und Jugendlichen psychisch gestört seien. REMSCHMIDT und WALTER (1990) erachten sogar 10 Prozent der Kinder und Jugendlichen als ernsthaft psychisch auffällig.

Psychische und psychosoziale Störungen, wie Verhaltensauffälligkeiten, emotionale Störungen oder Leistungs- bzw. Teilleistungsstörungen, haben zugenommen. 10-15% der Kinder und Jugendlichen sind davon betroffen. Insbesondere die Intensität der körperlichen, psychischen und verbalen Gewalt ist gestiegen (vgl. KOLIP et al., 1995; HURRELMANN, 1993).

Verantwortlich gemacht werden einerseits eine Reihe psychosozialer Gesundheitsrisiken und Stressfaktoren, denen Kinder und Jugendliche zurzeit ausgesetzt sind, und andererseits jugendty-pisches Risikoverhalten, wie Rauchen und Alkoholkonsum, ebenso wie nachteilige Verän-derungen des Ess- und Bewegungsverhaltens, die in bestimmten Gruppen weit verbreitet sind:

2 Jugendgesundheitssurvey von 1993 bei N= 2392 Schülerinnen und Schülern der Schuljahrgänge 7,8 und

9 (KOLIP, NORDLOHNE & HURRELMANN 1995).

3 Die Ergebnisse des Bielefelder Jugendgesundheitssurveys 1993 (KOLIP u. a. 1995) zeigen, dass

gut ein Drittel aller Jugendlichen an mindestens einer allergischen Beschwerde und gut ein Fünftel aller Jugendlichen immerhin an zwei allergischen Beschwerden leidet. 4,3 Prozent haben nach eigenen Angaben Asthma, 13,5 Prozent Heuschnupfen und 14,7 Prozent einen allergischen Hautausschlag oder ein Ekzem.

(20)

______________________________________________________________________________ (1.) Ungesunde Ernährungsgewohnheiten sind häufig anzutreffen, z.B. unregelmäßiges Essen, Störungen des Essverhaltens, ungünstige Nahrungszusammensetzung, Durchführung von Schlankheitsdiäten. Nach HURRELMANN (1995) findet sich bei ca. 20% eines Altersjahrgangs unausgewogenes Ernährungsverhalten. 13% der Schülerinnen und Schüler kommen regelmäßig, ohne zu frühstücken in die Schule. 14% der 12-17-Jährigen nehmen nicht an jedem Tag ihr Frühstück ein. SEIFFGE-KRENKE (1994) geht davon aus, dass 20 Prozent der täglichen Nahrungseinnahme von Kindern und Jugendlichen durch so genannte Snacks abgedeckt werden, die häufig zusammen mit zuckerhaltigen Getränken verzehrt werden. PUDEL und WESTEN-HÖFER (1991) vertreten die These, dass dieses betont lustorientierte Essverhalten gerade als Reaktion auf die von Erwachsenen gesetzten Essensnormen zu verstehen ist. Über 20% der Mädchen geben wiederum an, mindestens schon ein- oder zweimal eine Diät gemacht zu haben. Mindestens 5-10% der Schulkinder sind stark übergewichtig, weitere 10% haben eine mäßige Übergewichtigkeit. 60-80 % dieser Kinder werden dieses Übergewicht im Erwachsenenalter behalten. Die weiteren Ausprägungen von Formen der Fehlernährung nehmen mit steigendem Alter zu (vgl. BZgA 1994 u. 1998; HURRELMANN 1995).

(2.) Obwohl insgesamt die sportliche Betätigung bei Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren zugenommen hat (ABELE u. a. 1997), gibt es immer noch einen recht großen Anteil, der sich gar nicht sportlich betätigt. Dies trifft nach LOHAUS (1993) vor allem auf Mädchen mit niedrigem Bildungsniveau zu. Die allgemeine Zunahme sportlicher Betätigung bedeutet nicht, dass gleichzeitig die tägliche Bewegungszeit von Kindern und Jugendlichen zunimmt. So weisen OLTERSDORF et al. (2002) in ihrer Studie darauf hin, dass die „aktive Zeit“ von Grundschülern gerade einmal eine Stunde täglich beträgt, wobei unter aktiver Zeit sowohl das Sporttreiben in Schule und Verein wie das Spielen draußen subsumiert sind.

Dies führt insgesamt gesehen zu einer Bewegungsverarmung und einseitigen Stimulierung der Sinne. HURRELMANN spricht gar von einer „immer unausgewogener zusammengesetzten Sinneskost“ für Kinder und Jugendliche. Es kommt immer stärker zu einer einseitigen Stimu-lierung des Hörsinns und des Sehsinns, während insbesondere das Fühlen und Riechen, das Atmen und Sprechen vernachlässigt werden. Eine entwicklungsfördernde Reizung und Anregung aller Sinneszentren wird vernachlässigt und damit auch deren Verbindung und Vernetzung untereinander. Störungen in der Grob- und Feinmotorik sind die Folgen. Diese Unsicherheiten und Ungeschicklichkeiten finden sich bei 15-20% der Kinder (vgl. HURRELMANN 1995). Leistungs- und Konzentrationsprobleme sowie Verhaltensauffälligkeiten können die Folgen sein,

(21)

______________________________________________________________________________ wie beispielsweise Dyskalkulie, verzögerter Spracherwerb, geringe Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit oder Hyperaktivität.

Einhergehend mit einer verringerten körperlichen Leistungsfähigkeit werden in zunehmendem Maße Haltungsschäden festgestellt; darüber hinaus häufen sich die Unfälle im Straßenverkehr sowie im häuslichen und Freizeitbereich.

(3.) Suchtkrankheiten sind weiterhin auf dem Vormarsch. Durch Alkohol, Nikotin, Drogen und Arzneimittel hervorgerufene Suchtkrankheiten haben zu einem Anstieg der Zahl von Abhängig-keiten in allen Altersgruppen geführt.

(4.) Lehrerinnen4 können davon ausgehen, dass etwa jedes fünfte Kind in ihrer Klasse von einer Krankheit des allergischen Formenkreises betroffen ist. Etwa jedes zweite Kind ist heute gefährdet, irgendwann im Laufe des Lebens eine solche Erkrankung auszuprägen (vgl. SETTERTOBULTE, 2000. S. 65).

Neben den oben genannten vier Hauptbereichen müssen weiterhin folgende kritischen Problemfelder genannt werden: soziale Vereinsamung und weiter um sich greifende Ellenbogenmentalität, für den Einzelnen nur noch schwer durchschaubare und als wenig beeinflussbar erscheinende Lebensbedingungen und eine wachsende Verunsicherung bezüglich der Werte- und Sinnfindung.

Oft überschneiden sich die einzelnen Problembereiche. Dies führt zu einer Mehrfach-beeinträchtigung von Entwicklungen bei insgesamt mindestens 20% der Kinder und Jugendlichen. Die Bewältigung von psychischen Beanspruchungen und sozialen Anforderungen ist defizitär. Kinder und Jugendliche lernen immer weniger, mit seelischen Konflikten umzugehen.

Die hohen Prävalenzraten körperlicher Erkrankungen und psychosomatischer Störungen sind nicht erst in den letzten Jahren zu finden. Bei vielen Störungen ist außerdem eine Vorverlagerung im Alter und eine Zunahme in der Häufigkeit zu beobachten. Studien mit vergleichbaren Ergebnissen sind u.a. zu finden bei DIETEL 1984, VOGT 1985, KLOCKE 1994, PETERMANN 1994, KOLIP et al. 1995.

4 Wenn im Text, auf Grund der besseren Lesbarkeit, nur die weibliche oder männliche Form erscheint, ist

(22)

______________________________________________________________________________ Die in den epidemiologischen Untersuchungen deutlich werdenden gesundheitlichen Belastungen und Auffälligkeiten können als „Überbeanspruchungserscheinungen“ erklärt werden. Dies weist auf immer gravierender werdende Belastungs- und Überforderungssituationen in den Lebenswel-ten der Kinder und Jugendlichen hin. Man kann in ihnen so etwas wie „gesundheitliche Seismo-graphen“ der Gesellschaft erkennen (vgl. PAULUS 1995). Kennzeichnend für viele der oben genannten Probleme ist ihre Abhängigkeit sowohl von individuellen und familiären Lebensstilen als auch von sozialen und ökologischen Verhältnissen. Auch HURRELMANN (1990, S. 58 ff.) interpretiert die Krankheits- und Beschwerdebilder als ein Zeichen für erhebliche Belastungs- und Überforderungssituationen, denen Kinder und Jugendliche ausgesetzt sind. Er bezeichnet sie als die „Kosten der modernen Lebensweise, die durch hohe Umweltbelastungen und gestiegene soziale Anforderungen, bedingt durch Individualisierung, Pluralisierung und Enttradi-tionalisierung unserer Lebensformen und Lebenswelten, gekennzeichnet ist“ (BECK 1986, S. 115ff.). Wachsender Leistungsdruck, veränderte, teilweise instabile Familienbe-ziehungen, Perspektivlosigkeit bezüglich der eigenen Zukunft, sich rasch wandelnde Wert-orientierungen, soziale Verunsicherung, Lärmbelastung, Verstädterung und Luftverschmutzung können als hierfür charakteristische Stichworte genannt werden.

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sowohl der so genannte allgemeine Gesundheitszustand als auch die medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen noch nie so gut waren wie in den letzten Jahren, gibt die hier beschriebene Lage zu denken. Diese Daten bilden häufig die Basis für den Einsatz schulischer Interventions- und Präventionsprogramme, ohne dass der Anspruch besteht, dass die Schule allein erfolgreiche Prävention und Gesundheitsförderung betreiben kann.

Da die genannten aktuellen Probleme von Kindern und Jugendlichen selten auf eine einzige Ursache zurückzuführen sind, sondern sich im Gegenteil durch ein multidimensionales Ursachengeflecht aus sozialen, psychischen und körperlichen Faktoren auszeichnen, bedarf es eines zielgruppenspezifischen, multiprofessionellen Ansatzes der Gesundheitsförderung, um die Probleme günstig zu beeinflussen.

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______________________________________________________________________________ Zusammenfassung

Zusammenfassend ist festzustellen, dass es bei Kindern und Jugendlichen häufig infolge der o.g. Gründe zu einer Fehlanpassung zwischen dem körperlich-physiologischen, psychisch-seelischen und sozial-ökologischen System kommen kann. Die Gesundheitsbalance ist dadurch gestört, dass innerhalb dieser drei Systeme kein befriedigender Ausgleich von Anspannungen und Entspannungen existiert (HURRELMANN 1995). Nach HURRELMANN & ENGEL (1993, zitiert nach BRÖSKAMP 1994) gilt:

„[...] die meisten der Verhaltensauffälligkeiten und der Gesundheitsbeeinträchtigungen im sozialen, psychischen und physiologischen Bereich von Kindern und Jugendlichen müssen wir als Symptome für Stress, [...] für einen subjektiv überfordernd empfundenen unangenehmen bio-psycho-sozialen Spannungszustand werten, der sich aus den vielfältigen Belastungen ergibt, denen sich schon junge Menschen in modernen Industriegesellschaften ausgesetzt sehen [...] Sie sind ein Signal für die nicht befriedigend gelingende Auseinandersetzung mit den Anforderungen und Herausforderungen, die sich ihnen stellen. Sie sind letztlich ein Signal dafür, dass sie weder die Kompetenzen erwerben noch das Ausmaß von Achtung, Würde und Subjektivität erfahren, das sie für ihre gesunde Entwicklung benötigen.“

Auch greift BRÖSKAMP (1994) in einer Expertenbefragung zu „Gesundheit und Schule“ folgende Bereiche auf, die zu der oben genannten strukturellen Überforderung von Kindern und Jugendlichen führen und die insgesamt gesundheitsbelastend sind: (a) Leistungsgesellschaft und Individualisierung, (b) pluralistische Wertewelt, (c) Umbruch der Familienformen, (d) mediati-sierte Umwelt, (e) ökologische und soziale Problemlagen u.a.

FRANZKOWIAK (1994) benennt Grundbedingungen für eine gesundheitsfördernde Entwicklung eines Kindes, die sich auf das ausreichende Vorhandensein psychosozialer Unterstützungsressour-cen beziehen, um Belastungsfaktoren auszubalancieren. Je besser ein Kind bzw. ein Jugendlicher in ein soziales Beziehungsgefüge eingebunden sei, um so besser könne das Kind bzw. der Jugend-liche mit ungünstigen sozialen Lebensbedingungen, mit lebensverändernden Ereignissen und mit andauernden Alltagsbelastungen umgehen − und umso weniger würden körperliche, seelische und soziale Belastungssymptome auftreten.

Als Praxisstrategie dienen dazu sowohl die persönliche Kompetenzförderung als auch der Aufbau und die Intensivierung von sozialen Unterstützungsnetzwerken (vgl. FRANZKOWIAK 1996).

(24)

______________________________________________________________________________ 2.1.2 Arbeitszufriedenheit und Lehrergesundheit

Schule ist auch für Lehrkräfte zu einem gesundheitlichen Risikofaktor geworden. Immerhin ver-bringen sie in ca. 40 Dienstjahren rund 50000 Stunden ihres Lebens in der Schule. Damit hat die Schule eine beträchtliche Bedeutung für das Wohlbefinden und die Gesundheit für diejenigen, die in der Schule ihren Arbeitsplatz haben, also Lehrkräfte und, nicht zu vergessen, das nicht unter-richtende Personal, wie Hausmeister, Reinigungskräfte, Büropersonal etc. Viele Lehrkräfte klagen über Stress und depressive Zustände, fühlen sich überlastet und zunehmend ausgebrannt. Viele berichten über Ohnmachtsgefühle angesichts der Erwartungen von Eltern, Behörden und Öffent-lichkeit an die Schule, fühlen sich orientierungslos in einer Zeit des Wertewandels, stellen häufiger die Sinnfrage und glauben, den Anforderungen nicht (mehr) gerecht zu werden.

Dies lässt sich u.a. auch daran ablesen, dass immer mehr Lehrkräfte den Schuldienst durch Frühpensionierungen, überwiegend aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig quittieren. So sind es 1995 in Hamburg nur etwa 10% der Lehrkräfte, die bis zum regulären Pensionsalter ihrem Beruf nachgehen. Von den übrigen 90% weist die Hälfte ein ärztliches Attest wegen Dienstunfähigkeit vor. In Schleswig-Holstein gehen nur 4,7% der Lehrkräfte regulär in den Ruhestand, und 1999 gingen knapp 63% wegen gesundheitlicher Probleme vorzeitig. Dabei sind die Gymnasiallehrer mit 41 % deutlich weniger krankheitsanfällig als ihre Kollegen in den anderen Schularten, wie beispielsweise die Realschullehrer mit 77% als Spitzenreiter. Deutsche Lehrer sind im Jahr 2000 im Durchschnitt 47,3 Jahre alt, und jeder fünfte Lehrer ist älter als 55 Jahre (vgl. HUSUMER NACHRICHTEN v. 12. JUNI 2000, S. 3; PAULUS 1995).

Bei der Durchsicht der deutschsprachigen Literatur fällt es auf, dass es kaum Studien gibt, die explizit die Themen wie gesundheitliche Beschwerden oder Krankheit bei Lehrkräften in das Zentrum ihrer Untersuchungen stellen. Vielmehr werden in den Studien „Belastungen im Lehrer-beruf“ untersucht, die unter dem Begriff des „Burnouts“ zusammengefasst werden. Durch diese Schwerpunktsetzung sind physische, psychische oder psychosomatische Störungen entsprechend selten als Kategorien in den Erhebungsinstrumenten enthalten. Auch GERWING (1994) beklagt diesen Mangel an sozialepidemiologischen Studien zur Krankheitshäufigkeit von Lehrkräften. Auch dass die Definition von Burnout unklar ist, trägt zu diesem Mangel bei (vgl. FREITAG 1998). BÜSSING & PERRAR (1992, S. 331) kritisieren, „dass eine beachtliche Vielfalt wenig kohärenter Burnout-Definitionen vorliegen, was im Kontext der bislang eher schwach-theoretischen Fundierung dieser Forschung gesehen werden muss“.

(25)

______________________________________________________________________________ 2.1.3 Burnout-Syndrom

KEEL (1993) begründet das Burnout-Syndrom damit, dass aufgrund der psychischen Belastung durch die Arbeit viele engagierte und qualifizierte Mitarbeiter ihre Begeisterungsfähigkeit und das Engagement für die Arbeit verlieren. Sie brennen aus. „Das Leiden beginnt langsam, tritt anfangs phasenweise bei großer Belastung auf, kann aber zum bedrohlichen Dauerzustand mit schwerwie-genden Folgen werden“ (KEEL 1993, S. 131). Bei EDELWICH & BRODSKY (1984) werden fünf Stufen dieses Prozesses unterschieden: Fast regelhaft steht am Beginn des Burnout-Prozesses eine enthusiastische und idealistische Einstellung zum Beruf, die nahezu zwangsläufig durch die Realität relativiert wird. Es folgt eine Phase der Stagnation, der erste Elan ist nun verpufft, immer häufiger stellt sich die Frustration als dritte Stufe der Entwicklung ein, die schließlich in die Vor-stufe des Burnouts mündet, die Resignation oder auch Apathie. Die letzte Phase ist begleitet von psychosomatischen Beschwerden und einem hohen Ausmaß an Verzweiflung. Wer die letzte Phase des Burnouts erreicht hat, kommt nur schwer wieder aus ihr heraus, befindet sich fast wie in einem Teufelskreis und überträgt den „Krankheitserreger“ des Burnouts (BECKER & GONSCHOREK 1989) auf die Kollegen und die Schüler (vgl. FREITAG 1998, S. 44).

Es können psychische und körperliche Symptome des Ausbrennens unterschieden werden: Psychische Symptome:

• Verlust von Begeisterungsfähigkeit, Einsatzbereitschaft, Einfühlungsvermögen und Verantwortungsgefühl.

• Aufkommen von Unlust und Gleichgültigkeit der Arbeit gegenüber.

• Selbstzweifel, negative Einstellung zu sich selbst, der Arbeit, der Institution, der Gesellschaft und dem Leben.

• Emotionale Probleme: Reizbarkeit, Aggressivität, Ungeduld, Nervosität. • Müdigkeit, Erschöpfung, Lust- und Interesselosigkeit bis hin zu schweren

Depressionen. Körperliche Symptome:

• Schlafstörungen, Appetitstörungen, erhöhte Krankheitsanfälligkeit, psychosomatische Beschwerden.

Die spezifischen Belastungsfaktoren liegen nach KEEL (1993) für die Lehrkräfte in folgenden Bereichen: Sie sind mit zunehmenden Ansprüchen der Schüler, der Schule, der Eltern und der Gesellschaft konfrontiert. Sie erleben ihre Aufgabe als undankbar (erhalten wenig Anerkennung) und verlieren den nötigen Elan. Die für Lehrkräfte oft typischen Charakterzüge (Neigung zum Einzelgängertum, Kritikscheue) verschärfen die Problematik. Der Raum für Veränderungen ist beschränkt (Lehrerberuf als Sackgasse).

(26)

______________________________________________________________________________

Als Möglichkeiten für die Bewältigung der Burnout-Problematik können folgende genannt werden:

1. Direkte, aktive Maßnahmen: Abgrenzen lernen, Distanz gewinnen, Belastung verändern, Ärger vermeiden, Befriedigung verbessern

2. Direkte, passive „Bewältigung“: Belastung ignorieren, Gleichgültigkeit entwickeln, Dienst nach Vorschrift, auf Ferien/ Pensionierung warten

3. Indirekte, aktive Maßnahmen: Aussprache, soziale Unterstützung, Einstellung ändern, Befriedigung außerhalb der Arbeit, Aussteigen (teilweise, ganz), Beförderung

4. Indirekte, passive „Bewältigung“ (Überwältigung): Krank werden, Zusammenbrechen, Alkoholmissbrauch

FREITAG (1998, S. 46) kommt zu folgendem Schluss:

„... als Ergebnis kann festgehalten werden, dass Lehrerinnen und Lehrer häufig über Stress am Arbeitsplatz klagen und zahlreiche psychische und psychosomatische Symptome aufweisen. Die wenigen Studien, welche die Häufigkeit solcher Symptome von Lehrkräften mit anderen Berufsgruppen vergleichen, belegen eindeutig die höhere Belastung von Lehrern im Vergleich zur Normalbevölkerung. Die mit dem Beruf des Lehrers einhergehenden Anforderungen zeigen massive Wirkungen, die sich vor allem im psychischen Bereich auswirken und unter dem Begriff des Burnouts bekannt geworden sind. Die hohe Anzahl an Frühverrentungen [...] ist eine sichtbare Konsequenz dieser Dauerbelastung.“(FREITAG 1998, S. 46)

Schwierigkeiten im Schulalltag können also nicht als nur „individuelles Versagen“ betrachtet wer-den, sondern sind mit der Profession des Lehrers und den Bedingungen des Schulalltags untrennbar verknüpft. Belastungen durch eine wenig professionelle Schulorganisation oder gar Missmanagement muss in die Betrachtungsweise des Arbeitsplatzes Schule mit einfließen.

2.1.4 Herausforderungen an Erziehungs- und Bildungsinstitutionen

Schule ist sicher nicht allein verantwortlich für den oben skizzierten Zustand des Gesundheitspo-tenzials von Kindern und Jugendlichen. Familiäre und soziale Bedingungen, in denen Kinder und Jugendliche aufwachsen, müssen in die Betrachtungsweise mit einfließen. Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung werden aber zunehmend als wichtige gesamtgesellschaftliche und speziell auch schulische Aufgaben betrachtet, mit denen der negativen Entwicklung positive Handlungsmöglichkeiten entgegengesetzt werden können. So gilt in den einzelnen Ländern die

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______________________________________________________________________________ Gesundheitserziehung als wesentlicher Bestandteil des Bildungs- und Erziehungsauftrages der Schule, zu deren Aufgaben in diesem Zusammenhang gehört, bei den Heranwachsenden ein Be-wusstsein für Gesundheitsfragen zu erzeugen und eine verantwortliche Einstellung zur eigenen Gesundheit zu fördern.

Soziale und organisatorische Potenziale der Schule sind nicht per se gesundheitsfördernd oder gesundheitsbeeinträchtigend. Nach HOMFELDT (1993) ist es vielmehr entscheidend, wie diese Potenziale erschlossen werden und ob sie eine Schulentwicklung im gemeinsamen Handlungs-rahmen ermöglichen. Schulen verfügen meist über mehr gesundheitsförderliche Potenziale, als sie tatsächlich praktisch entfalten.

Gesundheitsförderlich ist es nach BRÖSKAMP (1994), sofern der gesetzliche Rahmen dafür gegeben ist, wenn die Schüler-, Lehrer-, und Elternschaft weitgehend eigenverantwortlich „ihre“ Schule bedürfnisgerecht gestalten kann. So sei es eine wesentliche gesundheitsförderliche Determinante im schulisch-strukturellen Bereich, wenn neben der weit reichenden Selbstbestimmung auch finanziell eine weit reichende Autonomie ermöglicht ist. Die gesundheitsförderlichen Potenziale der Schule liegen in den Bereichen Unterricht, Schulklima, Schulgebäude und Schulhof sowie Organisations- und Kommunikationsstrukturen, im Bereich der Schulgemeinde (Lehrerschaft, Schulleitung und Elternschaft sowie sonstigem Personal) und in Bereichen außerhalb der einzelnen Schule wie Schulaufsicht, Schulgesetzgebung und Gemeinde (außerschulische Kooperationspartner).

2.1.5 Bildungspolitische Rahmenbedingungen

Im Kontext dieser aktuellen Diskussion um eine Vergrößerung der curricularen, personellen und finanziellen Freiräume jeder einzelnen Schule geht es zunächst darum, die hierfür notwendigen bildungspolitischen Rahmenbedingungen zu schaffen (SEEGER, 1995).

Hamburg, Hessen und auch weitere Bundesländer haben auf diesen Sachverhalt reagiert. Das Hamburger Schulgesetz von 1997 erklärt Gesundheitsförderung nicht nur im § 5 zu einem ver-bindlichen schulischen Aufgabengebiet, sondern im § 2 auch zu einem zentralen Schwerpunkt des schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrages: „Es ist Aufgabe der Schule, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen und ihre Bereitschaft zu stärken, [...] das eigene körperliche und seelische Wohlbefinden ebenso wie das der Mitmenschen wahren zu können.“ Konzeptionell entspricht

(28)

______________________________________________________________________________ diese Festlegung der Kernaussage der Ottawa-Charta für Gesundheitsförderung der WHO (vgl. ELVERS & SCHLÖMER 1999, S.14).

Dabei ist zu beachten, dass sich eine Gesundheitsfördernde Schule nicht ausschließlich durch die Initiierung ganzheitlicher Projekte im Schulbetrieb realisieren lässt, sondern Organisations- und Schulentwicklung sowie die Neuordnung von Bildungspolitik in die gesamte Betrachtungsweise eingeschlossen werden müssen. Im Hamburger Schulgesetz von 1997 wird explizit auf die Er-stellung eines Schulprogramms an jeder Schule hingewiesen, und es werden Rahmenbedingungen für Schulprogramme aufgezeigt (vgl. §2, §5, §51 HAMBURGER SCHULGESETZ vom 16. April 1997).

§51 Schulprogramm

(1) Die Schule legt die besonderen Ziele, Schwerpunkte und Organisationsformen ihrer pädagogischen Arbeit sowie Kriterien für die Zielerreichung in einem Schulprogramm fest. Sie konkretisiert darin den allgemeinen Bildungs- und Erziehungsauftrag im Hinblick auf die spezifischen Voraussetzungen und Merkmale ihrer Schülerschaft und die spezifischen Gegebenheiten der Schule und ihres regionalen Umfeldes unter Nutzung der ihr nach diesem Gesetz gegebenen inhaltlichen und unterrichtsorganisatorischen Gestaltungsmöglichkeiten (...). (3) Auf der Grundlage des Schulprogramms überprüft die Schule in regelmäßigen Abständen eigenverantwortlich die Durchführung und den Erfolg ihrer pädagogischen Arbeit und berichtet der zuständigen Behörde über die Ergebnisse.

Neu im Schulgesetz verankert ist die Aufteilung des Unterrichts nach Fächern, Lernbereichen und Aufgabengebieten (§ 5 (3)). Insbesondere „Gesundheitsförderung“ wird als Lernbereich herausgestellt. Dieses Aufgabengebiet soll fächerübergreifend, evtl. auch jahrgangs- und schulformübergreifend, unterrichtet werden.

Diese drei bildungspolitischen Rahmenbedingungen (Schulprogrammentwicklung, Gesundheits-förderung und Evaluation) bilden die wichtigsten Grundlagen für die vorliegende Untersuchung. Der Druck auf die Schulen, sich der Entwicklung eines Schulprogramms zu widmen, hat durch das neue Schulgesetz stark zugenommen. Auch in den anderen Bundesländern ist dieser Trend zu verzeichnen, da mittlerweile auch dort neue Gesetzentwürfe zur Schulprogramm- und Schulprofilbildung vorliegen.

(29)

______________________________________________________________________________

2.2

DERZEITIGER STAND DER FORSCHUNG ZUR SCHULISCHEN

GESUNDHEITSFÖRDERUNG

Das folgende Kapitel soll einen Überblick über den Stand der wissenschaftlichen Diskussion im Hinblick auf schulische Gesundheitsförderung liefern. Dazu ist es unabdingbar, neben den Zielen und Grundsätzen schulischer Gesundheitsförderung auch die allgemeinen Begrifflichkeiten im Bereich der Gesundheit aufzuzeigen. Es folgen daher einige Grundüberlegungen über den Ge-sundheitsdiskurs. Wichtige Veränderungen in der Einstellung im Hinblick auf die wissenschaft-liche und gesellschaftwissenschaft-liche Diskussion der Gesundheitsbegrifflichkeiten werden mit berücksichtigt.

2.2.1 Ziele und Grundsätze von schulischer Gesundheitsförderung

Für GÖPEL (1994) ist die Vorstellung der Gesundheitsförderung, wie sie 1986 in der Ottawa-Charta dargestellt wurde, auch zu einer Herausforderung für das Bildungs- und Gesundheitswesen gleichermaßen geworden: „Gesundheitsförderung in und mit Schulen heißt Schulentwicklung durch ein höheres Maß an Selbstbestimmung für Schüler und Lehrerinnen über den eigenen Lebens- und Arbeitsraum; heißt Öffnung von Schule und Gestaltung des Schullebens; heißt systematische Projektplanung zur ökologischen und sozialen Verbesserung des Schulalltags; heißt Wahrnehmung von Belastungen, Gefährdungen, Unstimmigkeiten und gemeinsame Abhilfe, heißt Mobilisierung des schulischen Umfeldes, um Schule zu einer bürgerschaftlichen Gemein-schaftseinrichtung zu machen; heißt, Modelle einer überzeugenden Alltagsgestaltung für Schüler und Lehrkräfte zu realisieren, die tatsächlich als gesundheitsfördernd erlebt werden können“ (vgl. Göpel 1992, S. 7).

2.2.1.1 Gesundheitsbegriff

Da Gesundheitsvorstellungen soziokulturellen und historischen Einflüssen und Veränderungen unterliegen, ist es nicht möglich, eine allgemeine, universal geltende Definition von Gesundheit zu finden (vgl. FRANZKOWIAK 1996). Nach GÖCKENJAN (1991) lassen sich mit dem Begriff Gesundheit verschiedene Intentionen und Konzeptionen verbinden:

(a) Gesundheit als Abgrenzungskonzept ist eng mit der medizinischen Deutung und Diagnostik von Krankheit verknüpft (biomedizinisches Paradigma). Gesundheit wird als „Abwesenheit von Krankheit“ oder als „Noch-nicht-Kranksein“ umschrieben.

(30)

______________________________________________________________________________ (b) Als Funktionsaussage steht Gesundheit einerseits für Leistungs- und Arbeitsfähigkeit in kör-perlicher und sozialer Hinsicht. Zu diesem Bereich gehören auch alle homöostatischen Gesund-heitsvorstellungen eines seelisch-körperlichen Gleichgewichts. Ein gesunder und funktionierender Körper bzw. eine ausgeglichene Seele stehen bei dieser Betrachtungsweise im Vordergrund. (c) Gesundheitsdefinitionen auf der Grundlage von Wertaussagen enthalten einen positivierenden Kern. Gesundheit kann entsprechend als „höchstes Gut“, „ein soziokultureller Wert“ und als das „schlechthin Gute“ betrachtet werden. Die bekannteste wertorientierte Umschreibung ist die WHO-Definition von 1948:

“Gesundheit ist der Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen. Sich des bestmöglichen Gesundheitszustandes zu erfreuen, ist eines der Grundrechte jedes Menschen, ohne Unterschiede der Rasse, der Religion, der politischen Überzeugung, der wirtschaftlichen oder sozialen Stellung.“

Nach FRANZKOWIAK (1996, S. 25) betont dieser Gesundheitsbegriff der WHO im Gegensatz zum biomedizinischen Verständnis von Krankheit sowie den meisten Alltagsvorstellungen die Verankerung von Wohlbefinden in allen Dimensionen des täglichen Lebens. Gesundheitsbewusste und gesundheitsförderliche Lebensweisen erfordern auch das Vorhandensein positiver politischer, kultureller, ökonomischer und sozialökologischer Grundvoraussetzungen. Die Kritik an dieser WHO-Definition bezieht sich auf die stark umstrittene Formulierung des „Zustandes“. FRANZKOWIAK (1996) führt an, dass ein Übersetzungsfehler aus dem Englischen vorliegt5: Die Gesundheitswissenschaften umgehen diesen Sachverhalt und verwenden in zunehmenden Maße die Begriffe „Potenzial“ oder „Ressourcen“.

Mit dem „subjektiv erlebten gehobenen Befinden“ ist das Gesundsein aber noch nicht ausreichend beschrieben. Nach PAULUS (1995) drückt sich das Gesundsein auch darin aus, dass sich der Mensch mit den „sozio-kulturellen Anforderungen seiner Um- und Mitwelt konstruktiv auseinander setzen kann und dass er sich in „diesen Interaktionen mit eigenen Anliegen, Wünschen und Hoffnungen einbringen kann“. PAULUS (1995) meint, dass gerade diese subjektive Dimensionen für die pädagogischen Betrachtungen in der Schule entscheidend sein

(31)

______________________________________________________________________________ sollten. „Gesundheit muss sich für die erlebende Person in ihren Lebensvollzügen widerspiegeln. Gesundheit muss spürbar sein.“

Insbesondere hat BADURA (1993) mit seinem Konzept der „Lebensweisen“ eine neue Sichtweise zur Erklärung der Gesundheitssituation eingeführt. Dabei wird das Gesundheitsverhalten des Einzelnen in einen sozialen Zusammenhang eingebunden, in dem das Gleichgewicht zwischen individueller und gesellschaftlicher Verantwortung gefunden werden muss. LEONHÄUSER (1999) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass im Verlauf der letzten fünfzig Jahre immer mehr Menschen gleiche Lebens- und Konsumchancen erhielten, d.h. gleichen Zugang zu öffentlichen Gütern, wie Bildung oder Konsumgütern, so dass die vormals bestehende soziale Ungleichheit nach und nach aufgelöst wurde (vgl. LEONHÄUSER, 1999. S. 325). Es kam zu einer Individualisierung von Lebensführungen und einer Polarisierung privater Lebensformen. Als gesundheitsorientierte Reaktion darauf erhielten ganzheitliche Konzepte und eine Erziehung zu verantwortlicher Selbstbestimmung zunehmend an Bedeutung.

Ein Ressourcenmodell von Gesundheit und Krankheit erweitert den engen Blick auf die Risikofaktoren, als pathogene Faktoren, und gestattet die Betrachtung von krankheitsprotektiven Schutzfaktoren. Zu diesen Schutzfaktoren gehören das gesellschaftliche Umfeld, krankheits-protektive Elemente des Lebensstils sowie persönliche Ressourcen zur Abwehr oder Bewältigung von krank machenden Faktoren (vgl. BAUCH 2000). Sollen nun Aussagen über die Wahrscheinlichkeit eines Krankheitsbeginns getroffen werden, so müssten die pathogenetischen Faktoren mit den salutogenetischen Faktoren der Lebenswelt verglichen werden und entweder die pathogenen Faktoren reprimiert oder die salutogen wirkenden Elemente gestärkt werden, so dass beispielsweise die Stressbewältigungsressourcen durch „Empowerment-Strategien“ einer Person oder Population gestärkt werden (vgl. BAUCH 2000).

Diese Grundüberlegungen haben ihre Basis im „Stress-Coping-Modell“, wobei das Verhältnis zwischen allen Risikofaktoren und allen Schutzfaktoren entscheidend dafür ist, ob ein Mensch für Gesundheitsbeeinträchtigungen anfällig ist. Gegenüber Belastungen ergreifen Menschen die ihnen zur Verfügung stehenden Bewältigungsstrategien („Coping“). Inwieweit das Coping gelingt, ist abhängig vom Grad der persönlichen und sozialen Ressourcen, über die ein Mensch in Stresssituationen verfügen kann, d.h. davon, welche Handlungskompetenz er hat (persönliche Problemlösekompetenzen - „life skills“) und welche Schutzfaktoren in seiner sozialen Umgebung vorhanden sind (kollektive Bewältigungsmöglichkeiten) (vgl. FRANZKOWIAK 1994). Ob es zu einer persönlichen und kollektiven Bewältigung kommt, ist nicht nur von subjektiven Faktoren abhängig. Nach FRANZKOWIAK (1994) bestimmt auch die Lebenslage des Einzelnen, d.h. seine sozialen, kulturellen, ökonomischen und ökologischen Lebensbedingungen, entscheidend über die

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______________________________________________________________________________ Belastungswahrnehmung, -bewertung und -bewältigung. Das Stress-Coping-Modell weist in ihrer Praxis-Anwendung darauf hin, dass der Mensch ermutigt werden sollte, Probleme und Alltags-belastungen im Rahmen sozialer Unterstützung eigenständig zu bewältigen, um ein „psycho-soziales Immunsystem“ (FRANZKOWIAK 1996) zu entwickeln.

Einen der einflussreichsten Ansätze der modernen Medizinsoziologie und Gesund-heitspsychologie stellt der „salutogenetische Ansatz“ dar, der als Hauptkennzeichen die direkte Frage nach den personalen, ansatzweise auch den kontextbezogenen Entstehungs- und Erhaltungsbedingungen von Gesundheit stellt.

D.h.: „warum bleiben Menschen trotz der Vielzahl von krankheitserregenden Risikokon-stellationen, psychosozial irritierenden Belastungen und angesichts kritischer Lebensereignisse gesund?“ Und: „Unter welchen persönlichen Voraussetzungen und unter welchen sozial-ökologischen Rahmenbedingungen können sie ihre Gesundheit bewahren?“(vgl. ANTONOVSKY 1991, FRANZKOWIAK, 1996)

Der von ANTONOVSKY (1979) konzipierte Kohärenzsinn („Sense of coherence“) stellt dabei den am meisten beachteten personalen salutogenen Faktor dar; er setzt sich aus drei Komponenten zusammen:

D.h.:

· Sie sind verstehbar. Verstehbarkeit („Comprehensibility“) meint das Ausmaß, in dem die Reize und Situationen, mit denen eine Person alltäglich konfrontiert wird, Sinn machen und von ihr kognitiv als klare, geordnete Information verstanden werden.

· Sie sind bewältigbar. Bewältigbarkeit („Managebility“) meint das Ausmaß, in dem eine Person die Anforderungen, die auf sie zukommen, mit den ihr verfügbaren Ressourcen als bewältigbar wahrnimmt.

· Sie machen Sinn. Sinnhaftigkeit („Meaningfulness“) bezieht sich auf das Ausmaß, in dem das eigene Leben emotional als sinnvoll erlebt wird und die Probleme und Anforderungen des Lebens als solche erlebt werden, für die es sich einzusetzen lohnt.

Dabei weist ANTONOVSKY (1979) darauf hin, dass es sich nicht um eine gesundheitliche Orientierung, sondern um eine Orientierung handelt, die dem Menschen allgemein Sinn im Dasein vermittelt: „a global orientation that expresses the extent to which one has a persuasive, enduring

(33)

______________________________________________________________________________ though dynamic, feeling of confidence that one´s internal and external environments are predictable and that there is a high probability that things will work out as well as can reasonable be expected“. Das Kohärenzgefühl ist solchermaßen eine „generalisierte Widerstandsressource“ (BAUCH 2000) in Bezug auf belastende Lebenssituationen.

Zahlreiche Forschungsergebnisse verschiedener Disziplinen belegen das breite Spektrum an biologischen, sozialen, psychischen und Umweltdeterminanten von Gesundheit (vgl. BRRÖSKAMP-STONE 1997). HURRELMANN (1988 u. 1995) spricht gar davon, dass sich die wissenschaftliche Forschung an einem „bio-öko-psycho-sozialen Modell“ von Gesundheit und Krankheit orientieren muss und dass „Gesundheit und Krankheit als Ereignisse auf einem Kontinuum verstanden werden“. FRANZKOWIAK & LEHMANN (1996) beschreiben das Gesundheits- und Krankheitskontinuum dahin gehend, dass es „fließende Übergänge zwischen Gesundheit und Krankheit gibt, und es existiert kein strenges zeitliches Nacheinander, sondern oftmals eine Gleichzeitigkeit von gesunden und kranken Anteilen des Wohlbefindens“ (vgl. Abb. 1). Das Kontinuum sei gedacht zwischen einem imaginären Krankheitspunkt („total illness“ bzw. „disease“) und einem imaginären Gesundheitspunkt („total wellness“ bzw. „healthease“). An jedem Punkt des Kontinuums bestehe ein komplexes Gleichgewicht zwischen

(a) salutogenetischen Prozessen, die körperliche und seelische Regulationsfähigkeiten sichern bzw. unterstützen, und

(b) pathogenetischen Prozessen, die körperliche und seelische Regulations- und Anpassungsfähigkeit überlasten, überfordern bzw. hemmen.

Nicht zuletzt infolge der ganzheitlichen Gesundheitsdefinition von der WHO und des salutogene-tischen Modells von ANTONOVSKY hat sich die Auffassung von Gesundheit in den letzten 50 Jahren erheblich verändert, so dass in der Literatur einerseits vielfach von einem Paradigmen-wechsel die Rede ist (vgl. WALLER 1995) und andererseits alle Ansätze von Gesundheits-definitionen in den letzten Jahren immer umfassender und komplexer geworden sind.

(34)

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Gesundheit/ „health-ease“

Krankheit/ „disease“

Abb. 1 Kontinuum zwischen Gesundheit-Krankheit (FRANZKOWIAK & LEHMANN 1996)

2.2.1.2 Gesundheitserziehung, -bildung, -beratung und -aufklärung

Ende der 50er Jahre löste in Deutschland der Begriff der „Gesundheitserziehung“ („health education“) die bis dahin übliche Verwendung „gesundheitliche Volksbelehrung“ ab. Seit den 60er Jahren begründeten die in der Gesundheitserziehung Tätigen ihre Maßnahmen zunehmend mit Berufung auf präventivmedizinische und psychologische Modelle wie das Konzept der Risiko-faktoren, der kognitiven Dissonanztheorie oder das Modell der Gesundheitsüberzeugungen („Health Belief Model“). Methodisch zielt die Gesundheitserziehung vorrangig mit personal- und massenkommunikativen Maßnahmen auf Verhaltensprävention bei einzelnen Menschen und ausgewählten Bevölkerungsgruppen (vgl. SABO 1996, S. 38).

In den 70er Jahren definierte die WHO die Gesundheitserziehung als die

„Gesamtheit der wissenschaftlich begründeten Bildungs- und Erziehungsmaßnahmen, die über die Beeinflussung des individuellen und kollektiven Verhaltens des Menschen zur Förderung, Erhaltung und Wiederherstellung seiner Gesundheit beiträgt, in ihm die Verantwortung für seine eigene Gesundheit festigt und ihn befähigt, aktiv an der Gestaltung der natürlichen und gesellschaftlichen Umwelt teilzunehmen“ (WHO REGIONALBÜRO FÜR EUROPA, 1993).

Nach STAECK (1997) wird diese traditionelle Gesundheitserziehung durch die Orientierung am Kausalitätsprinzip beherrscht: „Warum ist der Mensch krank geworden?“ Diese einseitige Sichtweise betont die Pathogenese und ist krankheitsspezifisch orientiert. Somit zielen die

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______________________________________________________________________________ Handlungsbereiche der Gesundheitserziehung vor allem auf die Vorbeugung von Gefährdungen und Krankheiten (Risikofaktorenmodell) auf den drei Ebenen der Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention. Durch kognitivistische Konzepte soll die Gesundheitserziehung Einfluss auf Verhaltensweisen nehmen, die maßgeblich an der Entstehung der Risikofaktoren beteiligt sind. BAUCH (2000) bemerkt, dass in „gesundheitserzieherischen Konzepten eine spezifische Noxen-Orientierung dominiert, da sie sich auf die Bekämpfung von Verhaltensfaktoren konzentrieren, die über den Umweg über physiologische Risikofaktoren auf die Eindämmung einer spezifischen Krankheit [...] zielen“.

In der Literatur lassen sich im Bereich der Gesundheitserziehung verschiedenartige Konzepte finden. So zeigt STRAKA (1997, S. 37) in einem Überblick folgende Ansätze, Konzeptionen und Modelle auf:

Bei der (a) Gesundheitserziehung („Health Education“) steht die Wissensvermittlung sowie das Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler im Vordergrund. Die (b) Gesundheitsberatung („Health Consulting“) stellt das Individuum stärker in den Mittelpunkt der Betrachtungsweise. Und während (c) das Präventionsmodell („Preventive Model“) die individuelle Verantwortung des Einzelnen für die Entwicklung eines gesunden Verhaltens bzw. Lebensstils herausstellt, setzt (d) das radikale politische Modell („Radical-Political Model“) bei gesundheitspolitischen Maßnahmen an, die eine gesamtgesellschaftliche Betrachtungsweise anlegen, um die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern. Das (e) Selbststärkungsmodell („Self-Empowerment Model“) geht über die bisher genannten Ziele hinaus und setzt bei der Stärkung individueller Kompetenzen an, was letztendlich zur Förderung einer gesunden Lebensstrategie führen soll (vgl. TONES, TILFORD, ROBINSON 1991, S. 7 ff.).

Somit ist im Konzept der Gesundheitserziehung nicht impliziert, dass es ausschließlich individuums-, symptom- und krankheitsorientiert ist. HOMFELDT (1991, S. 10) nutzt bewusst den Erziehungsbegriff im Kontext von Gesundheit. Er geht dabei vor allem erst einmal von der Selbsterziehung aus, nicht aber von der Erziehung zu etwas, etwa zum Zähneputzen, zur Verhaltensänderung, zum Ablassen von Gesundheitsrisiken. Und damit gehe es nicht um eine „Umprogrammierung durch verhaltenstherapeutische Ansätze“. Dadurch wird für HOMFELDT (1991) „das Gesundsein zu einer persönlichen Aufgabe vor dem Hintergrund beängstigender gesellschaftlicher Verhältnisse, die auf den Menschen wirken“.

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