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Archiv "Medizinstudium als Grundstein für Versorgung und Forschung" (04.05.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 18

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4. Mai 2012 325

M E D I Z I N

EDITORIAL

Medizinstudium als Grundstein für Versorgung und Forschung

Martin R. Fischer

Editorial zu den Beiträgen:

„Berufserwartungen von Medizin - studierenden – Ergebnisse einer

bundesweiten Befragung“

von Gibis et al.

und

„Publikationstätig- keit von Promo - venden über einen Zeitraum von zehn Jahren am Beipiel der Charité“

von Ziemann und Oestmann auf den folgenden Seiten

gende Zahl der Befragten eine angestellte Tätigkeit wünscht. Als Hindernisse für die spätere klinische Tä- tigkeit werden insbesondere die überbordenden admi- nistrativen Tätigkeiten und die unzureichende Verein- barkeit von Familie und Beruf angegeben. Interessan- terweise unterscheiden sich die Einkommenserwar- tungen der Studierenden geschlechtsbezogen deutlich:

Die Frauen waren bescheidener.

Umfragen wie die von Gibis et al. (4) sind Schlag- lichter auf eine komplexe bildungs- und gesundheits- politische Konstellation. Wozu sollen die Fakultäten eigentlich ausbilden? Welche Kompetenzen zeichnen die gute Ärztin aus, die heute ihr Studium beginnt und zehn bis zwölf Jahre später als Fachärztin in der Patientenversorgung tätig sein wird? Abgesehen von der Problematik der geringen Rücklaufquoten stellt sich die Frage, welche Konsequenzen die so erhobe- nen Daten haben. Inwieweit werden die Erwartungen auch umgesetzt? Wäre es nicht dringend erforder- lich, eine bessere Datenbasis dafür zu schaffen, wie sich die Bildungsbiografien der Ärztinnen und Ärzte nach dem Ende des Studiums tatsächlich entwi- ckeln? Dafür wäre ein verbindliches Weiterbildungs- register bei den Ärztekammern ein wichtiges Instru- ment.

Die medizinische Aus- und Weiterbildung wird sich zukünftig stärker an den Erfordernissen der Ge- sundheitsversorgung orientieren. Für die Gestaltung von Aus- und Weiterbildungscurricula spielen dabei kompetenzorientierte Absolventenprofile eine zen- trale Rolle. Das Medizinstudium könnte so nahtloser an die Erfordernisse der klinischen Weiterbildung in der Verantwortung der Landesärztekammern an- knüpfen und damit Anreize für eine Hinwendung zur Patientenversorgung schaffen. Die Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) und der Medizini- sche Fakultätentag (MFT) entwickeln gemeinsam ei- nen nationalen kompetenzorientierten Lernzielkata- log Medizin (NKLM), der ein medizinisches Kern- curriculum im gesetzlichen Rahmen der ärztlichen Approbationsordnung (ÄAppO) fassen soll, um den Fakultäten die Ausgestaltung ihrer Curricula zu er- leichtern (5, 6). Der NKLM greift dabei das ur- sprünglich für die Weiterbildung entwickelte kanadi- sche Rahmenkonzept CanMEDS auf (7). Es soll die Medizinstudierenden auf ihre späteren Arztrollen vorbereiten. Die zukünftige Ärztin oder der Arzt in der Rolle des medizinischen Experten nutzt dabei

D

iese Ausgabe des Deutschen Ärzteblatt Inter- national stellt das Medizinstudium mit zwei Originalarbeiten in den Mittelpunkt. In Deutschland beenden circa 10 000 überwiegend weibliche Absol- venten pro Jahr ihr Medizinstudium erfolgreich (1, 2). Die Zahl der Absolventen ist stabil, die Bewer- berzahl übersteigt die verfügbaren Studienplätze deutlich und die Absolventenquote liegt im Vergleich zu anderen Studienfächern bundesweit an der Spitze.

Die Rolle der medizinischen Fakultäten für Lehre und Forschung ist zentral. Aber mit welchen Kompe- tenzen verlassen die Medizinstudenten eigentlich die Fakultäten? Wie gut passen die Kompetenzen der Absolventen zu den Erfordernissen der Gesundheits- versorgung und der klinischen Weiterbildung? Die Medizin ist eine Profession auf wissenschaftlicher Grundlage. Die Rolle und Qualität der meist studien- begleitenden medizinischen Promotion wird dabei kontrovers diskutiert. Wie viel eigene Forschungser- fahrung ist im Studium erforderlich für die Ärztin, die in der klinischen Regelversorgung arbeiten wird?

Wie viel ist wünschenswert?

Es gibt vermehrt Hinweise darauf, dass die Moti- vation zur beruflichen Tätigkeit in der Patientenver- sorgung insbesondere in einzelnen klinischen Fä- chern und in ländlichen Versorgungszusammenhän- gen abnimmt. Möglicherweise spielen dafür die Er- wartungen einer neuen Ärztegeneration eine Rolle, die sich eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben wünschen und denen akademische Titel weniger wichtig sind als vorangegangenen Genera- tionen (3).

In der Umfrage von Gibis et al. von der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung in Zusammenarbeit mit der Universität Trier zu den Berufserwartungen von Me- dizinstudierenden wird diese Befundlage untermauert (4). Über 12 000 Fragebögen entsprechend einem An- teil von 12,7 % aller Medizinstudenten in Deutschland aus dem Jahr 2010 wurden ausgewertet; 64 % davon waren von Studentinnen eingereicht worden. Es zeigte sich, dass weiterhin eine hohe Bereitschaft für eine spätere klinische Tätigkeit besteht. Überwiegend wird eine Weiterbildung in spezialisierten Fächern im städ- tischen Raum angestrebt. Eine Tätigkeit in der Allge- meinmedizin auf dem Lande wird als weniger attrak- tiv bewertet – das überrascht nicht. Negativ wirken sich dabei auch die mit einer Niederlassung verbunde- nen finanziellen Risiken aus, so dass sich die überwie-

Lehrstuhl für Didaktik und Ausbildungs forschung in der Medizin, Klinikum der Ludwig- Maximilians- Universität München:

Prof. Dr. med. Fischer

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M E D I Z I N

medizinisches Wissen, klinische Fähigkeiten und professionelle Haltungen, um vermittelt über die Kompetenzen der anderen ärztlichen Rollen eine pa- tientenzentrierte Versorgung umzusetzen.

Die ärztliche Rolle des Wissenschaftlers ist unab- dingbar und Grundlage für die ärztliche Aus- und Weiterbildung. Ohne diese Kompetenzen sind die ärztliche Arbeit und die kritische Bewertung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zu Diagnostik und Therapie nicht denkbar. Die Vermittlung von for- schungsmethodischen Kompetenzen ist dabei zum Beispiel für die Literaturbewertung eine zwingende Voraussetzung. Es wäre darüber hinaus aber auch wünschenswert, möglichst vielen Medizinstudenten die Möglichkeit für eigene Forschungserfahrungen zu bieten und sie damit einerseits durch das eigene forschende Tun zu einem vertieften Verständnis für Erkenntnisgewinn und Innovation in der Medizin und andererseits für eine akademische Karriere zu begeistern.

Die Publikationstätigkeit von Promovenden an der Charité Universitätsmedizin Berlin wird in der Ar- beit von Ziemann und Oestmann analysiert (8). Zwi- schen 1998 und 2008 nahm die Zahl der Publikatio- nen pro Promovend und der damit verbundene Im- pact-Faktor zu. Die Promovenden waren dabei aller- dings konstant nur bei einem Viertel der Publikatio- nen als Erstautoren verzeichnet. Die Charité war im Untersuchungszeitraum massiven strukturellen Ver- änderungen unterworfen und stellt deshalb sicher ei- nen Sonderfall im Kanon der medizinischen Fakultä- ten dar. Neben der Tatsache, dass die Daten mono- zentrisch erhoben wurden, wird kritisch angemerkt, dass die Anzahl der Publikationen noch keine Quali- tät impliziert. Der Impact-Faktor, der ja für eine Zeitschrift aber nicht für eine einzelne Publikation gilt, ist als alleiniger Qualitätsindikator problema- tisch. Aus medizinischen Promotionen hervorgegan- gene Publikationen in Peer-reviewed-Journalen wie bei Ziemann und Oestmann sind für die Qualitätsab- schätzung sicher besser geeignet als das bloße Zäh- len von Promotionen. Die erhobenen Daten sind wertvoll für die Debatte um den Wert und die Zu- kunft der medizinischen Promotion.

Es werden bereits an vielen medizinischen Fakul- täten Anstrengungen zur Verbesserung der Promo- vendenbetreuung und zur Etablierung von struktu- rierten Promotionsprogrammen mit hoher Verbind- lichkeit und methodischer Qualität unternommen.

Strukturierte Promotionsförderungsprogramme kön- nen dabei die intrinsische Motivation und die Quali- tät der Promotionen steigern (9). Die Früchte dieser Arbeit sollten besser sichtbar gemacht werden. Dafür ist eine flächendeckende Erhebung mit einheitlichen Methoden zur Qualitätsbewertung der medizinischen Doktorarbeiten wünschenswert.

In welche Richtung sich die medizinische Promo- tion vor dem Hintergrund der Bolognadiskussion um gestufte Studiengänge mit einer eigenen Doktorats- stufe langfristig entwickeln wird, ist offen.

Die Daten und Erkenntnisse der Bildungsfor- schung wie sie exemplarisch aus den beiden vorlie- genden Arbeiten abgeleitet werden können, sollten stärker als bisher im Sinne einer „Best Evidence Me- dical Education“ (BEME) in die Diskussion um die Weiterentwicklung des Medizinstudiums und die ärztliche Weiterbildung einbezogen werden (10).

Interessenkonflikt

Der Autor hält Aktien von der Firma Instruct AG, zu der auch persönliche Bezie- hungen bestehen.

LITERATUR

1. ZVS: Daten, bundesweit zulassungsbeschränkter Studiengänge an Universitäten, Sommersemester 2000 bis 2010, Wintersemester 2000/01 bis 2009/10, Angebot und Nachfrage im Studiengang (Staatsexamen) Medizin.

2. DESTATIS-Statistisches Bundesamt, Bildung und Kultur, Studieren- de an Hochschulen, Fachserie 11, Reihe 4.1, Ausgabe 08/2008.

3. Schmidt CE, Möller J, Schmidt K, et al.: Generation Y – Rekrutie- rung, Entwicklung und Bindung. Der Anästhesist 2011; 60:

517–24.

4. Gibis B, Heinz A, Jacob R, Müller CH: The career expectations of medical students: findings of a nationwide survey in Germany.

Dtsch Arztebl Int 2012; 109(18): 327–32.

5. Frank JR, Mungroo R, Ahmad Y, Wang M, De Rossi S, Horsley T:

Toward a definition of competency-based education in medicine: a systematic review of published definitions. Med Teach 2010; 32:

631–7.

6. Hahn EG, Fischer MR: Nationaler Kompetenzbasierter Lernzielkata- log Medizin (NKLM) für Deutschland: Zusammenarbeit der Gesell- schaft für Medizinische Ausbildung (GMA) und des Medizinischen Fakultätentages (MFT). GMS Z Med Ausbild 2009; 26: Doc35.

7. The CANMeds Framework. www.collaborativecurriculum.ca/en/mo dules/CanMEDS/CanMEDS-intro-background-01.jsp (zuletzt be- sucht: 10.4.2012)

8. Ziemann E, Oestmann JW: Publication activity of doctoral candi - dates at a German University Hospital—trends at Charité-Universitäts- medizin Berlin from 1998 to 2008. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(18):

333–7.

9. Pfeiffer M, Dimitriadis K, Holzer M, Reincke M, Fischer M: Die Moti- vation, zu promovieren: Ein Vergleich von medizinischen Doktoran- den in einem Promotionsstudiengang mit individuell promovieren- den Doktoranden. Dtsch Med Wochenschr 2011; 36: 876–81.

10. Harden RM, Grant J, Buckley G, Hart IR: Best Evidence Medical Education. Adv Health Sci Educ Theory Pract 2000; 5: 71–90.

Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. med. Martin R. Fischer, MME (Bern)

Lehrstuhl für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München Ziemssenstraße 1

80336 München

Martin.Fischer@med.uni-muenchen.de

Undergraduate Medical Education as a Foundation for Health Care and Research

Zitierweise

Fischer MR: Undergraduate medical education as a foundation for health care and research. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(18): 325–6.

DOI: 10.3238/arztebl.2012.0325

@

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

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