Auch in Zukunft: „Soviel ambulant wie möglich"
„Die Förderung des Zusam- menschlusses von Kassenärzten zu Gemeinschaften — und dies ist ein weiterer Schwerpunkt der Ar- beit des Zentralinstituts — halte ich, längerfristig gesehen, für ei- ne, ja vielleicht für die einzige erfolgversprechende Möglich- keit, die Diskrepanz zwischen ökonomischer Restriktion einer- seits und steigenden Arztzahlen andererseits zu überbrücken.
Wenn es gelingt, die Strukturen im ambulanten Bereich in diese Richtung zu verändern, wird sich auch sowohl die notwendige me- dizinische Qualität als auch die zunehmende Konkurrenz zu an- deren Versorgungseinrichtungen meistern lassen und der Grund- satz „soviel ambulant wie mög-
lich" auch zukünftig Bestand ha- ben können. Dabei ist nicht nur die Gemeinschaftspraxis in fach- lich homogener oder in fachver- wandter Zusammensetzung eine wünschenswerte Versorgungs- form, sondern auch die — wie ich sie bezeichnen möchte — „konsi- liarische Ärzteschaft", und ein Praxisverbund. Letzterer bietet die Möglichkeit, bei Erhaltung der Freiberuflichkeit des Kassen- arztes auch komplexe, von einem einzelnen Arzt bzw. einer einzel- nen ärztlichen Disziplin allein nicht zu meisternde Versor- gungsaufgaben zu lösen."
(Aus den Eröffnungsworten des Kuratoriumsvorsitzenden des Zentralinstituts, Dr. med. Hans Wolf Muschallik).
Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen TAGUNGSBERICHT
Für die Entwicklung der nächsten Jahre im kassenärztlichen Bereich müsse man zwei Grundlinien im Auge behalten, erklärte der Vor- standsvorsitzende des Zentralin- stituts für die kassenärztliche Ver- sorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Sanitätsrat Dr. med.
Josef Schmitz-Formes, Ende Ok- tober auf der Kuratoriumssitzung des Zentralinstituts in Stuttgart.
Zum einen sei für die nächsten Jahre mit einer immer aggressiver vorgetragenen Budget-Theorie für die gesetzliche Krankenversiche- rung und vor allem für den ambu- lanten Bereich der Krankenversi- cherungsausgaben zu rechnen;
zum zweiten werde, wie das Zen- tralinstitut hochgerechnet hat, die Zahl der niedergelassenen Ärzte
bis 1990 im günstigsten Fall um ein Drittel anwachsen, im ungün- stigsten Fall sich verdoppeln. Die- se beiden Grundlinien führten zu dem Zwang, daß die verschiede- nen Leistungsbereiche innerhalb der gesetzlichen Krankenversiche- rung ausbalanciert und daß Priori- täten gesetzt werden müssen. Dr.
Schmitz-Formes fuhr fort: „Den Wettbewerb, den es hier zu beste- hen gilt, werden die Kassenärzte nur dann durchstehen, wenn es gelingt, bei beschränkten Kosten die Qualität der ambulanten Lei- stungen zu steigern."
Mit dem Ausdruck Wettbewerb spielte Dr. Schmitz-Formes darauf an, daß in der letzten Zeit — „mög- licherweise als Ausdruck zu zag- hafter struktureller Maßnahmen
im ambulanten Bereich" — für be- stimmte Problemgruppen in der Gesundheitsversorgung mit er- heblicher finanzieller Förderung aus Bonner Ministerien Einrich- tungen im stationären Bereich aufgebaut werden. Dies gilt zum Beispiel für „Tumorzentren" oder
„Sozialpädiatrische Zentren", also Gebiete, die das Kölner Zentralin- stitut in der letzten Zeit in Semina- ren oder Studien eingehend bear- beitet hat.
Als weitere Schwerpunkte der Ar- beit des Zentralinstituts nannte Dr.
Schmitz-Formes Dienstleistungen für oder zur Information der Kas- senärztlichen Vereinigungen (et- wa Analysen der Kostenstruktu- ren, der Labor- und der Opera- tionskosten), Erhebungen bei un- terschiedlichen Arztgruppen über Art und Inhalt ihrer Inanspruch- nahme, dann die Anwendungs- möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung in der Arztpra- xis und zukünftige Entwicklungen der Allgemeinmedizin.
Überzeugende Beiträge hat das Zentralinstitut nach Darstellung seines Vorstandsvorsitzenden zur Verbesserung der Organisation und der Qualität in der präventiven Medizin geleistet. Die Zusammen- arbeit unter anderem mit der Bayerischen Landesärztekammer und mit der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung hat dazu geführt, daß überall in der Bundesrepublik Perinatalstudien durchgeführt werden können. Gerade hier hob Dr. Schmitz-Formes hervor, wie angesichts der in bestimmten Kreisen völlig überzogenen Erwar- tungen an primär-präventive Mög- lichkeiten die Arbeiten und Publi- kationen des Zentralinstituts über die Verbesserung der Früherken- nungsuntersuchungen hinaus auch erhebliche gesundheitspoli- tische und politische Bedeutung haben. Denn es sei deutlich, daß überall dort, wo sich die Kassen- ärzte der medizinischen Versor- gung von Problemgruppen nicht erkennbar wirkungsvoll anneh- men, der Einstieg in eine System- veränderung gefördert wird. DÄ
Politische Wirkung
auf der Basis fachlicher Qualität
Kuratoriumssitzung
des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung
2302 Heft 48 vom 26. November 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT