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Archiv "Streit um den AiP: Lamentieren ist kein Ausweg" (13.04.1989)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Streit um den AiP:

Lamentieren ist kein Ausweg

K

ürzlich hat die Bundesan- stalt für Arbeit mitgeteilt, daß von den im Herbst 1988 erstmalig in den Ausbil- dungsabschnitt „Arzt im Praktikum"

(AiP) eingetretenen 4000 angehen- den Ärztinnen und Ärzten mehr als 40 Prozent noch keine Stelle haben.

Die Medizinstudentinnen und -stu- denten suchen in den Krankenhäu- sern nach AiP-Plätzen. Bald werden es Tausende sein. Nun wird der poli- tische Schwindel mit der „kosten- neutralen" Realisierung dieses Aus- bildungsabschnittes auf dem Wege zum selbständig und eigenverant- wortlich tätigen Arzt hoffentlich auch für hartgesottene Realitätsver- dränger offenkundig. Da hilft kein Lamentieren. Ebenso wenig nützen die Appelle an Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte, sie möchten doch bitte hilfs- und opferbereit AiP- Plätze zur Verfügung stellen.

Auch die immer unverständli- chere Forderung der nachrückenden Medizinstudenten, die nach langem Streit endlich zustande gekommene AiP-Zeit umgehend wieder abzu- schaffen, verspricht keine Lösung.

Der Medizinernachwuchs muß die Frage beantworten, was dann ersatz- weise geschehen soll. Offensichtlich lebt man in einer erschreckenden Realitätsferne und begreift nicht, was die Stunde geschlagen hat. Es würde alles nur noch schlimmer, wenn es nicht gelänge, die AiP-Zeit korrekt und unter angemessenen Be- dingungen zu realisieren.

Verdoppelte Zahl an Studenten

Darum muß daran erinnert wer- den, daß sich — nicht zuletzt infolge der ab Mitte der 70er Jahre wachsen- den übergroßen Studentenzahl — die erst 1970 reformierte Approbations- ordnung für Ärzte mit einer zeitna- hen Strukturierung des Medizinstu- diums als zunehmend undurchführ- bar erwies. Was für Semesterstärken von 2500 bis 3000 Studentinnen und Studenten mit Unterricht in kleinen

Gruppen und viel Praxisbezug ge- plant war, mußte versagen, als sich die Studentenzahlen verdoppelten.

Damit wurde der Studiengang dis-

qualifiziert! Von allen Seiten wurde auf seine Unzulänglichkeiten hinge- wiesen.

In diesen Chor der Kritiker stimmten auch die Medizinstuden- ten ein. Eine Verlängerung der Aus- bildung mit Erwerb praktischer Er- fahrungen wurde verlangt. Eine ein- schneidende Verringerung der Stu- dentenzahlen und damit Anpassung an die universitären Ausbildungs- möglichkeiten wurde aber abgelehnt.

Der Weg in eine Verlängerung der Ausbildung zum approbierten Arzt war damit vorgezeichnet.

Nun ging es um die Entschei- dung darüber, auf welchem Wege die Ausbildungslücken des Studiums ausgeglichen werden sollten. Da die- se Lücken vor der Befähigung zum eigenverantwortlich tätigen Arzt zu schließen sind, ist es nur logisch, die praktische Ausbildung als einen der Approbation vorgeschalteten Lehr- abschnitt anzusehen, vergleichbar dem Referendariat der Juristen und Philologen. Daraus entstand die AiP-Regelung.

Vorausgesetzt wurde bei ihrer Einführung, daß der Zugang zu den AiP-Stellen jedem Medizinstuden- ten nach Beendigung des prakti- schen Jahres offensteht. Dafür hat der Staat als der für die Approba- tionsordnung Verantwortliche zu sorgen, wie er ja auch zuvor die Stu- denten zum Medizinstudium zuge- lassen hat. Aus dieser Verpflichtung darf er sich nicht verdrücken!

Einige Arztgruppen lehnten die- sen Weg über den AiP zur Verbesse- rung des medizinischen Ausbildungs- ergebnisses ab und forderten, jede Ärztin/jeder Arzt müsse vor der Zu- lassung als Kassenarzt in Zukunft ei- ne mehrjährige Weiterbildung (min- destens vier Jahre) nach der Appro- bation durchlaufen. Dies hätte be- deutet, von den jährlich etwa 10 000 bis 12 000 Staatsexamenskandidaten hätten 4000 bis 6000 eine Chance er- halten, in eine Assistenzarztstelle an einem der zur Weiterbildung berech-

tigten und geeigneten Krankenhäu- ser einzutreten. Die anderen hätten warten und sich in die wachsende Zahl der zur Ausübung des Arztberu- fes nicht Berechtigten, weil dazu nicht Befähigten einreihen müssen.

In wenigen Jahren würden es Zehn- tausende sein. Zwar hätte dies zur Entlastung des Konkurrenzdruckes unter den Kassenärzten beigetragen, was zumindest eines der Motive bei dem lautstarken Verlangen nach der Sicherung einer qualifizierten kas- senärztlichen Versorgung der Bevöl- kerung gewesen sein mag. Zugleich wäre damit aber eine unerträgliche Benachteiligung großer Teile des Ärztenachwuchses mit nicht abseh- baren politischen Folgewirkungen heraufbeschworen worden.

Die beste aller

schlechten Lösungen

s -ammaiuk.

Der AiP-Ausbildungsabschnitt dagegen bietet die Chance, allen Medizinstudenten nach dem dritten Abschnitt des Staatsexamens den Weg in die ärztliche Berufstätigkeit freizuhalten. Dies zu begreifen, soll- te bei emotionsfreiem Nachdenken nicht schwerfallen. Ob anschließend eine weitere Arbeitsmöglichkeit in Krankenhäusen zu erhalten ist, und ob damit eine Weiterbildungsmög- lichkeit in einem (fachärztlichen) Gebiet und Teilgebiet möglich wird, ist heute schon sehr fraglich. Wahr- scheinlich wird diese Möglichkeit weit weniger als 50 Prozent der nach- rückenden Ärzte/Ärztinnen eröffnet werden, weil die Fluktuation der As- sistenzärzte an den Krankenhäusern erheblich zurückgehen wird. Dafür werden nicht zuletzt die höchstrich- terlichen Entscheidungen der letzten, Zeit sorgen, wodurch die Kranken- häuser gezwungen werden, ihren ärztlichen Dienst viel stärker als bis- her auf die ständige Mitarbeit und Präsenz von Ärzten mit „Facharzt- Qualifikation" zu stützen.

Dt. Ärztebl. 86, Heft 15, 13. April 1989 (19) A-1011

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Ärzte im Praktikum 1988: Gewünschter Tätigkeitsbereich der stellensuchenden MP

Quelle: Bundesanstalt für Arbeit Stand: Ende Dezember 1988 Ofrill° 1989

insgesamt

1 711

arbeit - suchende

AiP nichtoperativer Bereich

"11■1111.11111.

Von den 1711 stellensuchenden Ärztinnen und Ärzten im Praktikum (AiP) wollen 600 im ope- rativen Bereich, 790 im nichtoperativen Bereich und 320 in sonstigen Bereichen (zum Teil außerklinisch) tätig werden. Die Präferenzen der Männer und Frauen unterscheiden sich

Die Bundesrichter haben nun mehrmals der Behandlungssicher- heit für die Patienten zu Recht eine wesentlich größere Bedeutung beige- messen, als es landläufig bei Kran- kenhausbetreibern bisher geschehen ist. Dies zwingt zu einer tiefgreifen- den Änderung der Personalstruktu- ren für Ärzte an den klinischen Ab- teilungen, womit dann auch eine seit mehr als zwei Jahrzehnten erhobene Forderung der Ärzteschaft berück- sichtigt wird, die auf eine grundle- gende Verbesserung der ärztlichen.

Personalstruktur an den Kranken- häusern abzielt. Es kann nicht mehr hingenommen werden, daß Kran- kenhauspatienten in den fachlich differenzierten klinischen Abteilun- gen mehrheitlich von Berufsanfän- gern betreut werden.

Somit gibt es gute Gründe, mit der AiP-Lösung einverstanden zu sein, wenn Vorgeschichte, Begrün- dung und Vor- sowie Nachteile ge- genüber der sogenannten Pflichtwei- terbildung bedacht werden. Der Ide- alzustand, mit einem gut organisier- ten sechsjährigen Studium das Ziel eines wohl vorbereiteten und zur ei- genverantwortlichen Tätigkeit befä- higten Arztes zu erreichen, ist unter den gegebenen Voraussetzungen nicht zu schaffen, obwohl dies grund- sätzlich möglich gewesen wäre, wenn

die Bildungspolitik von klugen Sach- waltern mit Vernunft und Sach- kenntnis betrieben worden wäre. Als erstes hätte dann die Studentenzahl um die Hälfte verringert werden müssen. Wer aber hätte dazu den

„politischen" Mut aufgebracht?

Versorgung muß

gesichert

sein

Der Grund für die derzeitige vielfältige Ablehnung der AiP-Rege- lung liegt auch gar nicht in einer mangelhaften sachlichen Begründ- barkeit dieses Ausbildungsabschnit- tes auf dem Wege zum eigenverant- wortlich tätigen Arzt. Die unredliche Forderung der Politik, diese 18mo- natige Ausbildungsphase „kosten- neutral" zu bewerkstelligen, ist der Stein des Anstoßes. Hier liegen der Fehler und die eigentliche Ursache aller Emotionen. Versäumnisse der Hochschulpolitik und des Bildungs- wesens sollen zu Lasten vor allem der Krankenhäuser korrigiert wer- den. Dabei übersteigt es schon die Grenzen des Verantwortbaren, für die Krankenversorgung dringend be- nötigte und nach allgemeiner Erfah- rung sowieso schon zu knappe Stel- len für berufserfahrene Ärzte in Be- schäftigungsmöglichkeiten für je-

weils drei AiP umzuwandeln, die nach kurzer Zeit wieder ausgewech- selt werden. Das sind gesundheitspo- litische Taschenspielertricks mit Ge- fährdung der Versorgungssicherheit, auf die alle Patienten einen An- spruch haben.

Hier muß wieder auf die Ent- scheidungen des BGH verwiesen werden. Diese setzen die Grenzen, innerhalb nur derer verantwortungs- bewußtes Handeln möglich ist. Diese Grenzen müssen auch von der Bun- desregierung und allen Landesregie- rungen respektiert werden, wenn der Vorwurf der Mißachtung höchstrich- terlicher Entscheidungen mit schlim- men Folgen vermieden werden soll.

Die Bundes- und Landesregierungen sind verpflichtet, die materiellen Voraussetzungen für die Durchfüh- rung der AiP-Zeit umgehend zu schaffen, indem sie eine ausreichen- de Anzahl von Ausbildungsplätzen zur Verfügung stellen

undÄrzte finan- zielle Absicherung der und Ärztinnen im Praktikum, in Analogie zu den juristischen und philologi- schen Referendaren gewährleisten.

Die Krankenhäuser und ihre Geld- geber, die Krankenkassen, sind dafür nicht zuständig. Die Krankenversor- gung darf infolge der abwegigen Stel- lenumwandlungen nicht gefährdet werden.

Dies muß die vernünftig begrün- dete Zielsetzung bei den Auseinan- dersetzungen um den AiP in den kommenden Monaten sein. Denn nur so können genügend Stellen ge- schaffen werden, nur so wird das notwendige Ausbildungs-Curriculum gesichert, ohne daß der ganze Zeit- aufwand fragwürdig und zu einem neuen Betrug an tausenden jungen Menschen wird. Auch können nur mit Hilfe der staatlichen Finanzie- rung viele niedergelassene Ärzte da- zu gewonnen werden, in ihren Pra- xen dem Berufsnachwuchs die Be- sonderheiten hausärztlichen (kas- senärztlicher) Tätigkeiten zu vermit- teln, was dringend notwendig ist und auch im Sinne des EG-Rechtes ge- fordert wird.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Ulrich Kanzow Koblenzer Straße 91

5300 Bonn 2 A-1012 (20) Dt. Ärztebl. 86, Heft 15, 13. April 1989

Referenzen

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