• Keine Ergebnisse gefunden

Jährlich sterben in der Schweiz zwischen 1'300 und 1'400 Menschen durch Suizid (ca

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Jährlich sterben in der Schweiz zwischen 1'300 und 1'400 Menschen durch Suizid (ca"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

M 162/2005 GEF 21. September 2005 44C

Motion

2910 Gfeller, Rüfenacht (EVP)

Weitere Unterschriften: 12 Eingereicht am: 15.06.2005

Suizidprävention

Der Regierungsrat wird aufgefordert,

1. Suizidpräventionsprojekte zu unterstützen.

2. wirksame Programme zur Früherkennung von psychischen Krankheiten und Suizidalität gezielt zu fördern.

3. Hilfsangebote für suizidale Personen zu schaffen.

Begründung

Schätzungen zufolge begehen in der Schweiz 15'000 bis 25'000 Menschen jedes Jahr einen Suizidversuch, wobei nur ungefähr 10'000 dieser Suizidversuche (ca. 4'000 Männer und 6'000 Frauen) erfasst und medizinisch behandelt werden. Jährlich sterben in der Schweiz zwischen 1'300 und 1'400 Menschen durch Suizid (ca. 1'000 Männer und 400 Frauen) Dies entspricht knapp vier suizidbedingten Todesfällen pro Tag. Dabei ist die Suizidrate gerade bei Jugendlichen alarmierend hoch. Pro Jahr nehmen sich in der Schweiz durchschnittlich 110 junge Menschen zwischen 15 und 20 Jahren das Leben und etwa zehnmal so viele versuchen es. Neben dieser Gruppe treten Suizide vor allem bei betagten Menschen und bei den 20- bis 50-jährigen Männern auf.

Die Faktoren, welche Individuen einem erhöhten Suizid- und Suizidversuchsrisiko aussetzen, sind komplex und interagieren miteinander. Suizide und Suizidversuche stellen nur selten von langer Hand vorbereitete Handlungen dar, denen ein freier Willensentscheid zugrunde liegt (Bilanzsuizid). Neben demografischen Faktoren wie Alter und Geschlecht wird das individuelle Risiko eines Suizids oder Suizidversuchs durch psychische, biologische, soziale und umgebungsbedingte Faktoren wie auch durch Faktoren, die mit der Lebensgeschichte verbunden sind, beeinflusst. Suizid und Suizidversuche stellen für sich gesehen keine Krankheit dar, und sind auch nicht unbedingt Ausdruck einer Krankheit.

Sie werden aber oft durch psychische Krankheiten (insbesondere Depressionen, Psychosen/Schizophrenie und Suchterkrankungen) begünstigt.

In der Öffentlichkeit ist die Selbsttötung- oder nur schon der Gedanke daran- noch immer ein Tabuthema. Dabei könnte Offenheit viel Leid verhindern. Im Vergleich zu Todesfällen im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen, Drogen, Mord oder AIDS ist Suizid in den westlichen Ländern die häufigste Todesursache. Dennoch wird vergleichsweise wenig Geld

(2)

2

in Suizidprävention investiert. Der heutige politische und gesellschaftliche Umgang mit Suizidalität erinnert stark an die Drogenproblematik vor drei Jahrzehnten. Selbsttötung ist kein öffentliches Thema, sondern wird totgeschwiegen und tabuisiert.

Da Suizide und Suizidversuche nicht unter den Krankheitsbegriff nach Artikel 118 Absatz 2 Bst. b BV subsumiert werden können, sind die Möglichkeiten des Bundes, im Bereich der Suizidprävention aktiv zu werden, sehr beschränkt. Die Aufgabe der Suizidprävention als Teil der allgemeinen Gesundheitsversorgung und -förderung liegt somit primär in der Kompetenz der Kantone.

Antwort des Regierungsrates

Im Vorstoss wird dargelegt, dass Suizide und Suizidversuche ein bedeutendes Gesundheitsproblem sind, das in der Öffentlichkeit unterschätzt oder sogar verdrängt wird.

Der Regierungsrat wird deshalb dazu aufgefordert, im Bereich der Suizidprävention und – früherkennung aktiv zu werden und die dafür nötigen Angebote zu schaffen.

Der Regierungsrat teilt die Auffassung, dass Suizide und Suizidversuche zu den wichtigen Gesundheitsproblemen unserer Gesellschaft gehören. Bei der Einschätzung der Ausgangslage und der Bewertung von möglichen Handlungsansätzen stützt er sich auf den Bericht "Suizid und Suizidprävention in der Schweiz" des Bundesamts für Gesundheit vom

April 2005 (im Internet unter

http://www.bag.admin.ch/gespol/suizidpraevention/d/suizid.pdf). Ergänzend zum Motionstext sei hier erwähnt, dass Suizide Ursache eines erheblichen Teils der frühzeitigen Todesfälle sind. So sind im Jahre 2000 bei den Männern 14.1% und bei den Frauen 9.1%

der durch vorzeitigen Tod verlorenen gegangenen Lebensjahre auf Suizid zurückzuführen.

Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist der Suizid neben Unfällen die wichtigste Todesursache. Befragungen von 16-20-jährigen Bernerinnen und Bernern haben ergeben, dass 6.8% der jungen Frauen und 2.5% der jungen Männer schon einmal einen Suizidversuch gemacht haben. Die Schweiz gehört im internationalen Vergleich zu den Ländern mit einer überdurchschnittlichen Suizidrate. Es ist deshalb begründet, vorbeugende Massnahmen zur Verringerung von Suizidhandlungen zu ergreifen. Die Zuständigkeit dafür liegt gestützt auf die Kantonsverfassung (Art. 41), das Gesundheitsgesetz (Art. 3) und das Sozialhilfegesetz (Art. 69) beim Kanton und den Gemeinden.

Der Bericht des Bundesamts für Gesundheit zeigt ein breites Spektrum von Möglichkeiten der Suizidprävention auf und illustriert diese mit zahlreichen konkreten Beispielen aus dem In- und Ausland. Präventionsmöglichkeiten richten sich entweder auf die ganze Bevölkerung oder auf spezifische Risikogruppen aus und sie werden ergänzt durch Forschung und Evaluation:

• Allgemeine Gesundheitsförderung (Verbesserung der Lebensqualität und Stärkung der Fähigkeit zur Konfliktbewältigung)

• Sensibilisierung der Bevölkerung

• Sensibilisierung von Schlüsselpersonen im Jugendbereich

• Schaffung und Förderung niederschwelliger Anlaufstellen

• Erschweren des Zugangs zu tödlichen Mitteln und Methoden

• Sorgfältige Medienberichterstattung über Suizide

• Aus-, Weiter- und Fortbildung für medizinische Fachpersonen

• Angebote und Massnahmen für spezifische Risikogruppen

• Nachsorge für Angehörige und Betreuende/ Rettungspersonen

• Monitoring, Forschung, Evaluation.

(3)

3

In vielen der genannten Bereiche bestehen im Kanton Bern heute schon Angebote, auch wenn sie nicht ausschliesslich auf Suizidprävention ausgerichtet sind, sondern auf die Vorbeugung, Früherkennung und Betreuung von erzieherischen, psychologischen und sozialen Problemen oder die Behandlung psychischer Krankheiten. Zu erwähnen sind z.B.

das Nottelefon für Kinder und Jugendliche 147, die Dargebotene Hand, die Erziehungsberatungsstellen, die Kinder- und Jugendpsychiatrie, die psychiatrischen Institutionen mit ihren Sprechstunden und Kriseninterventionsangeboten sowie die Gesundheitsförderungsprojekte der Stiftung Berner Gesundheit und des Blauen Kreuzes.

Die zahlreichen Hausärzte sowie frei praktizierende Psychiater und Psychotherapeuten spielen ebenfalls eine herausragende Rolle bei der Früherkennung und Beratung von

suizidgefährdeten Personen.

Es scheint dem Regierungsrat nicht angezeigt, neue, auf Suizidprävention spezialisierte Stellen einzurichten. Es geht vielmehr darum, die bestehenden Institutionen und Angebote dabei zu unterstützen und zu stärken, im Rahmen ihres Leistungsauftrags auch Suizidprävention bzw. Früherkennung zu leisten und sie auch für diese Aufgabe zu sensibilisieren. Im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Kantons hat der Regierungsrat Institutionen in diesem Sinne unterstützt und wird dies auch weiterhin tun.

So war es etwa vor zwei Jahren möglich, in der Direktion Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universitären Psychiatrischen Dienste durch personelle Verstärkungen einen permanent erreichbaren kinder- und jugendpsychiatrischen Notfalldienst aufzubauen.

Damit wurde die Schwelle zur Inanspruchnahme fachlicher Hilfe bei psychischen Krisen von Kindern und Jugendlichen gesenkt, was auch suizidgefährdeten Jugendlichen zugute kommt.

Auch in der Erwachsenenpsychiatrie wird daran gearbeitet, die Notfall- und Kriseninterventionsdienste zu stärken (Verhandlungen zwischen Inselspital und Universitären Psychiatrischen Dienste Bern zur Zusammenarbeit beim psychiatrischen Notfalldienst) und die Hemmschwelle zur Inanspruchnahme psychiatrischer Hilfe zu verringern (Verbesserung des Stationsklimas durch organisatorische und bauliche Massnahmen; Öffentlichkeitsarbeit).

Nach Einschätzung des Regierungsrats fehlt es im Kanton Bern nicht an Einrichtungen und Angeboten, die in den Bereichen Suizidprävention und –intervention aktiv sind.

Gesamtschweizerisch gibt es sogar eine beachtliche Zahl von Arbeitsgruppen, Beratungsangeboten, Projekten, Selbsthilfegruppen und genügend Informationsmaterial, zur Thematik. Ein grosser Nachholbedarf besteht hingegen bei der Vernetzung dieser Angebote, bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Fachpersonen und der Aufklärung der Öffentlichkeit über die Suizidproblematik. Aufgrund dieser Einschätzung gedenkt der Regierungsrat die Anliegen der Motion wie folgt aufzunehmen:

1. Unterstützung von Suizidpräventionsprojekten

2. Förderung von wirksamen Programmen zur Früherkennung von psychischen Krankheiten und Suizidalitä

Ein international stark beachtetes Präventionsprojekt ist das "Nürnberger Bündnis gegen Depression". Das Deutsche Kompetenznetz «Depression, Suizidalität» entwickelte in Nürnberg ein Aktionsprogramm zur Früherkennung und zur besseren Versorgung von Depressionskranken. Dieses Aktionsprogramm beinhaltet Fortbildungen von Hausärztinnen und Hausärzten sowie Mediatorinnen und Mediatoren (Lehrerschaft, Pflegende, Polizei, Seelsorge usw.), Öffentlichkeitsarbeit und Aufbau von Selbsthilfegruppen. Das Programm in Nürnberg war erfolgreich und erzielte einen nachhaltigen Rückgang der Suizidrate um 25%. Aufgrund dieser Erfolge wurde in verschiedenen anderen deutschen Städten und auch im Kanton Zug ein "Bündnis gegen Depression" gegründet.

(4)

4

Nach einer Anfrage der Gesundheits- und Fürsorgedirektion ergriffen die Universitären Psychiatrischen Dienste anfangs 2004 die Initiative, ein Berner Bündnis gegen Depression aufzubauen. Für die Gründungsphase stellten sie eine Stelle zur Verfügung, die aus dem NEF-Bonus finanziert wurde. Im März 2005 wurde der Verein Berner Bündnis gegen Depression gegründet und anfangs September ist er erstmals an die Öffentlichkeit getreten und betreibt seither Informations- und Vernetzungsarbeit zur Suizidprävention.

Vorläufig unterstützen die Universitären Psychiatrischen Dienste das Berner Bündnis gegen Depression weiterhin durch einen Beitrag aus dem Bonus. Dies erlaubt dem Berner Bündnis die Anstellung eines Geschäftsleiters im Umfang von 30 Stellenprozenten.

Das Bündnis gegen Depression ist ein Programm, das verspricht, die verschiedenen Akteure in der Suizidprävention zu vernetzen, Ärzten und anderen Fachpersonen gezielt Wissen zur Früherkennung und Therapie von Depressionen und Suizidalität zu vermitteln und in der Öffentlichkeit die Botschaft zu verbreiten: Depression ist behandelbar!

Der Regierungsrat wird abklären, ob und allenfalls unter welchen Voraussetzungen dem Verein Berner Bündnis gegen Depression ein Leistungsauftrag zur Suizidprävention erteilt werden soll. Er ist bereit, projektbezogen auch andere Projekte zu unterstützen, die einen Beitrag zu leisten versprechen bei der Prävention und Früherkennung von Suizidalität.

3. Schaffung von Hilfsangeboten für suizidale Personen

Wie einleitend dargelegt wurde, verfügt der Kanton Bern über ein ausgebautes Netz an Hilfsangeboten für Menschen in psychischen und sozialen Krisensituation. Diese Angebote sind auch in der Lage, Personen mit Suizidneigungen zu betreuen oder zu behandeln. Der Regierungsrat hält es für zweckmässiger, in die bestehenden Hilfsangebote zu investieren, als neue Angebote zu schaffen. Im Rahmen seiner Möglichkeiten wird der Kanton auch in Zukunft dafür sorgen, dass die bestehenden Institutionen in der Lage sind, Menschen in Krisensituationen rasche, gut erreichbare und angemessene Hilfe anzubieten.

Antrag: Punkt 1 und 2: Annahme als Postulat Punkt 3: Annahme; Abschreibung

An den Grossen Rat

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Da die Mitarbeitenden in den Direktionen und der Staatskanzlei verschiedenste Fachaufgaben erfüllen und diese Aufgaben nicht selten auch ineinander greifen, ist

§ Der Berner Jura ist industrialisierter als der übrige Kanton (der Sekundärsektor stellt 47% der Arbeitsplätze, während es gesamtkantonal nur 25,8% sind), und er

Anhand von rund 30 Indikatoren zu Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft zeigt der Kanton schon heute auf, wo der Kanton Bern auf dem Weg zur nachhaltigen Entwicklung

Anhand von rund 30 Indikatoren zu Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft zeigt der Kanton schon heute auf, wo der Kanton Bern auf dem Weg zur nachhaltigen Entwicklung

Die 20‘000 armutsgefährdeten Haushalte, die zwar noch nicht unmittelbar von Armut betroffen, aber nur noch einen kleinen Schritt davon entfernt sind, verdeutlichen den

Demnach gelten für die Schulen im Kanton Bern weiterhin die Bestimmungen von 1998, wonach der Unterricht nach den neuen Regeln der Rechtschreibung erfolgt, ohne dass die

Zusammenarbeit von Kantonspolizei (Unfallaufnahme), Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt (Analyse, Ausarbeitung und Umsetzung von signalisations- und

Obwohl Rückgabemöglichkeiten bestehen, landen im Kanton Bern jährlich mehrere Millionen gebrauchte CD’s im Kehricht. Hauptgründe für diese vermeidbare