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Archiv "Schirmbilduntersuchungen — Kosten, Nutzen, Schaden, Alternativen: Dargestellt aus der Sicht einer Schirmbildstelle" (27.12.1982)

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(1)

Schirmbilduntersuchungen — Kosten, Nutzen,

Schaden, Alternativen

Dargestellt aus der Sicht einer Schirmbildstelle

Eberhard Meier

Landesschirmbildstelle Schleswig-Holstein (Ärztlicher Leiter: Leitender Medizinaldirektor Dr. med. Eberhard Meier)

in Aukrug-Tönsheide

Bei der Entdeckung von bis- her unbekannten behand- lungsbedürftigen Tuberkulo- sen der Atmungsorgane hat die „Röntgenreihenuntersu- chung" (RRU) einen wesentli- chen Anteil. Durch ihren ge- zielten Einsatz kann der Rück- gang der Tuberkuloseerkran- kungen beschleunigt und so- mit deren epidemiologischer Ablauf beeinflußt werden. Die Weiterführung der RRU im Rahmen gezielter Einsätze (Ziel- beziehungsweise Risiko- gruppen) ist nach Auffassung des Autors immer noch für alle Bundesländer angezeigt.

Zum Thema RRU sind einige Vorbe- merkungen notwendig, da bei der Beurteilung der gesamten Proble- matik zu berücksichtigen ist, daß die nachfolgenden Ausführungen auf den Ergebnissen und Erkenntnissen der Landesschirmbildstelle Schles- wig-Holstein basieren. Schleswig- Holstein ist ein Flächenstaat mit ei- nem Ausländeranteil von 3,3 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Die Lan- desschirmbildstelle Schleswig-Hol- stein ist zentralisiert und bis zum jetzigen Zeitpunkt mit fünf mobilen Schirmbildeinrichtungen und einer mobilen Röntgenstation, dem Nach- untersuchungswagen, ausgerüstet.

Sie hat in etwa zweieinhalbjährigen Abständen die ungezielte Röntgen- reihenuntersuchung (RRU), seit 1947 auf gesetzlicher Basis, durch- zuführen. Außerdem sind zwei Tu- berkulintrupps ständig im Einsatz, die bei den 15- bis 18jährigen Schü- lerinnen und Schülern der Röntgen- reihenuntersuchung vorgeschaltete Tu berkul i ntestungen vornehmen.

Bisher wurden neun Durchgänge abgeschlossen, der zehnte Durch- gang ging im Juni 1982 zu Ende.

Kosten

In Schleswig-Holstein kostete im Jahre 1980 (Tabelle 1) die Feststel- lung einer behandlungsbedürftigen

Lungentuberkulose durch die RRU 8530 DM. Nimmt man die Entdek- kung der Lungentumoren und Lun- gensarkoidosen hinzu, so verringert sich dieser Betrag auf 3500 DM. Bei Einbeziehung noch anderer Erkran- kungen des Thoraxraumes in diese Berechnungen (gesamte Sach- und Personalkosten, einschließlich Ko- sten der Nachuntersuchungen, je- doch ohne Investitionen und Ab- schreibungen) würden sich die Un- kosten weiter deutlich verringern.

Aus der Tabelle 1 sind auch die Un- kosten für die einzelnen Untersu- chungen zu entnehmen. Vergleicht man unsere Unkosten — 3500 DM — für die Feststellung einer Lungen- krankheit (Lungentuberkulose, Lun- gentumor, Lungensarkoidose) mit den Kostenangaben für andere Früherkennungsmaßnahmen, so er- gibt sich für die Röntgenreihenun- tersuchung eine sehr günstige Ko- sten-Nutzen-Relation (Tabelle 1).

Es wäre daher sicher verfehlt, in einer Zeit, in der andere Vorsorge- maßnahmen und Früherkennungs- untersuchungen mühsam und mit großem finanziellen Aufwand erst aufgebaut werden müssen, eine be- reits vorhandene, erwiesenerma- ßen bewährte, gut funktionierende und dazu noch so kostengünstige Früherkennungsmaßnahme abzu- bauen (5)*).

Nutzen

Einleitend hierzu ist auf folgendes hinzuweisen: In Anlehnung an inter- nationale Regelungen ist man zu der Auffassung gekommen, daß eine un- gezielte RRU als Tuberkulosefallfin- dungsmethode nur dann noch sinn- voll und gerechtfertigt ist, wenn min- destens 40 behandlungsbedürftige Fälle auf 100 000 Schirmbildaufnah- men entdeckt werden. Dieser Grenz- wert, der vorwiegend von wirtschaft- lichen Gesichtspunkten bestimmt und —wie schon gesagt — nur auf die Tuberkulose bezogen ist, wird vom Deutschen Zentralkomitee zur Be- kämpfung der Tuberkulose (DZK) in seinen Stellungnahmen auch jetzt noch empfohlen (3).

Die radiofotografische lnzidenz der aktiven Lungentuberkulose ist zwar seit 1947 ständig zurückgegangen, in Schleswig-Holstein von anfangs 320 je 100 000 auf 67 je 100 000 im neunten Durchgang, das Zwischen- ergebnis des jetzt laufenden zehn- ten Durchgangs (Auswertung von acht Kreisen) zeigt jedoch immerhin noch eine lnzidenz von 66 je 100 000. Diese liegt also noch deut- lich über dem erwähnten Grenzwert.>

*) Die in Klammern stehenden Zahlen bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis der Sonderdrucke.

(2)

Untersuchung Kosten 1 Schirmbild ohne Nachunter-

suchung und Tuberkulintestung

4,49 DM Landes-

schirm- bildstelle Schleswig- Holstein Rech- nungsjahr 1980

1 Schirmbild mit Nachunter- suchung und Tuberkulintestung 1 Tuberkulintest

Entdeckung einer aktiven Lungentuberkulose

5,81 DM

5,07 DM 8 530,00 DM

eines unbekannten Lungen- Prozesses (Tbc, Tu., Sa.)

3 500,00 DM

Vorsorge- untersu- chungen laut Literatur

Entdeckung

eines Collumkarzinoms eines Mammakarzinoms

eines Rektumkarzinoms

über

40 000,00 DM mindestens 10 000,00 DM

etwa

24 000,00 DM

männlich weiblich

%.» %000

Alters-

40 %. gruppen 40 °/...

42

NM»

15-19 7=1 37 64

131fflgM

20-24

74

BIEMZIM

25-29

58

IMMII 30-34 1771

32 47

BMW

35-391-1 30 64

»MEM

40-44: 17 62

MMIR 45-49 :::3

22

118 50-54

66

31

227

IMMEVIMUN IIIfflM

142 129

MM•1331181•11131

66

NiennMEW

55-59

60-64 r 28 65-69

777941

7

77777164

70-74

210

ZgaMINIMMB 75—

100

Tabelle 1: Kosten der RRU 1980 in Schleswig-Holstein im Vergleich zu Kosten bestimmter Vorsorgeuntersuchungen in der Bundesrepublik Deutschland

Darstellung 1: Radiofotografische lnzidenz der aktiven Lungentuberkulose im 9.

Durchgang (erfaßt sind die Jahre von 1976 bis 1979) in Schleswig-Holstein, nach Altersgruppen und Geschlecht getrennt

Es handelt sich bei diesen Inziden- zen um Durchschnittswerte jeweils eines RRU-Durchganges (10, 11, 12).

Schlüsselt man die Ergebnisse nach Altersgruppen und Geschlecht auf, so ergibt sich ein exakteres Bild der derzeitigen epidemiologischen Si- tuation, das für die künftige Schwer- punktbekämpfung der Tuberkulose von Bedeutung sein kann (7, 8).

Wie aus Darstellung 1 hervorgeht, ist bei den Männern in allen untersuch- ten Altersgruppen eine lnzidenz von über 40 je 100 000 vorhanden, ver- bunden mit einem merklichen An- stieg ab dem 50. Lebensjahr und mit einer deutlichen Spitze bei den über 70jährigen. Bemerkenswert ist auch die Spitze bei den 20- bis 29jährigen Männern und bei den 20- bis 24jähri- gen Frauen.

Sonst liegen bei den Frauen in allen Altersgruppen die Inzidenzen in un- mittelbarer Nähe oder deutlich un- terhalb des Grenzwertes. Erst ab dem 70. Lebensjahr ist eine Anhäu- fung der aktiven Lungentuberkulo- sen zu verzeichnen mit einer Spitze bei den über 75jährigen.

Wir konnten immer wieder feststel- len, daß in dem Jahr des jeweiligen RRU-Durchganges die Zugangszah- len an aktiven Lungentuberkulosen in den betreffenden Tuberkulosefür- sorgestellen deutlich anstiegen, wie es durch das Beispiel des Kreises Steinburg eingehend dokumentiert wird (Darstellung 2).

Zur Tuberkulose der Ausländer in der Bundesrepublik soll nur kurz er- wähnt werden, daß diese hinsicht- lich der Häufigkeit eindeutig höher liegt als bei der deutschen Bevölke- rung, und zwar zweimal so hoch, das sowohl bei der pulmonalen als auch bei der extrapulmonalen Form (9). In Schleswig-Holstein konnten wir bei der RRU in einem Modellver- such im neunten Durchgang fest- stellen, daß bei den Ausländern die radiofotografische Inzidenz der akti- ven Lungentuberkulose fast dreimal und die der offenen sogar siebenmal größer ist (11). Die Ausländer sind somit als Risikogruppe anzusehen.

(3)

RRU 2. Durchgang

750 RRU 3.

RRU 4.

RRU 5.

500 RRU 6.

9 1, 9

250

0 CD

■••••■•■

1

0 CO C3

RRU 7.

RRU 8.

RRU 9.

•■•

0 r-- CD ti

0)

Darstellung 2: Anteil der durch Röntgenreihenuntersuchung ermittelten aktiven Lungentuberkulosen (absolute Zahlen) an den jährlichen Zugängen in der Tuberku- losefürsorgestelle des Landkreises Steinburg

Nun noch einige Bemerkungen zu den unspezifischen, röntgenolo- gisch faßbaren Lungenerkrankun- gen, die wegen ihrer absoluten Häu- figkeit und ihrer bei Früherkennung möglichen guten Therapierbarkeit weiter an Bedeutung zunehmen (6).

Dabei spielen für die RRU die Lun- gentumoren und speziell die primä- ren Bronchialkarzinomeeine beson- dere Rolle, deren Erkrankungszah- len sich in den vergangenen Jahren gegenüber der Tuberkulose im we- sentlichen gegenläufig verhalten ha- ben. Dies gilt auch für die Sarkoido- se, die dritthäufigste Lungenerkran- kung, die bis zum neunten Durch- gang eine zunehmende Tendenz aufweist (Darstellung 3).

Für die Heilungsaussichten der pri- mären, peripher gelegenen Bron- chialkarzinome ist eine Früherfas- sung wichtig, da bei diesen, z. B.

durch die RRU festgestellten, sym- ptomlosen Fällen nach übereinstim- menden Literaturangaben der Pro- zentsatz der Operabilität doppelt so hoch bis viermal höher liegt als bei Bronchialkarzinomen, die mit beste- henden Beschwerden erst in einem späteren Stadium zur Abklärung kommen (5).

In den Altersgruppen der 40- bis 65jährigen konnte bei etwa einem Drittel aller durch RRU in Schleswig- Holstein entdeckten Bronchialkarzi- nome eine operative Behandlung durchgeführt werden.

Zur Diagnostik der beginnenden Staublungenerkrankungen ist die Schirmbilduntersuchung aufgrund ihres geringeren Auflösungsvermö- gens zwar keineswegs optimal, dennoch konnten wir aber im Rah- men der ungezielten RRU neben Einzelfällen in zwei größeren Be- trieben mehrere bisher unbekannte Silikosen entdecken.

Hinzuweisen ist noch auf die bei der RRU entdeckten Erkrankungen der Bronchien wie Bronchiektasen, fer- ner auf die entzündlichen und son- stigen Lungenerkrankungen sowie auch auf andere Erkrankungen des Thoraxraumes und auf die Herzbe-

funde (Herzerweiterung und patho- logische Herzkonfiguration), die wir den behandelnden Ärzten melden.

Gesagt muß jedoch werden, daß die Schirmbilduntersuchungen nur als Filter zu betrachten sind; die dabei anfallenden Befunde bedürfen — wie auch bei anderen Vorsorgeuntersu- chungen — weiterführender diagno- stischer Maßnahmen.

Schaden

Immer wieder ist festzustellen, daß bei der Diskussion über die Gefähr- dung durch Röntgenstrahlen ganz allgemein und im besonderen durch die RRU eine Strahlengefahr hoch- gespielt wird und daß dadurch Furcht und Verunsicherung bei der Bevölkerung erzeugt werden.

Mißverständnisse sind darauf zu- rückzuführen, daß einerseits unter- schiedliche Angaben über die Höhe der Strahlenexposition des Patien-

ten bei Röntgenuntersuchungen des Thorax sogar noch in der neueren Literatur zu finden sind und anderer- seits aus den Dosisangaben oft nicht hervorgeht, ob es sich um Gonaden- dosen, Oberflächendosen, Volu- mendosen, Organdosen, Knochen- markdosen usw. handelt.

Die erheblichen Schwankungen bei den Dosisangaben im Schrifttum re- sultieren daraus, daß die tatsächli- che Strahlenexposition der unter- suchten Person von zahlreichen technischen Faktoren wie Filterung, Aufnahmespannung, Einblendung, Filmempfindlichkeit usw. und von Patientendaten, wie z. B. Patienten- durchmesser, abhängt.

Vielfach wird als Beweismittel ge- gen die RRU die höhere Strahlen- exposition bei den Schirmbildun- tersuchungen vorgebracht. Die un- terschiedlichen Dosiswerte bei den Thoraxgroßaufnahmen und bei Schirmbildern sind in Tabelle 2 zusammengestellt.

(4)

0

5. Durchgang 6. Durchgang 7. Durchgang 8. Durchgang 9. Durchgang 10. Durchgang (1961-67) (1967-70) (1970-73) (1973-76) (1976-79) (1979-81)

Die Keimdrüsendosis ist bei beiden

Untersuchungsverfahren sowohl für Männer als auch für Frauen prak- tisch gleich und die Knochenmark- dosis beim Schirmbild etwa doppelt so hoch. Die Hautdosis (Strahlenein- fallsbereich des Brustkorbes) zeigt beim Schirmbild größere Werte (et- wa drei- bis fünfmal so hoch).

Eder (4) hat im vergangenen Jahr anhand seiner Dosismessungen an Schirmbildeinrichtungen Bayerns auf mögliche dosiseinsparende Fak- toren hingewiesen, die in Tabelle 3 aufgeführt sind.

In Ergänzung zu den Untersuchun- gen von Eder (4) und zu früheren Dosismessungen in Tönsheide (14)

haben wir kürzlich eine Meßreihe*) (Messung der Eintrittsdosis am Ple- xiglas-Phantom) durchgeführt, de- ren Ergebnisse in Tabelle 4 zusam- mengestellt sind.

Es kam uns darauf an,

O den Dosisbedarf bei der Verwen- dung eines hochempfindlichen Fil- mes gegenüber einem weniger emp- findlichen zu messen und

O festzustellen, wie die von Eder (4) vorgeschlagene Hartstrahltechnik mit erhöhter Vorfilterung für die von ihm publizierte Patientendosis-Her- absetzung auch am Sechspuls-Ge- nerator wirksam ist und welche Kon- sequenz diese Technik hat.

Aufgrund unserer Werte können wir folgende Aussage machen: Bei Ver- wendung des neuen Filmes ist eine Dosiseinsparung von etwa 40 Pro- zent vorhanden. Eine Dosisreduzie- rung um fast die Hälfte wird durch die Heraufsetzung der Spannung und durch die Vorfilterung erreicht, womit wir die Ergebnisse von Eder (4) annähernd bestätigen können.

Untersuchungen an freiwilligen männlichen Probanden, jeweils eine Schirmbildaufnahme mit 80 kV und Eigenfilter und eine solche mit 100 kV und Zusatzfilter 2 mm Al + 0,53

*) Mit Herrn Ingenieur (grad.) H. Paul, Firma C. H. F. Müller, Unternehmensbereich der Philips GmbH, Hamburg

Darstellung 3: Radiofotografische Inzidenz der Lungentuberkulose, Lungentumoren und Sarkoidose vom 5. bis 10. Durchgang (erfaßt sind die Jahre von 1961 bis 1981, 10. Durchgang = Zwischenergebnis von 8 Kreisen)

(5)

Hauteinfallsdosis 10-100 mrd 20-900 mrd Großaufnahme 35 x 35 cm Schirmbild

männlich weiblich männlich weiblich etwa

0,2 mrd

etwa 0,3 mrd

etwa 0,2 mrd

etwa 0,3 mrd Keimdrüsendosis

Knochenmark- dosis

etwa 10-40 mrd etwa 30-90 mrd

Tabelle 2: Dosiswerte bzw. Dosisbereiche bei Thoraxaufnahmen (Großformat und Schirmbild) nach Angaben des Bundesgesundheitsamtes Berlin (1981)

mm Cu, zeigten bei der härteren Technik extreme Hartstrahlaufnah- men mit geringem Kontrast, die eine Umstellung bei der Auswertung er- forderlich machen. Außerdem ver- längerten sich bei einer Aufhärtung der Strahlen durch Zusatzfilterung die Aufnahmezeiten um einen Fak- tor von etwa vier.

Wir möchten noch darauf aufmerk- sam machen, daß der Durchleuch- tungsschirm mit einer härteren Strahlung an Wirkungsgrad verliert (maximale Emission des Leuchtstof- fes bei etwa 80 kV) und daß die Schirmunschärfe bei einer härter werdenden Strahlung zunimmt. Eine Verbesserung dieser grundsätzli- chen Eigenschaften durch einen veränderten Aufbau des Schirmma- terials ist von seiten der Industrie zur Zeit noch nicht möglich.

Die von Eder (4) empfohlene Hart- strahltechnik bringt zwar eine weite- re Herabsetzung der Eintrittsdosis, aber gleichzeitig auch Unsicherhei- ten durch die lange Belichtungszeit (Bewegungsunschärfe) und Un- schärfen durch die höhere Streuung der aufgehärteten Strahlung im Durchleuchtungsschirm. Die Hart- strahltechnik bei Schirmbildunter- suchungen ist also nicht ohne Pro- bleme. Die Verwendung von hoch- empfindlichem Filmmaterial hinge- gen kann als eine echte Dosiserspar- nis angesehen werden.

Das Strahlenrisiko

bei den Schirmbilduntersuchungen Das angenommene somatische Strahlenrisiko, welches bei Thorax- aufnahmen dem Krebserkrankungs- risiko gleichzusetzen ist, beträgt nach 40 Schirmbildaufnahmen 2:100 000, das heißt, wenn bei 100 000 Personen 4 Millionen Schirmbilduntersuchungen durch- geführt werden, erkranken rechne- risch 2 der Untersuchten zusätzlich an Krebs (15).

Nach Angerstein (1) ist ein kausaler Zusammenhang zwischen Krebser- krankungen und der minimalen Strahlenwirkung (hypothetische Ri-

sikofaktoren für die Krebsinduktion) nicht zu beweisen. Erst wenn eine ständige Strahlenbelastung von 1 rem/Jahr vorliegt, ist ein zusätzlicher strahlenbedingter maligner Prozeß zu erwarten (16).

Zum genetischen Strahlenrisiko, der zweiten Schädigungsmöglichkeit, ist zu sagen, daß die bei der RRU gemessenen Gonadendosiswerte (0,1-0,4 mrem) wesentlich kleiner sind als die zeitlichen und örtlichen Schwankungen des Pegels der na- türlichen Strahlenexposition, deren Durchschnittswert in der Bundesre- publik Deutschland 110 mrem pro Jahr beträgt (2).

Den nur errechneten, also rein theo- retischen, und bisher nicht bewiese- nen Risiken steht ein wesentlich größerer Nutzen gegenüber: Die Zahl der durch RRU festgestellten unbekannten, behandlungsbedürfti- gen Lungentuberkulosen beträgt je nach Beteiligung (gesetzliche oder freiwillige RRU) in der Bundesrepu- blik 70 bis 40 Fälle auf 100 000 Schirmbilduntersuchungen. Zusätz- lich werden etwa 40 maligne Lun- gentumoren und etwa 30 Sarkoido- sen pro 100 000 Schirmbilder ent- deckt. Bei den Tuberkuloseerkran- kungen ist neben den individualme- dizinischen Gesichtspunkten auch die Verhütung weiterer Infektionen aus epidemiologischer Sicht von er- heblicher Bedeutung.

Die Nutzen-Risiko-Relation spricht damit eindeutig für eine Weiterfüh- rung der RRU.

Dosisreduzierende Faktoren 0 Zusätzliche Filterung

(Zurückhalten des Weichstrahlanteiles) Erhöhung der Aufnahmespannung Hartstrahltechnik (Sechspuls-Generatoren) Exakte Einblendung (Übereinstimmung von Strahlenfeld und Lichtvisier) Problem bei Odelca:

Kinder

Auswechseln der Leuchtschirme der Schirmbildkameras alle 5 bis 10 Jahre

(Alterungseffekt: bis zu 5 Prozent pro Jahr) 0 Regelmäßige Reinigung der

Schirmbildkameraoptiken (Staubbelag reduziert den Wirkungsgrad der Bilderzeugung)

0

Gonadenschutz

0

Optimale Filmentwicklung

()

Optimale Filmschwärzung

(optische Dichte) S = 0,7-1 Tabelle 3: Zusammenstellung verschie- dener Möglichkeiten der Dosiseinspa- rung nach Eder (4)

(6)

Alternativen

Zu den Ergebnissen unserer Tuber- kulintestungen, über die wir im ver- gangenen Jahr ausführlich berichtet haben (13), sind einige Bemerkun- gen notwendig. Wir führen im Rah- men der ungezielten RRU seit 1961 Tuberkulintestungen durch und ha- ben bis zum jetzigen Zeitpunkt 767 880 Testungen ausgewertet. Im neunten Durchgang wurden in der Altersgruppe der 15- bis 19jährigen durch Tuberkulintestungen nur 19 aktive Lungentuberkulosen ent- deckt — das sind 2,8 Prozent aller im neunten Durchgang festgestellten behandlungsbedürftigen Lungentu- berkulosen — wobei 123 325 Testun- gen erforderlich waren. Es war also hierfür ein relativ großer Kostenauf- wand notwendig.

Zur Beantwortung der Frage, ob auch in höheren Altersgruppen Tuberkulinreihenuntersuchungen praktikabel sind, haben wir in einem Landkreis (Schleswig-Flensburg 1976/77) auch die 18- bis 30jährigen Männer und Frauen einer Tuberku- lintestung unterzogen. Trotz auf- wendiger Aufklärung und Propagan-

da nahmen nur 6,1 Prozent der in diesen Altersgruppen an der RRU Beteiligten an den Testungen teil.

Eine behandlungsbedürftige Lun- gentuberkulose konnte nicht festge- stellt werden. Tuberkulintestungen im größeren Rahmen sind nur in leicht erfaßbaren Kollektiven, wie Schulen, Kindergärten, Kasernen usw., möglich.

Tuberkulintestungen als Reihenun- tersuchungen dienen unseres Erachtens weniger der Erfassung von Neuerkrankungen, sondern ge- ben Auskunft über die aktuelle Durchseuchung und ihren Trend, wenn man Beobachtungen über län- gere Zeit anstellt.

Die eigentliche Alternative — unter dem Gesichtspunkt der Tuberkulose

— ist, allmählich den Schwerpunkt von der ungezielten RRU auf die ge- zielte Untersuchung von Risikogrup- pen zu verlagern, und zwar vor allem dann, wenn der bereits erwähnte Grenzwert von 40 behandlungsbe- dürftigen Tuberkulosefällen auf 100 000 Schirmbilduntersuchungen unterschritten wird. Das DZK (3) hat

erneut herausgestellt, daß das Schirmbildverfahren gezielt zur An- wendung kommen soll, um Erkran- kungsfälle in einem statistisch ab- grenzbaren Kollektiv mit erhöhter Tuberkulosedurchseuchung aufzu- decken, wobei an regional begrenz- te Tuberkuloseschwerpunkte in den Bundesländern und auch an Perso- nenkreise mit einer über dem Durch- schnitt liegenden Tuberkulose-Inzi- denz (nach Alter und Geschlecht) gedacht ist (7, 8).

Die gezielte RRU sollte ferner bei Umgebungsuntersuchungen größe- rer Personengruppen sowie bei der Überwachung von besonders ge- fährdeten Personen- oder Berufs- gruppen eingesetzt werden.

Die Suche nach unbekannten Infek- tionsquellen sollte dort, wo sie ge- häuft vermutet werden, intensiv bzw.

vermehrt (z. B. in jährlichen Abstän- den) durch die RRU vorgenommen werden, das heißt bei bestimmten Ziel- bzw. Risikogruppen (z. B. ge- sunde Befundträger, Gastarbeiter und ihre Familien, besonders auch bei Gruppenbildung in Wohnhei- men, ferner Insassen von Anstalten

GD in mR FFA

in cm Apparatetyp Aufnahme-

bedingungen

Filter in mm

Blende ED

in mR männlich weiblich LVA-

Krankenhaus Tönsheide

1960

Mohr, H., und Th. Starke (14)

Patienten

Zweipuls- generator Sechspuls-

generator

62 kV 20 mAs 60 kV 58 mAs

Gesamt- filter 90

120

2 Al 4 Al

mit mit

328 268

0,06

0,05 0,16

95 Landes-

schirmbildstelle Schleswig- Holstein Aukrug- Tönsheide 13.11. 1981 Plexiglas- phantom

Sechspuls-

generator 80 kV 100 kV 100 kV 100 kV

Eigen- filter (= 2 Al) (= 2 Al) + 2 Al + 2 Al + 0,53 Cu

mit 315 275

185 165 145 100

(0,1) (0,1)

Tabelle 4: Dosismessungen in Tönsheide 1960 und 1981; Schirmbildkamera: 70 mm = Spiegel-Odelca; ED = Eintrittsdosis;

GD = Gonadendosis; I = bisheriger Film; II = hochempfindlicher Film

(7)

aller Art usw.). Durch eine solche gezielte Erfassung kann die Effi- zienz gesteigert werden.

Abschließend und zusammenfas- send ist nochmals hervorzuheben, daß die RRU bei der Fallfindung von bisher unbekannten aktiven Tuber- kulosen der Atmungsorgane nach wie vor eine entscheidende Bedeu- tung und damit ihre Existenzberech- tigung hat. Die RRU ist weiter ein wertvolles Instrument bei der Be- kämpfung der Tuberkulose, und zwar auch in der Abschwungphase dieser Krankheit. Im Hinblick auf die Wichtigkeit der Krankheitsfrüher- kennungsmaßnahmen spielt die RRU auch für Erscheinungen von nichttuberkulösen Thoraxerkran- kungen eine besondere Rolle.

Lock (8) äußerte sich hinsichtlich der Bedeutung der RRU wie folgt:

„Es wäre mehr als unklug, zu einem Zeitpunkt, an dem die Auflösung der organisierten Tuberkulosebekämp- fung droht, auf ein Verfahren ver- zichten zu wollen, das nicht schadet, sondern nur nützt."

(gekürzte Fassung eines Vortrages anläßlich der 120. wissenschaftli- chen Sitzung des Landesverbandes Berlin der Pneumologen (Ärzte für Lungen- und Bronchialheilkunde) e. V. am 30. 1. 1982)

Nachtrag: Die Umstrukturierung der RRU in Schleswig-Holstein von der gesetzlichen Pflichtuntersuchung in eine freiwillige Angebotsuntersu- chung ist inzwischen erfolgt. Zur Untersuchung aufgefordert werden bestimmte Zielgruppen: Personen über 40 Jahren, gesunde Befundträ- ger und tuberkulinpositive Personen unter 40 Jahren, Ausländer, Bewoh- ner von Alten- und Pflegeheimen so- wie Insassen anderer Anstalten, Um- gebungsuntersuchungen.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:

Leitender Medizinaldirektor Dr. med. Eberhard Meier Landesschirmbildstelle Schleswig-Holstein 2356 Aukrug-Tönsheide

Prävention

kardiovaskulärer Krankheiten in Neuseeland

1979 wurden 28 Prozent aller To- desfälle in Neuseeland durch ko- ronare Herzkrankheit (KHK) verur- sacht. Damit liegt die Mortalitäts- rate dieser Erkrankung mit am höchsten in der Welt. In der Ge- samtkalorienzufuhr nimmt die neuseeländische Bevölkerung ei- ne Spitzenposition in der Welt ein.

Der Fettanteil (überwiegend gesät- tigte Fette) in der Nahrung betrug 1977 43 Prozent für Weiße. Die Cholesterinzufuhr lag bei 20- bis 29jährigen Männern bei 670 ring/

Tg. Hierzu kommt ein hoher Alko- holkonsum in der erwachsenen Bevölkerung. Als Folge der positi- ven Energiebilanz fand sich bei 8 Prozent der Männer und 14 Pro- zent der Frauen zwischen 40 bis 49 Jahren mehr als 20 Prozent Übergewicht. Der Plasmacholeste- rinspiegel lag im Mittel bei 45- bis 49jährigen Männern bei 248 mg%.

In Anlehnung an die WHO wurden von der National Heart Foundation Ernährungsrichtlinien zur Be- kämpfung kardiovaskulärer Risi- kofaktoren ausgearbeitet, weiter wurde versucht, durch intensive Aufklärung (Medien, Informations- schriften usw.) eine Ernährungs- umstellung zu erreichen. Wichtig- ste Ziele sind eine Reduktion der Zucker-, Fett-, Salz- und Alkohol- zufuhr, bei einer vermehrten Auf- nahme von Ballaststoffen. Für Per- sonen mit hohem Cholesterinspie- gel gelten zusätzlich eine Reduk- tion der Cholesterinzufuhr (etwa 300 mg/Tag) und der Ersatz gesät- tigter Fette durch ungesättigte.

Während bei der Ernährungsum- stellung, der Senkung des Chole- sterinspiegels und der Bekämp- fung des Übergewichts nur gerin- ge Erfolge zu verzeichnen waren, ging durch intensive Aufklärung die Zahl der Raucher von 38 Pro- zent 1976 auf 35 Prozent 1981 für Männer bzw. von 32 Prozent auf 29 Prozent für Frauen zurück;

durch medikamentöse Therapie ließen sich erhöhte Blutdruckwer- te deutlich senken.

Tatsächlich ist seit 1968 ein Rück- gang der Mortalität an KHK um 17 Prozent in der Gesamtbevölke- rung zu verzeichnen. Offen bleibt allerdings die Frage, inwieweit der Rückgang der Mortalität an KHK auch auf primäre Prävention (und damit niedrigere Morbidität) oder bessere Behandlung der Erkran- kung zurückzuführen ist. Nkl

Hay, D. R.: New Zealand Approach to the Pre- vention of Cardiovascular Disease, Heart beat, 3 (Sept. 1982) 6-7

Zytoprotektion durch Neurotensin

Eines der neueren gastrointestina- len Hormone, das Neurotensin, das im Gehirn und im Verdau- ungstrakt als Peptid-Hormon nachweisbar ist, hemmt die Ma- gensekretion und reduziert die Magenschleimhautdurchblutung.

Im Tierexperiment an der Ratte läßt sich durch intrazisternale Ga- be von Neurotensin das Auftreten von Stress-Ulcera im Magen ver- hindern. Bei intravenöser Applika- tion ist ein zytoprotektiver Effekt, der über die Prostaglandinsynthe- se zu laufen scheint, nicht nach- weisbar. Durch Vorbehandlung mit dem Prostaglandinsynthese- hemmer lndometacin wird der zy- toprotektive Effekt blockiert. Ent- sprechende Versuche mit Soma- tostatin und Oxotremorin, zentral verabreicht, sowie Haloperidol und Cimetidin, intraperitoneal ge- geben, ließen keinen zytoprotekti- ven Effekt erkennen, der offen- sichtlich über das Zentralnerven- system vermittelt wird.

Nemeroff C. B.; Hernandez, D. E.; Orlando, R. C.; Prange, A. J.: Cytoprotective effect of centrally administered neurotensin an stress- induced gastric ulcers, Am. J. Physiol. 242 (1982) 342-346. Biological Sciences Research Center, Departments of Psychiatry and Medicine and the Neurobiology Programme, University of North Carolina School of Medicine, Chapel Hill, North Carolina 27514, U.S.A.

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