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Archiv "Krebsregister – Nutzen-Schaden-Abwägung: Von Sack und Esel" (06.09.2002)

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Von Sack und Esel

In seinem Kommentar thematisiert Dr.

Link die möglichen negativen, psycho- logischen und (psycho-)somatischen Folgen einer intensiven onkologischen Nachsorge. Es mag dahingestellt sein, ob es tatsächlich, wie von ihm vermutet, zu einer Traumatisierung durch eine sich wiederholende Einbestellung mit der damit verbundenen Rückerinnerung an die Zeit der schweren Erkrankung kommt. Richtig aber ist, dass so genann- te Nachsorgeprogramme nicht oder nur unzureichend wissenschaftlich evaluiert sind. In einer Zeit, in der Evidence based Medicine (EbM) viele Bereiche der kurativen Medizin durchdringt, ein si- cherlich bedenklicher Tatbestand! Die- sen Esel zu schlagen hätte verdienstvoll sein können, stattdessen aber auf die be- völkerungsbezogenen Krebsregister als Sack einzuschlagen, erweist sich als Bärendienst am onkologischen Patien- ten, dessen Wohl Dr. Link doch so am Herzen liegt! Und dieses gleich aus meh- reren Gründen:

ŒWenn nicht mithilfe von Krebs- registern, wie dann wollen wir den realen Nutzen neuer Früherkennungsprogram- me oder Therapien auf Bevölkerungs- ebene bewerten?

Auf welche Weise sollten wir an- ders als durch Krebsregister zeitliche oder regionale Disparitäten der Neu- erkrankungsrate an Krebserkrankungen entdecken, um darauf präventive und/

oder therapeutische Konsequenzen quantitativ und qualitativ adäquat pla- nen zu können?

Aber nicht nur, dass Dr. Link den Sack statt des Esels schlägt, er schlägt auch einen Sack, den der Esel gar nicht trägt. Das von ihm zitierte Bundeskrebs-

registergesetz von 1995, das übrigens Ende 1999 ausgelaufen ist, aber auch an- dere landesbezogene Krebsregisterge- setze haben nichts mit Nachsorgepro- grammen zu tun. Sie dienen lediglich der Bereitstellung verlässlicher quantitati- ver Information über das Krebsgesche- hen auf Bevölkerungsebene. Dabei sind durchaus Verfahren entwickelt worden, die den onkologischen Patienten kaum oder gar nicht belasten (Frage des Ein- verständnisses). Solche bevölkerungsbe- zogene Krebsregister haben, anders als Dr. Link vermutet, sowohl national als auch international unschätzbare Infor- mationen über das Krebsgeschehen be- reitgestellt.

Aus dem bloßen Führen eines Krebs- registers in einem Land darf sicherlich nicht geschlossen werden, dass die Hei- lungsergebnisse dieses Landes besser sei- en als die eines Landes, das nicht über ein Krebsregister verfügt. Um die Qualität der Heilungsergebnisse zwischen Län- dern beurteilen zu können, bedürfte es aber gerade der Existenz von Krebsregi- stern in beiden Ländern. In diesem Sinne ist der Vergleich der ehemaligen DDR und der alten Bundesländer grob irre- führend, da für Letztere keine flächen- deckende oder zumindest repräsentative Aussage über Heilungserfolge möglich ist. Insofern lässt die fehlende adäquate Krebsregistrierung in den drei von Dr.

Link genannten Bundesländern auch nicht auf besondere gesundheitspoliti- sche Klugheit schließen, sondern macht ein Defizit deutlich, das möglichst bald behoben werden sollte.

Aber zurück zum Esel: Leider schlägt Dr. Link nicht nur den falschen Sack, sondern auch den falschen Esel! Aus den vorgetragenen Bedenken über den Nut- zen beziehungsweise die Risiken von Nachsorgeprogrammen kann und darf nicht gefolgert werden, dass dieser Nut- zen nicht besteht oder die Risiken tatsächlich vorhanden sind. Vielmehr ist zu fordern, dass solche Programme einer strengen wissenschaftlichen Evaluation unterzogen werden, bei denen der Sack, pardon, bevölkerungsbezogene Krebs- register eine wichtige Rolle spielen müssten.

Prof. Dr. rer. nat. K.-H. Jöckel, Dr. med. A. Stang, MPH, Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Universitätsklinikum Essen, Hufe- landstraße 55, 45122 Essen

Ziel: Intensivere Beteiligung aller Ärzte

. . . Ziel der bevölkerungsbezogenen Re- gister, zu denen sich der Autor überwie- gend äußert, ist nicht, differenzierte Aussa- gen zur Therapie von Krebserkrankungen zu leisten. Bei diesen Registern geht es um ein Monitoring des Krebsgeschehens in der Bevölkerung, das zeitliche Verände- rungen und regionale Unterschiede in der Häufigkeit von Krebserkrankungen zunächst einmal überhaupt entdecken soll. In einem zweiten Schritt geht es dann um Hypothesenbildung zur Erklärung ge- fundener Unterschiede. Spätestens zur Überprüfung dieser Hypothesen sind in der Regel weitere Datenerhebungen er- forderlich. Werden hierbei Erklärungen gefunden, so können die gewonnenen Er- kenntnisse zum Beispiel zur Prävention genutzt werden. Ein weiterer Zweck epi- demiologischer Krebsregister ist dann demnach auch die Beurteilung der Effek- tivität von präventiven und Früherken- nungsmaßnahmen.Hierzu ist eine vollzäh- lige Erfassung aller Tumorerkrankungen der betreffenden Region erforderlich. Die gesetzliche Grundlage hierfür bilden die Länderkrebsregistergesetze.

Ein Ziel der klinischen Register ist die Beurteilung der Qualität der Versorgung von Tumorpatienten. Hierzu sind natür- lich wesentlich differenziertere Datensät- ze, und zwar sowohl was die Therapie als auch was die langfristige Beobachtung des Verlaufs von Erkrankungen betrifft, erforderlich. Welcher Primärtherapeut kann heute von sich sagen, dass er weiß, wie es seinen Patienten von vor fünf oder zehn Jahren geht? Hierbei geht es nicht nur um das reine Überleben, sondern auch um dieLebensqualität, die der Autor sehr richtig betont.

Der ausführlich diskutierte Aspekt der Nutzung des klinischen Krebsregisters zur Steuerung der Nachsorge ist nur eine Fa- cette der Dienstleistungen, die klinische Register heute erbringen. Die Steuerung solcher Programme kann mit modernen Registerprogrammen wie dem Gießener Tumordokumentationssystem (GTDS) derartig individualisiert werden, dass viel- fach von den starren Programmen, wie sie in der Vergangenheit häufig propagiert wurden, heute nicht mehr die Rede ist.

Die Onkologie krankt an vielen Stellen daran, dass immer wieder neue Methoden T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 366. September 2002 AA2319

zu dem Kommentar

Krebsregister: Nutzen- Schaden-Abwägung

von

Dr. med. Günter Link in Heft 15/2002

DISKUSSION

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propagiert werden, deren Wirksamkeit un- ter Studienbedingungen zwar belegt sein mögen,deren (Aus-)Wirkungen in der Brei- te aber nur schlecht erfasst werden kön- nen. Es kann also nicht um weniger Krebs- register, sondern nur um eine intensivere Beteiligung aller Ärzte, auch solcher, die so genannte Außenseitermethoden anwen- den, an den Registern gehen. In dieser Hin- sicht dient gerade das klinische Krebsregi- ster einer ganzheitlichen Betrachtung des Patienten. Klinische und epidemiologische Register stehen übrigens nicht in Konkur- renz zueinander, wie die eben dargelegte klare Trennung nahe legen mag, sondern arbeiten vielerorts gut zusammen und er- gänzen sich in ihrem Methodenspektrum.

Eine ineffektive Doppeldokumentation für beide Register sollte heute durch den Einsatz von elektronischem Datenaus- tausch nirgendwo mehr vorkommen.

Dr. med. Udo Altmann,Bereich Tumordokumenta- tion, Institut für Medizinische Informatik, Heinrich-Buff- Ring 44, 35392 Gießen

Harmonisierung dringend notwendig

. . . Die Gedanken von Dr. Link zur Tu- mornachsorge selbst mit den Hinweisen auf die Gefahr einer Stigmatisierung der Patienten und einer eventuell negativen psychologischen oder pyschosomati- schen Auswirkung solcher Programme sind möglicherweise auch im Hinblick auf die zahlreich entstehenden Disease- Management-Programme im Bereich der Onkologie hilfreich.

Zu den kritischen Gedanken zur Krebsregistrierung gibt es jedoch einige Anmerkungen. Die Frage, ob Krebsregi- ster wirklich einen Beitrag zur Beurteilung von Prävention und Therapie liefern kön- nen, ist durchweg zu bejahen. Krebsre- gister haben nicht nur die Aufgabe, Inzi- denz und Mortalität verschiedener Krebs- erkrankungen vollzählig zu erfassen, son- dern auch epidemiologische Daten für Wissenschaft und Gesundheitsberichter- stattung zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus sind epidemiologische Krebsregi- ster in der Lage, regionale, kleinräumige Analysen versorgungsrelevanter Varia- blen durchzuführen. Beispielhaft sei hier die in unserem Krebsregister (Schleswig- Holstein) durchgeführte Analyse von Tu- morstadien beim Mammakarzinom zum Zeitpunkt der Diagnose auf Ebene der

Kreise zu nennen. Hier zeigen sich deutli- che Unterschiede in der regionalen Stadi- enverteilung, die eventuell auf eine unter- schiedliche Versorgungssituation im Rah- men der Prävention zurückzuführen sein könnten. Dies war für uns mit Anlass, eine genauere Untersuchung, selbstverständ- lich unter Berücksichtigung von Lebens- qualität und Patientenzufriedenheit, zu in- itiieren.Aber auch die Beurteilung von Tu- mortherapie und Nachsorge kann durch die regionale Analyse von Überlebenszei- ten unterstützt werden. Somit können Krebsregister zur Überprüfung der in § 70 des SGB V geforderten gleichmäßigen medizinischen Versorgung beitragen.

Dem Autor erscheint der Begriff

„Krebsregister“ mehr als „schreckensbe- haftet“, „viel mehr inkludiert mit der Vor- stellung von Bürokratisierung“. Dies trifft sicher nicht auf die aktuelle Situati- on der Krebsregister in Deutschland zu.

Krebsregister haben sich vielmehr zu mo- dernen „Dienstleistungszentren“ für Wis- senschaft, Gesundheitsberichterstattung und Bürger entwickelt. Wichtig in diesem Zusammenhang ist zu nennen, dass die meisten Krebsregister eine wissenschaft- lich-universitäre Anbindung gefunden haben, die eine über die blanke „statisti- sche“ Nutzung gehende wissenschaftli- che Nutzung der Daten gewährleistet.

Wesentliche und meines Erachtens er- wähnenswerte Kritikpunkte an der Krebsregistrierung und an der geltenden Gesetzgebung in Deutschland fehlen im vorliegenden Kommentar leider.

So gibt es in Deutschland keine ein- heitliche Krebsregistrierung, vielmehr existieren 15 Landeskrebsregister, die aufgrund der unterschiedlichen Landes- gesetze und Datenschutzbestimmungen nach unterschiedlichen Modellen (Mel- derecht mit/ohne Einwilligung, Melde- pflicht etc.) Krebserkrankungen erfas- sen. Auch der Austausch von Tumormel- dungen von Bundesland zu Bundesland ist nur teilweise oder gar nicht möglich.

Ob die nach unterschiedlichen Verfahren erhobenen Daten überhaupt vergleich- bar sind, ist offen; eine intensive und kri- tische Diskussion über die gesetzliche und datenschutzrechtliche Harmonisie- rung der Krebsregistrierung in Deutsch- land ist daher dringend notwendig.

Dr. med. Alexander Katalinic,Krebsregister Schles- wig-Holstein, Institut für Krebsepidemiologie e.V., Universität Lübeck, Beckergrube 43–47, 23552 Lübeck

An den Zielen vorbei

Kennt man sich in der Thematik, den Aufgaben, Zielen und Arbeitsweisen der bevölkerungsbezogenen Krebsregi- strierung aus, ist man nach der Lektüre des Beitrags einigermaßen ratlos. Inzwi- schen sollte ja bekannt sein, dass die Durchführung von Nachsorgeprogram- men keineswegs zu den Aufgaben be- völkerungsbezogener Krebsregister ge- hört. Diese sind vielmehr „Einrichtun- gen zur Erhebung, Speicherung, Verar- beitung,Analyse und Interpretation von Daten über das Auftreten und die Häu- figkeit von Krebserkrankungen in defi- nierten Einzugsgebieten“ (Krebs in Deutschland, 3. Aufl., Hrsg.: Arbeits- gemeinschaft Bevölkerungsbezogener Krebsregister in Deutschland, 2002).

Die Berechnung der Inzidenz, die Beob- achtung ihrer zeitlichen Entwicklung und räumlichen Verteilung gehören ebenso zu ihrem Aufgabenkatalog wie die Ermittlung bevölkerungsbezogener Überlebenszeitraten und die Bereitstel- lung der Daten für die epidemiologische Krebsforschung.

Durch die Definition von Risiken für bestimmte Krebserkrankungen tragen sie durchaus zu präventiven Maßnah- men bei. Andererseits stellt sich die Fra- ge nach der „therapeutischen Effizienz“

nicht, da die Evaluation von Therapie- maßnahmen kein Gegenstand bevölke- rungsbezogener Krebsregister ist. Dies bleibt eigenen klinischen Studien bezie- hungsweise Studien auf der Grundlage der Daten der klinischen Register vor- behalten. Insofern ist der Hinweis des Autors, dass das Krebsregister der ehemaligen DDR nicht „mit besseren Heilungsergebnissen als in den alten Bundesländern“ überzeuge, schlicht unangebracht. Inwieweit darüber hinaus die „Effektivität“ der Krebsregister in Hamburg, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland „zurückhaltend zu beur- teilen ist“, ist nicht nachvollziehbar. Zu- sammenfassend ist festzuhalten, dass der Beitrag an den eigentlichen Zielen und Herausforderungen der bevölke- rungsbezogenen Krebsregister vorbei- geht und schon gar nicht zu einer fun- dierten „Nutzen-Schaden-Abwägung“

beiträgt.

Wolf Ulrich Betzler,Epidemiologisches Krebsregister Baden-Württemberg, Postfach 10 12 37, 70011 Stuttgart T H E M E N D E R Z E I T

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A2320 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 366. September 2002

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Effektivität ist Gradmesser der Motivation

Bekanntermaßen initiierte das Bundes- krebsregistergesetz (1996 bis 1999) den Aufbau eines Netzes von Landeskrebs- registern, um ein umfassendes und kon- tinuierliches Monitoring der Krebser- krankungen, das heißt eine laufende ver- gleichende Analyse des Krebsgesche- hens in allen Bundesländern, flächen- deckend zu ermöglichen. Mit Auslaufen des Bundeskrebsregistergesetzes zum 31. Dezember 1999 ging die Verantwor- tung der Krebsregistrierung auf die Lan- desregierungen über, die durch die Ver- abschiedung entsprechender Länder- krebsregistergesetze den „Nutzen“ ihrer mündigen Bürger abwogen.

Zu den Aufgaben eines bevölkerungs- bezogenen Krebsregisters gehört neben der Erhebung und Speicherung aller For- men von Krebserkrankungen die Be- schreibung der zeitlichen Entwicklung der Krebsinzidenz, das heißt die Häufig- keit des Auftretens von Neuerkrankun- gen pro Jahr, differenziert nach Krebs- form, Alter und Geschlecht. Zuverlässige Angaben zur Inzidenz sind eine unver- zichtbare Voraussetzung bei der Beschrei- bung von Ausmaß und Art der Krebsbela- stung in einer Bevölkerung. Sie sind die Basis für weiterführende epidemiologi- sche Studien bei der Suche nach der Ursa- che der Krebsentstehung. Gerade vollzäh- lige epidemiologische Krebsregister ge- währleisten im Unterschied zu klinischen Krebsregistern, dass alle in einer definier- ten Bevölkerung aufgetretenen Erkran- kungsfälle für die Ursachenforschung berücksichtigt werden können. Die Si- gnalfunktion eines Krebsregisters ist kaum zu übersehen, lässt sich doch mit den Daten des bevölkerungsbezogenen Krebsregisters die Effektivität von Prä- ventions- und Früherkennungsprogram- men bewerten . . . Nachsorgeprogramme und Überprüfungen effizienter Therapie- maßnahmen gehören nicht zum Auf- gabenspektrum eines epidemiologischen Krebsregisters, sondern bleiben alleine ei- genen klinischen Studien beziehungswei- se Studien auf der Grundlage der von kli- nischen Krebsregistern erfassten Daten eines Behandlungszentrums vorbehalten.

Die Effektivität epidemiologischer als auch klinischer Krebsregister ist, trotz unterschiedlicher Aufgabenstellungen und

Zielsetzungen, ein Gradmesser der Moti- vation aller Beteiligten – Patientinnen und Patienten wie Ärztinnen und Ärzten.

Prof. Dr. med. P. H. Wünsch,Dipl.-Biol. Mascha Lissow- sky, Bevölkerungsbezogenes Krebsregister Bayern, Ver- trauensstelle, Prof.-Ernst-Nathan-Straße 1, 90419 Nürn- berg,Prof. Dr. med. R. Sauer,Dr. rer. hum. biol. Martin Meyer, Bevölkerungsbezogenes Krebsregister Bayern, Re- gisterstelle, Carl-Thiersch-Straße 7, 91052 Erlangen

Schlusswort

Zu danken ist zunächst allen, die sich zum Thema geäußert haben. Mit Erstau- nen vermerke ich leider nicht selten bei Leserbriefen eine überzogene Angriffs- lust, die wenig zur Sachlichkeit beiträgt.

Unzureichende wissenschaftliche Eva- luierung engt den Sinn eines Registers si- cher ein. Ich denke hier an den Miss- brauch des Begriffs der Wertheimschen Operation in der Gynäkologie. Aber auch Herr Jöckel spricht wie Herr Betz- ler nur von präventiven und/oder thera- peutischen Konsequenzen, ohne zu sa- gen, wie diese realisierbar sind. Was wird mit den bereitgestellten, nicht selten sich widersprechenden Informationen über Krebsursachen erreicht? Hat sich trotz

„auch international unschätzbarer In- formationen“ am Krebsgeschehen Ent- scheidendes verändert? Ist vom Lokali- sationswechsel abgesehen bis heute trotz jahrzehntelanger Forschung ein Rück- gang der Krebserkrankung erkennbar?

Es besteht kein Zweifel, dass statisti- sche Erhebungen für wissenschaftliche Untersuchungen unerlässlich sind. Aller- dings schließt sich die Frage nach Zeitdau- er solcher Erhebung und Umfang an. Ich möchte als Patient, der ein Karzinom durchgemacht hat, nicht in ein entspre- chendes „Dienstleistungszentrum“, even- tuell gar lebenslang,wovon Kalinic spricht, eingebunden werden. Ich stimme aller- dings seiner Kritik zu, dass es in Deutsch- land keine einheitliche Krebsregistrierung gibt. – Eine weitere Problematik besteht in der „Eingleisigkeit“ eines Inzidenzregi- sters, wie am klarsten Wünsch et al. den Sinn des diskutierten Registers umreißen, wonach sich der Schwerpunkt auf die epi- demiologische Erforschung der Krebs- krankheiten begrenzt.

Altmann sieht es sicher richtig, dass ein bevölkerungsbezogenes und ein klini- sches Krebsregister integriert werden müssten, um zu schlüssigeren Aussagen

zu kommen. Das versucht nun das bayri- sche Register zu realisieren, wie aus den Ausführungsbestimmungen, veröffent- licht im Bayerisches Ärzteblatt 10/2001, hervorgeht: „Mit der Kombination von klinischen und epidemiologischen Regi- stern ist eine adäquate regionale Struktur auf Landesebene geschaffen worden.“

Und: „Zwei Ziele der Krebsregistrierung sind herauszustellen:

ŒDie datenschutzgerechte Zusam- menführung der Daten der klinischen Krebsregister (regionale Tumorzentren) im bevölkerungsbezogenen Krebsregister.

Auf der Ebene der klinischen Krebs- register stellt sich die Aufgabe, die Ver- sorgung der Patienten durch Analysen zu unterstützen.“

So ergibt sich als Resümee, dass das be- völkerungsbezogene Krebsregister ein eng umschriebenes Aussagespektrum be- sitzt und länderbezogene Uneinheitlich- keiten sachlich unsinnig (kein Schimpf- wort!) sind. Demgegenüber stellen sich die bayrischen Bemühungen, epidemiolo- gisches und klinisches Register zu inte- grieren, sinnvoller dar, drohen aber – staatlich installiert bei Freiwilligkeit – in- folge der damit verbundenen Bürokrati- sierung zu einer Gängelung für alle darin Involvierten zu werden, wie wir es in unse- rem Behördenstaat hinreichend erleben dürfen. Auf diesen zitierten Ausführungs- bestimmungen fußen weiterhin meine kri- tischen Gedanken und Fragen.Welche Ri- siken auch bezüglich Datenschutz damit verbunden sein können, lässt sich in dem Buch „Die wehrlose Gesellschaft“ von V. Packard leicht nachlesen. Nach dem Sinn des Registers lässt mich aber weiter- hin fragen. Bis heute fehlt eine akademi- sche Antwort auf den Heidelberger

„Krebsatlas“.Und welchen Sinn macht ein Inzidenzregister insbesondere in Deutsch- land, wenn von unseren Politikern – egal ob rot oder schwarz – in der Tabakfrage sogar die europäische Gesundheitspolitik blockiert und damit jede wissenschaftli- che Erkenntnis sabotiert wird? Oder was soll ein Inzidenzregister, wenn unverän- dert unsere Nahrung regulär mit Pestizi- den kontaminiert werden darf? Was brin- gen die jahrelang sich hinziehenden kon- troversen Diskussionen hinsichtlich Fluch oder Segen einer Hormontherapie? Und zuletzt, was haben dann die früheren Krebsregister für einen Sinn gehabt?

Dr. Günter Link,Auf der Halde 13, 87439 Kempten T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 366. September 2002 AA2321

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