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Archiv "Krebsregister – Nutzen-Schaden-Abwägung: Schlusswort" (06.09.2002)

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Effektivität ist Gradmesser der Motivation

Bekanntermaßen initiierte das Bundes- krebsregistergesetz (1996 bis 1999) den Aufbau eines Netzes von Landeskrebs- registern, um ein umfassendes und kon- tinuierliches Monitoring der Krebser- krankungen, das heißt eine laufende ver- gleichende Analyse des Krebsgesche- hens in allen Bundesländern, flächen- deckend zu ermöglichen. Mit Auslaufen des Bundeskrebsregistergesetzes zum 31. Dezember 1999 ging die Verantwor- tung der Krebsregistrierung auf die Lan- desregierungen über, die durch die Ver- abschiedung entsprechender Länder- krebsregistergesetze den „Nutzen“ ihrer mündigen Bürger abwogen.

Zu den Aufgaben eines bevölkerungs- bezogenen Krebsregisters gehört neben der Erhebung und Speicherung aller For- men von Krebserkrankungen die Be- schreibung der zeitlichen Entwicklung der Krebsinzidenz, das heißt die Häufig- keit des Auftretens von Neuerkrankun- gen pro Jahr, differenziert nach Krebs- form, Alter und Geschlecht. Zuverlässige Angaben zur Inzidenz sind eine unver- zichtbare Voraussetzung bei der Beschrei- bung von Ausmaß und Art der Krebsbela- stung in einer Bevölkerung. Sie sind die Basis für weiterführende epidemiologi- sche Studien bei der Suche nach der Ursa- che der Krebsentstehung. Gerade vollzäh- lige epidemiologische Krebsregister ge- währleisten im Unterschied zu klinischen Krebsregistern, dass alle in einer definier- ten Bevölkerung aufgetretenen Erkran- kungsfälle für die Ursachenforschung berücksichtigt werden können. Die Si- gnalfunktion eines Krebsregisters ist kaum zu übersehen, lässt sich doch mit den Daten des bevölkerungsbezogenen Krebsregisters die Effektivität von Prä- ventions- und Früherkennungsprogram- men bewerten . . . Nachsorgeprogramme und Überprüfungen effizienter Therapie- maßnahmen gehören nicht zum Auf- gabenspektrum eines epidemiologischen Krebsregisters, sondern bleiben alleine ei- genen klinischen Studien beziehungswei- se Studien auf der Grundlage der von kli- nischen Krebsregistern erfassten Daten eines Behandlungszentrums vorbehalten.

Die Effektivität epidemiologischer als auch klinischer Krebsregister ist, trotz unterschiedlicher Aufgabenstellungen und

Zielsetzungen, ein Gradmesser der Moti- vation aller Beteiligten – Patientinnen und Patienten wie Ärztinnen und Ärzten.

Prof. Dr. med. P. H. Wünsch,Dipl.-Biol. Mascha Lissow- sky, Bevölkerungsbezogenes Krebsregister Bayern, Ver- trauensstelle, Prof.-Ernst-Nathan-Straße 1, 90419 Nürn- berg,Prof. Dr. med. R. Sauer,Dr. rer. hum. biol. Martin Meyer, Bevölkerungsbezogenes Krebsregister Bayern, Re- gisterstelle, Carl-Thiersch-Straße 7, 91052 Erlangen

Schlusswort

Zu danken ist zunächst allen, die sich zum Thema geäußert haben. Mit Erstau- nen vermerke ich leider nicht selten bei Leserbriefen eine überzogene Angriffs- lust, die wenig zur Sachlichkeit beiträgt.

Unzureichende wissenschaftliche Eva- luierung engt den Sinn eines Registers si- cher ein. Ich denke hier an den Miss- brauch des Begriffs der Wertheimschen Operation in der Gynäkologie. Aber auch Herr Jöckel spricht wie Herr Betz- ler nur von präventiven und/oder thera- peutischen Konsequenzen, ohne zu sa- gen, wie diese realisierbar sind. Was wird mit den bereitgestellten, nicht selten sich widersprechenden Informationen über Krebsursachen erreicht? Hat sich trotz

„auch international unschätzbarer In- formationen“ am Krebsgeschehen Ent- scheidendes verändert? Ist vom Lokali- sationswechsel abgesehen bis heute trotz jahrzehntelanger Forschung ein Rück- gang der Krebserkrankung erkennbar?

Es besteht kein Zweifel, dass statisti- sche Erhebungen für wissenschaftliche Untersuchungen unerlässlich sind. Aller- dings schließt sich die Frage nach Zeitdau- er solcher Erhebung und Umfang an. Ich möchte als Patient, der ein Karzinom durchgemacht hat, nicht in ein entspre- chendes „Dienstleistungszentrum“, even- tuell gar lebenslang,wovon Kalinic spricht, eingebunden werden. Ich stimme aller- dings seiner Kritik zu, dass es in Deutsch- land keine einheitliche Krebsregistrierung gibt. – Eine weitere Problematik besteht in der „Eingleisigkeit“ eines Inzidenzregi- sters, wie am klarsten Wünsch et al. den Sinn des diskutierten Registers umreißen, wonach sich der Schwerpunkt auf die epi- demiologische Erforschung der Krebs- krankheiten begrenzt.

Altmann sieht es sicher richtig, dass ein bevölkerungsbezogenes und ein klini- sches Krebsregister integriert werden müssten, um zu schlüssigeren Aussagen

zu kommen. Das versucht nun das bayri- sche Register zu realisieren, wie aus den Ausführungsbestimmungen, veröffent- licht im Bayerisches Ärzteblatt 10/2001, hervorgeht: „Mit der Kombination von klinischen und epidemiologischen Regi- stern ist eine adäquate regionale Struktur auf Landesebene geschaffen worden.“

Und: „Zwei Ziele der Krebsregistrierung sind herauszustellen:

ŒDie datenschutzgerechte Zusam- menführung der Daten der klinischen Krebsregister (regionale Tumorzentren) im bevölkerungsbezogenen Krebsregister.

Auf der Ebene der klinischen Krebs- register stellt sich die Aufgabe, die Ver- sorgung der Patienten durch Analysen zu unterstützen.“

So ergibt sich als Resümee, dass das be- völkerungsbezogene Krebsregister ein eng umschriebenes Aussagespektrum be- sitzt und länderbezogene Uneinheitlich- keiten sachlich unsinnig (kein Schimpf- wort!) sind. Demgegenüber stellen sich die bayrischen Bemühungen, epidemiolo- gisches und klinisches Register zu inte- grieren, sinnvoller dar, drohen aber – staatlich installiert bei Freiwilligkeit – in- folge der damit verbundenen Bürokrati- sierung zu einer Gängelung für alle darin Involvierten zu werden, wie wir es in unse- rem Behördenstaat hinreichend erleben dürfen. Auf diesen zitierten Ausführungs- bestimmungen fußen weiterhin meine kri- tischen Gedanken und Fragen.Welche Ri- siken auch bezüglich Datenschutz damit verbunden sein können, lässt sich in dem Buch „Die wehrlose Gesellschaft“ von V. Packard leicht nachlesen. Nach dem Sinn des Registers lässt mich aber weiter- hin fragen. Bis heute fehlt eine akademi- sche Antwort auf den Heidelberger

„Krebsatlas“.Und welchen Sinn macht ein Inzidenzregister insbesondere in Deutsch- land, wenn von unseren Politikern – egal ob rot oder schwarz – in der Tabakfrage sogar die europäische Gesundheitspolitik blockiert und damit jede wissenschaftli- che Erkenntnis sabotiert wird? Oder was soll ein Inzidenzregister, wenn unverän- dert unsere Nahrung regulär mit Pestizi- den kontaminiert werden darf? Was brin- gen die jahrelang sich hinziehenden kon- troversen Diskussionen hinsichtlich Fluch oder Segen einer Hormontherapie? Und zuletzt, was haben dann die früheren Krebsregister für einen Sinn gehabt?

Dr. Günter Link,Auf der Halde 13, 87439 Kempten T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 366. September 2002 AA2321

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