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Archiv "Mehr Nutzen als Schaden" (06.05.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 18

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6. Mai 2011 321

M E D I Z I N

DISKUSSION

Mehr Nutzen als Schaden

Die jüngste Übersichtsarbeit zur Rolle von Vitamin D in der Krebsprävention (1) basierte auf dem Review der International Agency for Research on Cancer (IARC) [Literaturstelle 6 in (1)]. In meiner kritischen Bewer- tung des IARC-Reviews habe ich darauf hingewiesen, dass die Evidenz für die positive Wirkung von solarem UVB und Vitamin D viel stärker ist, als es in dem Re- view dargestellt wurde (2).

Ökologische Studien (epidemiologische Studien, in denen Exposition und Krankheit auf der Ebene von Re- gionen und Bevölkerungsgruppen in Beziehung gesetzt werden) sind aus mehreren Gründen besser als Beob- achtungsstudien und randomisierte kontrollierte Studi- en (RCT) geeignet, um die Rolle von UVB und Vitamin D bei der Reduzierung des Krebsrisikos zu untersu- chen:

die meisten Menschen erhalten ihr Vitamin D in erster Linie durch Einwirkung von solarem UVB

es besteht eine lange Zeitspanne zwischen Krebs- initiation und -erkennung oder Eintreten des Todes

RCT und Beobachtungsstudien sind in ihrer Aus- sagekraft häufig dadurch eingeschränkt, dass zu wenig Vitamin D eingesetzt wird

der erfasste Zeitraum ist zu kurz oder die Teilneh- merzahl zu gering.

Dies lässt sich gut am Beispiel einer ökologischen Studie in Spanien illustrieren. Die beiden Faktoren, nach denen die Rolle des Vitamin D bewertet wurde, waren die Mortalitätsrate bei nichtmelanomartigem Hautkrebs (NMSC = „non-melanoma skin cancer“) und der geografische Breitengrad; erfasst wurden 48 Provinzen. NMSC war umgekehrt korreliert und/oder der Breitengrad war direkt korreliert mit den Mortali- tätsraten von 15 Krebsarten (nach Adjustierung für die Mortalitätsraten bei Lungenkrebs, um die Auswirkun- gen des Rauchens zu berücksichtigen) (3). Die Mortali- tätsraten für im Körperinneren auftretende Krebsarten waren viel höher als die für NMSC.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0321a

LITERATUR

1. Zeeb H, Greinert R. The role of vitamin D in cancer prevention: Does UV protection conflict with the need to raise low levels of vitamin D?

Dtsch Arztebl Int 2010; 107(37): 638–43.

2. Grant WB: A critical review of vitamin D and cancer: a report of the IARC Working Group on vitamin D. Dermato-Endocrinology 2009;

1: 25–33.

Assoziationsstudien fehlt oft Plausibilität Ein weitverbreitetes Problem heutzutage ist die Flut von diversen Assoziationsstudien mit Risikostatistiken, ohne dass eine plausible mechanistische Erklärung oder Hy- pothese für assoziierte Zusammenhänge existiert. In be- zug auf Vitamin D gilt dies nicht nur für diverse Krebsar- ten, wie von Zeeb und Greinert dargestellt, sondern unter anderem auch für den Bluthochdruck oder das metaboli- sche Syndrom (1, 2). Rachitis und Osteomalazie waren epidemisch vor der Vitamin-D-Fortifizierung von Nah- rungsmitteln in den 1930ern in den USA, wohingegen Adipositas, Dickdarm- und Brustkrebs weniger präva- lent oder unterdiagnostiziert waren. Heutzutage sind so- wohl die Adipositas als auch ein Vitamin-D-Mangel epi- demisch in den USA und in Entwicklungsländern, wobei zu bedenken bleibt, dass Vitamin D im Fettgewebe ge- speichert wird mit folglich eher niedrig gemessenen Se- rum-Vitamin-D-Spiegeln (3). Die Knochendichte adipö- ser Menschen ist gewöhnlich normal. Daten zu Vitamin D mit Bezug auf Krebsarten in den Entwicklungsländern sind mangelhaft, jedoch ist bekannt, dass circa 50 % al- ler Frauen mit Brustkrebs in arabischen Ländern jünger als 50 Jahre sind (3). Anstelle von Vitamin D spielen hier möglicherweise andere Ursachen eine Rolle, zum Bei- spiel endokrine Disruptoren, die sowohl in Industriena- tionen als auch in Entwicklungsländern vorhanden sind.

Eine ausreichende Substitution mit Vitamin D ist empfehlenswert, wobei eine Toxizität vermieden wer- den sollte. Diese hängt insbesondere von der Calcium- aufnahme und dem Parathormon ab und ist sogar bei Ergo-/Cholecalciferoldosen bis zu 10 000 IU (250 mcg) täglich selten.

Der Kampf gegen das weltweite Adipositas- und Vi- tamin-D-Problem beginnt im Kopf mit der Bereitschaft zu einem gesunden Lebensstil – basierend auf ausge- wogener Ernährung und Bewegung. Das sind hohe Zie- le in Nationen, in denen der gesunde Menschenver- stand verlorengegangen und der Griff zur Pille bei ge- sundheitlichen Problemen oft der erste Schritt ist (4).

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0321b zu dem Beitrag

Bedeutung von Vitamin D in der Krebsprävention:

Konflikt zwischen UV-Schutz und Anhebung niedriger Vitamin-D-Spiegel?

von Prof. Dr. med. Hajo Zeeb, Dr. rer. nat. Rüdiger Greinert in Heft 37/2010

3. Grant WB: An ecologic study of cancer mortality rates in Spain with respect to indices of solar UV irradiance and smoking. Int J Cancer 2007; 120: 1123–7.

William B. Grant, Ph.D.

Sunlight, Nutrition, and Health Research Center (SUNARC) P.O. Box 641603

San Francisco, CA 94164–1603, USA wbgrant@infionline.net

Interessenkonflikt

Der Autor erhielt beziehungsweise erhält finanzielle Mittel von der UV Founda- tion (McLean, VA, USA), dem Sunlight Research Forum (Veldhoven, Nieder - lande), Bio-Tech-Pharmacal (Fayetteville, AR, USA) und dem Vitamin D Council (San Luis Obispo, CA, USA) und der Danish Sunbed Federation (Middelfart, Dänemark ).

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322 Deutsches Ärzteblatt

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6. Mai 2011

M E D I Z I N

Schlusswort

Dr. Grant nennt einige Gründe, warum sogenannte ökologische Studien für die Untersuchung der Assozia- tion zwischen UV-Licht, Vitamin D und Krebshäufig- keit besser geeignet seien als andere Arten epidemiolo- gischer Studien. Wir teilen diese Einschätzung nicht, da ökologische Studien stark anfällig sind für Verzer- rungen. Auch durch Kontrolle anderer nur auf Grup- penniveau verfügbarer Störvariablen werden diese Stu- dien nicht wesentlich aussagekräftiger. Auf die hervor- ragende Möglichkeit, mit geringer UV-Exposition adä-

quate Vitamin-D-Spiegel zu erreichen, haben wir hin- gewiesen.

Drs. Koch und Ullah weisen auf noch weitgehend un- geklärte Zusammenhänge zwischen Vitamin-D-Mangel und anderen chronischen Erkrankungen hin und fordern eine Vitamin-D-Substitution, ohne zu präzisieren, welche Personengruppen diese erhalten sollten. Unser Beitrag hatte allerdings eine epidemiologische Perspektive und beschäftigte sich mit den Fragen, inwieweit Vitamin D nachweislich krebspräventiv wirkt und ob der gegenwär- tige Wissensstand eine Änderung der Empfehlungen zu UV-Schutz und Hautkrebsprävention nahelegt. Unsere Aussage hierzu ist klar: nach aktuellem Stand hat Vitamin D allenfalls für einzelne Krebsarten ein präventives Po- tenzial, dies muss aber weiter untersucht werden. Durch maßvolle Sonnenlichtexposition unter Beachtung grund- legender UV-Schutzmaßnahmen ist in der Regel ein aus- reichender Vitamin-D-Spiegel zu erreichen. Bei saisonal möglicherweise nicht ausreichender UV-Exposition kann der individuell optimale Vitamin-D-Spiegel über Nah- rungsmittel(-ergänzungen) aufrechterhalten werden.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0322

LITERATUR

1. Zeeb H, Greinert R. The role of vitamin D in cancer prevention: Does UV protection conflict with the need to raise low levels of vitamin D?

Dtsch Arztebl Int 2010; 107(37): 638–43.

Prof. Dr. med. Hajo Zeeb, MSc

Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS) Abt. Prävention und Evaluation

Bremen Institute for Prevention Research and Social Medicine (BIPS) Department of Prevention and Evaluation

Achterstraße 30 28359 Bremen zeeb@bips.uni-bremen.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

LITERATUR

1. Zeeb H, Greinert R. The role of vitamin D in cancer prevention: Does UV protection conflict with the need to raise low levels of vitamin D?

Dtsch Arztebl Int 2010; 107(37): 638–43.

2. Ullah MI, Uwaifo GI, Nicholas WC, Koch CA: Does vitamin D deficien- cy cause hypertension ? Current evidence from clinical studies and potential mechanisms. Int J Endocrinol 2010; 2010.

Doi: 10.1155/2010/579640.

3. Arabi A, El-Rassi R, El-Hajj Fuleihan G: Hypovitaminosis D in develo- ping countries—prevalence, risk factors and outcomes. Nat Rev Endocrinol 2010; 6: 550–61.

4. Uwaifo GI, Melcescu E, McDonald A, Koch CA: A case of profound weight loss secondary to use of phentermine. J Miss State Med Assoc 2009; 50: 407–15.

Prof. Dr. med. habil. Christian A. Koch, FACP, FACE Division of Endocrinology

M. Iftekhar Ullah, MD, MPH

Division of Internal Medicine and Hypertension University of Mississippi Medical Center 2500 N State Street

Jackson, MS 39216, USA ckoch@umc.edu; mullah@umc.edu

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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