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Archiv "Krebsfrüherkennung bedeutet rechtzeitige Prävention: Realität und Chancen des deutschen Programms (1)" (03.12.1987)

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(1)

Krebsfrüherkennung bedeutet

rechtzeitige Prävention

Realität und Chancen des deutschen Programms (1)

Burkard Berghof und Günter Flatten

Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung

Krebs kann nicht immer am Entstehen gehindert werden.

Auch die Verlängerung der stadienspezifischen Überle- benszeiten scheint eine Grenze erreicht zu haben. Folg- lich kann vor allem die Früherkennung zur Verringerung der Krankheitslast beitragen.

Diese Aussage läßt sich anhand des Früherkennungspro- gramms, das im Rahmen der gesetzlichen Krankenversi- cherung angeboten wird, belegen. In einer vierteiligen Serie, die mit dem nachfolgenden Artikel eingeleitet wird, ziehen die Autoren Bilanz, und sie kommen zu Schlußfolgerungen für künftige Präventionsangebote.

THEMEN DER ZEIT

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Die Tatsache, daß jährlich 250 000 Bundesbürger an Krebs er- kranken und daß 700 000 Krebs- kranke pro Jahr behandelt werden müssen sowie die Realität, daß 160 000 Mitbürger in der Bundesre- publik Deutschland jährlich einem Krebsleiden erliegen (1), hat schon 1971 zur Einführung der gesetzli- chen Krebsfrüherkennungsuntersu- chungen geführt. Heute darf festge- stellt werden, daß sich Früherken- nung lohnt, weil die in unserem In- stitut jährlich durchgeführten wis- senschaftlichen Auswertungen der Dokumentationsergebnisse dies be- stätigen. Dennoch müssen wir uns immer wieder das Ziel des Krebsfrüherkennungsprogramms bei Männern und Frauen vor Augen halten, nach dem Krebsfrüherken- nung die organisierte Anstrengung ist, Krebs in einem frühen Stadium zu entdecken, wenn eine Reduzie- rung der Mortalität noch möglich ist

(2). Früherkennungsprogramme sol- len somit Mortalität und Morbidität senken helfen und Lebensqualität bei früh entdeckten Erkrankungen durch frühe Intervention steigern.

Also bedeutet Krebs- früherkennung:

Frühes Erkennen eines frühen Krebses (se- kundäre Prävention).

Dennoch bleibt der Grundsatz:

Vorbeugen ist besser als heilen (primäre Prävention).

Ansonsten bleibt nur die drittbeste Lösung:

Kuration des Krebses (tertiäre Prävention).

Diese Mortalitäts- und Morbidi- tätszahlen haben nicht nur soziale und gesundheitspolitische Bedeu- tung, zumal sie immer wieder die Problematik für die in der Medizin Verantwortlichen aufzeigen, son- dern sie lassen auch ungezähltes Leid so vieler Betroffener und ihrer Angehörigen und deren Hoffnungen und Verzweiflungen erahnen. Des- halb propagiert die Ärzteschaft im- mer wieder die programmierte Krankheitsfrüherkennung, worunter systematische, nach Art und Um- fang genau definierte ärztliche Un- tersuchungen verstanden werden, die regelmäßig abgegrenzten Perso- nengruppen angeboten werden, um bestimmte Krankheiten möglichst früh festzustellen und entsprechend behandeln zu können. Solche Maß- nahmen können allerdings epide- miologisch nur dann Bedeutung er- langen, wenn die Bevölkerung sie in ausreichendem Umfang annimmt.

Natürlich sind eine Vielzahl an- derer Krebsarten bekannt, doch können nur die im Früherkennungs- programm enthaltenen Malignome in Frühstadien mit einfachen Metho- den bei großen Bevölkerungsgrup- pen mit hinreichender Sicherheit er- kannt werden. Nachdrücklich muß deshalb immer wieder und überall erwähnt werden, daß Krebsfrüh- erkennungsuntersuchungen nicht

„Krebs" schlechthin erfassen. Oft wird auch kritisiert, daß die wichti- gen Krebsarten, wie zum Beispiel Lungenkrebs und Magenkrebs nicht zum Programm gehören. Es ist rich- tig, daß wesentliche „Killer" unter den Krebserkrankungen zunächst nicht berücksichtigt werden, aber auch die Kritiker werden leicht ein- sehen, daß ein systematisches Früh- erkennungsprogramm primär dort einsetzen muß, wo gesundheitliche Gewinne tatsächlich erreicht werden können.

Bei der Neuaufnahme von Ziel- krankheiten oder neuen Untersu- chungsverfahren, wie zum Beispiel bei der jetzt anstehenden Problema- tik der Mammographie als Scree- ningmethode, sind die Bedingungen

des § 181a der Reichsversicherungs-

ordnung (RVO) zu beachten. Da- nach kann eine solche Ergänzung vorgenommen werden, wenn:

I Warum Krebsfrüherkennung

Dt. Ärztebl. 84, Heft 49, 3. Dezember 1987 (25) A-3361

(2)

Tabelle 1: Früherkennung bei den Frauen

Histologisch gesicherte und dokumentierte Zielkrebse des Früherkennungsprogramms 1984 (absolute Zahlen) Zervix

Carcinoma in situ invasives Karzinom Korpus

Übriges Genitale Mamma

Kolon Rektum Melanom

Sonstiges Malignom der Haut

Teilnehmerinnen 6 864 968 1550 547 566 437 2924 195 356 58 34

Tabelle 2: Früherkennung bei den Männern

Histologisch gesicherte und dokumentierte Zielkrebse des Früherkennungsprogramms 1984 (absolute Zahlen)

Äußeres Genitale 172

Prostata 1757

Kolon 415

Rektum 677

Melanom 173

Sonstiges Malignom

der Haut 66

Teilnehmer 1 238 234 O es sich um Krankheiten han-

delt, die wirksam behandelt werden können,

• das Vor- und Frühstadium dieser Krankheiten durch diagnosti- sche Maßnahmen erfaßbar ist,

• die Krankheitszeichen medi- zinisch-technisch genügend eindeu- tig zu erfassen sind,

(2)

genügend Arzte und Ein- richtungen vorhanden sind, um die aufgefundenen Verdachtsfälle ein- gehend zu diagnostizieren und zu behandeln.

Es kann festgestellt werden, daß unser Krebsfrüherkennungspro- gramm die Bedingung erfüllt, tech- nisch, personell und finanziell prak- tikabel, für Gesunde zumutbar, ge- nügend sensitiv und genügend spezi- fisch zu sein. Bei gegebenen Test- verfahren ist eine Erhöhung der Sensitivität nur auf Kosten der Spe- zifität möglich (und umgekehrt). Bei zu geringer Sensitivität würden zu viele Krebsfälle übersehen und bei zu geringer Spezifität ist die Zahl der Verdachtsfälle, die nicht bestätigt werden, zu groß; es müssen zu viele Nachuntersuchungen folgen.

Teilnahmefrequenzen

111

Nicht die begründete Auswahl bestimmter Zielkrebse für das Früh- erkennungsprogramm, sondern viel- mehr die generell mäßige Inan- spruchnahme der Krebsfrüherken- nungsuntersuchungen mindert die Effektivität des Programms Mit Be- stürzung muß festgestellt werden, daß seit 1977 die Inanspruchnahme rückläufig ist. 1984 nahmen nur rund 30 Prozent der Frauen im Alter ab 20 Jahren und etwa 11 Prozent der Männer über 45 Jahren an den Früh- erkennungsuntersuchungen teil. Die altersspezifischen Beteiligungsraten am Krebsfrüherkennungsprogramm gestalten sich bei Frauen und Män- nern günstiger, indem auch die Al- tersgruppen am meisten partizipie- ren, die von Krebserkrankungen am häufigsten betroffen sind. Dennoch gibt es für alle Beteiligten viel Moti- vations- und Überzeugungsarbeit zu leisten.

Die Teilnahme am Früherken- nungsprogramm der Erwachsenen

ist abhängig vom Alter, vom Versi- chertenstatus, vom Wohnsitz in ei- nem bestimmten Bundesland, vom Geschlecht und anderem. Die Grün- de für die mäßige Inanspruchnahme des Früherkennungsprogramms sind mannigfaltig. Einer ist gewiß die ge- rade aufgehobene Trennung der kurativen und präventiven Auf- zeichnung und Abrechnung. Um diese Änderung hatte man sich lange Zeit bemüht. Denn vom Nutzen ei- ner systematischen Suche nach Krebsfrühstadien sind die meisten Ärzte überzeugt. Andererseits kön- nen Kritiker auf einige schwer lösba- re methodische Probleme verwei-

sen, die einen Wirksamkeitsnach- weis systematischer Früherken- nungsprogramme unter den Bedin- gungen der täglichen Versorgung entgegenstehen. Natürlich ist unbe- stritten, daß Programme, zu denen eine asymptomatische Bevölkerung eingeladen wird, eher noch kriti- scher überprüft werden müssen als andere Bereiche der medizinischen Versorgung

Aus einer gut fundierten Analyse ist bekannt, daß 1981 24 Prozent der Frauen ab 20 Jahren und 40 Prozent der Männer ab 45 Jahren sich noch nie an einer Krebsfrüherkennungsunter- suchung beteiligt haben (3). Als Grund wurde insbesondere die Infor- mationstätigkeit des Arztes für die Versicherten über den Sinn und den Ablauf der Krebsfrüherkennungsun- tersuchung genannt Immer wieder müssen wir Arzte alles daran setzen, die Teilnahmefrequenzen zu stei- gern, und zwar durch aktiveres Ein- treten insbesondere der niedergelas- senen Ärzte für das gemeinsam mit den Krankenkassen vereinbarte Früherkennungsprogramm.

Wir sollten aber nicht durch ständiges Klagen über die Beteili- gungsraten die Zweifler und Zö- gernden unter uns bestätigen. Viel- mehr gilt es, Hemmnisse, Vorurteile und Angste abzubauen und zu ver- deutlichen, daß die Früherkennung von Krebserkrankungen zu besseren Therapieresultaten führt.

Wenn wir die Teilnahmebereit- schaft steigern wollen, so hilft hier- bei nicht die Darstellung von Siech- tum und Tod, sondern vielmehr die der Heilungschancen bei Früherken- nung. Die freiwillige Teilnahme ei- nes jeden Versicherten an diesem Programm ist gefordert und muß ei- ne Selbstverständlichkeit unseres Alltags werden.

Durch die Einführung des Stuhlbluttests im Jahre 1977 konnte die Effektivität der Suche nach Darmkrebs ge- steigert werden.

A-3362 (26) Dt. Ärztebl. 84, Heft 49, 3. Dezember 1987

(3)

Tabelle 3: Frauenprogramm - Chancen und Risiken

Relatives Risiko (altersstandardisiert) für nicht regelmäßige Teilneh- mer gegenüber regelmäßigen Teilnehmern im jährlichen Turnus, daß ein Krebs entdeckt wird (Daten von 1985)

Wiederholungsuntersuchung nach

3 und Erstunter- 2 Jahren mehr Jahren suchung Zervix

carcinoma in situ invasives Karzinom Übriges Genitale Mamma

Kolon Rektum Melanom

Sonstiges Malignom der Haut

1,5 2,3 3,3

1,6 5,3 13,0

1,5 2,9 4,7

1,6 2,7 2,7

1,7 3,5 2,4

1,4 2,7 3,2

1,8 4,0 0,9

1,4 3,5 1,9

Tabelle 4: Männerprogramm - Chancen und Risiken

Relatives Risiko (altersstandardisiert) für nicht regelmäßige Teilneh- mer gegenüber regelmäßigen Teilnehmern im jährlichen Turnus, daß ein Krebs entdeckt wird (Daten von 1985)

Wiederholungsuntersuchung nach

3 und Erstunter- 2 Jahren mehr Jahren suchung

Äußeres Genitale 1,9 3,5 11,2

Prostata 0,9 1,1 1,4

Kolon 1,2 8,6 2,5

Rektum 1,4 2,5 2,5

Melanom 1,1 1,6 1,2

Sonstiges Malignom der Haut 0,9 0,9 2,4

I Rektum- und Kolonkarzinom

Seit Beginn der 80er Jahre kann in der Bundesrepublik Deutschland für das kolorektale Karzinom kein weiteres Ansteigen der altersstan- dardisierten Mortalität festgestellt werden (4). Im Jahre 1984 sind in der Bundesrepublik Deutschland 23 000 Menschen einem kolorekta- len Karzinom erlegen (etwa 10 000 Männer und etwa 13 000 Frauen) (1). Schätzt man aufgrund des Inzi- denz-Mortalitäts-Quotienten für das kolorektale Karzinom im Saarländi- schen Krebsregister (5) die Inzidenz für die Bundesrepublik Deutsch- land, so erhält man folgende Zah- len: etwa 16 300 Neuerkrankungen bei Männern stehen knapp 19 500 Neuerkrankungen bei Frauen pro Jahr gegenüber. Damit besitzt das kolorektale Karzinom sowohl für die Morbidität als auch für die Mortali- tät an Krebserkrankungen eine her- ausragende Wichtigkeit.

Frauen

Durchschnittlich 0,25 Prozent der Frauen haben einen auffälligen Rektum-Tastbefund, wobei das Ri- siko für Erstteilnehmerinnen oder seltene Teilnehnierinnen etwa dop- pelt so groß ist wie für regelmäßige Teilnehmerinnen. Es zeigt sich eine annähernd linear steigende Abhän- gigkeit vom Alter der Untersuchten.

Bei 95 Prozent der berechtigten Frauen wurde der Stuhltest auf ok- kultes Blut durchgeführt. Bei durch- schnittlich 0,5 Prozent der Frauen, das sind insgesamt 11 885 Frauen über 45, erwies sich der Stuhltest als positiv; die Unterschiede bezüglich des Untersuchungsintervalls sind nicht bedeutend. Hingegen zeigt sich eine deutliche Altersabhängig- keit. Alte und sehr alte Frauen (über 70jährige) haben ein mehr als dop- pelt so großes Risiko, verstecktes Blut im Stuhl aufzuweisen.

Verdacht auf ein kolorektales Karzinom wurde bei durchschnitt- lich 85 Prozent der Stuhltest-Positi- ven geäußert. Sehr viel häufiger ge- schah dies bei den seltenen Teilneh- merinnen sowie bei den alten Erst-

teilnehmerinnen (ab 70 Jahre). Der Altersgang der Verdachtsäußerung ist linear steigend von Werten um 0,3 Prozent bis zu Werten von 0,85 Prozent.

Durchschnittlich 4,6 Prozent der Verdachtsfälle bei den Frauen konn- ten als kolorektale Karzinome histo- logisch bestätigt werden. Unter der Annahme, daß diejenigen Fälle, de- ren endgültiges Abklärungsergebnis nicht dokumentiert ist, als nicht bös- artig gezählt werden, ergibt sich so- mit ein positiver Prädikationswert, der aus Anamnese, Tastbefund und Okkultblut-Test bestehenden Scree- ninguntersuchung von global 4,6

Prozent bei den Frauen. Dieser posi- tive Prädikationswert ist deutlich hö- her bei den Erstteilnehmern (7,4 Prozent) und den seltenen Teilneh- merinnen (6,8 Prozent) als bei den regelmäßigen Teilnehmerinnen (3,4 Prozent bzw. 4,5 Prozent).

Bei Frauen wurden 517 Darm- krebserkrankungen durch das Scree- ning entdeckt (Verhältnis Kolon zu Rektum 1:2); 280 dieser Frauen (= 54 Prozent) waren jünger als 65.

Die durchschnittliche rohe Ent- deckungsrate beträgt 19 entdeckte kolorektale Karzinome pro 100 000 untersuchte Frauen. Im Altersgang der Entdeckungsrate spiegelt sich Dt. Ärztebl. 84, Heft 49, 3. Dezember 1987 (29) A-3363

(4)

die Biologie des kolorektalen Karzi- noms wider (Alterskrebs, stärkerer Anstieg ab dem 65. Lebensjahr).

Der Einfluß des zurückliegenden Untersuchungsintervalls ist sehr deutlich:

Das relative Risiko, ein kolo- rektales Karzinom zu entdecken, ist für Teilnehmerinnen mit zweijähri- gem Untersuchungsintervall gegen- über regelmäßigen Teilnehmerinnen mit einjährigem Untersuchungsin- tervall 1,5; bei einem Untersu- chungsintervall von drei oder mehr Jahren beträgt das altersstandardi- sierte relative Risiko 3,0.

Männer

Durchschnittlich 0,7 Prozent der untersuchten Männer weisen einen auffälligen Rektum-Tastbefund auf;

das Risiko ist hierbei für Erstteilneh- mer fast doppelt so hoch wie für re- gelmäßige Teilnehmer. Eine deut- liche Altersabhängigkeit findet sich nicht, jedoch steigt die Rate positi- ver Tastbefunde ab dem 70. Lebens- jahr leicht an.

Bei durchschnittlich 97,5 Pro- zent der untersuchten Männer wur- de der Stuhltest durchgeführt. Zirka 1 Prozent der Untersuchten (=

11 185 Männer) hatten einen positiv reagierenden Stuhltest; die Rate steigt von 0,9 Prozent bei den 45- bis 49jährigen Männern auf 1,6 Prozent bei den über 80jährigen. Auch hier zeigt sich der Filtereffekt für die Wiederholungsteilnehmer nach ei- nem Jahr, die durchweg niedrigere Raten aufweisen.

Bestätigt wurde der Verdacht auf ein kolorektales Karzinom bei durchschnittlich 7,9 Prozent aller Verdachtsfälle, deutlich häufiger bei den Erstuntersuchten (11,6 Prozent) und seltenen Teilnehmern (10,4 Pro- zent) als bei den regelmäßigen Teil- nehmern (8,9 Prozent bzw. 7,9 Pro- zent). Viel häufiger konnten kolo- rektale Karzinome nach dem 70. Le- bensjahr histologisch gesichert wer- den.

1028 Darmkrebserkrankungen wurden aufgrund des Screenings bei den Teilnehmern entdeckt (Kolon zu Rektum zirka 1:2). 495 dieser Männer (= 48 Prozent) waren jün- ger als 65 Jahre.

Das Programm

Frauen ab dem 20. Lebensjahr haben seit 1971 einmal jährlich Anspruch auf eine Untersu- chung zur Krebsfrüherken- nung des Genitales. Ab 30 Jah- ren umfaßt das Programm zu- sätzlich Brust und Haut, und ab dem 45. Lebensjahr sind außerdem Dickdarm und Mastdarm in die Untersuchung einbezogen. Männer ab 45 Jahren werden auf Neubildun- gen der Prostata, des äußeren Genitales, der Haut und des Darmes untersucht. ❑

Die rohe Entdeckungsrate des kolorektalen Karzinoms bei Män- nern liegt bei 98 pro 100 000 Unter- suchte; insgesamt steigt die Entdek- kungsrate nur leicht bis zum 69. Le- bensjahr an, danach folgt ein be- schleunigter Anstieg auf Werte bis über 200 entdeckte Karzinome pro 100 000 Untersuchte in den hohen Altersklassen (ab 75 Jahre). Das al- tersstandardisierte relative Risiko für ein kolorektales Karzinom liegt für Erstuntersuchte im Vergleich zu regelmäßigen Teilnehmern bei 2,1.

Ergo:

Das kolorektale Screening trägt im nennenswerten Umfang zur Früherkennung von Krebserkran- kungen des Darmes bei. Bei den Frauen werden bei einer Beteili- gungsrate von etwa 25 Prozent (ab 45 Jahre) rund 2,5 Prozent der er- warteten Darmkrebserkrankungen durch das Screening entdeckt. Die Zahlen für die Männer sind ein- drucksvoller, hier werden bei einer durchschnittlichen Beteiligung von etwa 11 Prozent (ab 45 Jahre) rund 6,2 Prozent der erwarteten kolorek- talen Karzinom-Neuerkrankungen entdeckt.

Damit ist die Früherkennungs- untersuchung in diesem Teilbereich bei den Männern etwa vier- bis fünf- mal effizienter als bei den Frauen.

Dieser Unterschied ist zum einen auf das durchschnittlich höhere Al- ter der teilnehmenden Männer zu-

rückzuführen, zum anderen ist das leichter entdeckbare Rektumkarzi- nom bei den Männern relativ häufi- ger als bei den Frauen. Zudem er- reicht ein Teil der Information über Abklärungsuntersuchungen nur den Hausarzt, nicht aber den screenen- den Frauenarzt.

Die eingeschränkt zulässige Gleichsetzung von Bestätigungsrate mit positivem Prädikationswert zeigt, daß zwischen 30 (regelmäßig teilnehmenden Frauen) und 9 (erst- teilnehmende Männer) Abklärungs- untersuchungen notwendig sind, um ein kolorektales Karzinom histolo- gisch zu sichern. Der positive Prädi- kationswert ist bei Männern durch- weg doppelt so hoch wie bei Frauen.

Die Zunahme der Entdeckungs- rate bei größerem Abstand zwischen den Früherkennungsuntersuchun- gen bei Frauen belegt die Berechti- gung des jährlichen Untersuchungs- intervalls. Die jährlich teilnehmen- den Männer stellen gegenüber den Männern, die im zweijährigen Rhythmus teilnehmen, ein eher darmkrebsbelastetes Kollektiv dar.

Literatur

1. Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepu- blik Deutschland 1986. Kohlhammer, Stutt- gart 1986, S. 388

2. Bailar JC III, Smith EM: Progress Against Cancer? N. Engl. J. Med. 314 (1986):

1226-1232

3. Kirschner W.: Krebsfrüherkennungsuntersu- chungen in der Bundesrepublik Deutsch- land. Gründe der Nichtinanspruchnahme und Möglichkeiten zur Erhöhung der Beteili- gung. DFVLR, Bereich Projektträgerschaf- ten (Hg). TÜV Rheinland, Köln 1985 4. Becker N., Frentzel-Beyme R., Wagner G.:

Krebsatlas der Bundesrepublik Deutschland.

Springer, Berlin 1984

5. Morbidität und Mortalität an bösartigen Neubildungen im Saarland 1984. Jahresbe- richt des Saarländischen Krebsregisters. Sta- tistisches Amt des Saarlandes 133/1987

Anschrift der Verfasser:

Dr. med. Burkard Berghof Diplom-Biologe

Dr. med. Günter Flatten Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung

in der Bundesrepublik Deutschland Herbert-Lewin-Straße 5

5000 Köln 41

• In der nächsten Folge:

Das „Frauenprogramm"

A-3364 (30) Dt. Ärztebl. 84, Heft 49, 3. Dezember 1987

Referenzen

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