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Archiv "Zertifizierte medizinische Fortbildung: Diagnostik depressiver Störungen" (23.06.2006)

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M

it einer Lebenszeitprävalenz von 10 bis 18 Prozent und einer Punktpräva- lenz von bis zu sieben Prozent gehören depressive Störungen zu den häu- figsten Erkrankungen. Frauen sind dabei doppelt so häufig betroffen wie Männer. Der Zeitpunkt der ersten Erkrankung liegt bei 50 Prozent der Patienten vor dem 32. Lebensjahr (1). Auch Manifestationen einer depressiven Störung im Kindes- und Jugendalter sind häufig (2, 3). Erstmanifestationen nach dem 56. Le- bensjahr sind mit einem Anteil von zehn Prozent der depressiv Erkrankten selten (1). Diese Erkrankungen sind aber aufgrund der häufig bei älteren Patienten auf- tretenden somatischen Komorbidität eine besondere Herausforderung (4).

Bei etwa 50 bis 60 Prozent der betroffenen Patienten ist die depressive Erkran- kung die einzige psychische Störung. Bei den übrigen Patienten bestehen häufig komplexe Komorbiditätsmuster mit weiteren psychischen Störungen. Hierbei stel- len diese hinsichtlich der Krankheitsschwere, der psychosozialen Funktionsfähig- keit und der Prognose ungünstige Faktoren dar (5).

Aufgrund der Häufigkeit und Schwere depressiver Störungen zählt die WHO die affektiven Erkrankungen in ihrem World Health Report 2001 (6) zu den führenden Ursachen für eine durch Erkrankung verursachte Lebensbeeinträchtigung.

Zertifizierte medizinische Fortbildung

Diagnostik

depressiver Störungen

Sebastian Rudolf1, Isaac Bermejo2, Ulrich Schweiger1 Fritz Hohagen1, Martin Härter2

Zusammenfassung

In Deutschland leiden etwa zwölf Prozent der Patienten, die eine Allgemeinarztpraxis aufsuchen, an einer depressiven Störung. Bei einem Viertel dieser Patienten wird jedoch keine psychische Störung diagnostiziert. Das klinische Erscheinungsbild der depressiven Störungen ist sehr vielgestaltig und wird nach ICD-10 klassifiziert. Die Hauptsymptome der depressiven Störungen sind gedrückte, nie- dergeschlagene Stimmung, Interessenverlust und Antriebsmangel. Hinzutreten können vermindertes Konzentrationsvermögen, vermindertes Selbstwertgefühl, Suizidgedanken und Schlafstörungen. Die Erfassung des klinischen Verlaufes der depressiven Störung (einphasige und rezidivierende Depres- sionen, chronische Depressionen und depressive Anpassungsstörungen) wie auch der psychischen und somatischen Komorbidität ist wichtig, da sich hierdurch Konsequenzen für Behandlungsverlauf und Prognose ergeben. Durch die frühzeitige und korrekte Diagnosestellung sowie die qualifizierte interdisziplinäre Behandlung der Patienten kann das subjektive Leid der Betroffenen häufig deutlich vermindert und das psychosoziale Funktionsniveau verbessert werden.

Schlüsselwörter: Depression, Diagnostik, Epidemiologie, Differenzialdiagnostik, Komorbidität

Summary

Depression in primary care in Germany

Around twelve per cent of patients who visit their general practitioner in Germany suffer from depressive illness, yet in a quarter of these cases no psychological diagnosis is made. Depression can present in a wide range of ways, and is classified according to ICD-10. The cardinal symptoms aredepressed mood, anhedonia and loss of motivation, but loss of concentration, poor self esteem, suicidal thoughts and sleep disturbances can also be a feature. The documentation of the clinical course (isolated or recur- rent depression, chronic depression and depression related maladjustment) and of comorbidity is im- portant in determining treatment and prognosis. Early accurate diagnosis and competent interdiscipli- nary treatment can considerably reduce distress and improve psychosocial functioning.

Keywords: depression, diagnosis, epidemiology, differential diagnosis, comorbidity

1Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie (Direktor: Prof.

Dr. med. Fritz Hohagen), Universitätsklinikum Schleswig- Holstein, Campus Lübeck

2Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Sektion Klinische Epidemiologie und Versorgungsforschung (Direktor: Prof. Dr. med. Mathias Berger), Universitätskli- nikum Freiburg

Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert.

Eine Teilnahme an der zertifizierten medizinischen Fortbildung im Deutschen Ärzteblatt ist nur im Internet möglich:

www.aerzteblatt.de/cme

Eine Kasuistik sowie die Zusammenfassung aller diagnostischen Fragen stehen im Internet zur Ver- fügung:

www.aerzteblatt.de/cme/0607

Ab sofort können die erworbenen Fortbildungs- punkte mithilfe der Einheitlichen Fortbil- dungsnummer (EFN)verwaltet werden. Unter www.aerzeblatt.de/cmemuss hierfür in der Rubrik „Meine Daten“ oder bei der Registrierung die EFN in das entsprechende Eingabefeld einge- geben werden. Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis.

Frauen sind doppelt so häufig betroffen. 50 Prozent der Ersterkrankungen treten bis zum 32. Lebensjahr auf.

(2)

Der folgende Übersichtartikel befasst sich mit der Diagnostik depressiver Verstimmungen und depressiver Episoden sowie der differenzialdiagnostischen Abgrenzung zur depressiven Anpassungsstörung. Bipolare Störungen sind nicht Gegenstand einer eingehenden Darstellung.

Symptomatik, klinischer Verlauf und Diagnostik

Menschen mit einer depressiven Erkrankung suchen häufig Hilfe bei ihrem Hausarzt, der erster Ansprechpartner und wichtiger Entscheidungsträger für die Planung und Durchführung der weiteren Behandlung ist.In Deutschland leiden circa 12 Prozent der Patienten, die eine Allgemeinarztpraxis aufsuchen, an einer depressiven Störung. Bei etwa einem Viertel dieser Patienten wird jedoch keine psychische Störung diagnosti- ziert (3). Die Wahrscheinlichkeit einer nicht gestellten Diagnose ist erhöht bei jungen Patienten, Männern und Patienten ohne Vorgeschichte einer psychischen Störung.

Mögliche Ursachen einer zu geringen Erkennungsrate sind unter anderem fol- gende Aspekte:

Patienten sprechen die depressive Symptomatik nicht aktiv an

behandelnde Ärzte fragen nicht aktiv nach, wenden die formalen Diagnose- kriterien nicht explizit an oder sehen die Symptomatik durch andere medi- zinische Störungen ausreichend begründet.

Diagnose depressiver Episoden nach ICD-10-Kriterien (15)

Das klinische Erscheinungsbild der depressiven Störungen wurde in der Klassifikation nach ICD-10

systematisiert. In der Grafik werden Hauptsymptome sowie begleitend auftretende Zusatzsymptome angeführt, deren Auftreten je nach Kombination, Anzahl und

Ausprägung zur Diagnose einer leichten, mittelgradigen oder schweren depressiven Störung führt.

Grundvoraussetzung für die Diagnosestellung einer depressiven Episode ist das Vorliegen

depressionsspezifischer Symptome über mindestens zwei Wochen. Bei leichten bis mittelgradigen depressiven Episoden sollte bei entsprechendem klinischen Verdacht zusätzlich das Vorhandensein somatischer Zusatzsymptome erhoben werden.

Mindestens jeder zehnte Patient in der Allgemeinarztpraxis weist eine Depression auf.

Grafik

(3)

Das Problem einer zu häufigen Diagnostik von Depressionen ergibt sich poten- ziell bei Patienten, die außerordentlich klagsam sind, aber de facto keine Ein- schränkung ihrer psychosozialen Funktionsfähigkeit aufweisen (3, 7, 8).

Das klinische Erscheinungsbild der depressiven Störungen ist sehr vielgestaltig und wurde in der Klassifikation nach ICD-10 systematisiert. Für die Diagnose einer depressiven Episode ist Grundvoraussetzung, dass depressionsspezifische Sympto- me über mindestens zwei Wochen bestehen. Entsprechend der Grafik werden drei Hauptsymptome sowie zusätzlich auftretende Zusatzsymptome angeführt, deren Auftreten je nach Kombination und Ausprägung zur Diagnose einer leichten, mit- telgradigen oder schweren depressiven Störung führen.

Bei leichten bis mittelgradigen depressiven Episoden sollte bei entsprechendem klinischen Verdacht zusätzlich überprüft werden, ob somatische Zusatzsymptome vorhanden sind. Bei schweren depressiven Episoden sollten psychotische Zusatz- symptome erfasst werden. Die einzelnen Symptome müssen über eine fundierte Exploration des Patienten im ärztlichen Gespräch erhoben werden.

Depressive Patienten berichten in der Praxis selten spontan über typische de- pressive Kernsymptome. Häufig klagen sie über Schlafstörungen, Appetitminde- rung, allgemeine Kraftlosigkeit oder Schmerzen. Da das frühzeitige Erkennen de- pressiver Erkrankungen eine wichtige und verantwortungsvolle ärztliche Aufgabe darstellt, ist gezieltes Fragen für das Erkennen depressiver Symptome sinnvoll.

Eine Möglichkeit der schnellen Erfassung einer depressiven Erkrankung ist der

„2-Fragen-Test“, der mit einer Sensitivität von 96 Prozent ein sehr zeitökonomi- sches Vorgehen darstellt (Kasten 1):

Werden beide Fragen mit „Ja“ beantwortet, ist die klinische Erfassung der for- malen Diagnosekriterien erforderlich, da nur durch die explizite Erfassung aller re- levanten Haupt- und Zusatzsymptome eine adäquate Diagnose möglich ist (9).

Hauptsymptome der depressiven Störung

Im Folgenden werden die einzelnen Symptome, die nach ICD-10 zur Diagnostik einer depressiven Störung erforderlich sind, klinisch beschrieben. Ergänzt wird diese Beschreibung der Symptomatik durch Beispiele für entsprechende Fragen im Patientengespräch.

Bei der Erfassung aller depressionsspezifischen Symptome ist die Erfüllung der Zeitkriterien, „mindestens zwei Wochen Symptomdauer“ und „fast durch- gängiges Vorhandensein“, entscheidend.

Depressive Stimmung

Für die Betroffenen ist ihre emotionale Verfassung häufig gekennzeichnet durch Hoffnungslosigkeit, Niedergeschlagenheit und Verzweiflung, häufig begleitet durch diffuse Ängste und Gefühle der Verunsicherung. Andere beschreiben zu- sätzlich oder auch isoliert ein „Gefühl der Gefühllosigkeit“, das die Patienten als Abwesenheit jeglicher Fähigkeit zur Empfindung von Emotionen charakte- risieren. Hierbei können sich Patienten weder über positive Ereignisse freuen, noch können sie Trauer empfinden.

Dieser Zustand wird als unvergleichbar mit anderen Zuständen seelischen oder körperlichen Leidens erlebt und stellt eine besondere Belastung dar. Die Symptomatik kann im Tagesverlauf durchaus Schwankungen unterliegen, klas- sisch ist ein ausgeprägtes „Morgentief“, das sich dann im weiteren Tagesverlauf zurückbildet, sodass in den Abendstunden eine deutlich gebesserte Stimmung vorliegen kann (Kasten 2).

Interessenverlust und Freudlosigkeit

Es gelingt den Patienten nicht, auch früher als angenehm erlebte Aktivitäten und Hobbies weiter zu verfolgen.

2-Fragen-Test zur Anamnese einer depres- siven Erkrankung

„Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig nie- dergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoff- nungslos?“

„Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun?“

Kasten 1

Mögliche Fragen zur Erfassung einer depressiven Stimmung

„Haben Sie sich in den letzten zwei Wochen an- haltend niedergeschlagen oder traurig ge- fühlt?“

„Wenn ja, gab es Zeiten am Tag, an denen Ihre Stimmung besser oder schlechter war?“ (Mor- gentief)

Kasten 2

Die Diagnostik der

unterschiedlichen depressiven Störungen folgt den Algorithmen der ICD-10.

Hauptsymptome der depressiven Störung: Depressive Stimmung, Interessenverlust/Freudlosigkeit, Antriebsmangel/erhöhte Ermüdbarkeit.

Mögliche Fragen zu

Interessenverlust/Freudlosigkeit „Haben Sie in der letzten Zeit das Interesse oder

die Freude an wichtigen Aktivitäten (Beruf, Hob- by, Familie) verloren?“

„Hatten Sie in den letzten zwei Wochen fast ständig das Gefühl, zu nichts mehr Lust zu ha- ben?“

Kasten 3

(4)

Die Fähigkeit, sich an wichtigen Dingen oder Aktivitäten des Alltags zu erfreu- en oder daran teilzunehmen, geht verloren. Der Interessenverlust kann sich auf al- le Lebensbereiche, also Familie, Freundeskreis, Beruf, aber auch Freizeit, Sport oder sexuelle Aktivitäten, erstrecken (Kasten 3).

Erhöhte Ermüdbarkeit und Antriebsmangel

Vormals mühelos ausgeübte Aktivitäten in den unterschiedlichsten Bereichen er- scheinen den Patienten während der depressiven Phase als ungemein anstrengend oder als gar nicht zu bewältigen. Das Gefühl einer starken inneren Müdigkeit und Energielosigkeit lässt jede Aktivität beschwerlich erscheinen.

Die Motivation zur Durchführung selbst einfacher Alltagsaktivitäten, wie Es- senszubereitung oder Körperpflege, nimmt ab. Dies wiederum führt oft zu einem sozialen Rückzug, da auch Kontakte zu anderen Menschen für den Patienten als belastend erlebt werden. Aber auch der Versuch der vermeintlichen Erschöpfung durch Entlastung entgegenzuwirken führt aufgrund der häufig auftretenden Ruhe- losigkeit und Schlafstörungen nicht zu einer Verbesserung dieses Symptoms (Ka- sten 4).

Zusatzsymptome der depressiven Störung

Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit

Menschen mit einer Depression fällt es oft sehr schwer, sich zu konzentrieren und komplexe Sachverhalte zu erfassen. Dieses macht sich unter anderem da- durch bemerkbar, dass die Patienten nicht in der Lage sind, ansonsten alltägli- chen Aktivitäten wie Einkaufen, Haushaltsverrichtungen, Zeitungslesen oder Fernsehen nachzugehen.

Unentschlossenheit und ein verlangsamtes Denken sind weitere Anhalts- punkte für Konzentrationsschwierigkeiten. Patienten befürchten oft, dass sie aufgrund der von ihnen selbst als qualvoll und behindernd wahrgenommenen Symptomatik an einer Demenz leiden (Kasten 5).

Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen

Auch Patienten, die vor Ihrer Erkrankung über ein stabiles Selbstwertgefühl ver- fügten, erleben im Verlauf einer Depression häufig ein deutlich vermindertes Selbstwertgefühl, sprechen sich vorher vorhandene positive Eigenschaften und Be- fähigungen ab und verfügen nur noch über ein sehr begrenztes Selbstvertrauen. Ih- re Leistungen und Fähigkeiten bewerten depressiv erkrankte Patienten häufig als sinn- oder nutzlos und erleben sich dabei als wertlos oder als Belastung für ihr Um- feld (Kasten 6).

Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit

Depressive Denkinhalte umfassen oft Themen wie Schuld, Sünde und Armut und können sich manchmal bis hin zum Wahn steigern. Es können starke Schuldgefühle und -gedanken auftreten, die sich sowohl auf vergangene Ereig- nisse, aktuelle Situationen oder zukünftige Perspektiven beziehen. Lang zurückliegende Ereignisse können als so schuldbesetzt erlebt werden, dass es den Betroffenen nur schwer möglich ist, diese „Schuld“ zu ertragen. Auch aktu- elle Schwierigkeiten in Beruf und Privatleben werden als Unvermögen inter- pretiert.

Dieser Eindruck wird häufig unbeabsichtigt durch das soziale Umfeld unter- stützt, das häufig auf die Symptomatik der Betroffenen mit gut gemeinten „auf- munternden Worten“, teilweise aber auch mit Unverständnis und Aggression reagiert (Kasten 7).

Mögliche Fragen zu Gefühlen von Schuld und Wertlosigkeit

„Machen Sie sich häufig Selbstvorwürfe?“

„Fühlen Sie sich häufig schuldig für alles, was geschieht?“

Kasten 7

Mögliche Fragen zur Erfassung von verminderter Konzentration und Aufmerksamkeit

„Haben Sie Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren?“

„Haben Sie Mühe, die Zeitung zu lesen, fernzusehen oder Gesprächen zu folgen etc.?“

Kasten 5

Mögliche Fragen zur Anamnese erhöhter Ermüdbarkeit und Antriebsmangel

„Fühlen Sie sich ständig müde und abgeschla- gen?“

„Fällt es Ihnen schwer, die Aufgaben des Alltags wie gewohnt zu bewerkstelligen?“

Kasten 4

Mögliche Fragen zu vermindertem Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen „Leiden Sie an fehlendem Selbstvertrauen

und/oder Selbstwertgefühl?“

„Fühlen Sie sich so selbstsicher wie sonst?“

„Hat sich Ihr Selbstvertrauen/Selbstwertgefühl in der letzten Zeit verschlechtert?“

Kasten 6

(5)

Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven

Im Zusammenhang mit den bisher beschriebenen Symptomen erscheint es selbst aus Sicht von Außenstehenden plausibel, dass depressive Patienten ihre Zukunfts- perspektiven sehr pessimistisch betrachten. Entsprechend der negativen Selbst- und Weltsicht wird jeder neue Tag als Belastung und die Zukunft als aussichtslos er- lebt (Kasten 8).

Suizidgedanken/-handlungen

Bei 80 Prozent der depressiv Erkrankten treten Suizidgedanken auf, bei 15 Prozent der Betroffenen kommt es zu einem Suizidversuch. Etwa 50 Prozent aller Suizide werden durch Depressionen verursacht (10). Dies verdeutlicht die Bedeutung der Thematik Suizidalität bei depressiven Erkrankungen. Die Inhalte der Suizidgedan- ken reichen von vagen Vorstellungen, dass es „besser sein könnte, nicht mehr da zu sein“, dem „Wunsch, an einer Krankheit oder durch einen Unfall zu sterben“ bis hin zur konkreten Ausgestaltung und Planung eines Suizides. Gerade auch in der abklingenden Depression, wenn die Antriebslosigkeit der Patienten nachlässt, die depressive Stimmung dagegen noch vorhanden ist, ist eine aufmerksame Beglei- tung des Patienten erforderlich. Von Gedanken bis zur Handlung ist es oft nicht sehr weit, sodass die wiederholte direkte und entlastende Erfassung der Suizida- lität im gesamten Behandlungsverlauf überaus wichtig ist (Kasten 9).

Schlafstörungen

Nahezu alle Patienten mit einer Depression berichten von ausgeprägten Schlaf- störungen, die bei der Mehrzahl durch Ein- und Durchschlafstörungen gekenn- zeichnet sind. Bei etwa 10 Prozent der Erkrankten kommt es jedoch zu einer Hy- persomnie. Unabhängig von der tatsächlichen Dauer des Schlafes wird dieser häu- fig als nicht erholsam empfunden (Kasten 10).

Verminderter Appetit

Der Appetitmangel, der von der Mehrheit der depressiven Patienten beschrieben wird, kann zu einer deutlichen Gewichtsabnahme führen. Hierbei ist ein nicht intendierter Gewichtsverlust von mehr als fünf Prozent des ursprünglichen Kör- pergewichts als relevant zu betrachten. Wie auch schon bei den Schlafstörungen beschrieben, kann es allerdings auch zu einer Appetitsteigerung und damit einher- gehenden deutlichen Gewichtszunahme der Patienten kommen (Kasten 11).

Auftreten psychotischer Symptomatik

Ein besonderes Warnsignal für den behandelnden Arzt ist das Auftreten einer psy- chotischen Symptomatik bei depressiven Patienten. Diese tritt bei etwa einem Drittel der an einer schweren Depression erkrankten Patienten auf. Typische Bei- spiele sind hierfür ein Verarmungs-, Versündigungs- oder auch ein hypochondri- scher Wahn. Differenzialdiagnostisch ist hier zu den bisher beschriebenen Sympto- men hervorzuheben, dass die Patienten nicht mehr von der subjektiven Überzeu- gung bezüglich der Wahninhalte abzubringen sind. Alle Informationsangebote und gegensätzliche Ausführungen vonseiten der behandelnen Ärzte laufen ins Leere.

Die Mortalität nimmt mit dem Auftreten einer wahnhaften Symptomatik deutlich zu (11) (Kasten 12).

Auftreten eines somatischen Syndroms

Bei einer leichten und mittelgradigen depressiven Episode können zusätzlich so- matische Symptome vorhanden sein (zum Beispiel frühmorgendliches Erwachen, psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit, deutlicher Libidoverlust), die nach Mögliche Fragen zur psychotischen

Symptomatik

„Sind Sie davon überzeugt, dass Sie etwas sehr Schlimmes getan haben, dass Sie verarmen oder dass Sie für etwas Schlimmes, das passiert ist, verantwortlich sind?“

Kasten 12

Mögliche Fragen zur Erfassung negativer und pessimistischer Zukunftsperspektiven „Sehen Sie die Zukunft schwärzer als sonst?“

„Haben Sie Pläne für die Zukunft?“

Kasten 8

Mögliche Fragen zu Suizidgedanken/- handlungen

„Geht es Ihnen so schlecht, dass Sie über den Tod nachdenken oder daran, dass es besser wäre, tot zu sein?“

„Hatten oder haben Sie konkrete Pläne, sich etwas anzutun?“

„Haben sie versucht, sich etwas anzutun?“

Wichtig auch:

„Gibt es etwas, was Sie am Leben hält?“

Kasten 9

Mögliche Fragen zur Anamnese von Schlafstörungen

„Hat sich an Ihrem Schlaf etwas geändert?“

„Schlafen Sie mehr/weniger als sonst?“

Kasten 10

Mögliche Fragen zur Erfassung von vermindertem oder verstärktem Appetit „Hatten Sie mehr/weniger Appetit in der letz-

ten Zeit?“

„Haben Sie ungewollt abgenommen?“

Kasten 11

(6)

ICD-10 die Differenzialdiagnose eines somatischen Syndroms ergeben. Die hier- mit verbundenen diagnostischen und differenzialdiagnostischen Erwägungen wer- den im weiteren Verlauf diskutiert.

Klinischer Verlauf

Hinsichtlich des klinischen Verlaufs der depressiven Störungen ist die Differen- zierung zwischen einphasigen oder rezidivierenden Depressionen, chronischen Depressionen sowie depressiven Anpassungsstörungen wichtig, da die Behandlung entsprechend abgestimmt werden muss.

Unipolare und bipolare Depressionen

Neben dem einmaligen Auftreten einer depressiven Episode treten bei der Mehr- zahl der Patienten (55 bis 65 Prozent) im Laufe Ihres Lebens mehrere depressive Phasen auf (rezidivierende Depression). Bei fünf bis zehn Prozent der Patienten muss nach dem Auftreten einer depressiven Episode mit der Manifestation einer manischen Episode im Langzeitverlauf gerechnet werden, sodass die Diagnose ei- ner bipolaren Störung gestellt werden muss. Etwa 75 Prozent der bipolaren Störun- gen beginnen mit einer depressiven Episode. Die Dichotomie zwischen uni- und bipolaren Störungen ist allerdings in jüngster Zeit infrage gestellt worden (12).

Die Dauer der einzelnen depressiven Episode beträgt unbehandelt etwa sechs bis acht Monate. Bei adäquat durchgeführter Therapie (vor allem Psychopharma- kotherapie, Psychotherapie) kann die Episodenlänge jedoch deutlich auf zwei bis vier Monate reduziert und auch die Krankheitsintensität günstig beeinflusst wer- den. Bei 80 Prozent der Patienten kommt es zu einer Remission der depressiven Symptomatik innerhalb von zwei Jahren, etwa 20 Prozent zeigen einen chronischen Verlauf (13).

Chronische Depression

Bei etwa 20 Prozent der depressiven Erkrankungen kommt es, insbesondere bei nicht adäquater Behandlung, zu einem chronischen Verlauf. Unter chronischen Depressionen werden zusammengefasst (14):

Dysthymie mit schwächerer Symptomausprägung, die allerdings im Verlauf von zwei Jahren für mindestens 50 Prozent der Zeit besteht, sowie rezidivie- rende depressive Episoden mit vorausgehender Dysthymie ohne volle intere- pisodische Erholung („double depression“)

depressive Episoden, die seit mehr als zwei Jahren ohne deutliche Symptom- verbesserungen bestehen.

Komorbidität und Differenzialdiagnose

Depressive Episoden können zusätzlich zu weiteren psychischen Erkrankungen auf- treten wie demenziellen Erkrankungen, Abhängigkeitserkrankungen, Schizophre- nie und anderen psychotischen Erkrankungen, Angst- und Zwangsstörungen, soma- toformen Störungen, Essstörungen und Persönlichkeitsstörungen (15) (Kasten 13).

Das diagnostische Erfassen dieser Komorbidität ist besonders deshalb wichtig, da sich hieraus wichtige Konsequenzen für Prognose und die konkrete Behandlung erge- ben können. Beispielsweise ist es für die Lebensqualität auch eines demenziell er- krankten Patienten entscheidend, ob die bei ihm eventuell vorliegende depressive Er- krankung angemessen behandelt wird. Für differenzialdiagnostische Überlegungen gilt aber auch, dass das Vorhandensein einer ausschließlich depressiven Stimmung kein sicherer Hinweis für eine depressive Erkrankung ist. Beispiele sind Trauerreaktionen nach Verlust des Partners. Bei älteren und multimorbiden Patienten kann die Diagno- se erschwert sein, weil Symptome wie gedrückte Stimmung, allgemeine Schwäche oder Schlafstörungen auch unabhängig von einer Depression auftreten können.

Differenzial-/Komorbiditätsdiagnose zu weiteren psychischen Störungen bipolare Störungen

demenzielle Erkrankungen Abhängigkeitserkrankungen

Schizophrenie und andere psychotische Erkran- kungen

Angst- und Zwangsstörungen somatoforme Störungen Essstörungen

Persönlichkeitsstörungen Kasten 13

Die chronische Depression wird unterteilt in:

– Dysthymie (schwächere Symptom- ausprägung als depressive Episode) und „double depression“

(Dysthymie plus depressive Episode)

– länger als zwei Jahre fortbestehende depressive Episoden.

Durch adäquate Behandlung können Episodenlänge und Intensität der depressiven Störungen deutlich reduziert werden.

Die Differenzierung in einphasige, rezidivierende und chronische depressive Störung ist wichtig für die adäquate Behandlung.

(7)

Depressive Anpassungsstörung

Die Diagnose einer depressiven Anpassungsstörung ist dann sinnvoll, wenn eine depressive Störung nicht die diagnostischen Kriterien einer depressiven Episode erfüllt, aber einen klinisch relevanten Schweregrad erreicht und an einen konkre- ten auslösenden Belastungsfaktor gebunden ist.

Somatische Komorbidität und weitere Untersuchungen

Sowohl die häufig im Zusammenhang mit einer depressiven Symptomatik geschilder- ten Symptome wie Herzbeschwerden, Schmerzen, Schwindel- und Kreislaufbe- schwerden als auch die häufig auftretende Komorbidität mit somatischen Erkrankun- gen wie Diabetes mellitus, koronarer Herzerkrankung und metabolischem Syndrom machen es erforderlich, den Patienten körperlich und, je nach klinischem Befund durch spezifischere technische Verfahren gründlich zu untersuchen.

Eine depressive Störung sollte aber auch bei primär körperlichen Beschwerden erwogen werden, da viele Patienten beim ersten Arztkontakt von primär somati- schen Beschwerden berichten (Kasten 14). Deshalb muss der Arzt das Vorliegen depressiver Symptome aktiv erfragen (16). Dies ist nicht nur in Anbetracht der ge- gebenenfalls anzusetzenden Medikation wichtig. Auch die Erkennung und Be- handlung von zugrunde liegenden allgemeinmedizinischen Erkrankungen ist für die Behandlung depressiver Patienten von größter Bedeutung.

Bei vielen chronischen somatischen Erkrankungen treten gehäuft depressive Symptome auf oder die somatische Erkrankung führt durch die damit verbundenen Beeinträchtigungen zu depressiven Symptomen. Diese Komorbidität kann sich prinzipiell verschieden manifestieren (Härter M, Baumeister H, Bengel J, Hrsg.:

Psychische Störungen bei körperlichen Erkrankungen Berlin: Springer, im Druck) (Kasten 15):

1. Die körperliche Erkrankung, ihre medikamentöse Behandlung sowie dadurch verursachte neurobiologische Veränderungen sind der wahrscheinliche Grund für die depressive Symptomatik (beispielsweise bei Hypo- oder Hyper- thyreoidismus, Neoplasmen, Infektionskrankheiten, Behandlung mit Antihy- pertensiva). Hier steht die Behandlung der somatischen Erkrankung oder die Modifikation der Medikation im Vordergrund. Die depressive Symptomatik muss eventuell zusätzlich behandelt werden.

2. Die körperliche Erkrankung ist ein auslösender und/oder aufrechterhaltender Faktor der depressiven Symptomatik (beispielsweise depressive Verarbeitung schwerer Erkrankungen, depressive Reaktion auf Belastungen durch die Be- handlung, inadäquate Trauerreaktion). Hier ist die parallele Behandlung der somatischen und depressiven Symptomatik indiziert.

In der Praxis ist eine Trennung somatischer und psychischer Ursachen nicht sinnvoll. Forschungsergebnisse zum Beispiel aus Studien mit Patienten, die an ei- nem Diabetes mellitus leiden, zeigen, dass der Zusammenhang zwischen objektiver Krankheitsschwere und der Ausprägung der depressiven Symptomatik nur schwach ist und eine Einteilung der Symptome in „rein körperlich“ und „rein psy- chisch“ wissenschaftlich nicht haltbar ist (17).

Behandlungswege

Entsprechend dem Auftreten der beschriebenen Symptomatik, der Intensität der Symptome wie auch dem individuellen Krankheits- und Therapieverlauf er- fordert die Behandlung der Depressionen einen klaren, strukturierten und ge- gebenenfalls interdisziplinären Behandlungsablauf, wie er zum Beispiel in Rah- menkonzepten der integrierten Versorgung modellhaft entwickelt wurde (18).

Hinsichtlich der detaillierten inhaltlichen Darstellung der therapeutischen Op- tionen in der Behandlung der Depression wird auf die Versorgungsleitlinien (15) sowie an deren Weiterentwicklung durch die Deutsche Gesellschaft für Psychia- trie, Psychotherapie und Nervenheilkunde.(DGPPN) unter Einbindung aller re- Beschwerden, die auf eine depressive

Störung hinweisen können (15) allgemeine körperliche Abgeschlagenheit,

Mattigkeit, Erschöpfung Schlafstörungen

Appetitstörungen, Magendruck, Gewichtsverlust, Obstipation, Diarrhö Druckgefühl in Hals und Brust, Globusgefühl Dyspnoe, Tachykardie, Arrhythmie, Synkopen Schwindel, Sehstörungen, Blasenentleerungs-

störungen

Schmerzen jeder Lokalisation (Kopf, Thorax, Ab- domen, Muskeln, Gelenke)

Libidostörungen, Zyklusstörungen, Impotenz Kasten 14

Somatische Erkrankungen, die mit depressiven Störungen assoziiert sein können

kardiovaskuläre und pulmonale Erkrankungen (zum Beispiel Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz, COPD, Asthma bronchiale)

metabolische Störungen/Endokrinopathien (zum Beispiel Diabetes mellitus,

Hypo-/Hyperthyreose, metabolisches Syndrom) Tumorerkrankungen

muskulo-skeletale Erkrankungen, Kollagenosen (zum Beispiel Lupus erythematodes) Erkrankungen des zentralen Nervensystems

(zum Beispiel Epilepsie, Morbus Parkinson) Kasten 15

Auch bei primär körperlichen Beschwerden sollte an das mögliche Vorliegen einer depressiven Störung gedacht werden.

(8)

Manuskript eingereicht: 15. 3. 2006, revidierte Fassung angenommen: 10. 5. 2006

Die Autoren versichern, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2006; 103(25): 1754-62.

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Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Sebastian Rudolf Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Ratzeburger Allee 160

23538 Lübeck

E-Mail: rudolf.s@psychiatry.uni-luebeck.de

Versorgungsleitlinien für depressive Störungen in der Allgemeinpraxis:

www.dgppn.de/leitlinien/pdf/Versorgungsleitlini en-depression.pdf

„Gesundheitsziele für Deutschland“:

www.gesundheitsziele.de

Leitlinienthemen und fachspezifische Leitlinienanbieter

zusammengestellt vom Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin:

www.leitlinien.de

Programm für Nationale Versorgungsleitlinien

Leitlinien werden zurzeit erstellt. Zusätzlich fin- det man „Informationen von Patienten für Pati- enten" sowie ausgewählte Links und zusätzliche Informationen zum Umgang mit dem Thema De- pression unter:

www.versorgungsleitlinien.de/patienten/patien ten/depressioninfo

Kompetenznetz Depression

Hier finden sich weiterführende Informationen auch für Betroffene und Angehörige sowie das regionale Angebot des „Bündnis gegen Depression“:

www.kompetenznetz-depression.de Weitere Informationen

levanten Fachgesellschaften und Berufsverbände auf die S3-Leitlinien bezie- hungsweise nationale Versorgungsleitlinie in Zusammenarbeit mit dem Ärztli- chen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) verwiesen. Darüber hi- naus wurde im Rahmen des Programms „Gesundheitsziele für Deutschland“

(www.gesundheitsziele.de) eine Formulierung von spezifischen Zielen und Maß- nahmen zur Prävention und Behandlung von Depressionen erarbeitet.

Fazit

Die Diagnostik der depressiven Störungen spielt eine überaus wichtige Rolle im praktischen Alltag der klinisch tätigen Ärzte. Es handelt sich bei diesen Störungs- bildern um häufig auftretende, aber auch gut behandelbare Erkrankungen, die spe- zifische Anforderungen an die diagnostischen und therapeutischen Qualifikatio- nen des behandelnden Arztes stellen.

Durch die frühzeitige und korrekte Diagnosestellung und die qualifizierte, auch vom primär behandelnden Hausarzt eingeleitete und vermittelte, interdisziplinäre Behandlung des Patienten, kann das subjektive Leid der Betroffenen vermindert und das psychosoziale Funktionsniveau verbessert werden.

Depressive Störungen sind durch qualifizierte Diagnostik und Therapie gut behandelbar.

(9)

FFrraag geen n zzu urr zzeerrttiiffiizziieerrtteen n FFo orrttb biilld du un ng g (nur eine Antwort pro Frage ist jeweils möglich, zu suchen ist dabei die am ehesten zutreffende Antwort)

Frage 1:

Welche Aussage zur Prävalenz depressiver Störungen trifft zu?

a) Die Lebenszeitprävalenz beträgt 5 Prozent.

b) Die Lebenszeitprävalenz beträgt 10 bis 18 Prozent.

c) Die meisten Patienten erkranken erst im höheren Alter.

d) Kinder und Jugendliche sind fast nie betroffen.

e) Die Punktprävalenz depressiver Störungen beträgt maximal 2 Prozent.

Frage 2:

Welche Aussage hinsichtlich der Epidemiologie der depressiven Störun- gen trifft zu?

a) Von einer depressiven Störung sind meist ältere Männer betroffen.

b) Erstmanifestationen nach dem 60. Lebensjahr sind die Regel.

c) Frauen erkranken doppelt so häufig an einer depressiven Störung.

d) Männer und Frauen erkranken gleich häufig.

e) Der Häufigkeitsgipfel der depressiven Störungen liegt in der 2. Lebensdekade.

Frage 3:

Welche Aussage zur Komorbidität der depressiven Störungen mit anderen psychischen Störungen trifft zu?

a) Bis zu 50 Prozent der Patienten mit einer depressiven Störung leiden unter weiteren psychischen Störungen.

b) Komorbide Erkrankungen beeinflussen den Verlauf günstig.

c) Die Therapie ist bei begleitenden psychischen Erkrankungen so erfolgreich wie bei ei- ner ausschließlich depressiven Störung.

d) Die Chronifizierung der depressiven Störung ist unabhängig von der Komorbidität.

e) Substanzabhängigkeiten treten fast nie bei Menschen mit depressiven Störungen auf.

Frage 4:

Welche Aussage zur Diagnostik der depressiven Störung trifft zu?

a) Depressive Patienten berichten häufig spontan von depressiven Symptomen.

b) Screeningverfahren sind für die hausärztliche Praxis ungeeignet, da sie zu zeitauf- wendig sind.

c) Screeningverfahren reichen aus, um eine eindeutige Diagnose zu stellen.

d) Schlafstörungen, Appetitverlust und Schmerzen werden häufig von depressiven Pati- enten als Grund für den Arztbesuch genannt.

e) Das klinische Erscheinungsbild der depressiven Störungen ist jederzeit und eindeutig zu erkennen.

Frage 5:

Welche Aussage zu den Symptomen der depressiven Störungen trifft zu?

a) Interessenverlust und Freudlosigkeit gehören zu den Hauptsymptomen der depressi- ven Störungen.

b) Nur wenn alle Hauptsymptome vorhanden sind, darf die Diagnose einer depressiven Störung gestellt werden.

c) Die Dauer des Vorliegens der Symptome ist unerheblich.

d) Die Symptome müssen den ganzen Tag über kontinuierlich vorhanden sein.

e) Die Zusatzsymptome wie zum Beispiel Schlafstörungen und Appetitverlust belasten den Patienten nicht.

Frage 6:

Welche Aussage zur Diagnosestellung einer depressiven Störung trifft zu?

a) Der Schweregrad der Störung wird nicht erfasst.

b) Die Diagnosekriterien müssen für eine Dauer von mindestens 2 Wochen erfüllt sein.

c) Somatische Komorbidität schließt die Diagnose einer depressiven Störung aus.

d) Es darf keine Tagesschwankungen der depressiven Symptomatik geben.

e) Die Diagnose kann nur durch einen Facharzt erfolgen.

Frage 7:

Welche Aussage zum klinischen Verlauf der depressiven Störungen trifft zu?

a) Die Therapie beeinflusst die Dauer der depressiven Episode nicht.

b) Die Therapie hat keinen Einfluss auf eine mögliche Chronifizierung der depressiven Störung.

c) Bei der Mehrzahl der Patienten treten mehrere depressive Episoden im Laufe Ihres Lebens auf.

d) Die Dauer einer unbehandelten depressiven Episode ist nur unwesentlich länger als unter adäquater Therapie.

e) Die Unterteilung in verschiedene Verlaufsformen ist für die Behandlung ohne größe- re Bedeutung.

Frage 8:

Welche Antwort zur Differenzialdiagnose der depressiven Störung ist richtig?

a) Das Vorliegen einer anderen psychischen Erkrankung schließt das Vorliegen einer de- pressiven Störung aus.

b) Eine depressive Störung sollte auch bei körperlicher Beschwerdesymptomatik erwo- gen werden.

c) Eine depressive Anpassungsstörung (z.B. Trauerreaktion) ist gleichbedeutend mit ei- ner depressiven Störung.

d) Eine gedrückte Stimmung ist pathognomonisch für eine depressive Störung.

e) Frühere depressive Episoden sind kein Hinweis auf das mögliche erneute Vorliegen einer depressiven Störung.

Frage 9:

Welche Antwort zur somatischen Komorbidität ist richtig?

a) Somatische Erkrankungen sind stets unabhängig von psychischen Erkrankungen zu betrachten.

b) Die Behandlung der somatischen Grunderkrankung ist bei begleitender depressiver Störung vollkommen ausreichend.

c) Es ist für die Behandlung der depressiven Störung unabdingbar, die ätiologischen Faktoren zu kennen.

d) Die Behandlung einer depressiven Störung sollte auch bei Vorliegen einer somati- schen Grunderkrankung in die Behandlungsplanung integriert werden.

e) Bei einer depressiven Störung als „Reaktion“ auf eine somatische Grunderkrankung ist eine medikamentöse Therapie unnötig.

Frage 10:

Welche Antwort zu den Zusammenhängen von somatischen Erkrankungen und depressiven Störungen ist richtig?

a) Die medikamentöse Therapie einer somatischen Behandlung hat keinen Einfluss auf eine begleitende depressive Störung.

b) Eine depressive Störung sollte erst nach Behandlung der somatischen Behandlung erfolgen.

c) Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist unnötig, wenn man die somatische Ursache einer depressiven Störung kennt.

d) Bei depressiver Verarbeitung einer somatischen Erkrankung ist eine medikamentöse Therapie der Depression kontraindiziert.

e) Die bekannte Komorbidität von depressiven und somatischen Erkrankungen macht es erforderlich, depressive Patienten auch bezüglich somatischer Erkrankungen zu untersuchen.

Wichtiger Hinweis

Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet möglich:www.aerzteblatt.de/cme Einsendeschluss ist der 4.August 2006

Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.

Die Lösungen zu dieser cme-Einheit werden in Heft 33/2006 an dieser Stelle veröffentlicht.

Die cme-Einheit „Leitsymptom Juckreiz“ (Heft 21/2006) kann noch bis zum 7. Juli 2006 bearbeitet werden.

Für Heft 28–29/2006 ist das Thema „Diagnostik und Therapie des Aszites“ vorgesehen.

Lösungen zur cme-Einheit in Heft 17/2006 May A: Diagnostik und moderne Therapie der Migräne.

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