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Archiv "Zertifizierte medizinische Fortbildung: Diagnostik und moderne Therapie der Migräne – Vom kritischen zum zufriedenen Patienten" (28.04.2006)

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ach internationalen Richtlinien werden über 200 verschiedene Kopfschmerz- entitäten unterschieden. Das scheint nach althergebrachter Meinung typisch für das Gebiet der Neurologie, die die Diagnose als intellektuelle Herausforde- rung sieht, jedoch wenig therapeutische Möglichkeiten bieten soll. Dies hat sich in den letzten 20 Jahren dramatisch verändert. Man kennt inzwischen die genetischen Grundlagen der Migräne ziemlich genau, kann mithilfe der funktionellen Bildge- bung darstellen, wo im Gehirn die einzelnen Attacken ausgelöst werden und weiß, bis auf die zelluläre Ebene, wo und wie Migränemedikamente funktionieren. Diese wis- senschaftlichen Daten haben zur Entwicklung neuer Substanzen für die Akuttherapie und Prophylaxe geführt. Im Folgenden wird praxisnah im Wesentlichen auf die Dia- gnostik und Therapie der Migräne eingegangen. Alle Therapieempfehlungen basie- ren auf den evidenzbasierten Leitlinien der deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der deutschen Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft (DMKG) (1).

Zertifizierte medizinische Fortbildung

Diagnostik und moderne Therapie der Migräne

Vom kritischen zum zufriedenen Patienten

Arne May

Zusammenfassung

Migräne ist eine der häufigsten Kopfschmerzformen. Erhebungen in niedergelassenen Praxen und Klinikambulanzen zeigen, dass Migräne und Spannungskopfschmerzen in der täglichen Kli- nik etwa 70 bis 80 Prozent aller primären Kopfschmerzsyndrome ausmachen. Während eine un- komplizierte Migräne recht einfach zu behandeln ist, sind es vor allem chronische Verlaufsfor- men, untypische Attacken, häufige Auren und Kombinationen mit anderen Kopfschmerztypen und analgetikainduzierten Kopfschmerzen, die eine einfache Therapie scheitern und Patient wie Arzt unzufrieden zurücklassen. Dabei führt der sinnvolle Einsatz der Akut- und Prophylaxeme- dikation in Kombination mit Verhaltensregeln und nicht medikamentösen Verfahren in recht kurzer Zeit bei über 80 Prozent der Patienten zu einem messbaren Erfolg. Neue Erkenntnisse und Studien zu Kopfschmerzen und ihre Therapie führten zu kürzlich aktualisierten Therapieleitlini- en der DGN und DMKG. Dieser Übersichtsartikel fasst die aktuelle Literatur zur Diagnostik und Therapie unter praktischen Gesichtspunkten zusammen.

Schlüsselwörter: Migräne, Aura, Diagnostik, Therapie, Leitlinie

Summary

The diagnosis and management of migraine

Migraine and tension headaches are the commonest headache syndromes, accounting for 70 to 80 per cent of all primary headache syndromes in daily clinical practice. Whereas typical and un- complicated migraine attacks are relatively easy to manage, chronic and atypical migraine head- aches, frequent auras and the combination of these with other types of headache including analgesic induced headache, can make management difficult and lead to patient frustration.

The German headache society has recently updated its guidelines in the light of new evidence.

The combination of adherence to basic rules of acute and preventative medication, and behav- ioural and other non-pharmacological approaches result in successful treatment in more than 80 per cent of the patients. This article reviews recent literature and outlines the diagnosis and therapy of migraine following practical guidelines.

Key words: migraine, aura, diagnosis, management, guideline

Institut für systemische Neurowissenschaften (Direktor:

Prof. Dr. med. Christian Büchel), Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf

Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert.

Eine Teilnahme an der zertifizierten medizinischen Fortbildung im Deutschen Ärzteblatt ist nur im Internet möglich:

www.aerzteblatt.de/cme

Eine Kasuistik steht im Internet zur Verfügung:

www.aerzteblatt.de/cme/0605

Ab sofort können die erworbenen Fortbildungs- punkte mithilfe der Einheitlichen Fortbil- dungsnummer (EFN)verwaltet werden. Unter www.aerzeblatt.de/cmemuss hierfür in der Rubrik „Meine Daten“ oder bei der Registrierung die EFN in das entsprechende Eingabefeld einge- geben werden. Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis.

Die genetischen Grundlagen der Migräne sind bekannt, und eine Darstellung mithilfe der funktionellen Bildgebung ist möglich.

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Diagnose und Differenzialdiagnose

Anfang 2004 wurde die überarbeitete Version der „International Headache Society“

(IHS-)Klassifikation der Kopfschmerzen publiziert (2). Neben den bekannten Migrä- neformen,wie Migräne mit und ohne Aura,gibt es neu die Entität der wahrscheinlichen und die der chronischen Migräne. Letztere bedeutet eine Migräne mit Kopfschmerz- attacken an mehr als 15 Tagen im Monat, allerdings muss ein Kopfschmerz durch zu häufige Einnahme von Analgetika oder Migränemitteln ausgeschlossen sein. Im Ge- gensatz zum moderaten, dumpf-drückenden und holokraniellen Spannungskopf- schmerz kommt es bei der Migräne attackenweise zu heftigen, häufig einseitigen, pul- sierend-pochenden Kopfschmerzen. Die einzelnen Attacken sind oft begleitet von Übelkeit, Erbrechen, Phono- und Photophobie und seltener auch Osmophobie (Kasten). Die Kopfschmerzen müssen nicht zwingend halbseitig sein, sie können auch nur frontal oder okzipital betont sein und selten auch holokraniell auftreten.Die Dauer der Attacken beträgt nach der Definition der Internationalen Kopfschmerz- gesellschaft zwischen 4 und 72 Stunden(2). Wichtiger als ein einzelnes Symptom (wie Halbseitigkeit der Kopfschmerzen) sind die Kombination der Schmerzen mit vegetati- ven Symptomen und die für Migränekopfschmerzen typische Zeiteinheit. Wenn die Kopfschmerzen einseitig sind, können sie innerhalb einer Attacke oder auch von Attacke zu Attacke die Seite wechseln. Bei Kindern sind die Attacken im Allgemeinen kürzer und können auch ohne Kopfschmerzen nur mit Übelkeit, Erbrechen und Schwindel einhergehen (3). Etwa 10 bis 15 Prozent aller Migränepatienten erleben vollständig remittierende, neurologische Reiz- oder Ausfallssymptome, welche übli- cherweise vor dem Kopfschmerz auftreten, eine Dauer von 20 bis 40 Minuten haben und als Aura bezeichnet werden.Klassischer Weise besteht eine räumliche Ausbreitung der Aurasymptome. Der Kopfschmerz setzt ein, wenn die Aura vorüber ist. 99 Prozent aller Patienten mit einer Migräne mit Aura erleben visuelle Reizerscheinungen in Form von Lichtblitzen, Zickzack sehen (so genannte Fortifikationen) oder Skotome (Abbildungen 1, 2). Die Differenzialdiagnose umfasst prinzipiell alle wiederkehrenden Kopfschmerzsyndrome: Spannungskopfschmerz, Cluster-Kopfschmerz, symptomati- sche Kopfschmerzen. Wichtige differenzialdiagnostische Fragen, die für die Diagnose einer Migräne sprechen sind eine familiäre Häufung, die Beeinflussung der Kopf- schmerzen durch hormonelle Veränderungen (Menstruation, Ovulation, Schwanger- schaft, Stillzeit) und Stress sowie vor allem Zunahme der Kopfschmerzen unter kör- perlicher Belastung, wie Treppenlaufen und Lasten heben. Ein sehr sensitives Sym- ptom für eine Migräne ist die Osmophobie, sie tritt allerdings nur bei bis zu 30 Prozent der Migränepatienten auf. Sensitivstes Symptom für die Unterscheidung einer Migrä- neaura von einem Schlaganfall ist der „March“, das heißt, die Ausbreitung der Sympto- me (zum Beispiel der visuellen Phänomene oder der Parese) bei der Aura, während neurologische Ausfallssymptome im Rahmen eines zerebralen Insults schlagartig oder seltener stotternd auftreten. In diesem Rahmen sei darauf hingewiesen, dass es auch isolierte Auren ohne anschließende Kopfschmerzen gibt. Allerdings wird zur Unter- scheidung von zerebralen Durchblutungsstörungen auch hier ein „March“ verlangt und das vollständige Verschwinden der Symptome im Laufe von 20 bis 40 Minuten.

Epidemiologie

Die Prävalenz der Migräne in der Bevölkerung beträgt etwa 6 bis 8 Prozent für Män- ner und 12 bis 14 Prozent für Frauen.Bei Kindern und Jugendlichen ist die Migräne sel- tener;etwa vier bis fünf Prozent aller Kinder und Jugendlichen leiden unter einer Mi- gräne (6).Die höchste Inzidenz der Migräneattacken liegt zwischen dem 35.und 45.Le- bensjahr.In dieser Lebensphase sind Frauen dreimal häufiger betroffen als Männer.Ei- ne interessante Beobachtung ist, dass Ärzte, die sich schwerpunktmäßig mit Kopf- schmerzen beschäftigen (zum Beispiel im Rahmen einer Spezialambulanz) deutlich häufiger selbst unter Migräne leiden als die Durchschnittsbevölkerung. So liegt die Mi- gränehäufigkeit bei Kopfschmerzspezialisten über 60 Prozent (7). Eine genetische Vor- aussetzung um Kopfschmerzspezialist zu werden ist bislang nicht publiziert worden.

Klinik der Migräne Prodromi

– Gähnen, Befindlichkeitsstörung, Heißhunger – Symptome beginnen Stunden bis maximal einen

Tag vor der eigentlichen Attacke Art des Schmerzes

– attackenförmig Frequenz

– ein- bis achtmal pro Monat auftretend, kann sel- tener und auch häufiger auftreten

Dauer – 4 bis 72 h Lokalisation

– bei etwa zwei Drittel der Patienten einseitig, kann zwischen oder innerhalb der Attacken die Seiten wechseln

– meist im Nacken beginnend, dann nach vorne ausstrahlend; daher oft mit HWS-Beschwerden verwechselt

Charakter

– pulsierender, pochender Schmerz Intensität (VAS):

– mittelschwer bis schwer vegetativ

– Appetitlosigkeit (> 80 %) – Nausea, Vomitus (40–50 %) Triggerung

– individuell verschiedende Faktoren (Hormone, Stress, Alkohol, Flickerlicht, Gerüche etc.) – zusätzlich durch körperliche Anstrengung ver-

stärkt

andere Begleitsymptome

– Phono- (50 %), Photo- (90 %), Osmophobie (30 %)

– mnestische Störungen Kasten

Abbildung 1: Typische Ausbreitung einer visu- ellen Aura im Sinne von Fortifikationen. Das Bild liest sich von links oben nach rechts unten und wurde von Hubert Airy (1870) pu- bliziert, der diese Art der Sehstörungen Teichopsien nannte (4).

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Es gibt eine Vielzahl von Komorbiditäten von Migräne und anderen Krankheiten;

am bekanntesten ist die Komorbidität mit Depression und mit Angsterkrankungen (8).Die Migräne ist eventuell ein Risikofaktor für Schlaganfälle bei jungen Frauen (9), dies vor allen Dingen bei Frauen mit einer Migräne mit Aura bei gleichzeitig beste- hendem Nikotinkonsum und Einsatz eines Ovulationshemmers (10). Seit neuestem wurde auch eine Komorbidität zwischen dem offenen Foramen ovale, Schlaganfällen und Migräne diskutiert. Allerdings ist die Prävalenz von Schlaganfällen bei der Mi- gräne sehr klein, während die des offenen Foramen ovale in der Bevölkerung sehr hoch ist.Es ist mit Sicherheit nicht indiziert, Migränepatienten nur aufgrund der Mi- gräne mit Antikoagulanzien oder Verschluss des Foramen ovale zu behandeln.Hin- sichtlich der intuitiv nahe liegenden Gemeinsamkeiten von Epilepsie und Migräne ist festzuhalten, dass es keine Komorbidität dieser Erkrankungen gibt (11).

Indikationen für eine apparative Diagnostik

Die Diagnose von primären Kopfschmerzen stützt sich auf die typische Anamnese und einen normalen neurologischen Untersuchungsbefund. Zusatzdiagnostik und insbesondere eine Bildgebung sind nur notwendig bei dem Verdacht auf das Vorliegen von sekundären Kopfschmerzen (11). Eine eigentlich spezifische Migränediagnostik gibt es nicht. In der Ausschlussdiagnostik fallen jedoch gerade bei Migränepatienten unspezifische Allgemeinveränderungen (paroxysmale, generalisierte Dysrhythmien) im EEG und unspezifische Flussbeschleunigungen in der Dopplersonographie auf.

Keiner der genannten Befunde hat jedoch eine therapeutische Konsequenz (12).

Wenn man sich für eine Bildgebung entscheidet, so ist das MR Mittel der Wahl (mit Darstellung des kraniozervikalen Überganges) (11). Bei Tumorverdacht muss zusätz- lich ein CCT mit Knochenfenster zur Darstellung der Schädelbasis erfolgen.

Medikamentöse Therapie der Migräneattacke

Erfolgskriterium für die Behandlung einer Migräneattacke in klinischen Studien sind die Freiheit von Kopfschmerzen nach zwei Stunden oder die Besserung der Kopf- schmerzen von schwer oder mittelschwer auf leicht oder kopfschmerzfrei innerhalb zwei Stunden nach Applikation des entsprechenden Präparates. Weiterhin ist die re- produzierbare Wirkung bei zwei von drei Migräneattacken wichtig. Wenn man diese Abbildung 2: Stadt Lucca in Italien. Man sieht

die Stadtmauer (Fort), die in ganz Europa seit dem Mittelalter zickzackartig gebaut wurden, um die Zahl der Verteidiger der Zahl der An- greifer an jedem Punkt der Befestigung über- legen zu machen. Wegen der Ähnlichkeit der Stadtwehrmauern und den typischen zickzack- artigen Sehstörungen der Aura werden letz- tere Fortifikationen genannt.

Nur 1 bis 8 Prozent der Patienten mit Aura erleben (zusätzlich zu den visuellen Auren) auch sensible oder motorische Ausfälle; von diesen beschreiben die mei- sten periorale und unilaterale sensible Ausfälle eines Armes. Hinzu kommt, dass die Aura fast immer vor den Kopfschmerzen auftritt und eine sehr begrenzte Dauer aufweist. Mehrere Auren pro Tag kommen nicht vor. So- mit ist jegliche untypische Aura (sei es Dauer, Art der Ausfälle, Seitenwechsel) immer verdächtig auf eine symptomatische Ursache und bedarf weiterer apparati- ver Zusatzdiagnostik (5).

Die bekannteste Komorbidität mit der Migräne ist die Depression.

Eine eigentlich spezifische Migränediagnostik gibt es nicht.

Erfolgskriterium für die Behandlung einer Migräneattacke ist die Freiheit von Kopfschmerzen innerhalb von zwei Stunden.

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Maßstäbe anlegt, ergibt sich nach evidenzbasierten Kriterien (1) die folgende Emp- fehlung:

Die Triptane (in alphabetischer Reihenfolge) Almotriptan, Eletriptan, Frovatrip- tan, Naratriptan, Rizatriptan, Sumatriptan und Zolmitriptan sind die Substanzen mit der besten Wirksamkeit bei akuten Migräneattacken

Nichtopioidanalgetika und nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) sind bei der Behandlung der Migräne wirksam

Ergotamin scheint bei Migräne wirksam zu sein.Allerdings ist die Wirksamkeit in prospektiven Studien schlecht belegt.

Bei Patienten, die unter ausgeprägter Übelkeit leiden, können zusätzlich Antieme- tika wie Metoclopramid oder Domperidon eingesetzt werden (1). Metoclopramid hat auch eine geringe eigene analgetische Wirkung bei Migräne (Tabelle 1).

Wenn man sich für Analgetika entscheidet, sind Acetylsalicylsäure (ASS), Ibu- profen, Diclofenac und Paracetamol die Analgetika erster Wahl (Tabelle 2). Metami- zol ist wahrscheinlich ebenfalls wirksam.Analgetika sollten bevorzugt nach der Gabe eines Antiemetikums eingenommen werden.

Mittelschwere bis schwere Migräneattacken sollten mit spezifischen Migränemit- teln (Triptane, Ergotamine) behandelt werden. Die Unterscheidung von Migränemit- teln und Analgetika ergibt sich aus dem Umstand, dass Ergotamine und Triptane kei- ne Schmerzmittel und nur bei Migräne (sowie Cluster-Kopfschmerz) wirksam sind.

Inzwischen sind sieben Triptane mit insgesamt 23 Darreichungsformen zur Behand- lung der Migräneattacke in Deutschland zugelassen. Die Vielfalt von Substanzen, die zum Teil sehr unterschiedliche pharmakokinetische Eigenschaften haben, eröffnet damit die Chance einer individualisierten Therapie, die auf (fast) alle Besonderheiten des einzelnen Patienten Rücksicht nehmen kann. Hinsichtlich der Vorläufer der Trip- tane, den Ergotaminen, ist anzumerken, dass Ergotamine seit dem 1. Juli 2003 nur noch in oraler Form zur Verfügung stehen. Der Preis hat sich seitdem mehr als ver- hundertfacht. Ergotamin ist weniger wirksam als Triptan (13).

Bei 15 bis 40 Prozent der Patienten kommt es nach oraler Gabe von Triptanen nach initialer Besserung zu einem Wiederauftreten der Kopfschmerzen, wobei dann eine zweite Gabe der Substanz wieder wirksam ist. Ist die erste Gabe eines Triptans un- wirksam, ist es sinnlos, in derselben Migräneattacke eine zweite Dosis zu applizieren.

Alle Triptane können, wie Ergotamin, bei zu häufiger Einnahme zu einer Erhöhung der Attackenfrequenz und letztlich zu medikamenteninduzierten Dauerkopfschmer- zen führen.Triptane sollten daher an nicht mehr als zehn Tagen im Monat eingesetzt werden. Die Kontraindikationen beider Substanzgruppen (koronare Herzerkran- kung, M. Raynaud, arterielle Verschlusskrankheit der Beine, transitorische ischämi- sche Attacke [TIA] oder Apoplex, nicht oder schlecht eingestellte Hypertonie) erge- ben sich aus der gefäßverengenden Wirkung, die bei den Triptanen jedoch deutlich ge- ringer ausgeprägt ist,als bei den Ergotaminen.Insofern ist es nicht unkritisch zu sehen, dass Naratriptan dieses Jahr aus der Verschreibungspflicht entlassen wurde. Aus Sicherheitsgründen sollten Patienten die unter einer Migräne mit Aura leiden, ein Triptan aufgrund der vasokonstriktiven Wirkung erst nach Abklingen der Aura und mit Einsetzen der Kopfschmerzen applizieren. Darüber hinaus wirken Triptane nicht,

´ Tabelle 1CC´

Antiemetika in der Migränetherapie

Substanzen Dosis UAW Kontraindikationen

Metoclopramid 10–20 mg p.o. früh-dyskinetisches Kinder unter 14 Jahren, 20 mg rektal Syndrom Hyperkinesen, Epilepsie, 10 mg i.m., i.v., Unruhezustände Schwangerschaft, Prolaktinom s.c.

Domperidon 20–30 mg p.o. wie Metoclopramid, Kinder unter zehn Jahren, aber seltener sonst siehe Metoclopramid,

aber geringer ausgeprägt und seltener

UAW, unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Mittelschwere bis schwere Migräneattacken sollten mit spezifischen Migränemitteln (Triptane, Ergotamine) behandelt werden.

Aus Sicherheitsgründen sollten Patienten, die unter einer Migräne mit Aura leiden, ein Triptan aufgrund der vasokonstriktiven Wirkung erst nach Abklingen der Aura und mit Einsetzen der Kopfschmerzen applizieren.

Für Kinder unter 10 Jahren ist Domperidon kontraindiziert, Metoclopramid für Kinder unter 14 Jahren.

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wenn sie in der Aura gegeben werden und verhindern dann in der Regel auch nicht den anschließenden Kopfschmerz.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass das Wirk-/Nebenwirkungsprofil für den ein- zelnen Patienten durchaus den in Studien herausgearbeiteten Eigenschaften wider- sprechen kann und es Sinn macht, ein Triptan probeweise zu wechseln, um den indivi- duellen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Bei fehlender Wirksamkeit eines Triptans sollte ein anderes versucht werden.

Etwa 20 bis 30 Prozent aller Migränepatienten sind so genannte Nonresponder für Triptane, dass heißt, sie zeigen keine ausreichende Wirkung (15). Es wird disku- tiert, ob dies genetisch bedingt ist. Burnstein et al. (16) haben jetzt aber in einer Se- rie von Experimenten nachgewiesen, dass es auch eine andere Möglichkeit gibt, die fehlende Wirksamkeit von Triptanen bei bestimmten Migräneattacken zu erklären.

Im Verlauf einer Attacke kommt es bei bis zu 70 Prozent der Patienten zu einer zentralen Sensitisierung von trigeminalen Neuronen mit dem Ergebnis einer so genannten Allodynie, das heißt, einer vermehrten Empfindlichkeit gegenüber Berührung, die als schmerzhaft empfunden wird. Es konnte gezeigt werden, dass et- wa 80 bis 90 Prozent aller Patienten auf Triptane ansprechen, wenn sie früh behan- delt werden und wenn noch keine Allodynie besteht.Die Erfolgsquote sinkt auf 10 bis 15 Prozent, wenn die Migräne spät behandelt wird und wenn eine Allodynie vorhanden ist.Dies könnte erklären, warum Triptane, die zu spät in der Attacke eingenommen wurden, nicht wirken. Es ist auf jeden Fall ein valides Argument – mit Ausnahme der Aura und nur bei Patienten, die nicht zu viele Kopfschmerz- attacken haben –, um Triptane möglichst früh zu Beginn einer Migräneattacke ein- zusetzen.

Migräne im Notfalldienst

In der Notfallsituation sind orale Medikamente meist schon ausgeschöpft worden und eine parenterale Applikation ist erforderlich. Hierfür stehen bisher nur Sumatriptan zur subkutanen Injektion (17) und Acetylsalicylsäure zur intravenösen Gabe zur Verfü- gung (18).Sumatriptan ist allerdings bei Patienten mit Gefäßerkrankungen kontrain- diziert und Acetylsalicylsäure bei Aspirinallergie und beim Asthma bronchiale.In zwei Studien war die intravenöse Gabe von 300 bis 1 200 mg Valproinsäure wirksam (19).

Die intravenöse Gabe von Paracetamol ist der Placebogabe bei Migräne nicht überle- gen (20). Die im ärztlichen Notdienst häufige Praxis Metamizol i.v. zu verabreichen, ist häufig wirksam, davon muss aber aufgrund der möglichen unerwünschten Arzneimit- telwirkungen (Schock) dringend abgeraten werden. Benzodiazepine können, sofern sie kritisch angewandt werden, sinnvoll sein, wenn alle anderen Substanzgruppen ver- sagt haben. Im seltenen Fall eines Migränestatus (definiert als Migräneattacke von mehr als 72 Stunden Dauer) kann die Gabe von Cortison (250 mg i.v. oder zwischen 60 und 100 mg p.o., gegebenenfalls an zwei Tagen) diesen Status durchbrechen (21).

´ Tabelle 2CC´

Analgetika zur Behandlung der Migräneattacke

Arzneimittel Dosierung UAW Kontraindikationen

ASS 1 000 mg Magenschmerzen Magen-Darm-Ulzera,

Übelkeit Asthma, Blutungsneigung, 1 000 mg i.v. Gerinnungsstörungem Schwangerschaft Monat 1–3 Ibuprofen 200–600 mg wie ASS, Ödeme wie ASS (Blutungsneigung,

geringer), Niereninsuffizienz Naproxen 500–100 mg wie Ibuprofen wie Ibuprofen

Diclofenac 50–100 mg wie Ibuprofen wie Ibuprofen

Paracetamol 1 000 mg Leberschäden Leberschäden, Niereninsuffizienz UAW, unerwünschte Arzneimittelwirkungen; ASS, Acetylsalicylsäure

20 bis 30 Prozent aller

Migränepatienten sind so genannte Nonresponder für Triptane.

Die im ärztlichen Notdienst häufige Praxis, Metamizol i.v. zu

verabreichen, ist wirksam, davon muss aber aufgrund der möglichen UAW (Schock) dringend abgeraten werden.

Viele Patienten erleben eine Allodynie während der Attacke.

Analgetika sind in Verbindung mit Antiemetika hoch wirksam.

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Migräneprophylaxe

Sinn der medikamentösen Prophylaxe ist eine Reduzierung von Häufigkeit, Schwe- re und Dauer der Migräneattacken und die Prophylaxe des medikamenten-induzier- ten Dauerkopfschmerzes. Eine optimale Migräneprophylaxe erreicht eine Redukti- on von Anfallshäufigkeit, -intensität und -dauer von mindestens 50 Prozent. Zunächst soll der Patient über vier Wochen einen Kopfschmerzkalender führen um die An- fallsfrequenz und den Erfolg oder Misserfolg der jeweiligen Attackenmedikation zu dokumentieren. Kopfschmerzkalender sind über die Internetseite der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (www.dmkg.de) kostenlos erhältlich und können ausgedruckt und dem Patienten mitgegeben werden. Weiterhin findet man dort viele nützliche Tipps, alle aktuellen Therapieleitlinien und „fact-sheets“ zu den einzelnen Kopfschmerzerkrankungen für Patienten, die ausgedruckt und zur Infor- mation im Wartezimmer ausgelegt werden können.

Die Indikation zu einer medikamentösen Prophylaxe der Migräne ergibt sich bei besonderem Leidensdruck und Einschränkung der Lebensqualität (12). Anhalts- punkte können sein:

drei und mehr Migräneattacken pro Monat

Migräneattacken, die regelmäßig länger als 72 Stunden anhalten

Attacken, die auf eine Therapie entsprechend den oben gegebenen Empfehlun- gen (inklusive Triptanen) nicht ansprechen und/oder wenn Nebenwirkungen der Akuttherapie nicht toleriert werden

bei Zunahme der Attackenfrequenz und Einnahme von Schmerz- oder Migrä- nemitteln an mehr als 10 Tagen im Monat

bei komplizierten Migräneattacken mit lang anhaltenden Auren.

Etablierte Prophylaxemittel sind die Betarezeptorenblocker Metoprolol und Pro- panolol (Tabelle 4). Die meisten Migräniker haben einen normalen oder sogar nied- rigen Blutdruck, trotzdem wird diese Medikation im Regelfall sehr gut vertragen. Die Aufdosierung sollte langsam erfolgen und kann bis 100 mg, in Ausnahmefällen bis 200 mg (Metroprolol, Propanolol bis 160 mg), gesteigert werden. Die Medikation sollte abends eingenommen werden, damit ein eventuell niedriger Blutdruck „ver-

´ Tabelle 3CC´

Therapie der akuten Migräneattacke mit Triptanen*1

Substanzen Dosis UAW Kontraindikationen

Sumatriptan 50–100 mg p.o. Engegefühl im Bereich der Hypertonie, koronare Herzkrankheit, Angina pectoris,

25 mg Supp. Brust und des Halses, Myokardinfarkt in der Vorgeschichte, M. Raynaud, arterielle Veschluss- 10–20 mg Nasenspray Parästhesien der Ex- krankheit der Beine, TIA oder Schlaganfall, Schwangerschaft, Stillzeit

tremitäten, Kältegefühl,

6 mg s.c.(Autoinjektor) Lokalreaktion an der Kindesalter, schwere Leber- oder Niereninsuffizienz, multiple Injektionsstelle vaskuläre Risikofaktoren

Zolmitriptan 2,5–5 mg p.o. wie Sumatriptan wie Sumatriptan 2,5–5 mg Schmerz-

tablette, Nasenspray 5 mg

Naratriptan 2,5 mg p.o. etwas geringer als wie Sumatriptan Sumatriptan

Rizatriptan 10 mg p.o. oder als wie Sumatriptan wie Sumatriptan, Dosis 5 mg bei Einnahme von

Schmerztablette Propranolol

Almotriptan 12,5 mg p.o. etwas geringer als wie Sumatriptan Sumatriptan

Eletriptan 20; 40 mg p.o. wie Sumatriptan wie Sumatriptan Frovatriptan 2,5 mg p.o. geringer als Sumatriptan wie Sumatriptan

*1 5-HT-Agonisten, Reihenfolge nach dem Jahr der Zulassung, (modifiziert nach 14); UAW, unerwünschte Arzneimittelwirkung

Die Indikation zu einer

medikamentösen Prophylaxe der Migräne ergibt sich bei besonderem Leidensdruck und Einschränkung der Lebensqualität.

Evidenzbasierte Leitlinien zur Therapie der Migräne findet man unter: www.dmkg.de

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schlafen“ wird. Ebenfalls wirksam ist Flunarizin in der Dosierung von 5 bis 10 mg abends eingenommen, das antidopaminerge, antihistaminerge und antiserotonerge Effekte hat und als Kalziumantagonist wirkt.In mehreren prospektiven Studien hat sich das Antikonvulsivum Valproinsäure in der Migräneprophylaxe bewährt.Die Ta- gesdosis beträgt 500 bis 600 mg, gelegentlich sind höhere Dosierungen notwendig.

Valproinsäure hat allerdings in Deutschland keine Zulassung für die Migränepro- phylaxe (Off-Label-Use). Topiramat hat seine migräneprophylaktische Wirkung in drei großen placebokontrollierten Studien belegt und ist für die Indikation Migräne seit Mitte 2005 in Deutschland zugelassen. Die wirksame Tagesdosis liegt zwischen 50 und 100 mg. Die Aufdosierung muss langsam erfolgen (25 mg/Woche). Limitierend sind kognitive Nebenwirkungen. Häufig auftretende Parästhesien können durch die Einnahme kaliumreicher Nahrungsmittel (Bananen, Trockenobst) gemildert wer- den. Bei zehn Prozent der Patienten kommt es zu einem Gewichtsverlust der thera- pielimitierend sein kann. Generell gilt, dass häufige Auren besser mit Flunarizin oder Lamictal als mit Betablockern oder Topiramat behandelt werden sollten.

Nichtmedikamentöse Verfahren

Patienten mit einer hochfrequenten Migräne sollten komplementär einer psycholo- gischen Mitbehandlung zugeführt werden. Als multimodales Verfahren kommt das kognitiv-behaviorale Schmerzbewältigungstraining (Stressmanagement) zur An- wendung. Schon die alleinige Ausübung aerober Ausdauersportarten wie Schwim- men, Joggen, Fahrradfahren ist wirksam.

Weiterhin belegt ist die Wirkung der so genannten progressiven Muskelentspan- nung nach Jakobsen (erlernbar in den meisten Volkshochschulen und mithilfe einer im Buchhandel erwerbbaren CD) sowie Biofeedback-Verfahren (12). Die Wirksam- keit weiterer Entspannungsverfahren in der Kopfschmerzbehandlung, insbesondere von autogenem Training, Hypnose, Imagination, Meditation und Yoga ist aufgrund einer fehlenden Datenbasis nicht ausreichend belegt (12).Für die Homöopathie lie- gen randomisierte, placebokontrollierte Studien vor, die keine signifikante Wirksam- keit belegten.Akupunktur reduziert die Häufigkeit von Migräneattacken signifikant.

Scheinakupunktur hat dabei dieselbe Wirksamkeit wie klassische Akupunktur (24).

Menstruelle Migräne, Schwangerschaft und Stillzeit

Bei der Sonderform der menstruellen Migräne ist eine vorübergehende Prophyla- xe mit zweimal 500 mg Naproxen vier Tage vor bis drei Tage nach der Periode sinn- voll. Als Alternative für die Kurzeitprophylaxe kommen Östrogenpflaster (100 g) in der Phase mit Hormonabfall zum Einsatz. Langwirksame Triptane wie Naratrip- tan und Frovatriptan über fünf Tage sind eventuell ebenfalls bei der menstruellen Migräne wirksam (Off-Label-Use). Etwa ein Drittel der Patientinnen erleben im zweiten Trimester der Schwangerschaft eine deutliche Besserung oder das Sistieren der Migräne, bei einem Drittel verschlechtert sich die Klinik und in einem Drittel gibt es keine Veränderung. Selten treten Attacken erstmals während der Schwan- gerschaft auf, hier muss bei untypischer Klinik differenzialdiagnostisch an eine Si- nusvenenthrombose gedacht werden.

Während der Schwangerschaft sind nur Betablocker zur Prophylaxe zugelas- sen. Die anderen Migräneprophylaktika außer Magnesium (in einer Dosierung von zweimal 300 mg/d) sind kontraindiziert. Als Mittel der ersten Wahl der Akut- therapie gilt Paracetamol 1 g p.o. oder als Suppositorium. Triptane sind kontrain- diziert, auch wenn inzwischen über Schwangerschaftsregister recht große Zahlen vorliegen und weder von einer erhöhten Abbruchsrate noch von einem erhöhten teratogenen Risiko auszugehen ist. In der Stillzeit sollten Medikamente zum Ein- satz kommen, die in der Muttermilch nicht oder nur geringen Mengen nachzu- weisen sind. Betablocker können bei Säuglingen zu ausgeprägten Bradykardien führen.

Die Wirkung der so genannten progressiven Muskelentspannung nach Jakobsen sowie Biofeedback- Verfahren als nichtmedikamentöse Verfahren bei Migräne ist belegt.

Während der Schwangerschaft sind nur Betablocker zur Prophylaxe der Migräne zugelassen.

Als Prophylaxe der Aura hat sich vor allem Flunarizin bewährt.

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Kindliche Migräne

Die Migräne bei Kindern unterscheidet sich klinisch in einigen Punkten von der Mi- gräne der Erwachsenen. Die Attacken sind meist kürzer, die vegetativen Begleitsymp- tome können oft im Vordergrund stehen und insgesamt können die Kopfschmerzen so unspezifisch sein, dass eine einfache Diagnose nach IHS-Kriterien schwer fällt. Falls möglich ist bei kleineren Kindern Schlaf (auch kurz) ein exzellentes Mittel, um die Attacke zu beenden. Die medikamentöse Behandlung der kindlichen Migräne ähnelt im Wesentlichen der Behandlung bei Erwachsenen (mit gewichtsadaptierter Dosie- rung) (2). Migräneattacken bei Kindern werden mit Paracetamol 15 mg/kg KG oder Ibuprofen 10 mg/kg KG behandelt.Ergotamin und orale Triptane sind für das Kindesalter nicht zugelassen. Wenn Antiemetika notwendig sind, sollte Metoclopra- mid wegen der unerwünschten Arzneimittelwirkungen nicht eingesetzt werden;Dom- peridon ist jedoch eine gute Alternative. Derzeit ist in Deutschland Sumatriptan Na- senspray in der Dosis von 10 mg zur Behandlung von Jugendlichen ab dem zwölften Lebensjahr zugelassen.

Medikamenteninduzierte Dauerkopfschmerzen

Seit langem ist bekannt, dass die zu häufige Einnahme von Schmerzmitteln, Mutter- kornalkaloiden oder Triptanen zu einer Zunahme der Kopfschmerzen und letztend- lich zu einem Dauerkopfschmerz führen kann (25). Prospektiv angelegte Langzeitstu- dien haben gezeigt, dass das Zeitintervall zwischen erster Einnahme und Entwicklung

´ Tabelle 4CC´

Substanzen der ersten Wahl zur Migräneprophylaxe*1

Substanzen Dosis UAW Kontraindikationen

Metoprolol 50–200 mg H: Müdigkeit, arterielle A: AV-Block, Bradykardie, Herzinsuffizienz, Sick-Sinus-Syndrom,

Hypotonie Asthma bronchiale

G: Schlafstörungen

Propanolol 40–240 mg G: Schwindel R: Diabetes mellitus, orthostatische Dysregulation, Depression S: Hypoglykämie,

Bronchospasmus Bisoprolol 5–10 mg S: Bradykardie, Magen-

Darm-Beschwerden, Impotenz

Flunarizin 5–10 mg H: Müdigkeit, Gewichtszu- A: fokale Dystonie, Schwangerschaft

nahme R: M. Parkinson in der Familie

G: gastrointestinale Beschwerden, Depression S: Hyperkinesen, Tremor,

Parkinsonoid

Valproinsäure 500–600 mg H: Müdigkeit, A: Leberfunktionsstörungen, Schwangerschaft Schwindel, Tremor (Neuralrohrdefekte), Alkoholmissbrauch G: Hautauschlag, Haarausfall

Gewichtszunahme S: Leberfunktionsstörungen

Topiramat 50–100 mg H: Müdigkeit, Konzentrations- A: Niereninsuffizienz, Nierensteine störungen, Gewichts- Engwinkelglaukom

abnahme, Parästhesien G: Geschmacksveränderungen,

Psychosen S: Engwinkelglaukom

*1 (modifiziert nach 14); Petadolex (Pestwurzextrakt) hat eine Wirksamkeit in placebokontrollierten Studien belegt (22), führt allerdings in sehr seltenen Fällen zu schwerwiegenden Leberfunktionsstörungen. Mutterkraut (23) ist ebenfalls wirksam. Nebenwirkungen gegliedert in H: häufig; G: gelegentlich; S: selten. Kontraindikationen gegliedert in A: absolut, R: relativ. UAW, unerwünschte Arzneimittelwirkung

Die Migräne bei Kindern hat kürzere Attacken, die vegetativen

Begleitsymptome können oft im Vordergrund stehen und insgesamt können die Kopfschmerzen so unspezifisch sein, dass eine einfache Diagnose nach IHS-Kriterien schwer fällt.

(9)

von Dauerkopfschmerzen am kürzesten ist für Triptane, länger für Mutterkornalka- loide und am längsten für Analgetika (26). Umgekehrt soll der Entzug von Triptanen einfacher als von Mutterkornalkaloiden und Schmerzmitteln sein. Therapie der Wahl ist der Medikamentenentzug. Die Entzugsymptome können deutlich durch die Gabe von Prednison gedämpft werden. Nach dem Entzug führt der sinnvolle Einsatz der Akut- und Prophylaxemedikation in Kombination mit Verhaltensregeln und nicht- medikamentösen Verfahren auch bei diesen Patienten in recht kurzer Zeit zu einem messbaren Erfolg.

Der Autor wird durch Drittmittel unterstützt oder erhält Gelder für Vortragstätigkeiten von MSD, Glaxo, Almirall, Janssen, Berlin Chemie, AstraZeneca und Pfizer.

Manuskript eingereicht: 6. 1. 2006, revidierte Fassung an- genommen: 24. 2. 2006

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2006; 103(17): A 1157–66.

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Anschrift des Verfassers:

Priv.-Doz. Dr. med. Arne May Institut für systemische Neurowissenschaften Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf Martinistraße 52, 20246 Hamburg E-Mail: a.may@uke.uni-hamburg.de

Leitlinien und Stellungnahmen

Empfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopf- schmerzgesellschaft (DMKG) in Kooperation mit der Kommission „Schmerztherapie“ der deut- schen Gesellschaft für Neurologie (DGN) Migrä- neattacken und -prophylaxe:

www.dmkg.de//Therapieempfehlungen/migrä neattacken und -prophylaxe

Leitlinien der Deutschen Migräne- und Kopf- schmerzgesellschaft:www.dmkg.de

Homepage der Deutschen Gesellschaft zum Studi- um des Schmerzes:www.dgss.org/

Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurolo- gie:www.leitlinien.net/

International Headache Society, hier können Ant- worten auf Fragen zur Klassifikation von Kopf- schmerzen abgerufen werden:www.ihs-klassi fikation.de/

Übersicht und Kommentar zur aktuellen wissen- schaftlichen Literatur zum Thema Kopfschmerz:

www.kopfschmerz-news.de/download.htm

Informationen für Patienten

Listen der in Deutschland existierenden Selbsthil- fegruppen der Miräneliga e.V.:www.deutsche- migraeneliga.de/shg-liste.htm

Patienteninformationsbroschüren zum Thema

„Migräne“ zum Runterladen

www.dmkg.de/Therapie/Empfehlungen/Migräne Patienteninformationsbroschüren für „Entspan- nungsübungen“zum Runterladen:

www.dmkg.de/Therapie/Empfehlungen/

Entspannung Weitere Informationen

Entzug ist die einzig sinnvolle Behandlung beim medikamenten- induzierten Dauerkopfschmerz.

(10)

Frage 1:

Welche Medikamentenkombination kann in der Aura-Phase der Migräne eingesetzt werden?

a) Triptane und Acetylsalicylsäure

b) Nichtsteroidale Antiphlogistika oder Acetylsalicylsäure c) Ergotamin und Naproxen

d) Codein und Triptane e) alle

Frage 2:

Welche Aussage ist richtig?

a) Migränepatienten haben generell ein erhöhtes Schlaganfallrisiko.

b) Es besteht eine Komorbidität von Migräne und Bewegungsstörungen.

c) Es besteht vermutlich eine Komorbidität von Migräne und dem offenen Foramen ovale.

d) Patienten mit Migräne und offenem Foramen ovale sollten generell antikoaguliert werden.

e) Patienten mit Migräne und offenem Foramen ovale sollten generell operativ mit ei- nem Verschluss des offenen Foramen ovale behandelt werden.

Frage 3:

Welche Substanzen können bei regelmäßigem Gebrauch einen medika- mentös induzierten Dauerkopfschmerz auslösen?

a) Ergotamin b) Triptane c) Acetylsalicylsäure

d) nichtsteroidale Antiphlogistika e) alle

Frage 4:

Für medikamenteninduzierte Kopfschmerzen gilt:

a) Gefahr besteht, wenn mindestens 50 Tabletten eines Kopfschmerzmedikamentes pro Monat zur Akutbehandlung eines Kopfschmerzes eingenommen werden.

b) Gefahr besteht, wenn an mindestens 10 Tagen pro Monat Medikamente gegen Kopf- schmerz zur Akutbehandlung eines Kopfschmerzes eingenommen werden.

c) Tritt nur bei Migränikern auf.

d) Vegetative Begleitsymptome kommen im Gegensatz zur akuten Migräne kaum vor.

e) Wird mit dem „Indotest“ nachgewiesen.

Frage 5:

Welche Aussagen zur Migräne in der Schwangerschaft treffen zu?

a) Etwa 90 Prozent der Patientinnen erleben während der ganzen Schwangerschaft ei- ne deutliche Besserung der Migräne.

b) Migräneattacken können sich nicht in der Schwangerschaft erstmals manifestieren.

c) Während der Schwangerschaft tritt bei allen Patienten eine deutliche Verschlechte- rung der Migräne ein.

d) Migräneattacken sind in der Schwangerschaft grundsätzlich mild und bedürfen kei- ner medikamentösen Therapie.

e) Triptane sind in der Schwangerschaft kontraindiziert, auch wenn keine embryotoxi- schen Wirkungen nachgewiesen sind.

Frage 6:

Die Indikation für eine medikamentöse Prophylaxe ist gegeben, wenn a) Ergotamin und Triptane nicht wirken.

b) ein medikamenteninduzierter Kopfschmerz besteht.

c) mehr als drei Migräneattacken pro Monat bestehen.

d) Übelkeit und Erbrechen im Vordergrund der Beschwerden stehen.

e) Alle Aussagen treffen zu.

Frage 7:

Welche Aussage zu kindlichen Kopfschmerzen ist richtig?

a) Zur diagnostischen Einordnung kindlicher Kopfschmerzen sollte immer ein EEG, bes- ser auch ein MRT gemacht werden.

b) Die medikamentöse Therapie der kindlichen Migräne umfasst Metoclopramid, Trip- tane und Valproinsäure.

c) Kinder, die unter Migräne leiden, dürfen keine Süßigkeiten essen, weil Süßigkeiten Attacken auslösen können.

d) Migränekopfschmerzen sind bei Kindern viel häufiger einseitig als bei Erwachsenen.

e) Migräneattacken haben bei Kindern meist eine kürzere Dauer als bei Erwachsenen.

Frage 8:

Welche Aussage ist richtig?

a) Eine Bildgebung (MRT) sollte beim Leitsymptom Kopfschmerz vor allem bei primären Kopfschmerztypen differenzialdiagnostisch eingesetzt werden.

b) NSAID und Triptane sollten am besten in der allodynischen Phase der Kopfschmerz- attacke eingesetzt werden.

c) Wichtiges Merkmal einer Aura ist das Ausbreiten („March“) der Symptome.

d) Ein Status migränosus wird typischer Weise mit Valproinsäure i.v. behandelt.

e) In der Notfallsituation kann Novalgin i.v. problemlos eingesetzt werden, da es häufig effektiv ist, wenn die orale Triptangabe keine Wirkung zeigt.

Frage 9:

Welche der folgenden Symptome sprechen für eine Migräne- und gegen Spannungskopfschmerzen?

a) Zunahme der Kopfschmerzen bei körperlicher Belastung b) psychische Auffälligkeiten

c) Regelmäßigkeit der Kopfschmerzen d) Wirksamkeit von NSAID

e) nach Chiropraxie wird der Kopfschmerz besser Frage 10:

Welche Aussage ist richtig?

a) Patienten die unter einer Migräne mit Aura leiden, sollten ein Triptan erst nach Ab- klingen der Aura und mit Einsetzen der Kopfschmerzen applizieren.

b)Triptane sind auch wirksam, wenn sie während der Aura appliziert werden.

c) Nichtsteroidale Antiphlogistika sollten grundsätzlich erst nach der Aura appliziert werden.

d) Nichtsteroidale Antiphlogistika wirken nur, wenn sie in der Aura appliziert werden.

e) Ergotamine können bedenkenlos in der Auraphase eingesetzt werden.

FFrraag geen n zzu urr zzeerrttiiffiizziieerrtteen n FFo orrttb biilld du un ng g (nur eine Antwort pro Frage ist jeweils möglich, zu suchen ist dabei die am ehesten zutreffende Antwort)

Wichtiger Hinweis

Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet möglich:www.aerzteblatt.de/cme

Einsendeschluss ist der 9. Juni 2006

Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.

Die Lösungen zu dieser cme-Einheit werden in Heft 25/2006 an dieser Stelle veröf- fentlicht.

Die cme-Einheit „Der Oberbauchschmerz“ kann noch bis zum 12. Mai 2006 bear- beitet werden.

Für Heft 21/2006 ist das Thema „Juckreiz“ vorgesehen.

Lösungen zur cme-Einheit in Heft 9/2006

Aretz S, Propping P, Nöthen M: Indikationen zur molekulargenetischen Diagno- stik bei erblichen Krankheiten. 1/b, 2/b, 3/b, 4/c, 5/a, 6/a, 7/c, 8/c, 9/d, 10/d

Referenzen

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