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Archiv "Auch die Leiche gehört dem Staat" (08.10.1981)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Die Regelung und Handhabung der Organtransplantation Verstorbener ist sozusagen die Totenmaske des Persönlichkeitsrechts eines Staates.

Wer Willen und Recht der Toten und damit die Totenruhe nicht respek- tiert, macht auch mit den Rechten der Lebenden meist kaum viel Fe- derlesen. Besonders die DDR schmückt sich im Gesundheitswe- sen von der Wiege bis zur Bahre gern mit Federn, die ihre Bürger zu- vor unfreiwillig lassen mußten. Das gilt auch für die Organtransplanta- tionen.

Als die DDR-Medizin vor sechs Jah- ren in der Lage war, in ihrer Funk- tion beeinträchtigte oder funktions- unfähige Organe durch funktions- tüchtige zu ersetzen, erließ der Mini- sterrat der DDR am 4. Juli 1975 eine Verordnung über die Durchführung von Organtransplantationen. Da- nach sind Organentnahmen grund- sätzlich gestattet, sofern der Ver- storbene zu Lebzeiten keine andere Feststellung getroffen hat. Das Ärz- tekollektiv, das den Tod feststellt, darf jedoch die Transplantation nicht selbst vornehmen.

Nach der Ersten Durchführungsver- ordnung vom 29. März 1977 werden Nierentransplantationen in den Nie- rentransplantationszentren im Städ- tischen Krankenhaus im Friedrichs- hain in Berlin, im Bereich Medizin der Wilhelm-Pieck-Universität Ro- stock und im Bereich Medizin der Martin-Luther-Universität Halle-Wit- tenberg vorgenommen. Die drei Transplantationszentren arbeiten eng mit der RGW-Organisation „In- tertransplant" — dem Gegenstück von „Eurotransplant" — zusammen.

Das Bezirksinstitut für Blutspende- und Transfusionswesen Berlin fun- giert als Zentrales Typisierungszen- trum und koordiniert die Arbeit der Typisierungszentren Halle und Ro- stock. Nach § 2 der Ersten Durchfüh- rungsverordnung gehören zu dem

vom Bezirksarzt zu bestimmenden Ärztekollektiv, das „die Feststellung des Todes eines Bürgers, bei dem Reanimationsmaßnahmen zur künstlichen Aufrechterhaltung von Organfunktionen mit dem Ziel der Lebenserhaltung durchgeführt wer- den, trifft", mindestens ein Facharzt für Neurologie/Psychiatrie und der leitende Arzt der Fachabteilung der Gesundheitseinrichtung, in der der Patient zuletzt behandelt wurde, be- ziehungsweise dessen diensthaben- der Vertreter.

In den letzten Jahren wurde die Kapazität der Nierentransplanta- tionszentren auf über 130 Organent- nahmen und Transplantationen er- höht, so daß die Nierentrans- plantation in den drei Zentren bereits zur Routine gehört. Dabei kam es immer wieder zu Protesten von Bürgern, deren Angehörige sich zu Lebzeiten aus religiösen oder an- deren Gründen gegen die Organent- nahme nach ihrem Tode ausgespro- chen und auch entsprechende Fest- legungen darüber getroffen hatten, die jedoch in der Praxis nicht re- spektiert worden waren. Mehrfach wandten sich Ärzte zu Lebzeiten der Verstorbenen privat an die Angehö- rigen und informierten sie über die beabsichtigte Organentnahme nach dem Tode. Die daraufhin von Ange- hörigen erhobenen Einwände wur- den meist mit dem Hinweis auf neue- ste Rechtsbelehrungen im zuständi- gen Fachorgan zurückgewiesen.

Nunmehr beseitigte der Leiter der Abteilung Recht im Ministerium für Gesundheitswesen, Dr. J. Mandel, in seinem Beitrag „Zu einigen prinzi- piellen Fragen des Verhältnisses zwischen Medizin und Recht" in Heft 10/1981 der DDR-Zeitschrift

„Das deutsche Gesundheitswesen"

alle Zweifel über die Anwendung des Transplantationsrechts in der DDR.

Danach besteht die Rolle des Rechts in der DDR darin, „dafür Sorge zu Von Schulmedizin und Zauberern

viele Jahre vergangen, ohne daß mir je ein verwertbares Ergebnis be- kannt wurde, welches die Thesen der Homöopathie von den vielen Zweifeln befreit.

Das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT hat in Heft 32 (1981) mit Aufsätzen von R.

Gross, K. H. Gebhard und Irmgard Oepen zum Thema Homöopathie sehr lesenswerte Beiträge geliefert, auf die ich verweisen möchte.

Unterschiedliche Krankheitsarten in Praxis und Krankenhaus rechtferti- gen zwar differente Behandlungs- weisen, aber keine unterschiedliche

„Wissenschaft", somit auch keine Para-Wissenschaftlichkeit. Dabei können „Lernziele" nur definiert werden, wenn ein hinreichend aner- kannter und mit den (jeweils gülti- gen) Kriterien der Nachprüfbarkeit abgesicherter Wissensbereich anvi- siert wird. Daran hapert es bei den sogenannten Außenseiter-Metho- den, sonst wären sie ja nicht

„außen"!

Somit gehen auch die von Wünstel in Frageform gekleideten Forderun- gen an Ärztekammern (Weiterbil- dungsordnung) und den Gesetzge- ber (Kassenarztrecht) am Problem vorbei. — Es geht, wie Wünstel selbst eingesteht, um Nachprüfbarkeit und Reproduzierbarkeit definierter The- rapieformen. Die sogenannte Schul- medizin mußte auf diesem Felde manche Niederlage hinnehmen und aus den Fehlern immer wieder ler- nen. Den sogenannten Außenseiter- methoden — was immer man darun- ter verstehen mag — können ähnli- che Erschütterungen nicht erspart und das Rigorosum nicht erlassen werden!

Übrigens, der im Schlußabsatz von Kollegen Wünstel gemachte Vorwurf mit Hinweis auf die Berufsordnung („unsachliche Kritik an der Behand- lungsweise ...") ist abwegig und wird von mir ebenso kollegial wie nachdrücklich zurückgewiesen.

Prof. Dr. med. Ulrich Kanzow Städtisches Krankenhaus Gotenstraße 1

5650 Solingen

AUS DER DDR

Auch die Leiche gehört dem Staat

Recht und Praxis der Nierentransplantation in der DDR

1946 Heft 41 vom 8. Oktober 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen AUS DER DDR

tragen, daß bei der Verwirklichung, bei der Umsetzung der medizinisch- wissenschaftlichen Erkenntnisse im jeweiligen Einzelfall die Rechte und Interessen der an der medizinischen Betreuung Beteiligten umfassend gewahrt werden: sowohl der Mitar- beiter in unseren Einrichtungen als auch der Patienten". Dieses Prinzip erläutert Mandel am Beispiel der Or- gantransplantation; er stellt und be- antwortet die Frage: „Ist zur Wah- rung der Rechte eines Verstorbenen dessen Zustimmung zu seinen Leb- zeiten oder die Zustimmung der An- gehörigen nach seinem Tod erfor- derlich? Diese Frage mußte verneint werden, da die Organentnahme von einer unverzichtbaren Vorausset- zung abhängt, an die das Recht an- knüpft: von der nachweisbaren, zweifelsfreien Feststellung des To- des. Die Kriterien hierfür liegen aus- schließlich im medizinischen Be- reich."

Demnach genügt es in der DDR, wenn der diensthabende Arzt ei- nen Neurologen beziehungsweise Psychiater hinzuzieht, mit ihm zu- sammen die in der Durchführungs- bestimmung von 1977 bezeichnete Kommission bildet und den Tod fest- stellt. Mandel: „Sofern die Kommis- sion zu der übereinstimmenden Auf- fassung kommt, daß der Tod einge- treten ist, können keine Rechte — weder des Verstorbenen noch der Angehörigen — verletzt werden, wenn nach diesem Zeitpunkt ei- ne Organentnahme vorgenommen wird. Und ein zweiter Gesichtspunkt ist maßgebend, der letztlich aus rechtlicher Sicht den Verzicht auf die Zustimmung bedeutete. Die Kommission, die über die Feststel- lung des Todes entscheidet, ist nicht identisch mit dem Ärztekollektiv, das für die Entnahme des Organs verant- wortlich ist. Damit wird auch der lei- seste Anschein einer Interessenkolli- sion vermieden".

Dieses Verfahren wurde in den letz- ten sechs Jahren bei über 750 Nie- rentransplantationen und einigen Lebertransplantationen angewandt.

Dabei wurden — und werden — im zunehmenden Maße weder die im Transplantationsgesetz der DDR von

1975 garantierten, zu Lebzeiten ge- troffenen Feststellungen der Ver- storbenen noch kirchliche Einwän- de berücksichtigt. Im „real existie- renden" Sozialismus der DDR ist (nach dem Titel eines das Gesund- heitswesen der DDR lobenden Bu- ches) nicht nur die Gesundheit Staatseigentum — auch die Leiche gehört dem SED-Staat. zel

Klare Absage an die Akupunktur

„Nach eingehender Prüfung" hat die Klasse Medizin der Akademie der Wissenschaften der DDR eine Erklä- rung zur Frage der Akupunktur ab- gegeben, die in den Feststellungen gipfelt, es gebe zur Zeit keine Veran- lassung, die Bereitstellung von Mit- teln zur Akupunkturforschung zu empfehlen; ebenso sei die Unter- richtung der Akupunktur bei der Ausbildung der Ärzte absolut ent- behrlich.

Die Erklärung beruft sich darauf, daß „besonders in Westeuropa" un- ter Beteiligung einiger Ärztevereini- gungen sowie durch Tagespresse, Illustrierte und Fernsehen in der Be- völkerung und zum Teil auch bei einigen Ärzten Unsicherheit erregt worden sei. Im einzelnen wird dann ausgeführt, die Akupunkturpunkte seien der Wissenschaft unbekannt, ihre Existenz noch nicht einmal wahrscheinlich gemacht worden.

Der Akupunktureffekt liege im Rah- men der auch durch andere sugge- stive Verfahren erreichbaren Effek- te. Eine Behandlung von schweren Krankheiten — Infektionskrankhei- ten, Organerkrankungen, System- erkrankungen, Tumorleiden oder Er- krankungen von Sinnesorganen — mittels Akupunktur ist nicht mög- lich, heißt es wörtlich.

Auch bei der Narkose leiste die Aku- punktur nicht mehr als andere Ver- fahren, die auf Hypnose, Suggestion oder Autosuggestion beruhen oder sich der hysteroiden Grenzsituation des Patienten vor der Operation be- dienen. gb

Der Patient will informiert werden

Die Information durch den Arzt über einzuleitende diagnostische und therapeutische Maßnahmen, der Umgangston und die Kontaktmög- lichkeiten zu den Angehörigen ste- hen bei den Patienten in der DDR an erster Stelle der Verbesserungswün- sche an das Krankenhaus.

Diese Reihenfolge ergibt sich aus der Auswertung einer Fragebo- genaktion, bei der 1700 Patienten in Krankenhäusern des Bezirkes Frankfurt/Oder und in Stralsund be- fragt wurden und über die die in Ostberlin erscheinende Zeitschrift

„humanitas" jetzt berichtet hat. Bei den Patientenwünschen, die zum Wohlbefinden und zur Zufriedenheit im Krankenhaus beitragen würden, folgen in der Rangfolge Grünanla- gen auf dem Krankenhausgrund- stück, eine ungestörte Nachtruhe, abwechslungsreiches Essen und Bänke in den Krankenhausanlagen.

Die Umfrage stand offenbar im Zu- sammenhang mit der vor einigen Monaten erlassenen „Rahmenkran- kenhausordnung", die unter ande- rem sicherstellen soll, daß auf den Stationen der Krankenhäuser in der DDR für die Patienten eine Nachtru- he von 22 bis 6 Uhr einzuhalten ist.

Der gleiche Fragebogen wurde auch 450 Ärzten und Schwestern vorge- legt, die aber nicht ihre eigenen Wünsche zum Ausdruck bringen, sondern einschätzen sollten, was die Patienten für am wichtigsten halten.

Hier wurden in der Reihenfolge am häufigsten genannt: Nachtruhe, Umgangston, Erreichbarkeit der Schwester, abwechslungsreiches Essen, Art des Servierens, Waschge- legenheit im Zimmer und Möglich- keit für den Patienten, sich über per- sönliche Probleme auszusprechen.

Erst an achter Stelle, so glauben die befragten Ärzte und Schwestern, steht bei den Patienten der Wunsch nach Information durch den Arzt über die Erkrankung und ihre Be- handlung. gb DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 41 vom 8. Oktober 1981 1947

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