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DEUTSCHE S
Ä RZTE BLATT
Ärztliche Mitteilungen
Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung
Kostentransparenz?
Aber kein Spareffekt zu erwarten
Ein regierungsamtliches „Forschungsprojekt"
mit strukturpolitischem Hintergrund
Bereits im Vorstadium der Projekt- vergabe hat ein regierungsamtliches
„Forschungs"vorhaben mit dem Ti- tel „Modellversuche zur Erhöhung der Leistungs- und Kostentranspa- renz in der gesetzlichen Krankenver- sicherung gemäß § 223 RVO" zu Kontroversen geführt. Von der in
§ 223 RVO gegebenen Ermächti- gung haben die Krankenkassen bis- her nur vereinzelt Gebrauch ge- macht. Um zu prüfen, wie der Para- graph systematisch umgesetzt und die „Steuerungs- und Kontrollme- chanismen" in der gesetzlichen Krankenversicherung verbessert werden können, hat das Bundesmi- nisterium für Arbeit und Sozialord- nung einen wohldotierten For- schungsauftrag ausgeschrieben.
Die Untersuchung, die teilweise aus Etatmitteln des Bundesarbeits- ministeriums (BMA) gefördert und extern „wissenschaftlich beglei- tet" werden soll, zählt zu den Schlüsselprojekten der vom Ehren- berg-Ministerium dirigierten „Forschung zur Organisation und Funktionserfüllung der gesetzlichen Krankenversicherung". Sie ist ein Teil der insgesamt zehn Schwerpunktbereiche „strukturpoliti- scher" Forschungsprojekte im Gesundheitswesen, die im Rahmen des mit insgesamt 450 Millionen DM ausgestatteten regierungsamtli- chen „Programms zur Förderung von Forschung und Entwicklung im Dienste der Gesundheit (1978 bis 1981)" öffentlich gefördert werden.
Sowohl die im „Bundesanzeiger" veröffentlichte Bekanntmachung als auch interne Vorab-Beratungen im Bundesarbeitsministerium mit Vertretern der Krankenkassen-Spitzenverbände und der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung (auch die Deutsche Krankenhausge- sellschaft und die Bundesknappschaft waren eingeladen, aber nicht vertreten) ließen die regierungsamtlich gestellte Zielrichtung klar erkennen, bestimmte Leistungs- und Kostendaten „in den Griff" zu bekommen. In diesem Sinne soll der mit Inkrafttreten des sogenann- ten „Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes" (KVKG) novellierte § 223 der Reichsversicherungsordnung (RVO) nun — nach fast drei Jahren — mit „Leben" erfüllt werden.
Nur einzelne „Pionier-Krankenkassen (wie etwa die Betriebskran- kenkasse der Chemischen Werke Hüls oder die Allgemeine Ortskran- kenkasse Minden-Lübbecke) machten von der in § 223 RVO veran- kerten Ermächtigung Gebrauch, „in geeigneten Fällen", im Zusam- menwirken mit den zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen, den Krankenhausträgern sowie den Vertrauensärzten, den Versi- cherten und die behandelnden Ärzte über die Kosten der in Anspruch genommenen Leistungen zu unterrichten und darüber hinaus gezielt „Krankheitsfälle" zu überprüfen (DEUTSCHES ÄRZ- TEBLATT 34/1980, Seite 2011 ff.; Heft 44/1980, Seite 2636). Den Heft 3 vom 15. Januar 1981 59
Die Information:
Bericht und Meinung Kostentransparenz?
Absichten zufolge soll dieses auch mit Hilfe der elektronischen Da- tenverarbeitung (EDV) betriebene Informieren, Unterrichten und Nachforschen den Kassenverwal- tungen .,helfen", sich bei beson- deren Problemfällen und be- stimmten Versichertengruppen aktiv beratend und betreuend ein- zuschalten.
Die bisherige Umsetzung der ge- setzlichen Bestimmungen blieb weit hinter den Erwartungen so- wohl des Bundesarbeitsministe- riums als auch der beteiligten Krankenkassen und Verbände (zum Beispiel Modellversuch Lin-
dau, der als Vorstudie zu dem neu-
erlichen Projekt diente) zurück.
Auch die werbemäßig-publizi- stisch begleiteten Informationsak- tionen der beiden nordrhein-west- fälischen .,Modeii"-Krankenkas- sen mußten sehr bald erkennen, daß die Vermittlung bloßer Ko- stenkenntnis noch keineswegs das Kostenbewußtsein der Versi- cherten intensiviert und zu nen- nenswerten Einsparungen führt.
Auch der vor mehr als zehn Jahren von der Betriebskrankenkasse der Firma Carl Zeiss in überkochen/
Württemberg und der Betriebs- krankenkasse der Wieland-Werke in Ulm in enger Zusammenarbeit mit der KV Nord-Württemberg ge- startete freiwillige Versuch, mittels regelmäßiger Quartals-Kostenaus- züge mehr Kostentransparenz zu vermitteln, ist nach fünfjähriger Erprobung- ergebnislos, weil ko- stenerh.öhend -vorzeitig abgebro- chen worden.
Trotz dieser negativen Vorbela- stungen geht das Bundesarbeits- ministerium das Modellprojekt zur Umsetzung des § 223 RVO un- beirrt an, indem den Projektbe- werbern ein detailliertes For- schungsraster vorgegeben wird. Erschwerend kommt für interes- sierte Krankenkassen hinzu, daß sie sich an den Kosten des Modell- versuchs unmittelbar beteiligen, möglichst über einen kompletten EDV-Apparat verfügen und tun- liehst auf Vorerfahrungen zurück-
Liebe Frau, hat Ihr Arzt an Ihnen wirklich zweimal diese BMÄ-Position vorge-
nommen? Karikatur: Party
greifen sollen. Ausdrücklich soll das Projekt mit der Kassenärzte- schaft einvernehmlich beraten
werden.
Nach den Vorstellungen des Bun- desarbeitsministeriums sollen die Spitzenverbände der Krankenkas- sen ihre Mitglieder auffordern, Modellaktionen eigenverantwort- lich zu entwickeln und diese etwa eineinhalb Jahre lang zu erpro-
ben. Um das Projekt übersichtlich
und in finanziellen Grenzen zu hal-
ten, sollen nicht mehr als drei bis
vier Krankenkassen mit der Pro- jektdurchführung betraut werden.
Dabei könnte insoweit an eine Ar- beitsteilung gedacht werden, als insgesamt sechs Problemfelder ventiliert werden sollen, die das .,Forschungsvermögen" einer ein- zelnen Krankenkasse weit überfor- dern dürfte:
..".. Klärung und Sicherung der da- tentechnischen und organisatori- schen Voraussetzungen für eine Überprüfung von Krankheitsfällen und die gezielte Unterrichtung der Versicherten und der behandeln- den Ärzte;
..".. Erarbeitung von Kriterien, die einer zielgerechten Auswahl der
"geeigneten Fälle" zugrunde ge-
legt werden sollen;
..".. Entwicklung und Erprobung standardisierter und wenig auf- wendiger Verfahren, um geeignete
Fälle zu identifizieren und Versi- cherte und Ärzte zu unterrichten;
..".. Entwicklung und Erprobung von Verfahren zur "Kommunika-
tion" zwischen Krankenkassen
und Versicherten sowie behan- delnden Ärzten (zeitlicher Rhyth- mus, Anlaß der Unterrichtung, ge- genseitige Mitteilung an Versi- cherte und Ärzte und Rückkoppe- lung zur Krankenkasse);
..".. Ermittlung und Beurteilung der Einstellung von Versicherten und Ärzten zu der durchgeführten Un- terrichtung;
..".. Beurteilung der Auswirkungen erhöhter Leistungs- und Kosten- transparenz auf das Inanspruch- nahme- und Krankheitsverhalten der Versicherten sowie auf die Kassenverwaltung und die .,Lei- stungserbringer".
Nach Darstellung des Banner Ar- beitsministeriums zielen § 223 RVO und der Modellversuch vor allem darauf ab, solche Krank- heitsfälle näher zu untersuchen, die besonders häufig auftreten, um nach den Ursachen zu fahn- den und diese möglichst abzustel- len. Diesen Intentionen zufolge
soll nicht so sehr der einzelne Be-
handlungsfall im Vordergrund ste- hen als vielmehr das epidemiolo- gische Spektrum. Dabei solle der vertrauensärztliche Dienst als Be- rater der Krankenkasse sachver- 60 Heft 3 vom 15. Januar 1981 DEUTSCHES ARZTEBLATT
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ständig eingeschaltet werden. Um nicht in die Kompetenzen der Krankenkassen-Verwaltungen ein- zugreifen, sollen die „geeigneten Fälle" jeweils von den Kassen be- stimmt werden. Nicht sinnvoll sei es, so das BMA weiter, sämtliche Versicherten „unter die Lupe" zu nehmen, sondern krankheitsbezo- gen vorzugehen (betriebs- und umweltbezogene Fälle, Krank- heitsbehandlung im Zusammen- hang mit Krebs oder auch nach Maßgabe des Verordnungsum- fanges).
Während sich insbesondere die Orts- und Betriebskrankenkassen an der Durchführung des Projek- tes interessiert zeigten, lehnte der Verband der Angestellten-Kran- kenkassen (VdAK) die Aktion als ungeeignet und möglicherweise kostentreibend ab.
Die Kassenärztliche Bundesver- einigung begrüßt zwar Absichten, die Kostentransparenz und das Kostenbewußtsein zu erhöhen, be- fürwortet den Modellversuch aber nur dann, wenn dem gesetzlichen Erfordernis Rechnung getragen werde, die Kassenärztlichen Ver- einigungen und die KBV bei allen Aktionen und bei der Projektver- gabe beratend einzuschalten. Wie die Ersatzkassenverbände pro- gnostiziert die KBV keinerlei Ko- stenspareffekte, falls lediglich „In- formations-Aktionen" beabsich- tigt werden. Zudem müßte der Mo- dellversuch gewährleisten, daß die Versicherten nicht nur über die Kosten für die ärztliche und zahn- ärztliche Behandlung, sondern auch über die Krankenhausko- sten, über die Kosten für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel unterrichtet werden. Zudem dürfe dies alles nicht hinter dem Rücken des Arz- tes geschehen. Auch die daten- schutzrechtlich relevanten Fragen des Modellversuchs seien inso- weit vorab klärungsbedürftig, als personenbezogene Daten weiter- gegeben würden und der Modell- versuch durch externe Institutio- nen „wissenschaftlich begleitet' werden soll.
Dr. rer. pol. Harald Clade
1.
Präambel
Die Partner des Bundesmantelver- trages-Ärzte sind bestrebt, eine qualitativ hochwertige ärztliche Versorgung zu sichern und gleich- zeitig die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen im angemes- senen gesamtwirtschaftlichen Rahmen zu halten. Die Bundesver- bände der Krankenkassen ein- schließlich der Bundesknapp- schaft und die Kassenärztliche Bundesvereinigung werden an ih- rem Konzept zur Stärkung der am- bulanten kassenärztlichen Versor- gung auch zum Zwecke der Ein- sparung von Kosten in anderen Bereichen der gesetzlichen Kran- kenkassen weiterarbeiten.
Die Partner des Bundesmantelver- trages-Ärzte empfehlen den Part- nern der Gesamtverträge, den
Punktwert Stand 31. Dezember 1980 für die Zeit vom 1. Januar 1981 bis zum 30. Juni 1981 um 4 v. H. und das Fallpauschale La- bor (Abschnitt M des BMÄ '78) ab 1. Januar 1981 gegenüber den Vorjahresquartalen ebenfalls um 4 v. H. zu erhöhen.
Die Partner des Bundesmantelver- trages-Ärzte gehen bei dieser Empfehlung davon aus, daß die Berechnung der Gesamtvergütun- gen für kassenärztliche Versor- gung im übrigen nach der in ihrer Einigung vom 5./6. März 1979 über ein gleichförmiges Verhalten in der Konzertierten Aktion im Ge- sundheitswesen niedergelegten Vorgehensweise mit der Ausnah- me erfolgt, daß der in Nummer 5 Abs. 1 dieser Einigung genannte Steigerungsprozentsatz um 0,3 v.
H. auf dann 2,3 v. H. ab 1. Januar 1981 angehoben wird. Die Ermitt- lung des Grenzbetrages erfolgt entsprechend den beigefügten Berechnungsgrundlagen.
NACHRICHTEN
Die Honorarempfehlung KBV/RVO-Kassen
Nach der Zustimmung durch die Vorstände der Bundesverbände der Orts-, Betriebs-, Innungs- und landwirtschaftlichen Krankenkassen am 22. Dezember 1980 ist die Honorarempfehlung mit der kassenärztlichen Bundesvereinigung zustande gekommen.
Die Notwendigkeit einer Stärkung der ambulanten kassenärztlichen Versorgung hatte auf der letzten Vertreterversammlung der KBV deren Erster Vorsitzender, Dr. Hans Wolf Muschallik, betont, als er die schwie- rigen Verhandlungen über diese Empfehlung erläuterte (DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 1/1981).
In diesem Zusammenhang ist an die einstimmig gebilligte Resolution zu erinnern, mit der die KBV-Vertreterversammlung die Kassenärzte auf- ruft, durch Ausschöpfung aller Möglichkeiten der ambulanten Diagno- stik und Therapie die Beitragsstabilität in der gesetzlichen Krankenver- sicherung sichern zu helfen. Unter diesem Aspekt ist auch der Appell zu sehen (DÄ 1/1981), wegen der 1980 drohenden Überschreitung der Arzneimittel-Höchstbeträge die 'Richtlinien über eine wirtschaftliche Verordnungsweise besonders zu beachten. Sinngemäß gilt dieser Appell auch für die Bereiche Heil- und Hilfsmittel und Krankenhaus, in denen der Kassenarzt im Rahmen seiner Möglichkeiten die allseitigen Kostendämpfungsbemühungen unterstützen kann.
Nachstehend der Wortlaut der gemeinsamen Honorarempfehlung:
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 3 vom 15. Januar 1981 61