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ach meinen bisherigen Erfahrun- gen kann ich feststellen, dass der von egoistischen Interessen domi- nierte Streit zwischen den Beteiligten im Gesundheitswesen allmählich der Be- reitschaft zum Gespräch weicht.“ Die- sen Eindruck gab Bundesgesundheits- ministerin Ulla Schmidt (SPD) in der vergangenen Woche vor dem Bundestag wieder, als sie ihre erste Regierungser- klärung seit Amtsantritt vortrug. In Richtung ihres Vorgängers Horst Seeho- fer (CSU) ergänzte sie: „Was Ihnen wie die Quadratur des Kreises erscheinen musste, sollte uns heute nicht entmuti- gen. Die Bereitschaft der Beteiligten, die eigenen Positionen zum Wohl der Pati- entinnen und Patienten zu überdenken, ist erkennbar.“Ob im Bundestag, bei der Eröffnung des Hauptstadtkongresses (Textkasten) oder anderswo – die Bundesgesund- heitsministerin hat ihr Faible für die ge- meinsame Selbstverwaltung im Ge- sundheitswesen entdeckt und ein neues Klima der Akteure ausgemacht. So ver- teidigte sie beim Hauptstadtkongress die geplante Aufhebung des Kollektiv- regresses und das Ende der bisherigen Arznei- und Heilmittelbudgets unter anderem damit, die Selbstverwaltung könne flexibler reagieren als der Ge- setzgeber und besser die Erfordernisse vor Ort berücksichtigen. In der an- schließenden Diskussionsrunde fielen die Reaktionen dennoch verhalten aus.
Herbert Rebscher, Vorstandsvorsit- zender des Verbandes der Angestellten- Krankenkassen, lobte zwar Schmidts Ansatz, kritisierte jedoch Widersprüch- lichkeiten. Angeblich sei genug Geld im System der Gesetzlichen Krankenversi- cherung (GKV), nach Meinung man- cher auch zu wenig – verschwiegen wer-
de aber, dass die Politik der GKV durch ihre Entscheidungen im Lauf der Jahre Milliarden DM entzogen habe. Als jüngstes Beispiel führte Rebscher die Neuordnung des Rehabilitations- und Schwerbehindertenrechts an, die für die Krankenkassen Mehrkosten in Höhe von 500 Millionen DM jährlich bedeute.
Schmidt weise der Selbstverwaltung ei- nerseits neue Verantwortung zu (Arz- neimittelversorgung), stelle sie aber an- dererseits infrage. Als Belege nannte er das Hickhack um die Festbeträge oder die Tatsache, dass eine klare gesetzliche Basis fehle, auf der Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) ohne Sorge vor gerichtlichen Auseinan- dersetzungen über eine rationale Arz- neimitteltherapie informieren können.
Dr. med. Manfred Richter-Reich- helm, Erster Vorsitzender der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung, bezeich- nete einen Zuwachs an Kompetenz für die Selbstverwaltung als richtigen Weg.
Dass bei der Arzneimittelversorgung am Anfang die Definition von Versorgungs- zielen stehen solle und nicht das Geld,
sei „ein Hoffnungsschimmer“. Zukunfts- trächtige Lösungen ließen sich jedoch nur finden, wenn sich die Selbstverwal- tungspartner an die Spielregeln hielten und aufeinander zugingen.
Das ist jedoch nicht immer so. Als Beispiel wurde die Festsetzung von Arz- nei- und Heilmittelbudgets angeführt.
Weil sich Krankenkassen und KVen häufig darüber nicht einigen können, entscheiden mit großer Verspätung die Schiedsämter. Rebscher konterte: Die gemeinsame Selbstverwaltung befinde sich „nicht in kriegerischem Zustand“.
Man arbeite im Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen zusammen.
Zudem schlössen die Krankenkassen regelmäßig mit 23 KVen Verträge. „In der Sache ist die Leistungsfähigkeit der Selbstverwaltung höher, als man an- nimmt“, fand Rebscher.
Ulla Schmidt hingegen räumte ein, dass man über die Strukturen der ge- meinsamen Selbstverwaltung nachden- ken müsse. Manche Konstruktion be- hindere offenbar neue Lösungen, bei- spielsweise im Bereich der integrierten Versorgung. Auf die Begrenzung der Mittel in der GKV ging sie nicht ein, obwohl gerade dies den Druck auf die Selbstverwaltung erhöht. Dieser Aspekt wurde jedoch von Besuchern des Kongresses angesprochen, die mit- diskutierten. Mit Fördergeldern aus Schmidts Ministerium seien Modellpro- jekte ins Leben gerufen worden, die zu neuen und verbesserten Ansätzen der Patientenversorgung geführt hätten.
Doch in die Regelversorgung würden sie nicht übernommen – der Kosten we-
gen. Sabine Rieser
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A1364 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 21½½25. Mai 2001
Ein Dach für drei Veranstaltungen
Der Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit „ist ein Spiegel der Vielfäl- tigkeit und Komplexität unseres Gesundheitswesens, bündelt widerstreitende Interessen unter einem Dach und wird sicher besondere Akzente in der ge- sundheitspolitischen Diskussion setzen.“ Mit diesen Worten würdigte Bundes- gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) den diesjährigen, vierten Kongress vom 16. bis 18. Mai in Berlin, zu dem rund 4 000 Besucher kamen.
Er vereinte drei einzelne Veranstaltungen: den Deutschen Pflegekongress, Krankenhaus-Klinik-Rehabilitation und das Deutsche Ärzteforum. Prof. Dr.
med. Axel Ekkernkamp, wissenschaftlicher Leiter dieses Fortbildungsangebots, sagte, man wolle den Arzt als Heiler und Manager ansprechen. Die Angebotspa- lette reichte deshalb von der Vermittlung neuer Erkenntnisse bei der Behandlung des Bluthochdrucks bis zu Fragen der optimalen Praxisgestaltung. Rie