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Archiv "Der AOK-Verband gibt sich (entgegen sonstigen Gewohnheiten) merkwürdig kleinlaut" (29.10.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Politik

D

ie Pflegesatzrunde 1986 ist gelaufen. Das Ergebnis ist enttäuschend, jedenfalls aus Sicht der gesetzlichen Kran- kenversicherung. Weniger aus Sicht der Krankenhausträger.

Sie haben zwar nicht das be- kommen, was sie bekommen wollten, aber doch mehr, als ih- nen die Konzertierte Aktion zu- billigte. Der Geschäftsführer des AOK-Bundesverbandes, Dr.

Franz-Josef Oldiges, bezifferte auf einem Presseseminar die durchschnittliche Forderung der Krankenhäuser auf 10 Prozent.

Tatsächlich seien die Pflegesät- ze nach dem Stand Ende Sep- tember 1986 im Schnitt um 5

Prozent angehoben worden. Die Konzertierte Aktion hatte einen Pflegesatzanstieg von 3,25 Pro- zent empfohlen.

Der AOK-Verband bezeichnet selbst die Pflegesatzrunde 1986 als „nicht ermutigend". Anderer- seits — seine Krankenkassen ha- ben verhandelt; und was da jetzt herausgekommen ist, das sind die Folgen eigener Taten. Und so gibt sich denn auch der Bundes- verband der Ortskrankenkassen, was das Jahr 1986 angeht, ein wenig kleinlaut. Für 1987 aller- dings versprach Dr. Oldiges na- mens seines Verbandes, die Möglichkeiten, die das neue Pflegesatzrecht biete, voll aus- zuschöpfen. Doch wies er vor der Presse vorsorglich auf ein wesentliches psychologisches

Hindernis hin, das gerade den Ortskrankenkassen in den Pfle- gesatzverhandlungen zu schaf-

Wenig Neues vom AOK-Bun- desverband. Beim traditionel- len Presseseminar Mitte Ok- tober hielten sich die Ver- bandsoberen bedeckt. Aussa- gen etwa zu einer Strukturre- form im Gesundheitswesen blieben weitgehend aus. Von Interesse ist immerhin die Be- wertung der Pflegesatzrunde 1986: Die Kassen haben sich da nicht mit Ruhm beklek- kert. Der AOK-Verband ver- sucht eine Rechtfertigung.

fen macht, nämlich die örtliche Verbundenheit der Verhand- lungspartner am Sitz der Kassen.

Kassen und Krankenhausträger stünden teils unter einem erheb- lichen öffentlichen Meinungs- druck, und — setzen wir Oldiges Gedankengang nun selbst fort — da liegt es nahe, den Weg des geringsten (öffentlichen) Wider- standes zu gehen.

Eine solche Haltung wird durch ein Manko des Pflegesatzrechts noch gefördert: Für die Verhand- lungen am Ort gibt es, wie Oldi- ges es ausdrückt, „keine überre- gionale Abfederung".

Das ist anders als im ambulanten Bereich, wo es ja eine Fülle von überregionalen Vorgaben, ange- fangen von Bundesempfehlun- gen für die Honorarentwicklung, über den Bewertungsmaßstab

für ärztliche Leistungen bis zu allerlei Richtlinien des Bundes- ausschusses der Ärzte und Kran- kenkassen gibt, die die regiona- len Verhandlungen doch we- sentlich vorprägen. Nach dem neuen Krankenhausrecht gibt es zwar solche „überregionalen Abfederungen" auch für den sta- tionären Sektor, doch das steht bisher auf dem Papier, klagt der AOK-Bundesverband.

> Beispielsweise fehlen immer noch die in der RVO vorgesehe- nen Vereinbarungen zwischen Kassenverbänden und Kranken- hausträgern über die Errichtung von Prüfausschüssen, die die Einhaltung der Wirtschaftlich- keit überwachen sollen. Zwar hat der Gesetzgeber wohlweis- lich vorgesehen, daß für den Fall, daß sich die beiden Kontra- henten über die Errichtung sol- cher Ausschüsse nicht einigen, eine Schiedsstelle angerufen werden kann, doch solche Schiedsstellen gibt es nicht.

Oder: Die Deutsche Kranken- hausgesellschaft und die Spit- zenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung sollen laut Krankenhausfinanzierungsge- setz Empfehlungen für Wirt- schaftlichkeit und Leistungsfä- higkeit herausgeben; auch hier:

Fehlanzeige. Die Vorstellungen der Krankenhäuser und der Krankenkassen „liegen weit aus- einander", resümiert Oldiges la- konisch.

Was aber ist mit den Empfehlun- gen der Konzertierten Aktion?

Die gibt es natürlich, aber wo die Instrumente fehlen, sie auf regio- naler und örtlicher Ebene durch- zusetzen, bleiben sie Schall und Rauch — siehe Pflegesatzver- handlungen 1986.

Dennoch geben sich die Orts- krankenkassen für 1987 optimi-

Der AOK-Verband gibt sich

(entgegen sonstigen Gewohnheiten)

merkwürdig kleinlaut

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 44 vom 29. Oktober 1986 (17) 3001

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Ortskrankenkassen

stischer. Man will zum Beispiel den Krankenhausbetriebsver- gleich ausbauen. Kosten und Leistungen vergleichbarer Kran- kenhäuser seien in den Verhand- lungen zu berücksichtigen; das Leistungsspektrum der Kranken- häuser müsse genauer als bisher in Augenschein genommen wer-

den. Und hier gelten laut Oldiges

drei Vorgaben:

~ Was ambulant gemacht wer- den kann, sollte ambulant ge- macht werden.

~ Was nicht effektiv ist, sollte auch nicht mehr finanziert wer- den.

~ Möglichkeiten zur Rationali-

sierung und Kostendämpfung müssen festgehalten und konse- quent umgesetzt werden.

Dabei wollen sich die Kranken- kassen mehr als bisher der sach- verständigen Beratung von Ärz- ten bedienen, die Vertrauens- ärztlichen Dienste sollen einge- schaltet werden, man will sich auch durch "Beratungsärzte"

unterstützen lassen. Wirtschafts- prüfer und Betriebsberater sol- len beim Aufspüren von Rationa- lisierungsmöglichkeiten helfen.

Auch überlegt man, andere Ver- gütungsformen als den vollpau- schalierten tagesg Ieichen Pfle- gesatz ins Spiel zu bringen- et- wa die krankheitsartenbezogene

Fallpauschale.

Ob sich die Vorsätze 1987 tat- sächlich durchsetzen lassen - das wird man in einem Jahr se- hen. Vielleicht werden die Kran- kenkassen 1987 Blüms Rat- schlag, härter zu verhandeln und auch ruhig mal ein Schiedsver- fahren zu riskieren, mehr als in diesem Jahr befolgen (immerhin laufen oder I iefen schon 1986 rund 100 Verfahren, teilte Oldi- ges mit). Sollten freilich die Schiedsstellen auch 1987 so ent-

scheiden wie 1986, dann können

die Kassen vermutlich alle Hoff- nung fahren lassen. Die bisher bekanntgewordenen Schieds- stellenentscheidungen für 1986 deuten jedenfalls darauf hin, daß

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Schiedssprüche eher zum Pfle- gesatzanstieg beitragen als zur Kostendämpfung. Der AOK-Bun- desverband macht beispielhaft auf den Schiedsspruch für die Münchener Hochschulkliniken aufmerksam:

+

10 Prozent. Oder für das Klinikum Karlsruhe:

+

6,5 Prozent. Staunenswert ist die Begründung des bayerischen Verwaltungsgerichtshofes in Sa- chen Klinikum Augsburg: "Soll- te das derzeitige Beitragsauf- kommen der Antragsteller (Kran- kenkassen) zur vorläufigen Zah- lung der höheren Pflegesätze nicht ausreichen, muß es ihm trotz der gesamtwirtschaftlich erwünschten Kostendämpfung im Gesundheitswesen und der fi- nanziellen Entlastung der Bei- tragszahler angesichts der äu- ßerst angespannten finanziellen Situation des Krankenhauses ... zugemutet werden, das daraus entstehende Haushaltsdefizit durch eine entsprechende Bei- tragserhöhung abzudecken."

Das Grundübel bleibt:

das Selbstkostendeckungs- prinzip

Fazit: Der Bundesgesetzgeber hat zwar mit dem neuen Kran- kenhausrecht einige Möglich- keiten eröffnet, auch auf diesem Sektor strengere Vorgaben für die Ausgabenentwicklung zu setzen, doch der Bundesgesetz- geber hat nicht die Möglichkeit, seine Vorgaben bei den Bundes-

Ländern, die letztlich eben im- mer noch entscheiden, durchzu- setzen. Die direkten Verhand- lungspartner am Ort trauen sich zu wenig, hart zu verhandeln, weil das lokalen Ärger macht.

Wo sie sich trauen, scheinen die Gerichte gegen die Kassen zu entscheiden. Und über allem steht das Grundübel des ge- samten Pflegesatzrechts: Das

Selbstkostendeckungsprinzip gilt weiterhin: Das zu beseitigen, wäre vielleicht eine Sache für die vielberufene Strukturreform im Gesundheitswesen. Über die wurde beim Presseseminar des

AOK-Bundesverbandes zwar des häufigeren gesprochen, aber mehr von den Journalisten, die wissen wollten, welche Vorstel- lungen die Ortskrankenkassen hätten, und weniger von den AOK-Mannen, die darüber ent- weder keine Auskunft geben wollten oder die selbst nicht wußten, was sie wollen sollen.

Verbandsvorsitzender Wilhelm Heitzer beschränkte sich darauf zu sagen, welche der kursieren- den Vorschläge zur Strukturre-

form man ablehnt. Beispielswei-

se die Forderung nach Wahlfrei- heit. Konsequenz von Wahlfrei- heit für alle Versicherten sei frei- er Wettbewerb mit Tarifen und Leistungen und damit letztlich ein PKV-ähnliches System; das sei eindeutig Systemverände- rung. Oder die Forderung nach mehr Wettbewerb zwischen den Kassen. Da gehe es letztlich um die Grundprinzipien der gesetzli- chen Krankenversicherung- das Solidarprinzip und das Sachlei- stungsprinzip. Dem stünde das Wettbewerbsprinzip der Markt- wirtschaft gegenüber. Heitzer befürwortete den Wettbewerb le- diglich bei der Leistungsdarbie- tung und im Service. Einen ei- gentlichen Leistungswettbewerb lehnte er ab. Senkung der Versi- cherungspflichtgrenze? Nein.

Beschränkung der Kassen auf ihre "eigentlichen Aufgaben"? Nein.

Die Kassen wollen immerhin, wie Heitzers Vorstandspartner Dr.

Detlef Baizer versicherte, in Sa- chen Strukturreform gemeinsam mit den übrigen Krankenversi- cherungsträgern bei passender Gelegenheit etwas an die Öffent- lichkeit bringen. Zur Zeit pre- schen eher die Ersatzkassen vor

(siehe den Bericht zum Thema

Strukturreform in Heft 43). Ge- genüber den Ersatzkassen ver- tritt der AOK-Bundesverband die einzige eindeutige strukturpoliti- sche Forderung: Man will die

"Wettbewerbsnachtei le" gegen-

über den Ersatzkassen beseitigt

wissen. NJ

3002 (18) Heft 44 vom 29. Oktober 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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