• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "pro und kontra aus der DÄ-Redaktion: Kontra Stichtagsverschiebung" (25.01.2008)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "pro und kontra aus der DÄ-Redaktion: Kontra Stichtagsverschiebung" (25.01.2008)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A134 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 425. Januar 2008

P O L I T I K

Stichtagsverschiebung auf einen bereits zurückliegenden Stichtag handelt.“

Der Osnabrücker katholische Theologe Prof. Dr. theol. Manfred Spieker warf Huber in seiner Ant- wort vom 2. Januar in der FAZ vor, er mache sich „zum kirchlichen Anwalt der Forschungslobby in der Deutschen Forschungsgemein- schaft“. Er ignoriere die Aussagen von Forschern, die mit adulten Stammzellen arbeiteten, dass sie der ethisch so umstrittenen embryona- len Stammzellforschung nicht be- dürften. Auch die Erfolge bei der Reprogrammierung von Hautzellen

zu pluripotenten Stammzellen be- rücksichtige der Ratsvorsitzende nicht. Ethische Urteile, die den Schutz der Menschenwürde und das Tötungsverbot Unschuldiger betref- fen, beanspruchen eine Evidenz, die nach Ansicht Spiekers jedes Abwä- gen verbietet. Er betrachtet Hubers Eintreten für eine Verschiebung des Stichtags nicht nur als Kurswechsel, sondern auch als das „Ende der öku- menischen Gemeinsamkeit in den Fragen der modernen Biomedizin“.

Innerhalb der evangelischen Kir- che blieb Hubers Auffassung eben- falls nicht unwidersprochen. So for- derte Bayerns Landesbischof Johan-

nes Friedrich, der Embryonenschutz müsse ohne jede Einschränkung aufrechterhalten bleiben. Eine wis- senschaftliche Forschung mit Em- bryonen sei „Tötung menschlichen Lebens“ und ethisch nicht zu ver- antworten. Der Mainzer katholische Moraltheologe Prof. Dr. theol. Jo- hannes Reiter warnte davor, in die- ser Frage einen Keil zwischen Ka- tholiken und Protestanten zu trei-

ben. n

Gisela Klinkhammer Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

PRO UND KONTRA AUS DER DÄ-REDAKTION

Pro Stichtagsverschiebung

Das Stammzellgesetz aus dem Jahr 2002 sollte novelliert wer- den. Eine Verschiebung des Stichtags vom 1. Januar 2002 auf beispielsweise den 1. Mai 2007 würde das geltende Recht keineswegs aushebeln, sondern lediglich der ursprünglichen Intention des Gesetzes gerecht werden. Damals wie heute geht es um die fun- damentale Frage, ob in der Forschung Stamm- zelllinien aus menschlichen Embryonen verwen- det werden dürfen. Unter strengen Auflagen ja, lautete der Kompromiss des Parlaments vor sechs Jahren.

Dieser Kompromiss sollte in seinen Grundzü- gen auch weiterhin Bestand haben. Fest steht:

Der Verbrauch von Embryonen bleibt ethisch- moralisch nicht verantwortbar. Darauf würde ei- ne solche Gesetzesänderung jedoch auch nicht abzielen. Signale, Embryonen in großem Stil für die Forschung zu nutzen, würden durch die Ver-

schiebung des Stichtags von Deutschland nicht ausgehen. Deutsche Wissenschaftler hätten al- lerdings die Möglichkeit, sich straffrei an inter- nationalen Forschungsprojekten, bei denen Stammzelllinien jüngeren Datums verwendet werden, zu beteiligen und diese vor dem Stich- tag im Ausland etablierten Zellen für die eigene Forschung zu nutzen.

Auf diese Weise ließe sich auch in Zukunft eine qualitativ hochrangige Forschung in Deutschland gewährleisten. Denn von den „al- ten“ Stammzelllinien sind momentan wegen genetischer Instabilität und Kontaminierung mit tierischen Produkten nur noch wenige ein- setzbar. Zudem ist noch unklar, ob alle Zelllini- en das gleiche Differenzierungspotenzial besit- zen. Ein vergrößerter Pool von einsatzfähigen Linien wäre unter diesem Gesichtspunkt hilf- reich.

Nicht allen Forderungen der Wissenschaft muss man nachgeben. Doch die meisten scheinen im Hinblick auf das große Potenzial

der Stammzellforschung gerechtfertigt. Dabei lässt sich die Forschung an adulten und em- bryonalen Stammzellen nicht isoliert betrach- ten. Beide Bereiche haben viele Berührungs- punkte und bedingen einander. Die Stammzell- medizin insgesamt ist es, die es ermöglicht, Mechanismen der Zelldifferenzierung, der Re- programmierung sowie der Entstehung und Heilung von Krankheiten zu erkennen. Nicht ohne Grund arbeiten viele international renom- mierte Labors mit beiden Zellpopulationen.

Auch bei der jüngst erfolgreichen Reprogram- mierung von menschlichen Hautzellen zu künstlichen Stammzellen verwendeten Yam- anaka und Thomson embryonale Stammzellen zum Vergleich. Dass pluripotente Stammzellen durch alternative Methoden gewonnen werden können, ist denkbar. Langfristig könnte der Einsatz von embryonalen Stammzellen über- flüssig werden. Bis dahin sollte man die For- schung jedoch nicht unnötig erschweren. n

Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

Kontra Stichtagsverschiebung Es ist gibt gute und nachvoll- ziehbare Gründe, die für eine Verschiebung des Stichtags sprechen. Doch wenn man da- von ausgeht, dass menschli- ches Leben mit der Verschmel- zung von Ei- und Samenzelle beginnt (und bis- her gibt es noch keine überzeugenden Argu- mente, die dagegensprechen), dann darf der Zweck die Mittel nicht heiligen. Das heißt, dass menschliches Leben, auch sich heranbildendes menschliches Leben, nicht zum Zweck medi- zinischer Forschung getötet werden darf. Die

Stichtagsregelung versucht diese Instrumenta- lisierung menschlicher Embryonen zu verhin- dern. Durch sie wird die zweckgerichtete Her- stellung und Tötung von Embryonen umgan- gen, und Forscher werden auf sogenannte über- zählige Embryonen verwiesen. Fraglich ist, ob es überhaupt ethisch zu rechtfertigen ist, diese überzähligen Embryonen für Forschungs- zwecke zu instrumentalisieren. Doch konnte ei- ne zeitliche Befristung immerhin sicherstellen, dass eine spätere „verbrauchende“ Nutzung von Embryonen bei deren Tötung keine Rolle spielen dürfe. Jetzt scheint allerdings einzutre- ten, was Kritiker der Einführung der Stichtags-

regelung schon immer befürchteten: Einer Ver- schiebung wird voraussichtlich als Nächstes die völlige Aufhebung folgen. Die Frage, ob mit einem Verbot der embryonalen Stammzellfor- schung die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Forschung gefährdet ist, darf übrigens in einer solch fundamentalen ethischen Frage kein Ar- gument sein. Abgesehen davon gibt es bisher auch noch keine Beweise für medizinische Er- folge der Forschung mit embryonalen Stamm- zellen. Dies alles spricht für eine Förderung der ethisch unbedenklichen Forschung mit adulten

Stammzellen. n

Gisela Klinkhammer Ein Forum zum Thema im Internet:

www.aerzteblatt.de/foren/stammzellen

@

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wie bei der Diskus- sion über Silikonimplantate wurde auch am Beispiel der extrakorporalen Stoßwellentherapie deutlich, daß die Bundesärztekammer mit ihrem inter- disziplinären

Hier findest du Informatio- nen zu Mengen, Wirtschaft- lichkeit, Fracking in den Medien und verschiedenen Blickwinkeln. Hier findest du Informati- onen zu Kritikpunkten am

Die betroffenen Kollegen werden dies zunächst nicht merken – der Patient erscheint einfach nicht mehr, und dies kann auch als Indiz für eine erfolg- reiche Behandlung fehlge-

Zusammenfassend sind wir der Überzeugung, daß sich aus dieser Tatsache, nämlich der Tatsache von Meh rl ingsschwanger- schaften, auch keine Not- wendigkeit für das Einge-

Setzt man sowohl die Zufriedenheit als auch das tägliche Glück mit der Differenz zwischen dem Glauben an den Himmel minus dem Glauben an die Hölle in Bezie- hung, ergibt

Mehr als 180 000 Versicherte (einschließlich Fami- lienmitglieder), mehr als 130 Ärzte, 37 Apotheker sowie die Kassen- ärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein und das Norddeutsche

Die vier Lehrstuhlinhaber für Palliativmedizin sind allerdings grundsätzlich der Ansicht, dass in der Diskussion eine durch Regelungen zu erreichende Sicherheit für Patien- ten

Demnach können die Organe entnommen werden, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen hat und die Angehörigen keine Einwände haben. Eine Änderung des TPG hin