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Archiv "Das Bild des Arztes in der Öffentlichkeit" (24.09.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Strukturreform KURZBERICHT

ter das kaudinische Joch der Kran- kenkassen gestellt werden: So sol- le die kassenärztliche Vergütung durch eine Art Bonus-Malus-Sy- stem am Weiterbildungsgrad und am Fortbildungseifer des Arztes orientiert werden. Vernachlässi- gung und sträfliche Mißachtung der Kassenauflagen und der ge- setzlichen Verpflichtungen sollen durch einen Honorarabschlag be- straft werden. Getreue „Pflichter- füller" sollen dagegen einen Bo- nus erhalten. Auch die Verord- nung von Arzneimitteln sowie Heil- und Hilfsmitteln soll entspre- chend durch ein kassensanktio- niertes Bonus-Malus-Anrech- nungssystem zielgerecht gesteu- ert werden. Die Autoren fordern ein strenges Einvernehmen (nicht:

„Benehmen") zu sämtlichen Maß- nahmen mit der Kassen-Selbstver- waltung.

Begrenzungsdeckel soll fester geschraubt werden

Bei allem Drang zur Machtvoll- kommenheit der Kassen verwun- dert es nicht, daß ein so obskurer Vorschlag aufkreuzt: ab einem be- stimmten Grenzbetrag abgerech- neter Krankenscheine sei eine degressive Punktbewertung anzu- wenden, um so „Anreize zur Pra- xisausweitung" und zur Ausla- stung der Scheine zu bremsen.

Damit ein Kassenstein auf den an- deren im Zuge der „Strukturre- form" gesetzt werden kann, emp- fehlen die Kassenfunktionäre, den Begrenzungsdeckel bei der Be- messung der Gesamtvergütung fe- ster als bisher zu schrauben.

Selbstverständlich müsse das Ho- norarvolumen an der Grundlohn- summe der Versicherten orientiert werden; dies sei zudem „verfas- sungsrechtlich zulässig", wie die Autoren unter Anspielung auf eine wohl mehr zurechtgelegte Aus- dehnung eines Bundesverfas- sungsgerichtsurteils meinen.

Bei so viel „Freiheitlichkeit" und

„Kooperationsbereitschaft" mit dem „Partner Kassenärzte" ver- wundert es denn auch nicht, daß

die sonst auch von den Kranken- kassen hochgehaltene Arztwahl der Patienten begrenzt werden soll: Künftig solle das holländi- sche System auch hierzulande gelten und die freie Arztwahl nur auf klar definierte Primär- und Hausärzte begrenzt werden. Daß auch eine verschärfte Prüfpraxis und Regreßsanktionen in das Strukturkonzept eingebunden werden sollen, verwundert unter diesen Auspizien kaum.

Das schriftstellerische Werk der GKV-Geschäftsführer läßt nur ei- nen Schluß zu: Wenn jetzt bereits der Casus belli heraufbeschworen wird und mit systemsprengenden Forderungen Sperrfeuer im Vor- griff auf die Strukturreform gege- ben werden soll – welche Koope- rationsbereitschaft ist dann noch bei der gemeinsamen in Angriff genommenen Überarbeitung des Einheitlichen Bewertungsmaßsta- bes (EBM) zu erwarten? Was sind dann noch die im Frühjahr 1986 zwischen der Kassenärzteschaft und den Spitzenverbänden der Krankenkassen vereinbarten Grundsätze für die Reform des EBM und die weitere vertrauens- volle Zusammenarbeit bei Fragen der Strukturreform in der Kran- kenversicherung wert?

Die Krankenkassen werden dazu Position beziehen müssen, um zu- mindest für die nahe Zukunft eine Klimaverschlechterung zwischen den Vertragspartnern zu vermei- den. Eine erste distanzierende Re- sonanz der Innungskrankenkas- sen liegt bereits vor... HC

ZITAT

Politiker-Lohn

„Der Politiker kommt kaum zum Zuhören, er muß immer nur reden, und Denken ist bei ihm ein reiner Grenzfall."

Dr. Heinz Riesenhuber, Bundes- minister für Forschung und Tech- nologie, Bonn, vor einer Landwir- te-Tagung

Das Bild des Arztes in der Öffentlichkeit

„Einen über die Jahre hin zöger- lichen, allmählichen Prestigever- fall" konstatierte das Institut für Demoskopie Allensbach jüngst für die Ärzteschaft. Hintergrund war die aktuelle Befragung einer re- präsentativen Zahl von Bürgern nach ihrer Wertschätzung von Be- rufsgruppen – und der Vergleich mit den Vorjahren.

Zwar liegt der Arzt danach immer noch an der Spitze der geschätz- ten Berufe. Doch das Votum der Jüngeren und der Bessergebilde- ten unter den Befragten sorgte da- für, daß von ehemals 84 Prozent (vor 20 Jahren) nur 76 Prozent blieben. Immerhin nur ein „all- mählicher Prestigeverfall" – und auch darüber könnte man ange- sichts der Zahlen durchaus strei- ten.

Differenzierter als die Allensba- cher hat Brunhild Stehr schon 1984 in ihrer Promotionsarbeit die Veränderung des Arztbildes in der Öffentlichkeit untersucht. In ihrer Arbeit widmet sie sich den Jahren 1967 bis 1972. Die Analyse dieser Zeitspanne liefert jedoch Erklä- rungsansätze für eine Entwick- lung, die sich mit den regelmäßi- gen, aber knappen Befragungen des Allensbacher Instituts höch- stens nachweisen, nicht aber be- gründen läßt.

Brunhild Stehr wertete für ihre Analyse den „Spiegel" der Jahre 1967 bis 1972 aus. Dieser Zeitraum gilt in der Geschichte der Bundes- republik als Epoche des Um- bruchs. Es scheint also durchaus berechtigt anzunehmen, daß da- mals die umfassende Kritik an ge- sellschaftlichen Zuständen auch vor der Medizin und der Ärzte- schaft kaum haltgemacht haben wird. Brunhild Stehr geht davon aus, daß Medien die öffentliche Meinung zugleich widerspiegeln und bilden. Sie hat deshalb für ih- re Untersuchung als „repräsenta- Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 39 vom 24. September 1986 (31) 2591

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Das Bild des Arztes

tive" Zeitschrift den „Spiegel"

ausgewählt, der „eine zentrale Rolle in der Bildung einer öffent- lichen Meinung einnimmt und so auch als ein Indikator dieser Mei- nung fungieren kann."

Die Leserschaft des „Spiegel"?

Nach Analysen handelt es sich um einen Personenkreis mit relativ hohem Bildungsniveau und dem größten beruflichen Erfolg. Nach eigenen Analysen des „Spiegel"

halten zwei Drittel der Leser die Zeitschrift für „sehr sachlich" und

„sehr verständlich". Was also ent- steht für ein Ärztebild bei der Le- serschaft, wenn in einer Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs „in der typischen Schreibweise in Auf- bau und Sprachstil die Meinung gleich mitgeliefert wird; der „Spie- gel"-Leser seine handhabbare In- formation immer gleich mit der ,richtigen' Sichtweise verbunden findet"?

Um das herauszufinden, hat Brun- hild Stehr sämtliche Artikel zum Thema „Medizin" aus der entspre- chenden Zeit in Kategorien einge- teilt. Man kann sie grob mit „sach- lich", „positiv", „negativ" um- schreiben.

„Der Spiegel"

ist halt ein Zerr-„Spiegel"

Die Tendenz? Brunhild Stehr zu 1967: „Bei einem Teil der Berichte läßt sich förmlich absehen, wie der

„Spiegel" — wäre das Thema eini- ge Jahre später aufgetaucht — es mit heftigen kritischen oder ironi- schen Anmerkungen versehen hätte." Krasses Beispiel: Ein Arti- kel, in dem über Versuche mit Rat- ten berichtet wird, die zunächst ei- ne niedrig dosierte Röntgenstrah- lung erhalten und dann eine hohe, die normalerweise tödlich für sie ist. Die Ratten überleben jedoch alle. Die Schlüsse im „Spiegel":

„Wenn es gelänge, beim Men- schen durch schwachen Röntgen- beschuß diese Antikörper-Produk- tion gezielt anzuregen, wäre ...

ein wirksamer Strahlenschutz ge- funden. Möglicherweise hätte eine

derart vorbestrahlte Bevölkerung in der radioaktiv verseuchten Um- welt nach einem Atomkrieg besse- re Überlebenschancen". So der

„Spiegel" 1967.

1967, fand Stehr, ist die Welt der Medizin im „Spiegel" noch in Ord- nung. Der große Fortschrittsglau- be der 60er Jahre überträgt sich auch auf dieses Gebiet. 1968 steigt die Anzahl an Medizinthemen in den Ausgaben an — und mit ihr die Kritik. Die Berichterstattung über den Contergan-Prozeß beispiels- weise „wird zu einer einzigen An- klage gegen die gesamte Pharma- industrie, die Ärzteschaft, das Gesundheitssystem, die Justiz", schreibt Stehr.

1969 geht es weiter: Kritik an der Ausbildung der Medizinstudenten, an der psychologischen Schulung der Ärzte, der Genforschung, For- schungsergebnissen — Berichte darüber beziehen sich fast nur noch auf Arbeiten in den USA. Me- dizinische Fortschritte, früher noch Anlaß zu euphorischen Arti- keln, werden jetzt, entdeckt Stehr, allenfalls noch sachlich zur Kennt- nis genommen. Der Trend: „Über alle Jahrgänge nimmt der Anteil an Artikeln, die die Gesundheits- versorgung in der Bundesrepublik angreifen, ständig zu." 1970 fol- gen erste kritische Anmerkungen zum bisherigen Vorbild USA. Und im folgenden Jahr „wird Medizin- kritik zum ,Renner', zum Verkaufs- schlager sämtlicher Illustrierten" — der „Spiegel" in seiner Vorreiter- rolle liefert die Anregung für ande- re Blätter.

1972 ist der Gipfel erreicht. Der

„Spiegel" startet Serien wie „Das Geschäft mit der Krankheit". „Im Zuge (der) Gesamtkritik am beste- henden Gesellschaftssystem müs- sen alle positiven Aspekte dieses Systems zwangsläufig ausgespart werden. Diese Tendenz macht sich auch im medizinischen Be- reich deutlich bemerkbar ...", ur- teilt Brunhild Stehr.

Wenn die Einteilung nach einzel- nen Kategorien auch manchmal

etwas zu subjektiv erscheint—eine interessante Untersuchung ist es immer noch. Zumal Stehr ihre Er- gebnisse auch mit der jüngeren Vergangenheit vergleicht: Sie hat zusätzlich den „Spiegel", Jahr- gang 1983, ausgewertet. Der An- teil an sachlich informierenden Ar- tikeln ist demzufolge wieder rela- tiv hoch. Die positiven Berichte haben deutlich zugenommen.

„Insgesamt scheint die ... unter- suchte „historische Zeit" eine Epi- sode der Vergangenheit zu sein ..." Nun stehe wieder das Abwägen im Vordergrund; auch den Ärzten gegenüber wird wieder eine etwas differenziertere Dar- stellung eingebracht. Und: Erst- mals in der gesamten Untersu- chung findet sich auch ein positi- ver Artikel zur Psychiatrie.

Wirklich gespiegelt, was

„die Öffentlichkeit" denkt?

Was aber hat sich nun am Arztbild in der Öffentlichkeit geändert?

Das läßt sich nur mutmaßen — die Untersuchung beschreibt ledig- lich die sich verändernde Darstel- lung des Arztes, nicht aber deren Wirkung, wenn man von einem kleinen Abschnitt über die Arzt- Patient-Beziehung absieht. Daß der „Spiegel" exakt widerspiegelt, was „die Öffentlichkeit" denkt — daran darf man noch seine Zweifel haben. Denn auch diejenigen, die als politisch interessierte Men- schen und überdurchschnittlich Gebildete den Großteil der „Spie- gel"-Leser ausmachen sollen, sind der anfangs erwähnten Allens- bach-Untersuchung zufolge nicht ganz und gar ausgeschert bei der Beurteilung der Berufsgruppe

„Ärzte": In der Gruppe der 16- bis 29jährigen rangiert der Arzt mit 71 Prozent an erster Stelle. Befragte mit höherem Schulabschluß, lei- tende Angestellte und Beamte:

Auch sie stufen den Arzt mit knapp 70 Prozent noch hoch oben ein.

Selbst bei Grünwählern liegen die Ärzte mit 60 Prozent immer noch an oberster Stelle. Sabine Dauth 2592 (32) Heft 39 vom 24. September 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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