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Archiv "Das Bild des Arztes bei der politischen Prominenz" (12.10.1978)

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Das Bild des Arztes

bei der politischen Prominenz

Rainer Wasilewski und Günther Keil

Aus dem Institut für Freie Berufe

(Direktor: Professor Dr. Karl-Gustav Specht)

an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Über eine Untersuchungsrei- he zum Thema: „Das Bild des Arztes bei politischen Ent- scheidungsträgern und in der Presse" berichtete der Ge- schäftsführer des Instituts für Freie Berufe an der Friedrich- Alexander-Universität Erlan- gen-Nürnberg, Diplom-Sozial- wirt Rainer Wasilewski, wäh- rend des XXVI. Fortbildungs- kongresses der Bundesärzte- kammer in Grado. Sein nach- stehend veröffentlichter Bei- trag bringt Auszüge aus den

Untersuchungsergebnissen einer Befragung von politi- schen Entscheidungsträgern.

Ein weiterer Aufsatz wird sich mit einer Inhaltsanalyse zum Bild des Arztes in der Presse beschäftigen. Eine Zusam- menfassung der umfangrei- chen Ergebnisse der gesam- ten Untersuchungsreihe wird voraussichtlich im Herbst 1978 als Veröffentlichung in der Schriftenreihe der Lud- wig-Sievers-Stiftung, Köln, erscheinen.

„Deutsche Ärzte sind hilfsbereit, zu- verlässig, freundlich, vertrauens- würdig, die besten der Welt .. . "

(stern, Nr. 21 vom 18. Mai 1978, Seite 114/115).

Solche Vorstellungen sind heute so- wohl im Öffentlichkeitsbild der Ärz- te, als auch in ihrem Selbstverständ- nis noch tief verwurzelt.

Wie sind sie aber wirklich?

„.. . deutsche Ärzte sind Spitze beim Verdienen, aber nur mittelmä- ßig beim Heilen der Patienten... so sehen sie ihre Kritiker" (stern, Nr. 21 vom 18. Mai 1978, Seite 116/117).

Diese Zitate zeigen — auch wenn sie in den Augen vieler überspitzt klin- gen mögen — zumindest an, wie tief die Kluft zwischen den erwarteten ärztlichen Idealwerten und der er- fahrenen medizinischen Wirklichkeit sein kann. Dieses Auseinanderklaf- fen von Wertvorstellungen und der erfahrenen Realität ist für eine brei- tere Öffentlichkeit immer offensicht- licher geworden, so daß sich die an- fangs nur vereinzelt auftauchende Kritik schließlich zu einer „Krise in der Medizin" eskaliert hat. Das Bild des Arztes in der Öffentlichkeit ist ins Zwielicht geraten. Deshalb hat auch der 81. Deutsche Ärztetag in Mannheim beschlossen, die bisher unzulänglich betriebene Öffentlich- keitsarbeit zu verbessern und auszu- bauen. Grundlage dafür ist jedoch,

sich Klarheit über das reale Bild des Arztes in unserer Gesellschaft, und hier besonders bei ihren Meinungs- führern, zu verschaffen und dieses Bild der Wirklichkeit mit den idealen Leitbildern des Arztberufes zu kon- frontieren.

Im Rahmen einer Untersuchungsrei- he hat das Institut für Freie Berufe (IfFB) das Bild des Arztes bei jenen öffentlichen Institutionen oder Per- sonen untersucht, die entscheidend die öffentliche Meinungsbildung be- einflussen können: das sind zum ei- nen die Presse und zum anderen die Funktionsträger aus allen Bereichen des politischen Lebens, vor allem je- ne, die direkt oder indirekt mit Fra- gen aus dem Gesundheitswesen und Entscheidungen in der Gesund- heitspolitik befaßt sind. Der Kürze halber nannten wir sie „politische Prominenz 1 )".

1) In der Untersuchung bei der politischen Prominenz befragte das IfFB in persönli- chen Interviews insgesamt 109 Personen;

davon waren: — 38 Bundestagsabgeordnete aller Parteien (ausschließlich Angehörige von Ausschüssen, die sich im engeren oder weiteren Sinne mit Fragen des Gesund- heitswesens beschäftigten); — 20 Landtags- abgeordnete aller Parteien aus verschiede- nen Landtagen; — 19 Minister, Staatssekre- täre und Spitzenbeamte aus Bundes- und Länderministerien der Ressorts Gesund- heit, Soziales und Arbeit; — 10 Spitzenver- treter der Sozialversicherungsträger; — 14 Spitzenvertreter aus Arbeitgeber- und Ar- beitnehmerorganisationen und — 8 sonstige Spitzenvertreter von öffentlichen Institutio- nen, die mit Problemen des Gesundheits- wesen zu tun haben.

(2)

Praktischer Arzt 16,5 48,4 35,1 Niedergelassener

Facharzt

30,9 19,6 49,5

Arzt im öffentlichen Gesundheitswesen

19,6 61,8 18,6

Stationsarzt im Krankenhaus

14,4 43,3 42,3

Universitätsprofessor (Medizin)

55,7 7,2 37,1

9,3 46,4 44,3

OP-Schwester

Apotheker 47,4 9,3 43,3

59,7 13,5 26,8

Heilpraktiker

Tabelle 1: Soziale Bewertung (Rangplatz) des Arztes durch die politische Prominenz im Vergleich zu 10 anderen vorgegebenen Berufen

Einschätzung durch die politische Prominenz . . . ... nach den Be-

rufsanforderungen

... nach der zeitlichen Beanspruchung . . . nach dem

sozialen Ansehen

1 Universitäts- 1 Universitäts-

professor professor

2 Richter 2 Arzt

3 Abgeordneter 3 Richter

4 Arzt 4 Pfarrer

5 Manager 5 Apotheker

6 Pfarrer 6 Architekt 7 Rechtsanwalt 7 Rechtsanwalt 8 Apotheker 8 Manager 9 Architekt 9 Ministerialrat 10 Ministerialrat 10 Abgeordneter 11 Steuerberater 11 Steuerberater

1 Abgeordneter 2 Manager 3 Arzt 4 Pfarrer 5 Rechtsanwalt 6 Architekt 7 Universitätsprof.

8 Steuerberater 9 Richter 10 Apotheker 11 Ministerialrat

Tabelle 2: Einschätzung der Bedeutung von Heilberufen in der Öffentlichkeit nach Meinung der politischen Prominenz (Anzahl der Nennungen i. v. H., N = 97)

Die Bedeutung wird von Gesellschaft .. . Heilberuf überschätzt unterschätzt richtig

eingeschätzt

Krankenschwester 8,2 52,6 39,2

15,5 30,9 53,6

MTA

Psychotherapeut 38,1 42,3 19,6

Das Bild des Arztes bei der politischen Prominenz

Die Untersuchung kann zwar in kei- ner Weise eine Repräsentativität der Auswahl für sich in Anspruch neh- men, doch bietet der befragte Perso- nenquerschnitt aus Institutionen des Gesundheitswesens sicherlich ein breites Spektrum weitverbreiteter Aussagen zu unseren Untersu- chungsproblemen.

Auf eine offene Einleitungsfrage nach den spontanen Assoziationen, die mit dem Begriff „Arzt" verbun- den sind, wurden von der befragten politischen Prominenz zu 56 Prozent positive, zu 30 Prozent negative und zu 14 Prozent wertneutrale Gedan- ken verbunden. Am häufigsten wur- den Assoziationen genannt, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der ärztlichen Berufsausübung ste- hen (zu 53 Prozent), nämlich Ge- sundheit, Krankheit, Heilung und Hilfe. 21 Prozent assozierten mit dem Wort „Arzt finanzielle Aspekte.

Assoziationen, die das Arzt-Patien- ten-Verhältnis beinhalten, wurden von 12 Prozent angegeben, wovon etwa ein Viertel in die negative Rich- tung tendierte. Bemerkenswert er- scheint weiterhin, daß ein so wichti- ger Begriff wie das „Berufsethos"

nur von zwei (!) Befragten mit dem Wort „Arzt" in Zusammenhang ge- bracht wurde.

Von besonderem Interesse war, wie die politische Prominenz den Arzt im Vergleich zu anderen akademi- schen/freien Berufen einschätzt. Die Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Ergebnisse.

Eine ausführliche methodische und inhaltliche Diskussion dieser Ergeb- nisse und ein Vergleich mit anderen empirischen Befunden ist hier aus Platzgründen nicht möglich, so daß der Hinweis auf die relativ hohe Wertschätzung des Arztes, die sich in diesen Ergebnissen widerspie- gelt, genügen möge.

Außerdem wurde die politische Pro- minenz gefragt, ob nach ihrer An- sicht die Bedeutung von bestimmten

Formen ärztlicher Berufsausübung in der Öffentlichkeit überschätzt, unterschätzt oder richtig einge- schätzt wird. Die Tabelle 2 verdeut-

(3)

Nicht erst der 81. Deutsche Ärzte- tag Ende Mai dieses Jahres in Mannheim hat deutlich gemacht, wie sehr das Spannungsfeld zwi- schen Ärzten und der Öffentlich- keit und wie sehr Probleme der Öffentlichkeitsarbeit auch inner- halb der Ärzteschaft Interesse und Resonanz finden. Verständ- lich also, daß ein Seminar mit dem Thema „Arzt und Öffentlich- keit" — angeboten und geleitet von Professor J. F. Volrad Dene- ke, dem Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages, nur weni- ge Wochen nach Mannheim im norditalienischen Grado wäh- rend des Sommer-Fortbildungs- kongresses der BÄK — starken Anklang fand.

Die öffentliche Darstellung des Verhältnisses Arzt—Patient (in Verbindung mit Liebe, Leid und Tod) übt seit Jahrhunderten un- vermindert vehemente Faszina- tion auf Menschen aus. Medizin- historische Abbildungen vergan- gener Dekaden und Illustrierten- fotos aus jüngster Zeit, von Pro- fessor Deneke zur Einstimmung in das Thema gezeigt, verdeut- lichten diese aufreizende Wir- kung.

Wie das Bild des Arztes bei der politischen Prominenz und in der Presse heute aussieht, schildert eine in Grado vorgetragene und nebenstehend sowie im näch- sten Heft wiedergegebene For- schungsarbeit aus dem Institut für Freie Berufe (Nürnberg). — Einblicke in die Arbeit von Jour- nalisten (Agenturen, Redaktio- nen) gab schließlich Professor Deneke, der dabei auch einige Grundbegriffe der Publizistik ver- mittelte. Er berichtete den Se- minarteilnehmern außerdem ein- gehend über die Thesen zur Öf- fentlichkeitsarbeit der deutschen Ärzteschaft, die er den Delegier- ten des Mannheimer Ärztetages vorgetragen hatte. Sie sind ein- gehend in Heft 24 des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES doku- mentiert und kommentiert.

Zu aktuellen Problemen der Ge- sundheits- und Sozialpolitik und ihrer Darstellung in der Öffent- lichkeit nahm der Zweite Vorsit- zende der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung, Sanitätsrat Dr.

med. Josef Schmitz-Formes, Ha- chenburg, während des Semi- nars Stellung. Der Referent be- klagte unter anderem das gerin- ge Echo in der Tagespresse auf drei gesundheitspolitisch rele- vante Themen (Soziale Siche- rung des Kindes und der Familie;

Genetische Beratung und präna- tale Diagnostik; Transparenz auf dem Arzneimittelmarkt) und wies auf die Diskrepanz zwischen den in diesen Themenbereichen auf- geworfenen Problemen und ihrer sachgerechten Darstellung in der Öffentlichkeit hin. Schlußfolge- rung: Die Bemühungen der Ärzte und ihrer berufspolitischen Re- präsentanten um Information der Öffentlichkeit über gesundheits- politische Sachfragen bleiben wirkungslos, solange bestimmte Problemstellungen nicht perso- nifiziert dargestellt werden. Dr.

Schmitz-Formes: „ ... sonst wird all unser Tun im Sinne der Publi- zistik nicht öffentlichkeitswirk- sam sein!"

An gesundheits- und sozial- politisch günstige Klimata für bestimmte medizinische The- men (Vorsorgeuntersuchungen;

Krebsbekämpfung) erinnerte die Medizinjournalistin Frau Dr. med.

Hedda Heuser, Oberaudorf, in ih- rem Seminarbeitrag „Medizini- sche Informationen für Laien".

Sie gab zu bedenken, daß Nutzen und Schaden medizinischer In- formation in der Presse sowohl auf seiten der Informanten (Ärzte) als auch auf seiten der Vermittler (Journalisten) gleichmäßig ver- teilt seien. Frau . Dr. Heuser appel- lierte an ihre ärztlichen Kollegen, sie sollten sich journalistischen Fragen bereitwillig öffnen und sie so beantworten, daß der Laie da- mit auch etwas anfangen kön- ne. UV licht, daß die Meinungen über die

Bedeutung der verschiedenen Heil- berufe grundsätzlich stark differier- ten.

Kein Beruf wurde einstimmig als über- oder unterschätzt beziehungs- weise als richtig eingeschätzt be- wertet. Die deutlichste Übereinstim- mung zeigte sich noch beim Arzt im öffentlichen Gesundheitswesen, der von der Mehrheit der Befragten als unterschätzt bezeichnet wurde. Re- lativ deutlich war die Bewertung der Krankenschwester, die eher als un- terschätzt als richtig eingeschätzt eingestuft wurde. In Richtung einer Überschätzung tendierte nach An- sicht der politischen Prominenz demgegenüber die Bedeutung des Heilpraktikers, des Universitätspro- fessors und auch die Bedeutung des Apothekers. Am gegensätzlichsten waren die Meinungen bei der Beur- teilung des Psychotherapeuten, der häufig sowohl als unterschätzt als auch als überschätzt bezeichnet wurde.

Vergleicht man nur die verschiede- nen Arztpositionen miteinander, zeigt sich, daß der niedergelassene Facharzt am häufigsten als über- schätzt und am seltensten als unter- schätzt beurteilt wurde, und alle an- deren ärztlichen Funktionsgruppen eher als unterschätzt bezeichnet wurden.

Bei der Beurteilung der beruflichen Verantwortung von sechs vorgege- benen verschiedenen Funktions- gruppen ärztlicher Berufsausübung wurde — entgegen dem Ergebnis über die Bedeutung der Heilberufe—

dem Arzt im öffentlichen Gesund- heitswesen die geringste berufliche Verantwortung zugeschrieben (Ta- belle 3).

Die größte berufliche Verantwortung wurde dem praktischen Arzt zuer- kannt. (Dennoch konsultiert von den Befragten nur knapp ein Fünftel ausschließlich praktische Ärzte; die Mehrzahl sucht direkt Fachärzte auf). An zweiter Stelle wurde der Chefarzt, an dritter Stelle mit etwas größerem Abstand wurde der nie- dergelassene Facharzt. an vierter

(4)

Ärztlicher Funktionsbereich

Einkommen ist . . .

Facharzt 64,9 32,0

Universitätsprofessor 58,8 40,2 1,0

Praktischer Arzt 39,2 52,5 6,2

Tabelle 3: Berufliche Verantwortung von ärztlichen Funktionsgrup- pen in der Einschätzung der politischen Prominenz (Anzahl der Nennungen in v. H., N = 93)

Prakti- Chef- Nieder- Stations- Univer- scher arzt gelas- arzt sitäts-

Arzt sener profes-

Fach- sor

arzt (Medi-

zi n)

Arzt im öffent- lichen Gesund- heits- wesen Rang-

platz

1 2 3 4 5 6 Mittle- rer Rang- platz

Tabelle 4: Beurteilung des ärztlichen Einkommens nach Funktions- gruppen durch die politische Prominenz (Anzahl der Nennungen in v. H., N = 97)

38,7 22,6 15,0 15,0 5,4 2,2

35,4 21,5 16,0 19,4 6,5 1,1

2,2 31,2 22,6 19,4 16,1

7,5

10,8 13,9 19,4 19,4 16,0 19,4

12,9 9,7 12,9 15,0 21,5 25,8

2,2 2,2 17,2 13,9 28,0 35,4

2,3 2,4 3,4 3,8 4,0 4,7

zu hoch angemessen zu niedrig Chefarzt

im Krankenhaus 75,2 22,7

Stationsarzt

im Krankenhaus 2,1 62,8 35,1

Arzt im öffentlichen

Gesundheitswesen 2,1 32,0 65,9

Das Bild des Arztes bei der politischen Prominenz

Stelle der Stationsarzt im Kranken- haus und an fünfter Stelle der Uni- versitätsprofessor genannt. Insge- samt zeigt sich, daß die Beurteilung der beruflichen Verantwortung ver- schiedener ärztlicher Funktions- gruppen sehr stark differierte, am stärksten bei der Position Stations- arzt im Krankenhaus, wo alle sechs möglichen Rangplätze ähnlich stark besetzt sind.

Nach den intensiven Diskussionen in den letzten Jahren war die Frage nach der Angemessenheit des Jah- reseinkommens des Arztes von be- sonderer Aktualität - um nicht zu sagen: Brisanz. Anzumerken ist hier, daß das IfFB zwar nicht prüfen konnte, ob die Befragten tatsächli- che Kenntnisse der Einkommenssi- tuation der verschiedenen Arztgrup- pen hatten. Es ist aber anzunehmen,

daß dieser spezielle Personenkreis doch über einigermaßen fundierte Kenntnisse der Ärzteeinkommen verfügt. Die Ergebnisse zeigt die Ta- belle 4.

Um die Ansicht der politischen Pro- minenz zu erfahren, inwieweit sie der Wahl des Arztberufes bezie- hungsweise dem Arzt selbst eher be- rufsethische Motive oder eher mate- rielle und statusbedingte Aspekte unterstellen, wurden sie gebeten, vorgegebene potentielle Motive an- hand einer vierstufigen Skala da- nach einzuschätzen, ob diese Moti- ve junge Menschen zur Aufnahme eines Medizinstudiums, beziehungs- weise einen approbierten Arzt zur Niederlassung in freier Praxis oder zur weiteren Tätigkeit im Kranken- haus veranlassen könnten.

Die Tabelle 5 zeigt, daß der Wunsch, Medizin zu studieren, (Spalte 1) nach Ansicht der politischen Promi- nenz in erster Linie durch erwartete materielle Vorteile und durch den erwarteten hohen Status bedingt wird, und daß das rein berufsethi- sche Motiv: „helfen wollen" erst an vierter Stelle genannt wird.

Ebenso wie bei der Berufswahl, sind auch für die Niederlassung eines Arztes in der freien Praxis (Spalte 2) eher rationale und materielle als be- rufsspezifische Gründe ausschlag- gebend. Als das am wenigsten zu- treffende Motiv wurde hier das Mo- tiv: „mehr Zeit für den Patienten"

genannt. Demgegenüber ist für den Verbleib eines Arztes im Kranken- haus (Spalte 3) vorrangig das be- rufsspezifische Motiv: „bessere dia- gnostische Möglichkeiten" maßge- bend. Danach folgen allerdings auch hier rein rationale Gründe wie:

„geregelte Arbeitszeit" und „soziale Sicherheit".

Bei einer direkten Zusatzfrage, ob nach Meinung der Befragten das Berufsethos des Arztes von einem

„ausgeprägten Profitinteresse" zu- rückgedrängt würde, war demge- genüber die Mehrheit der Befragten (53 Prozent) der Ansicht, daß dies nicht zutreffe. Nur 17 Prozent mein- ten, daß das „Profitinteresse" klar

(5)

Krankenhaus eines Arztes

Medizinstudiums Rang-

platz

1 hohes Einkommen 2 hohes soziales Ansehen 3 selbständiger unab-

hängiger Beruf 4 helfen wollen 5 gutes Abitur 6 vielseitiger,

interessanter Beruf 7 Kontakt mit Menschen 8 vorhandene Praxis in

der Familie

9 ausgewogene Mischung zwischen geistiger und praktischer Tätigkeit 10 starkes Einflußver-

mögen auf Mitmenschen

1 größere Unabhängigkeit 2 höheres Einkommen 3 größere Eigenverantwor-

tung

4 höheres Ansehen 5 engerer persönlicher

Kontakt zum Patienten 6 individuelle Gestaltung

des Tagesablaufs 7 interessanteres Tätig-

keitsfeld

8 größere Einflußnahme auf das Patientenverhalten 9 mehr Zeit für den

Patienten

1 bessere diagnostische Möglichkeiten

2 geregelte Arbeitszeit 3 soziale Sicherheit 4 spezielle Fortbildungs-

möglichkeiten

5 mehr Möglichkeiten zur Kooperation

6 gesichertes Einkommen 7 bessere Aufstiegsmöglich-

keiten

8 eigene Forschung 9 Risikoscheu

10 mehr berufliche Abwechs- lung

11 Ablehnung, Medizin mit Profitinteresse zu betrei- ben

im Vordergrund stünde und 30 Pro- zent hielten das bei manchen Ärzten für möglich, betonten aber, daß sich dieser Vorwurf nicht verallgemei- nern ließe.

Bei der Beurteilung der Qualität ärztlicher Versorgung in freier Pra- xis im Vergleich zum Krankenhaus zeigte sich (Tabelle 6), daß nach An- sicht der politischen Prominenz in der freien Praxis nur die persönliche Beziehung zwischen Arzt und Pa- tient und die individuelle Beratung für besser gehalten werden. Demge- genüber werden die apparative Aus- stattung, die Diagnostik, die Mög- ichkeiten der wissenschaftlichen Fortbildung und die der Früherken- nung im Krankenhaus als besser als in der freien Praxis beurteilt.

Insgesamt zeigt sich hier, daß von 588 vorgenommenen Einzelbewer- tungen in 47 Prozent der Fälle die vorgegebenen Bereiche in der freien Praxis als schlechter als im Kran- kenhaus eingeschätzt wurden; dem- gegenüber wurde die freie Praxis in nur 29 Prozent aller Bewertungen als qualitativ besser als das Kran- kenhaus beurteilt.

In den restlichen Bewertungen wur- de zwischen freier Praxis und Kran- kenhaus kein qualitativer Unter- schied festgestellt.

apparative Ausstattung persönliche Beziehung

Noch über ein weiteres aktuelles Thema aus der Diskussion über den Arzt in unserer Gesellschaft soll be- richtet werden: Die Ursachen ärztli- cher Kunstfehler nach Meinung der politischen Prominenz.

Als Hauptursache ärztlicher Kunst- fehler wurde von der Mehrheit der Befragten (54 Prozent) menschli- ches Versagen und an zweiter Stelle (34 Prozent) die Überlastung des

80,0

Arztes aufgeführt. Sieht man davon ab, daß der Arzt auch an seiner Überlastung mitschuldig sein kann (31 Prozent der Befragten sind die- ser Ansicht), so sprechen mehr als die Hälfte der Interviewten solche Ursachen ärztlicher Kunstfehler an, die der Arzt selbst zu verantworten hat: in erster Linie mangelndes Ver- antwortungsbewußtsein (23 Pro- zent), dann unzureichendes fachli- ches Können (18 Prozent) und Tabelle 6: Die Beurteilung der Qualität ärztlicher Praxis im Vergleich zur Qualität der ärztlichen Versorgung im Krankenhaus (Anzahl der Nennungen in v.H., N = 100)

Die Qualität in freier Praxis ist .. . Bereich der

Berufsausübung Möglichkeiten der Früh- erkennung von Krankheiten Diagnostik

individuelle Beratung und Gesundheitsaufklärung Möglichkeiten der wissen- schaftlichen Fortbildung

besser gleich gut schlechter

12,0 38,0 46,0

1,0 24,0 73,0

72,0 26,0 2,0

2,0 21,0 74,0

1,0 13,0 83,0

20,0

(6)

Christoph Uleer

Die Debatte über die Selbstbeteili- gung der Versicherten an den Krankheitskosten hat nichts von ih- rer Aktualität, aber auch Emotions- geladenheit verloren. Sieht die eine Seite jegliche Kostenbelastung als soziale Demontage an, so gibt sie die andere gern als Allheilmittel ge- gen die Kostensteigerung im Ge- sundheitswesen aus. Nach wie vor fehlt es an Klarheit darüber, was not- wendig und systemkonform ist.

Geklärt werden muß, inwieweit die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) die Selbstbeteiligung als Steuerungsinstrument wirklich be- nötigt und ob sie mit ihrem sozialen Schutzauftrag in Einklang gebracht werden kann. Zu fragen ist auch, ob der Selbstbeteiligungseffekt nicht rasch wieder verlorengehen könnte, wenn die Belastung anderweitig auf- gefangen werden würde. Fragen, die der Antwort und der alternativen Lö- sungsvorschläge bedürfen.

Mit Selbstbeteiligung ist die direkte finanzielle Beteiligung der Versi- cherten an ihren individuellen Heil- behandlungskosten gemeint, etwa mit einem bestimmten Prozentsatz der Rechnungen oder bis zu einem jährlichen Höchstbetrag. Die indi- rekte Beteiligung über den Kranken- kassenbeitrag soll daneben nicht außer Betracht bleiben. Sie ist zwar getreu dem Versicherungsprinzip recht weitgehend verwirklicht wor- den, könnte aber in verschiedener Hinsicht noch konsequenter ausge- baut werden.

Daß für die gesetzliche Krankenver- sicherung die Selbstbeteiligung als Instrument der Kostendämpfung nicht im Vordergrund steht, liegt an ihrem traditionellen Sachleistungs- prinzip. Als direkter Partner der Ärz- te, Krankenkassen usw. verfügt sie über eigene Möglichkeiten, die Ko- sten zu beeinflussen. Wie weitge- hend sie sind, das hat der Streit um das Kostendämpfungsgesetz klarge- macht. Es hat nicht nur der Steige- rung, sondern auch erstattungsfähi- gen Menge an Leistungen und Arz- neimitteln eine Grenze gesetzt.

Schon immer aber gab es hinrei- chende gesetzliche Handhaben, über die Honorarvereinbarungen zwischen Kassen und Kassenärztli- chen Vereinigungen die Kosten im Sinne des Gebots der Wirtschaft- lichkeit und Notwendigkeit zu beein- flussen. Dies gilt im Prinzip auch für das Krankenhaus. Für die solcher- maßen auf die Angebotssteuerung programmierte Sozialversicherung kann die Selbstbeteiligung als Dämpfungsmittel nur von begrenz- ter Bedeutung sein.

Kein Gesetzgeber hat seit Bismarck das Sachleistungsprinzip durch ein ihm fremdes Selbstbeteiligungsele- ment verwässert; das liegt daran, daß die soziale Krankenversiche- rung von Anfang an als Schutzein- richtung für die einkommensschwä- cheren Bevölkerungskreise konzi- piert worden ist. Auch wenn nach und nach die weitaus meisten Bür- ger sozialversichert wurden, hat sich daran nichts geändert. Um das Das Bild des Arztes

schließlich ungenügende Fortbil- dung (12 Prozent). (Mehrfachnen- nungen möglich!)

Als Möglichkeiten zur Beseitigung dieser angegebenen Ursachen ärzt- licher Kunstfehler wurden in erster Linie Maßnahmen zur Entlastung des Arztes empfohlen. Weitere Mög- lichkeiten werden in einer Verbesse- rung der medizinischen Ausbildung und in einer verstärkten Kontrolle ärztlicher Fortbildung gesehen.

Als ein wesentliches Gesamtergeb- nis zeigt die durchgeführte Untersu- chung, von der hier nur Auszüge wiedergegeben sind, daß sich die befragte politische Prominenz zu al- len vorgelegten Fragen und Proble- men gemäß ihren persönlichen Er- fahrungen und Einstellungen äußer- te, so daß in der Beurteilung des Arztbildes weder eine Pauschalie- rung noch eine parteipolitische Po- larisierung oder eine Polarisierung nach einzelnen Funktionsbereichen zu beobachten war. Außerdem wur- de auch mehrfach betont, daß Beur- teilungen nur in Abhängigkeit von der Person eines einzelnen Arztes abgegeben werden können, so daß bei den Befragten insgesamt kaum ein übereinstimmendes Vorurteil über das Image des Arztes sowie über die ärztliche Versorgung und das Gesundheitswesen im allgemei- nen festzustellen war.

Im Hinblick auf die zukünftige Ent- wicklung des Gesundheitswesens wurde von der politischen Promi- nenz einerseits für eine stärkere Zentralisierung und für ein verstärk- tes Eingreifen des Gesetzgebers plä- diert, andererseits aber auch die Er- haltung des gegenwärtigen Systems gewünscht.

Anschrift der Verfasser:

Diplom-Sozialwirt Rainer Wasilewski und Diplom-Sozialwirt Günther Keil

Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Marienstraße 2/IV 8500 Nürnberg

FORUM

Plädoyer für eine

systemgerechte Selbstbeteiligung

Die Diskussion um die Einführung einer sozial tragbaren Selbstbeteili- gung auch in der gesetzlichen Krankenversicherung hat mit der Veröf- fentlichung des Gesundheitspolitschen Programms der CDU neuen Zündstoff erhalten. Ob und inwieweit Selbstbeteiligungsmodelle prak- tikabel sind, ist bislang kaum wissenschaftlich untersucht worden.

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