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Archiv "Mißbrauch und Aufgaben des Arztes" (08.03.1979)

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Academic year: 2022

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„Reformparagraph 218"

wohl demokratisch-liberaler als auch marxistisch-sozialistisch ver- faßter Gesellschaften unserer Zeit, mehr als ethische Minima gesetzlich zu verankern.

Eine Gesellschaft, die den Schwan- gerschaftsabbruch freigibt oder die De-facto-Freigabe in irgendeine ge- setzliche Regelung hüllt, sollte nicht Ärzten, die sich von Berufung und Beruf her dem Leben verpflichtet fühlen, mit der Aufgabe der Tötung vorgeburtlichen Lebens betrauen.

Insofern habe ich den Gesetzgeber aufgefordert, zur Entlastung unserer Kliniken von fachfremden Aufgaben spezielle Institutionen zum Schwan- gerschaftsabbruch einzurichten.

Es würde den Rahmen des Blattes sprengen, wenn ich auf die einzel- nen Punkte der Kollegen Artzt und Poettgen einginge. Ich bedanke mich jedoch für Pro und Kontra. Die Diskussion um das Gesetz wird in persönlichen und öffentlichen Be- reichen sicher fortgesetzt. Ich bin überzeugt, daß Novellierungen fol- gen, wenn auch seine Abschaffung verfassungsrechtlich (leider) nicht möglich ist.

Professor Dr. med. Hans Lau Direktor der Städtischen Frauenklinik

Grafenstraße 9, 6100 Darmstadt

ZITAT

Goodwill-Gesetz

„Das Kostendämpfungsge- setz mit der Konzertierten Aktion ist ein Goodwill-Ge- setz, das immer dann zer- bricht, wenn die Interessen der Vertragspartner zu hart gegeneinander stehen."

Hans-Wilhelm Müller, Ge- schäftsführer des Verbandes der Angestellten-Kranken- kassen und der Arbeiter-Er- satzkassen, Siegburg, vor der Mitgliederversammlung der Gesellschaft für Versi- cherungswissenschaft und -gestaltung e. V.

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Das vielschichtige Problem des aus- gewogenen Ärztenachwuchses hat zahlreiche Ursachen. Noch zahlrei- cher sind die Diskussionen darüber und die Vorschläge zur Abhilfe. Und doch wurde einer Seite des Pro- blems bisher auffallend wenig Auf- merksamkeit gewidmet, nämlich der Frage des zweckmäßigen ärztlichen Einsatzes: waren in Zeiten des Ärz- temangels auch alle Ärzte ihrer Aus- bildung entsprechend eingesetzt, und werden in Zeiten des Ärzteüber- schusses alle in ärztliche Kompe- tenz fallende Aufgaben auch tat- sächlich von Ärzten wahrge- nommen?

Eine Vielzahl von Ärzten beschäftigt die pharmazeutische Industrie. Nur Uneinsichtige könnten behaupten, daß sie hier zu Forschungszwecken nicht notwendig wären. Aber ist es erforderlich, sie als Arzneimittelwer- ber von Haus zu Haus zu schicken?

Als mittelloser Spätheimkehrer habe ich seinerzeit diesen „Job" des

„wissenschaftlichen Mitarbeiters"

ebenfalls vorübergehend ausgeübt, aber die wachsende Überzeugung, hier am falschen Platze zu sein, ließ mich ihn bald wieder aufgeben. Den Inhalt des „Waschzettels" hätte ich auch ohne Medizinstudium und Abi- tur aufsagen können, als Geschäfts- mann wahrscheinlich sogar noch besser! Im übrigen fühlte ich, daß meine Ausführungen schon deshalb nicht überzeugen konnten, weil sie damals nicht auf eigener Erfahrung beruhten.

Die zahlreichen Kollegen im öffentli- chen Dienst werden dort sicherlich zu vielen rein ärztlichen Aufgaben benötigt. Prophylaxe und Begutach- tung (id est Diagnostik lediglich zum Zwecke der Beurteilung) sind längst gleichwertige ärztliche Aufgaben neben Diagnostik und Therapie. In

den Ländern des Ostblocks werden sie sogar höher bewertet. Aber sind beispielsweise zum Verschlüsseln von Krankheiten, Ausfüllen von Zählblättern, Vergleichen von Dia- gnosen auf BBS und im Bescheid Ärzte erforderlich? Und wie steht es mit dem Gutachtenprüfungswesen?

Die Überprüfung von Außengutach- tern ist schon aus technischen Gründen gerechtfertigt, aber muß- ten auch jahrzehntelang die Gutach- ten amts- bzw. dienststelleneigener Ärzte abgeprüft werden? So etwas war sinnvoll, solange der Gutachter jung und unerfahren und der leiten- de Arzt alt und erfahren war; es ver- lor seinen Sinn in dem Augenblick, da sich dieses Verhältnis ausglich oder gar umkehrte, und es wurde sogar widersinnig, als leitende Ärzte auftraten, die bisher selbstvon ihren Gutachtern abgeprüft worden wa- ren. Ebenso widersinnig war es, All- gemeinärzte (amtseigene) Fachärzte abprüfen zu lassen oder Fachärzte die Gutachten anderer Fachgebiete.

Und es bedeutete einen kaum mehr zu überbietenden Verschleiß an rar gewordener ärztlicher Arbeitskraft, wenn Kurgutachten selbst amtseige- ner Ärzte des Placet nicht nur eines, sondern sogar zweier weiterer Kolle- gen bedurften, die selbst noch kaum Kurgutachten produziert hatten.

In der Zukunft:

Mehr ärztliche Aufgaben?

Und nun zur zweiten Frage: wurden in Zeiten des Ärzteüberschusses alle ärztlichen Aufgaben auch tatsäch- lich von Ärzten wahrgenommen oder ließen sich hier nicht in Zukunft viele Arbeitsplätze für Ärzte freima- chen bzw. neuschaffen?

Wesentlichste Aufgabe des Arztes ist Sorge und Vorsorge für die Ge- FORUM

Mißbrauch und Aufgaben des Arztes

Fritz Dorner

660 Heft 10 vom 8. März 1979 DEUTSCHES ARZ IEBL ATT

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BLÜTENLESE

Eine Minute Meditation

„Unser Lehrer ist prima.

Manchmal auch nicht. Jetzt sol- len wir jeden Morgen Andacht ohne Jesulein halten. Gott sei Dank nur eine Minute. Wie lang die ist. Hände auf die Bank, aber nicht falten. Komisch die- se Stille. Verflucht, mein Re- chenbuch vergessen. Gibt das eine Meckerei. Pech, im Buch lag ein frischer Kaugummi. Ver- senken! brüllt der Lehrer. Er brüllt gar nicht, aber wegen der Stille brüllt er doch. Die blöde Karin hat heute rote Strümpfe an. Deren Lehrer ist dufter als unserer. Schicker Bart, Leder- jacke und eine Suzuki. Rum

um die Kurve, dann zack wie- der Vollgas. Bäng, krasch, bummmm. Da liegt er. Steht wieder auf, guckt sich um und grinst. Warum grinst der blöde Hund? Doch Totalschaden, ehrlich gesagt, fast Total- schaden.

Gestern vor der Glotze doller Western. Vier tote Gauner und

ein Kauboy. Der Dumme hätte schneller schießen sollen. Das hat er nun davon. Verflucht die Minute ist noch nicht rum. Der Lehrer, son Affe, sagt, wir sol- len Seele tanken. Braucht die denn auch Sprit? Sonntag abend sang Omi vom Seelen- bräutigam. Daß ich nicht lache, ausgerechnet die 011e.

Aber Franzens dicke Schwester hat sich verlobt mit einem Kerl wie ein Hering. Er soll aber Geld haben. Glaube ich nicht, sonst hätte er einen Ferrari. Ob Schalke 04 es schaffen wird?

Ich muß mal, ganz doll. Geht jetzt aber nicht. Meditation ist heilig, sagt der Pauker. Gleich muß Schluß sein. Aber dann nichts wie raus, durch die Tür, scharfe Rechtskurve, Gas und kurz vor der Klotür scharf brem- sen, daß die Hinterachse schleudert und nichts wie rin.

So, die Meditation ist zu Ende".

Übernommen aus Berichten meiner Enkeltochter, die im Berliner „Märkischen Viertel"

zu Hause ist. Durrak

Spektrum der Woche

Aufsätze Notizen

Mißbrauch und Aufgaben des Arztes

sundheit. Die Gesundheit aber ist immer und überall bedroht und die Vorsorge daher immer und überall notwendig.

Es gibt keine menschliche Situation oder Planung, die nicht des Rates des Arztes bedürfte, gleichgültig, ob es sich dabei um den Bau von Woh- nungen, Häusern, Siedlungen, Indu- strieanlagen, Straßen oder um Kin- dererziehung oder um Lärm- und Umweltschutz handelt. Eine Unzahl von falsch gelösten Problemen ge- rade auf dem letzteren Gebiet wäre anders gelöst worden, hätte man den Arzt rechtzeitig hinzugezogen.

Und so wie es nur langsam Allge- meingut wird, daß die menschliche Physis nicht isoliert im leeren Raum schwebt, sondern hineingestellt ist in eine mit ihr in inniger Wechselbe-

ziehung stehende Umwelt, die der Arzt in Vorsorge und Therapie eben- falls einbeziehen muß, so erkennen auch

nach

der „Entdeckung" der Ganzheitsmedizin viele nur allmäh- lich, daß an der Physis noch eine Psyche hängt. Und doch gehören beide zeitlebens zusammen und wirkt nichts auf das eine, ohne nicht gleichzeitig auch auf das andere zu wirken.

Wohl gibt es „primär" bzw. „über- wiegend somatische" und „primär"

bzw. „überwiegend psychische"

Krankheiten, aber es gibt keine Krankheiten

rein

somatischer oder

rein

psychischer Art! Selbst beim Knochenbruch ist die „Droge Arzt"

(Balint) von Wichtigkeit, und selbst eindeutige psychogene Reaktionen bedürfen somatischer Begleitthe- rapie.

Vor jeder Therapie aber muß die Dif- ferentialdiagnose „primär bzw.

überwiegend somatisch" oder „pri- mär bzw. überwiegend psychisch"

stehen, und dafür ist die somatische Untersuchung unerläßlich, abgese- hen davon, daß sie gerade bei vor- nehmlich seelisch bedingten Leiden auch gleichzeitig die wichtigste psy- chotherapeutische Maßnahme ist.

Wer die Psyche behandeln will, muß daher auch etwas vom Soma verste- hen und umgekehrt. Jeder Arzt

muß

auch Psychotherapie betreiben, und übersteigt dies seine Grenzen, dann muß er eben die Hilfe des „Seelen- facharztes", des Psychiaters, in An- spruch nehmen.

Auch bei den Neurosen haben die Götter die Diagnose vor die Therapie gesetzt, und gerade hier ist eine kör- perliche Untersuchung dazu beson- ders wichtig. Wenn man gerade die- se häufigsten seelischen Erkrankun- gen der Domäne des Arztes entzie- hen würde, wäre dies einfach kurios.

Nur in seinem Auftrag und in Zusam- menarbeit mit ihm können Nichtärz- te psychotherapeutisch tätig wer- den.

Ich weiß, daß ich damit ein heißes Eisen berühre, aber meine Ausfüh- rungen wären unvollständig ohne den Hinweis, daß sich dem Arzt ge- rade hier noch ein weites und bisher leider zu wenig beachtetes Tätig- keitsfeld öffnet.

Wir Ärzte sind die natürlichen An- wälte der menschlichen Gesundheit, denen es obliegt, die gesundheitli- chen Interessen der Allgemeinheit gegenüber den gesundheitsfeindli- chen einzelner Gruppen zu vertre- ten. Wir können dabei unsere Tätig- keitsbereiche nicht selbst bestim- men, sie werden uns von der Gesell- schaft zugeteilt. Aber was wir kön- nen, ist: diejenigen aufzuklären und zu beraten, die darüber entscheiden.

Dies schulden wir unseren Patienten ebenso wie der Gesamtheit.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Fritz Dorner Medizinaldirektor a. D.

Bruckwiesenstraße 73

8501 Altenberg über Nürnberg

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Heft 10 vom 8. März 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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