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Archiv "Hoch begabte Kinder und Jugendliche - „Wir wollen nicht nur Talentschmiede sein“" (13.04.2001)

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it 14 bestand er das Abitur mit einem No- tendurchschnitt von 1,2 – Franz Kiraly aus Hayin- gen. „Der jüngste Abiturient Nachkriegsdeutschlands“ war dem Nachrichtenmagazin „Fo- cus“ im vergangenen Jahr ei- ne Geschichte wert. Mit ei- nem Intelligenz-Quotienten (IQ) von 150 habe der Sohn eines Arztehepaars bereits im Alter von drei Jahren lesen

und mit vier im Millionenbe- reich kopfrechnen können.

Das „Wunderkind“ gehört zu den rund 300 000 Kindern in Deutschland – nach Schät- zungen der Deutschen Ge- sellschaft für das hoch begab- te Kind –, die einen IQ von mindestens 130 erreichen und damit so klug sind wie nur zwei Prozent ihrer Alters- gruppe. Franz besuchte ein normales Gymnasium, über-

sprang in seiner Schulzeit aber fünf Klassen. Er ist somit repräsentativ für das Ergeb- nis der Langzeitstudie von Prof. Dr. Detlef H. Rost, Phi- lipps-Universität Marburg.

Die meisten Hochbegabten unterscheiden sich außer in ihrem Denkvermögen nicht von ihren Altergenossen,

stellte der Psychologe und sein Team in dem vor 13 Jah- ren begonnenen und immer noch andauernden Marbur- ger Hochbegabtenprojekt fest.* Von sozialer Isolation und schwieriger Persönlich- keit könne bei dem größten Teil der Hochleistenden nicht die Rede sein. Sie würden an V A R I A

A

A1000 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 15½½13. April 2001

Hoch begabte Kinder und Jugendliche

„Wir wollen nicht nur Talentschmiede sein“

„Talenta“ und die CJD Jugenddorf Christophorusschule: Zwei private Gymna- sien mit Internat fördern – mit unterschiedlichen Konzepten – Hochbegabte.

Bildung

* Detlef H. Rost (Hrsg.): Hochbegabte und hochleistende Jugendliche – neue Ergebnisse aus dem Marburger Hochbegabtenprojekt. Münster, New York, München, Berlin,

Waxmann Verlag 2000.

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normalen Gymnasien gut zu- rechtkommen. Das gelte je- doch nicht für die Gruppe der

„Underachiever“ (Minderlei- ster), das heißt im Unter- richt unterforderter Kinder, die trotz hoher Intelligenz schlechte Noten nach Hause bringen. Auf 10 bis 15 Pro- zent schätzt Rost deren An- teil. Diese Kinder und Ju- gendlichen bedürften einer besonderen Förderung, oft auch einer Psychotherapie, wenn die Konflikte sich auf den familiären Bereich aus- dehnten.

Das bundesweit erste Gymnasium ausschließlich für Hochbegabte öffnete im August 2000 im nordrhein- westfälischen Geseke – „Ta- lenta“ heißt die Privatschule mit angeschlossenem Inter- nat. 23 Kinder mit einem IQ von mindestens 130, die an ei- ner Regelschule nicht zu- rechtkommen, betreut „Ta- lenta“ zurzeit. Ein ärztliches oder schulpsychologisches Gutachten bescheinigt die Notwendigkeit der besonde- ren Betreuung für die „Min- derleister“. „Wir sind für die Kinder da, die Hilfe brau- chen“, sagt Schulleiterin Ant- je Schäfer. Deshalb über- nimmt nach §§ 34 und 35 SGB VIII das Jugendamt ganz oder teilweise die Internats- kosten von 4 000 DM im Mo- nat. „Die Hochbegabten, die keine Probleme in der Regel- schule haben, sollten dort bleiben.“

In den derzeit laufenden Jahrgangsstufen fünf und sechs hat jedes Kind einen in- dividuellen Stundenplan, ab- gestimmt auf die psychologi- sche, heilpädagogische und ergotherapeutische Betreu-

ung. Kleine Klassen (acht bis 15 Schüler), zwei Fremdspra- chen ab Klasse fünf und 34 Wochenstunden Unterricht sollen den Wissensdurst der Hochleistenden befriedigen.

Kreativität und Sozialverhal- ten – an denen es den Kin- dern oft mangelt – werden durch häufige Gruppenar- beit, Sport, Malen und Töp- fern trainiert. „Talenta“ ist noch jung; die Erfolge blei- ben abzuwarten.

Integrativer Ansatz

Die längste Erfahrung in der Förderung Hochbegabter (seit 1981) hat das Christliche Ju- genddorfwerk Deutschlands e.V. (CJD). Der Leitspruch des CJD lautet: „Keiner darf verloren gehen“. Das gilt auch für Hochbegabte, die oft zu Benachteiligten zu werden drohen. In fünf der 160 Ein- richtungen des CJD werden vom Kindergarten bis zum Gymnasium hoch begabte Kinder gefördert: in Braun- schweig, Hannover, Königs- winter, Nürnberg und Ro- stock.

Keine der Privatschulen des CJD betreut ausschließ- lich Hochbegabte. Die rund 100 hoch begabten Schüler in Königswinter sollen „in einem Klima gegenseitiger Akzep- tanz im Jugenddorf sowohl in der Breite ihrer Talente geför- dert werden, als auch durch den Umgang mit normal Be- gabten lernen, Verantwortung für sich und die Gemeinschaft zu übernehmen“, erklärt Hans-Joachim Gardyan, Lei- ter der CJD Jugenddorf-Chri- stophorusschule Königswin- ter, eines privaten Gymnasi- ums mit Realschulzweig. „Wir wollen nicht nur Talent- schmiede sein.“ Seit August 2000 ist der Schule auch ein Internat angeschlossen. Die Unterbringung dort kostet Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 15½½13. April 2001 AA1001

In den Integrativklassen wer- den unterschiedliche Bega- bungen in Projektgruppen und Freiarbeit innerhalb des Klassenverbandes gefördert.

Foto: CJD Jugenddorf-Christophorusschule Königswinter

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2 400 DM im Monat; acht Sti- pendien, ausgewählt nach so- zialen Kriterien, können ver- geben werden, ebenso ist die Kostenübernahme durch das Jugendamt möglich.

In den Klassen fünf bis acht werden die Hochbegabten in- tegrativ gefördert, das heißt gemeinsam mit leistungsstar- ken Gymnasiasten, ab Klasse elf in einem eigenen Hochbe- gabtenförderzweig. Integrativ fördern heißt gesonderter Unterricht im Fach Englisch in den Klassen fünf und sechs und in Mathematik ab Klasse sieben unterschiedliche Lern- gruppen im Klassenverband, Projektunterricht und Freiar- beit. Ab der neunten Klasse können die Hochbegabten zu- sätzlich Japanisch, Informa-

tik, Spanisch, Sozialwissen- schaften und Technik wählen.

Mehr als 100 Arbeitsgemein- schaften, beispielsweise Astro- nomie, Multimedia, Theater, ein Kammerorchester oder ei- ne Übungsfirma, fördern spe- zielle Interessen.

Sieben Jugendliche mit musikalischer Spitzenbega- bung leben zurzeit im Inter- nat, zum Beispiel die 15-jähri- ge Sophie Moser und ihre Ge- schwister. Schulleiter Gardy- an, selbst Musiklehrer, be- tont, dass auf Konzertreisen oder Vorbereitung für Auf- nahmeprüfungen an Musik- hochschulen im Stundenplan Rücksicht genommen wird.

Möglichkeiten zum Üben ste- hen ausreichend zur Verfü- gung. Petra Bühring V A R I A

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A1002 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 15½½13. April 2001

Kontaktadressen und Informationen

❃Den 96-seitigen Ratgeber für Eltern und Lehrer „Begabte Kin- der finden und fördern“ versendet kostenfrei das Bundesministe- rium für Bildung und Forschung, Referat Öffentlichkeitsarbeit, 53170 Bonn, E-Mail: information@bmbf.bund400.de

❃BRAIN – Beratung und Information über besondere Bega- bung – Fachbereich Psychologie der Philipps-Universität Mar- burg, AG „Pädagogische Psychologie & Entwicklungspsycho- logie“, Gutenbergstraße 18, 35032 Marburg, Telefon:

0 64 21/2 82 38 89, Fax: 2 82 38 89, E-Mail: brain@mailer.uni- marburg.de

Die Beratungsstelle versendet auch eine umfangreiche Literatur- liste.

❃Talenta, Steinhauser Straße 8, 59590 Geseke-Eringerfeld, Tele- fon: 0 29 54/9 00.

❃CJD Jugenddorf-Christophorusschule Königswinter, Cleethor- peser Platz 12, 53639 Königswinter, Telefon: 0 22 23/9 22 20.

❃CJD Geschäftsleitung (Zentrale), Teckstraße 23, 73061 Ebers- bach, Telefon: 0 71 63/93 01 76. Internet: www.cjd.de ✮

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