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„Köhnlechner-Medizin"
nichts Neues, schon vor Jahrzehn- ten wurde sie praktiziert. Selbstver- ständlich hätte diese „Therapie", wenn sie einer Nachprüfung stand- gehalten hätte, sofort weltweite Verbreitung gefunden. Auch nicht der Schein eines Beweises exi- stiert für die auf Seite 223 in den Raum gestellte Behauptung: „Je nach Können des neuraltherapeu- tisch arbeitenden Arztes sollte es möglich sein, jeden zweiten an pri- märem Glaukom erkrankten Pa- tienten durch diese Injektionen so zu regulieren, daß weder eine star- ke Dauermedikation, noch eine Operation notwendig wird."
Offensichtlich steht der Autor den großen Gefahren einer Einsprit- zung hinter den Augapfel naiv ge- genüber. Jeder operativ tätige Au- genarzt, der retrobulbäre Injektio- nen zur Lokalanästhesie als Vor- bereitung bei Operationen vorneh- men muß, weiß, daß dadurch re- flektorisch ein Verschluß der Netz- hautzentralarterie und damit eine dauernde Erblindung eintreten kann.
Nicht weniger gefährlich ist Köhn- lechners Verharmlosung retrobul- bärer Injektionen im Hinblick auf das Zustandekommen eines Orbi- tahämatoms. Seite 223: „Biswei- len entsteht nach der Injektion an das Ganglion ciliare unter dem Aug- apfel ein Bluterguß, dem ‚Boxer- veilchen' nicht unähnlich. Es sieht furchterregend aus und hat nach der Erfahrung der Neuraltherapeu- ten keine bleibenden Folgen, wohl aber nach der bislang noch unbe- wiesenen Befürchtung einiger Au- genärzte." In der ophthalmologi- schen Literatur kennt man zahlrei- che Berichte, aus denen hervor- geht, daß nach jeder retrobulbären Einspritzung die Gefahr von Gefäß- zerreißungen, insbesondere bei äl- teren Patienten, besteht. Durch das sich entwickelnde Orbitahämatom bleiben unter Umständen Schädi- gungen des Sehnervs zurück, die ebenfalls bis zur dauernden Erblin- dung gehen können. Das Herunter- spielen dieser Gefahr ist einer der schlimmsten Aspekte des vorlie- genden Buches.
Nach der Lektüre bleiben Kopf- schütteln und Bestürzung. Man sollte den Untertiel des Buches
„Die verschenkte Chance" denjeni- gen Patienten ins Stammbuch schreiben, die mit einer Augen- krankheit in die Hände von Köhn- lechner geraten.
Anschrift des Verfassers:
Professor
Dr. med. Dr. h. c.
Wolfgang Straub Universitätsaugenklinik Robert-Koch-Straße 4 3550 Marburg an der Lahn
ECHO
Zu: „Koronare Herzkrankheiten bei Jugendlichen" von Dr. med.
Heinrich Schmidt-Gayk in Heft 4/
1976, Seite 186 ff.
Rauchen besonders für Jugendliche schädlich Wer bereits im Jugendalter zu rauchen beginnt, richtet gesundheitlich größeren Schaden an, als wenn erst im Erwachsenenalter mit dem Rauchen begonnen wird.
Dies berichtete das in Köln erscheinende DEUTSCHE ÄRZTEBLATT. Nach Erhe- bungen von Dr. Heinrich Schmidt-Gayk von der Uni- versitätsklinik Heidelberg fänden sich bereits bei ju- gendlichen Rauchern Erkran- kungen der Herzkranzgefäße und sogar der Herzinfarkt.
Auch die Zahl der Todesfälle durch koronare Herzerkran- kungen liege im Verhältnis zur Gesamtzahl der stati- stisch berücksichtigten Er- krankten und Gesunden in jungen Raucher-Jahren hö- her als im späteren Leben (nach dpa in Westdeutsche Allgemeine und anderen Ta- geszeitungen).
IN KÜRZE
Diagnostik
Erkrankungen der großen Kopf- speicheldrüsen machen sich oft zu- erst in Form von Schwellungen im Gebiet des Kieferwinkels, am Mundboden oder präaurikulär be- merkbar. Für solche Fälle bietet sich die technisch einfach durch- zuführende und unriskante Sialo- graphie an, bei der durch Einlegen eines Plastikkatheters die Gangpa- pille der Speicheldrüse dargestellt wird. Der zweite Untersuchungs- schritt besteht in der manuellen Applikation des Kontrastmittels unter Durchleuchtungskontrolle.
Schließlich werden in verschiede- nen Ebenen Zielaufnahmen ge- schossen. Verwendet man wäßri- ge Kontrastmittel, ist nur ein gerin- ger Füllungsdruck erforderlich. Lo- kale Irritationen werden von ihnen kaum ausgelöst. Auf Grund der röntgenmorphologischen Alteratio- nen am Gangsystem können ent- zündliche und tumoröse Prozesse sicher differenziert werden. cb (Ecke!, H.; Schneider, D.: Rönt- gen-BZ. 28 [1975] 436-439)
Die orale Cholegraphie läßt sich möglicherweise in ihrer Treffsi- cherheit noch weiter verbessern, wenn man — von theoretischen Überlegungen ausgehend — fol- gende praktische Konsequenzen zieht: Man sollte die Resorption fördern, indem statt Säure Salz, gleichzeitig gallensaure Salze und eventuell eine fettreiche Mahlzeit verabreicht werden. Aufnahme und Transformation in der Leber lasen sich womöglich ankurbeln, wenn Phenobarbital gegeben wird; es stimuliert das Y-Protein und die Glukuronyltransferase. Die Aus- scheidung ist ebenfalls mit gallen- sauren Salzen und einem fettrei- chen Mahl zu beschleunigen. Die Gabe sekretinhemmender Sub- stanzen kann möglicherweise die Verdünnung des Kontrastmittels in den Gallengängen unterbinden.
Diese Maßnahmen sorgen wahr- scheinlich für eine bessere Opazi- tät des Gallengangsystems. cb (de Reus, H. D.: Röntgen-BI. 28 [1975] 362-372)
582 Heft 9 vom 26. Februar 1976 DEUTSCHES ARZTEBLATT