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Archiv "Autoimmunität – sinnvoll oder schädlich?" (16.11.1989)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Autoimmunität

sinnvoll oder schädlich? Rudolf Gross

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1. Autoimmunität als Krankheitsursache

Von Paul Ehrlichs „Horror autotoxicus" führt ein weiter Weg bis zur Erkenntnis der Forscher des Walter und Eliza Hall-Instituts (Burnet, Mak- kay, Nossal): unter anderem die Unterscheidung und gegebenenfalls Zerstörung oder Elimination der „Non-self"-Elemente durch ein kompliziertes Zusammenspiel von Lymphozyten, Makrophagen und anderen Zellen, Mediatoren wie Interleukin 1 und 2 sowie Interferon-Gamma (siehe auch DÄ 85, Heft 28/29, 1988) unter der Mitwirkung geneti- scher Faktoren (Human Leukocyte Antigen = HLA), die beim Menschen vom kurzen Arm des Chromosoms 6 exprimiert werden. In einem frü- heren Beitrag (DA 82, Heft 34, 1985) hatten wir dem damaligen Trend entsprechend, den Schwer- punkt ganz auf die Autoimmunerkrankungen, die immer häufiger an verschiedenen Organen als Krankheitsursache angesehen wurden und wer- den, gelegt. Dazu gehören allein an der Schilddrü- se und der ihr übergeordneten Hypophyse drei bis fünf (stimulierende und zytotoxische) Autoanti- körper, die funktionell sowohl zu einer Hyperthy- reose wie zu einem Myxödem führen können (mo- derne Übersichten bei 1, 2, 3, besonders zur Schilddrüse auch: 5).

Die Bedeutung der Autoimmunerkrankungen ist unverändert im Zunehmen. Dabei sind aller- dings drei Fakten derzeit zu bedenken:

Der Nachweis von Autoantikörpern be- deutet noch nicht die spezifische Verursachung.

Es gibt weit mehr Nachweise von Autoantikör- pern (von solchen gegen DNS bis herunter zu nie- dermolekularen, eines Haptens bedürftigen Fremdstoffen — zum Beispiel Arzneimittel) als nachgewiesene Autoimmunerkrankungen.

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Neben rein spezifischen und an ein Organ gebundenen Autoantikörpern gibt es unspezifi- sche Mitreaktionen anderer Antikörper bei organ- gebundenen wie bei generalisierten Autoimmun- erkrankungen (3). Autoantikörper gegen ganz an- dere Gewebe findet man auch gehäuft in der Ver- wandtschaft von Patienten mit Autoimmuner- krankungen. Rose und Mackay (2) sprechen sinn- gemäß von einer „autoimmunen Diathese".

Die immunsuppressive Behandlung hat bei einigen, heute überwiegend als Autoimmunerkran- kungen anerkannten Störungen, zum Beispiel dem (juvenilen) Typ-I-Diabetes zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt und Kontroversen ausgelöst.

2. Autoimmunreaktionen als sinnvolle Prozesse

In teleologischer oder teleonomischer (biolo- gisch zweckmäßiger) Sicht ist es schwer vorstell- bar, daß der Organismus ein so komplexes System unterhält, das nur der Abwehr von „Non-self"- Zellen oder -Stoffen dienen soll. Der Schwer- punkt der Forschung hat sich deshalb in den letz- ten Jahren — soweit wir sehen — mehr von der Ana- lyse von Autoimmunerkrankungen zu den physio- logischen Vorgängen hin verschoben (zum Bei- spiel etwa der Erkennung von Zellen untereinan- der, der Feststellung von -Überalterung oder ande- ren Oberflächenveränderungen als Basis der Zell- regulation, dem Eintritt einer Immuntoleranz.

Autoimmunphysiologie und Autoimmunpa- thologie werden im Lichte neuerer Untersuchun- gen mehr quantitativ als qualitativ gesehen. Nach Klein (1) sind Autoimmunerkrankungen nur eine

„übertriebene Reaktion von Vorgängen, die stän- dig im Körper stattfinden".

Auch die Immunogene des HLA-Systems, be- sonders der Klasse II (I a) bestimmen Art, Ort, Ausmaß der Immunreaktionen. Daneben scheint es noch wenig beforschte HLA-unabhängige De- terminanten zu geben. Nach Smith und Steinberg (Literatur bei 6) gehen die physiologische Auto- immunität, Zwischenformen und die pathogene oder am falschen Platz auftretende („Self-aber- rant") Autoimmunität fließend ineinander über.

Wir können daher den Charakter der Autoim- munität nicht allein durch Bestimmung von Antige- nen, Autoantikörpern oder Immunkomplexen fest- legen, sondern mehr durch ihre physiologisch-regu- latorischen beziehungsweise nosogenen Folgen.

Literatur

1. Klein, J.: Immunology. The Science of Self-Non-Self Discrimina- tion New York, Wiley Intersci. Publ., 1982

2. Rose, N. R.; Mackay, I. R. (Edit.): The autoimmune Diseases.

New York, Acad. Press, 1985

3. Roit, I. R.: Leitfaden der Immunologie. Deutsche Übersetzung der 4. Auflage durch P. Berg, Darmstadt, Steinkopff, 1984 4. Schwartz, R. S.; Rose, N. R. (Edit.): Autoimmunity: Experimental

and clinical aspects. Ann. N. J. Acad. Sci. 475, 1986 (reichlich Lit.) 5. Weetman, A. P.: Aberrant Class II. Antigen Expression and Auto- immunity, in Cruse, J. M., Lewis, R. E. (Edit.): Genetic Basis of Autoimmune Diseases. Basel, Karger, 1988

6. Cruse, J. M., Lewis, R. E.: Concepts in Immunopathology, Vol. 1, 4, 5 Basel, Karger, 1985-1988 (dort umfangreiche Lit.)

Prof. Dr. med. Dr. h. c.

Rudolf Gross

Herbert-Lewin-Straße 5 • 5000 Köln 41 A-3492 (40) Dt. Ärztebl. 86, Heft 46, 16. November 1989

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