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Archiv "Signale nach Berlin: Proteste reißen nicht ab" (18.11.2005)

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ie künftige Bundesregierung wird die Augen nicht länger vor den Pro- blemen im Gesundheitswesen ver- schließen können. Die Ärzteproteste reißen nicht ab – und finden zunehmend Resonanz in den bundesweiten Medien.

Beispiel Köln: Der Aufruf des erst vor ei- nem Jahr gegründeten Ärzteverbandes

„Freie Ärzteschaft“ mobilisierte mehr als 3 000 Niedergelassene und deren Pra- xispersonal für eine Großkundgebung am 9. November auf der Kölner Domplatte.

Bundesweit blieben an diesem Tag zahl- reiche Arztpraxen geschlossen – in man- chen Regionen bis zu 90 Prozent, wie die Initiatoren des ersten Nationalen Infor- mations- und Protesttages mitteilten.

Dr. med. Martin Grauduszus, der Vor- sitzende des rund 500 Mitglieder zählen- den Verbandes, zeigte sich selbst über- rascht über die große Resonanz auf den Protesttag. Der Hartmannbund und der NAV-Virchow-Bund hatten sich dem Aufruf angeschlossen und somit eben- falls einen Beitrag zum hohen Mobilisie- rungsgrad geleistet. War schon die An- zahl der teilnehmenden Ärzte erstaun- lich, so hatten die Organisatoren offen- bar überhaupt nicht mit einer derart großen Medienpräsenz gerechnet. Dies

ist ein Zeichen dafür, dass den Protesten der Ärzte mittlerweile große öffentliche Aufmerksamkeit zuteil wird. Die Nöte der Ärzte werden nicht mehr nur als

„Jammern auf hohem Niveau“ abgetan.

So verlieh die Masse der Demonstranten mit Trillerpfei- fen der zentralen Botschaft der Kundgebung lautstark Nach- druck: „Die Rahmenbedin- gungen für ärztliches Handeln in der Kassenmedizin sind un- erträglich geworden, die Gren- zen des Zumutbaren sind weit überschritten“, sagte Graudus- zus. Der Allgemeinarzt aus Erkrath verwies auf den zu- nehmenden Kahlschlag bei der ambulanten medizinischen Ver- sorgung – und auf deren un- mittelbare Folgen: „In Eng-

land und Schweden hat man eine ver- gleichbare Politik gemacht. Heute wer- den deutsche Ärzte zu Tausenden abge- worben, um dort die Löcher in der ambu- lanten Medizin zu stopfen.“ Mehr als zwölftausend deutsche Ärzte arbeiten be- reits im Ausland, ein Umstand, unter dem auch die hiesigen Krankenhäuser zu lei- den haben.

Die Probleme in der ambulanten Versorgung sind bekannt: Seit Jahren behandeln die Niedergelassenen mit immer enger werdenden Budgets. Die Umsätze sind je nach Arztgruppe bis zu 30 Prozent zurückgegangen – bei gleichzeitig steigenden Kosten. Viele Praxisinhaber mussten bereits Praxis- personal entlassen. Die Ärzte haften mit ihren Honoraren für die Arznei- mittelausgaben. Sie werden durch ein Übermaß an Bürokratie erdrückt. Den medizinischen Fortschritt finanzieren sie aus der eigenen Tasche. Dasselbe gilt für die Verlagerung von Leistungen aus der stationären in die ambulante Ver- sorgung. Und bei alldem weiß kein nie- dergelassener Arzt, wie seine Leistun- gen letztlich honoriert werden: Es gibt Punkte statt Euro, und die Punktwerte schwanken auf einem kaum noch hin- nehmbaren Niveau.

Dies alles trugen Grauduszus und weitere Redner mit viel Verbitterung bei der Kundgebung vor. Die Reaktio- nen der vielen Tausend Ärzte auf der Domplatte waren eindeutig: Es reicht!

Unterdessen berieten die Spitzen der angehenden großen Koalition in Berlin über das Regierungsprogramm der nächsten vier Jahre. Erste Signale nach der Kölner Kundgebung deuten darauf hin, dass die massiven Proteste der an-

gestellten und niedergelassenen Ärzte Wirkung zeigen. Es scheint, als würde bei den Gesundheitspolitikern die Er- kenntnis reifen, dass es bei den Prote- sten längst um sehr viel mehr als um die behauptete „Einkommensdiskussi- on der Ärzte“ geht. „Aus den Protesten kann leicht ein Flächenbrand entste- hen“, hieß es in Köln. Josef Maus

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 46⏐⏐18. November 2005 AA3149

Signale nach Berlin

Proteste reißen nicht ab

Nach den Klinikärzten gehen die Niedergelassenen auf die Straße – mehr als 3 000 Ärzte bei einer Großkundgebung in Köln.

P O L I T I K

Protest im Schatten der Domtürme: Die Ärzte sind es leid, als Handlanger einer überbürokratisierten und durch- budgetierten Kassenmedizin missbraucht zu werden.

Fotos:Johannes Aevermann

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