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Archiv "Beratungskommission Toxikologie: Gesundheitsgefährdung durch Passivrauchen" (13.10.1995)

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POLITIK AKTUELL

Beratungskommission Toxikologie

Gesundheitsgefährdung durch Passivrauchen

Tabakrauch in geschlossenen Räumen ist ein gesundheitsschäd- liches Stoffgemisch mit kanzerogenen Wirkungen. Zu diesem Ergebnis kommt die Beratungskommission Toxikologie der Deutschen Gesellschaft für experimentelle und klinische Phar- makologie und Toxikologie in einer umfassenden Stellung- nahme*). Die Kommission beruft sich dabei auf entsprechen- de toxikologische und epidemiologische Befunde und eine Vielzahl von Studien zu diesem Bereich. Der folgende Beitrag faßt die wesentlichen Aussagen der Kommission zusammen.

von > 1 (8, 12, 17, 31). Im Mittel liegt das Risiko bei 1,3. In einigen der Stu- dien fand sich eine Dosis-Wirkungs- beziehung.

Passivrauchen hat ähnliche Wir- kungen wie aktives Rauchen: Es be- schleunigt die Aggregation der Thrombozyten, schädigt Endo- thelzellen (8), verändert das Profil der Serumlipide zugunsten der Atheroge- nese (8), geht mit einer Verdickung der Karotiswand gesunder Erwachse- ner einher (14) und fördert die Ent- wicklung der Atherogenese (36).

Der Prozeß der schadstoffbeding- ten Atherogenese ist möglicherweise mit gentoxischen Veränderungen, de- ren Auslöser bereits kleinste Schad- stoffinengen sein könnten, assoziiert (25). Aus toxikologischer Sicht sind daher die epidemiologischen Befunde plausibel.

T

abakrauch enthält mindestens 4 000 Substanzen, darunter 40 erwiesene Kanzerogene. Der Nebenstromrauch, der wäh- rend der „Zugpausen" von der glimmenden Zigarette abgeht, und der Hauptstromrauch, den der Rau- cher inhaliert und wieder ausatmet, enthalten die gleichen Substanzen, wenn auch in sehr unterschiedlichen Konzentrationen.

Lungenerkrankungen

Durch Verdünnung verändert sich der Tabakrauch in der Raumluft sehr schnell in seinen physikalischen Eigenschaften und seiner chemischen Zusammensetzung (1, 7, 15, 23). Die- se Veränderungen machen es unmög- lich, aus dem Verhältnis einzelner Rauchbestandteile, zum Beispiel dem Nikotin, „Zigarettenäquivalente" für den gesamten Nebenstromrauch abzuleiten und einen direkten Ver- gleich der biologischen Wirkung des aktiven Rauchens und Passivrau- chens für den Raucher oder den „Mit- raucher" anzustellen.

Es ist unstrittig, daß Passivrau- chen die Lunge von Säuglingen und Kleinkindern schädigt (7). Die Schä- digung äußert sich in

• einem häufigeren Auftreten von Husten, Auswurf und Giemen,

• zusätzlichen und verstärkten Anfällen bei asthmatischen Kindern,

• einem erhöhten Risiko von Infektionen der unteren Atemwege.

Die Schädigung der Lunge im frühen Kindesalter durch Passivrau- chen ist insofern besonders bedenk- lich, als sie sich auf die Gesundheit im späteren Leben auswirken kann (30, 34).

Eine Reihe neuerer Studien (6, 9, 18, 24, 26, 28) bestätigt den seit lan- gem gehegten Verdacht (7, 23, 29, 33), daß Passivrauchen auch bei Erwach- senen chronische, entzündliche Atemwegserkrankungen verursacht.

Dies gilt sowohl für die Exposition im häuslichen Bereich als auch am Ar- beitsplatz (9, 18). Die Mehrzahl der Studien zeigt eine dosisabhängige Zu- nahme der Lungenbeschwerden, die bei hoher Tabakrauchbelastung einen statistisch signifikanten Faktor von 1,4 bis 3,0 gegenüber nicht exponier- ten Nichtrauchern erreicht.

Koronare

Herzerkrankungen

Zehn von elf epidemiologischen Studien zum Zusammenhang von Passivrauchen und koronaren Herz- erkrankungen (KHK) ermittelten für häusliches Passivrauchen ein Risiko

* Mitglieder der Beratungskommission und Verfasser der Stellungnahme sind: K.-W.

Bock, G. H. Degen, H. Kappus, H.-P.

Klöcking, H.-G. Neumann, R. Schulte-Her- mann, F. J. Wiebel

Lungenkrebs

Tabakrauch in der Raumluft be- sitzt erwiesenermaßen ein kanzero- genes Potential (19, 10, 22, 35). Um- stritten ist lediglich das Ausmaß der Belastung mit den kanzerogenen Komponenten des Tabakrauchs be- ziehungsweise die Höhe des Kresbsri- sikos.

Die Konzentration kanzerogener Substanzen im Nebenstromrauch kann bis zu 100fach höher sein als im Hauptstromrauch. Nichtraucher kön- nen daher auch nach starker Verdün- nung des Tabakrauchs bei mehrstün- digem Aufenthalt in verrauchten Räumen Mengen an Kanzerogenen, beispielsweise 4-Aminobiphenyl oder Dimethylnitrosamin, aufnehmen, die denen des Rauchens mehrerer Ziga- retten entsprechen (1, 27).

Sowohl bei experimentell kon- trollierter Belastung mit Neben- stromrauch (21) als auch unter Feld- bedingungen (2) wurde eine signifi- kante Erhöhung der Mutagenität im Harn von Passivrauchern beobachtet.

Diese reichte bis an 15 Prozent der Mutagenität des Harns aktiver Rau- cher von 14 Zigaretten heran (2), ent- sprach also den mutagenen Äquiva- lenten von zwei Zigaretten. In jüng- ster Zeit wurden die Metaboliten ei- nes tabakspezifischen Lungenkan- zerogens im Harn von Passivrauchern A-2704 (18) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 41, 13. Oktober 1995

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OLITIK

direkt nachgewiesen (13). Die renale Ausscheidung von Thioäthern, die In- dikatoren für die Bildung potentiell mutagener und kanzerogener Meta- boliten sind, läßt darauf schließen, daß im Körper von Passivrauchern unter realitätsnahen Bedingungen po- tentiell mutagene Metaboliten in Mengen von 0,5-0,8 Zigaret- tenäquivalenten entstehen (1).

Die Bindung an das langlebige Hämoglobin (Hb) bietet eine weitere Möglichkeit, die innere Belastung von Individuen mit einem Fremdstoff nachzuweisen. In zwei Studien (11, 20) wurde bei Passivrauchern eine signifikante Erhöhung der Hb-Bin- dung von Aminobiphenylen nachge- wiesen. Das Ausmaß der Hb-Bin- dung korrelierte dabei signifikant mit den Meßwerten für die individuelle Exposition mit Tabakrauch (11). Die durch Passivrauchen bedingte Pro- teinbindung der Aminobiphenyle er- reicht etwa ein Zehntel der bei Rau- chern beobachteten Bindung (11, 20).

Zur Frage, ob Passivrauchen mit einem erhöhten Lungenkrebsrisiko einhergeht, liegen mehr als 30 Studi- en vor (4, 7, 16, 32). Metaanalysen der Studien zeigen eine Erhöhung des Lungenkrebsrisikos um 30 bis 40 Prozent an (3, 7, 16). Nach einer Ab- schätzung von Becher und Wahren- dorf (3) ist demnach in der Bundes- republik Deutschland pro Jahr mit 300 bis 400 zusätzlichen Lungen- krebstoten durch Passivrauchen zu rechnen.

Nach Meinung der Beratungs- kommission bestätigen die epidemio- logischen Befunde aufgrund der Stär- ke der Assoziation, des Vorliegens ei- ner Dosis-Wirkungs-Beziehung und der Konsistenz der Beobachtungen den toxikologisch begründeten Ver- dacht, daß Passivrauchen Lungen- krebs hervorruft.

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das bei den Verfas- sern angefordert werden kann.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. F.J. Wiebel Institut für Toxikologie

GSF-Forschungszentrum für Um- welt und Gesundheit

85758 Neuherberg

AKTUELL

V

on Dezember 1994 bis Februar 1995 wurde im Auftrag der Behringwerke AG eine schriftliche Umfrage zum Impfverhalten der erwachsenen Be- völkerung in den alten Bundeslän- dern durchgeführt. Die ausgewertete Stichprobe mit 1 708 Personen im Al- ter zwischen 20 bis 89 Jahren ist reprä- sentativ. Das Durchschnittsalter be- trägt 52 Jahre. An der Befragung nah- men gleich viele Frauen und Männer teil. Beauftragtes Marktforschungsin- stitut war Dallinger & Partner, Mün- chen.

Erinnerung

Die Mehrzahl der Befragten konnte sich an den Zeitpunkt der letz- ten Impfung erinnern. Einen Impf- ausweis besitzen zwei Drittel von ih- nen, wobei altersabhängig deutliche Unterschiede zu erkennen sind: Unter den 20- bis 29jährigen besitzen 90 Pro- zent ein solches Impfdokument, bei den über 80jährigen ist dies nur in 30 Prozent der Fall. Die befragten Perso- nen sollten auch angeben, wogegen sie als Kind bis zum zehnten Lebens- jahr geimpft wurden.

70 Prozent konnten sich daran er- innern, daß sie eine Pockenschutzimp- fung erhalten hatten, 40 bis 60 Prozent meinten, daß sie als Kinder gegen Po- lio, Tetanus und Diphtherie geimpft

worden seien. Nur ein Zehntel erin- nerte sich daran, auch gegen Masern, Mumps und Röteln eine Schutzimp- fung erhalten zu haben. In diesem Zu- sammenhang muß berücksichtigt wer- den, daß die Polio-Schluckimpfung erst seit Anfang der 60er Jahre und Masern-Mumps-Röteln-Impfstoffe erst seit den 60er beziehungsweise 70er Jahren (Kombinationsimpfstoff) zur Verfügung stehen.

Der überwiegende Teil der Bevöl- kerung (83 Prozent) würde sich auch in Zukunft wieder impfen lassen, nur 12 Prozent gaben diesbezüglich eine negative Antwort. Erwartungsgemäß sinkt die Bereitschaft zur Wiederimp- fung mit zunehmendem Lebensalter.

Auf die Frage, wogegen man sich vor- aussichtlich als nächstes impfen lassen würde, wurde von der Hälfte Tetanus genannt. Rund ein Fünftel nennt hier die Polio- und Influenza-Impfung.

Diphtherie dagegen wird nur noch von fünf Prozent als nächste Impfung ins Auge gefaßt. 17 Prozent machten kei- ne konkrete Angabe, wollen aber das tun, was nötig sei.

Im Rahmen der Erhebung wurde nicht nur nach dem individuellen Impfverhalten gefragt, sondern auch nach Kenntnis über Diphtherie-, Po- lio- und Choleraepidemien im Aus- land, und ob man es für möglich halte, daß solche auch in Deutschland auf- treten könnten. 71 Prozent der Be- fragten gaben an, von solchen Epide-

Umfrage zum Impfverhalten der Deutschen

Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln

Die Einschätzung der Gefahr einiger Infektionskrankheiten und des- Nutzens von Schutzimpfungen ist nach wie vor unzureichend. Dies be- legt eine repräsentative Umfrage über das Impfverhalten der erwach- senen Bevölkerung in den alten Bundesländern. Danach haben fast ein Drittel der Befragten ihren Impfschutz nie überprüfen lassen. Trotz der Berichte über Epidemien im Ausland fühlen sich 80 Prozent ziemlich sicher vor Diphtherie und Poliomyelitis. Zwar gaben sich nur wenige Personen (ein Prozent) als Impfgegner zu erkennen, eine vorbehaltlo- se Impfbereitschaft signalisierten allerdings nur 40 Prozent der Befrag- ten; die übrigen wollen sich erst bei drohender Gefahr impfen lassen.

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 41, 13. Oktober 1995 (19) A-2705

Referenzen

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