KARZINOMSERIE:
Das Karzinoid
des Verdauungstraktes
Peter Langhans, Manfred Clemens und Werner Schlake
Karzinoide sind epitheliale Tu- moren, die im gesamten Ga- strointestinaltrakt vorkommen können. Sie unterscheiden sich von den Karzinomen da- durch, daß sie langsam infil- trativ, aber nicht grob zerstö- rend wachsen. Bei Metasta- sierung finden sich Absied- lungen besonders in der Le- ber, den Lymphknoten und der Lunge. In diesem Falle können sie sich unter dem kli- nischen Bild des Karzinoid- syndroms manifestieren. Die wesentlichen diagnostischen Hilfsmittel bestehen in den entsprechenden Röntgenun- tersuchungen, in der Endo- skopie mit Entnahme von Pro- beexzisionen und in laborche- mischen Untersuchungsme- thoden. Die chirurgische In- tervention steht als alleinige Therapie im Vordergrund. Bei erfolgter Metastasierung muß eine symptomatische chir- urgische Therapie einsetzen, die in der Reduktion der hor- monproduzierenden Tumor- massen besteht. Eine zusätzli- che medikamentöse Therapie ist bei persistierenden Sym- ptomen des Karzinoidsyn- droms indiziert.
Aus der Chirurgischen Klinik und Poliklinik der Universität Münster
— Allgemeinchirurgie —
(Direktor: Professor Dr. med. Hermann Bünte)
und dem Pathologischen Institut der Universität Münster (Direktor: Professor Dr. med. Ekkehard Grundmann)
Einleitung
Karzinoide sind epitheliale Tumoren des Verdauungstraktes und kom- men unter Berücksichtigung aller Malignome in 1 bis 1,8 Prozent vor.
Der Pathologe Oberndorfer prägte 1907 erstmals den Begriff „Karzino- id". Nach den von ihm damals auf- gestellten Kriterien dieser echten epithelialen Geschwulst unterschei- den sie sich von denen des Karzi- noms dadurch, daß diese Tu- morform langsam infiltrativ, aber nicht grob zerstörend wächst. Bei Metastasierung finden sich beson- ders Absiedlungen in der Leber, den Lymphknoten und der Lunge. In die- sem Falle können sie sich unter dem klinischen Bild des Karzinoidsyn- droms manifestieren. Primäre Tu- moren mit Lokalisation im Bron- chialsystem können ohne Metasta- sen das Vollbild des Karzinoidsyn- droms aufweisen. Seltene Lokalisa- tionen sind Ösophagus, Bronchus, Zunge, Larynx, Parotis und Tera- tome.
Häufigkeit und Lokalisation
traktes, jedoch mit unterschiedli- cher Häufigkeit nachweisen. So wer- den am Magen in 0,3 Prozent aller bösartigen Tumoren Karzinoide nachgewiesen. Insgesamt sind sie mit 0,02 Prozent an allen Magen- tumoren beteiligt (9)*). 8 Prozent der Malignome des gesamten Dünn- darms werden von Karzinoiden ge- bildet (22). Bei der Appendix wird eine Beteiligung der Karzinoide am Gesamtauftreten der Tumoren von 50 bis 90 Prozent beschrieben (18).
Während im Kolon Karzinoide nur in 0,3 Prozent an den Malignomen be- teiligt sind, werden im Rektum in 1,3 Prozent der bösartigen Tumoren Karzinoide nachgewiesen (9) (Tabel- le 1).
Morphologie
Bei den Karzinoiden handelt es sich durchwegs um kleine, gut abgrenz- bare Geschwülste mit überwiegend submuköser Lokalisation. Zum Darm hin werden sie häufig von ei- ner intakten Schleimhaut überklei- det, während sie an der Basis infil- trativ vorwachsen (10).
Karzinoide lassen sich zwar in allen Abschnitten des Gastrointestinal-
*) Die in Klammern stehenden Zahlen bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks
2811
81,0 1964 1966 2579 53
3,3 5,7 2,5 5,7
32,6
1,8 2,8 1,0 9,7
Unbekannter
Primärtumor 0,4 1,0 1,9
Tabelle 1: Aufstellung großer Statistiken über Karzinoide der Weltliteratur
Kähler, Barreto, Ayulo, Kuiper, H. J. A. J. H. et al.
(13) (2) (1) (15)
1967 1967 1969 1970
509 31 53 72
1,8 3,2 1,4
5,5 23,0
9,7 9,4 32,0
- - 1,8 1,4
67,0 29,0 37,9 22,2
3,5 3,2 3,7 6,9
2,5 38,7 45,4 27,8
0,2 - -
- 6,5 -
Autor
Jahr Fallzahl
Sanders, Linell, R. J. et al. F. et al.
(22) (16)
Martin, Orloff, Morgan, R. c. M. J. J. G. et
(17) (21) al. (19) 1970 1971 1974
52 3000 135
5,8 2,5 7,4
1,3 8,9 Magen
Duodenum Jejunum Ileum Meckelsches
Divertikel 1,1 1,9 Appendix 45,5
Kolon und
Zökum 2,6 5,7
Rektum 11,8 Gallenblase 0,2 Mesenterium
1,5
27,4 32,7 27,5
- 1,0 -
25,0 47,0 21,5
7,7 2,0 7,4
26,9 17,0 27,4
- 0,2 -
Bei größeren Tumoren können Exul- zerationen der intraluminalen Antei- le beobachtet werden. Karzinoide treten zum Teil solitär, zum Teil aber auch multipel auf. Am häufigsten lassen sich multiple Karzinoide im Ileum und Jejunum nachweisen (13, 19).
Im histologischen Bild finden sich solide epitheliale Stränge, deren Zellen einen hohen Differenzie- rungsgrad aufweisen (13) (Abbil- dung 1). Ausschlaggebend ist die Regelmäßigkeit der Zellen, die keine Mitosen oder Anaplasien aufweisen.
Charakteristisch ist die Diskrepanz zwischen infiltrativem Wachstum und ausgeglichenem Zellbild ohnp wesentliche Polymorphie (10) (Ab-
bildung 2). Histochemisch lassen sich in der Karzinoidzelle Granula nachweisen, die Argenaffinität, Ar- gyrophilie, positive Diazoreaktionen und Chromaffinität besitzen.
Pharmakologisch hat sich gezeigt, daß die Karzinoide multihormonale Tumoren sind, die neben dem Sero- tonin auch Kallikrein speichern und sezernieren (Abbildung 3). Als weite- re Substanzen wurden Prostaglandi- ne, Histamin, Insulin, Kortison, ACTH, MSH und andere Katechol- amine nachgewiesen.
In dieser Hormonüberproduktion liegt die Ursache für das Karzinoid- syndrom. Das 5-Hydroxy-Tryptamin bewirkt eine Konstriktion der Arte-
rien bei Dilatation der Hautgefäße mit gleichzeitiger Steigerung der Gefäßpermeabilität. Die glatte Mus- kulatur von Bronchus und Darm wird vom Serotonin stimuliert. Eine ähnliche Wirkung kann auch bei den Plasmakininen (Bradykinin und Kal- lidin) nachgewiesen werden. Sie re- gen Kontraktionen der Darmwand und Bronchusmuskulatur an, sen- ken durch Dilatation die arteriellen Gefäßwiderstände und erhöhten die Permeabilität.
Als dritte wesentliche Gruppe führen die Prostaglandine ebenfalls zu Kontraktionen der Muskulatur von Uterus und Darm und zur Dilatation der Gefäße, so daß hieraus eine blut- drucksenkende Wirkung resultiert.
Abbildung 1: Tumorkomplex, Infiltration der Muscularis mucosae
Abbildung 2: Alveoläre Zellnester mit kubisch polygonalen, häufig exzentrisch gelegenen Zellkernen
Klinik
Bei der klinischen Symptomatik muß zwischen dem nicht metastasieren- den solitären Karzinoid eines Or- gans und dem Karzinoidsyndrom unterschieden werden. Das Karzino- id der einzelnen Organe macht sich je nach Lokalisation in Form eines stenosierenden Prozesses bemerk- bar. Bei Lokalisation im Magen fin- den sich unspezifische Beschwer- den, die einem Ulkusleiden oder auch anderen Tumoren gleichen können. Die Patienten klagen häufig über intermittierende Oberbauchbe- schwerden, die wie bei einem pene- trierenden Ulkus in den Rücken aus- strahlen können. Zu den weiteren Symptomen gehören Erbrechen, Übelkeit, Gewichtsverlust. Bei Arro- sion der darüber liegenden Schleim- haut kann es zum Auftreten von Me- laena kommen. In ca. 38 Prozent ist eine Magenblutung die Ursache für weitere diagnostische Bemühungen (11). Präpylorisch gelegene größere Karzinoide können das klinische Bild einer Magenausgangsstenose erzeugen.
Entsprechend führt eine subkardiale Lokalisation zum Bild einer Kardia- stenose. Wegen des uncharakteristi- schen Krankheitsbildes sind Früh- symptome am ehesten bei endoga- strischer Ausbreitung zu erwarten, da es hier vermehrt zu Schleimhaut- läsionen, Errosionen und Ulzeratio- nen kommt.
Das Karzinoid des Ösophagus wird sich, falls es keine Symptomatik im Sinne eines Karzinoidsyndroms zeigt, am ehesten durch Stenosie- rung im Sinne eines Ösophagustu- mors bemerkbar machen.
Das klinische Bild der Karzinoide des Duodenums gleicht dem eines chronischen Ulkusleidens. Die Pa- tienten klagen über uncharakteristi- sche Oberbauchbeschwerden, Er- brechen, Appetitlosigkeit und Ge- wichtsverlust. Je nach Lokalisation zur Papille werden Duodenalkarzi- noide in drei Gruppen unterteilt. Die stenosierende Form verursacht epi- gastrische Schmerzen und bietet ei- ne Symptomatik wie bei Duodenal-
verschluß. Die Patienten geben in der Anamnese häufiges Erbrechen an. Die hämorrhagische Form bietet das Bild einer Blutung aus dem obe- ren Gastrointestinaltrakt. Verursacht wird diese durch Arrosion der Muko- sa. In vereinzelten Fällen wird ein begleitendes Duodenalulkus als Blutungsursache beschrieben.
Die ikterische Form ist durch die Lo- kalisation des Karzinoids im Bereich der Papilla Vateri gekennzeichnet.
Durch intramurales Wachstum kommt es zu Stenosierungen bezie- hungsweise Abknickung des Ductus choledochus mit nachfolgender Cholestase und Ikterus.
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 47 vom 23. November 1978 2813
CH,- CH - COOH NH, ---0- Proteine N
H Tryptophan Hydroxylase
CH,- CH - COOH NH,
5 - Hydroxytryptophan Decarboxylase
CH,- CH,- NH,
5 - Hydroxytryptamin=Serotonin Nicotinsäure-
amid
HO
HO
Monoaminooxydase COOH
\/\N/
H 5 - Hydroxyindolessigsäure
Abbildung 3:
Biosynthese und Abbau des Sero- tonins
Hormonell inaktive Karzinoide des Dünndarms bleiben in der Regel asymptomatisch. Ausnahmen hier- von bilden das obstruierende Wachstum in Richtung auf das Darmlumen. Hier treten dann krampfartig abdominelle Beschwer- den mit Hyperperistaltik, Obstipa- tion oder Diarrhöe auf. Je nach Grö- ßenwachstum kann es zur völligen Verlegung des Darmlumens mit Aus- bildung eines Ileus kommen.
Ebenso führt auch die kollagene Fi- brosierung des Mesenteriums durch Abknickung des Dünndarms zu Ob- struktionen und ileusähnlichen Erscheinungsbildern.
Ein Hinweis auf ein Karzinoid sollte immer die Kombination folgender Symptome sein: Intermittierender schmerzhafter Subileus, Diarrhöen und Gewichtsverlust (8).
Karzinoide des Meckelschen Diverti- kels werden meist nur am Autop- siematerial nachgewiesen. Eine kli- nische Symptomatik tritt nur bei ste- nosierendem Wachstum oder Ein- klemmung von Dünndarmschlingen auf.
Ebenso wie die Karzinoide des Mek- kelschen Divertikels bleiben auch die. Appendixkarzinoide klinisch stumm. Symptome treten nur in 10 Prozent der Fälle auf, nämlich dann, wenn der Tumor in der Mitte oder an der Basis des Wurmfortsatzes gele- gen ist und das Lumen verschließt.
Die Folge ist ein poststenotisches Empyem oder Gangrän (22). In der Mehrzahl der Fälle bleibt das Appen- dixkarzinoid ein histologischer Zu- fallsbefund bei klinischer Diagnose- stellung Appendizitis.
Die Symptome der Kolonkarzinoide gleichen denen, die durch ein Karzi- nom verursacht werden. Die Patien- ten klagen je nach Lokalisation über Schmerzen in dem entsprechenden abdominellen Abschnitt.
Je nach Ausdehnung des Karzinoids kann es zur Verlegung des Darmlu- mens mit Ausbildung eines Ileus kommen. Bei Läsionen der Schleim- haut wird auch bei Karzinoiden des Kolons eine Blutung beobachtet.
Rekturnkarzinoide äußern sich pri- mär durch Verstopfung, Tenesmen
und Schmerzen im Analbereich. Die Blutung fehlt häufig als diagnosti- scher Hinweis, da die Schleimhaut über kleinen Karzinoiden meist in- takt ist.
Das Karzinoidsyndrom ist meistens mit einer Metastasierung des Pri- märtumors in die Leber vergesell- schaftet. Bei der Symptomatik geht man davon aus, daß in den Metasta- sen gebildetes Serotonin, das nor- malerweise durch die Monoamino- oxydase sowohl in der Leber als auch in der Lunge zu 5-Hydroxy- Indolessigsäure abgebaut wird, un- gehindert in den Kreislauf gelangen kann. Klinisches Hauptphänomen stellt das vaskulär bedingte Flush- Syndrom dar (Tabelle 2). Normaler- weise klingt der Anfall innerhalb von Minuten ab. Es wird jedoch eine stundenlang anhaltende Symptoma- tik beschrieben. Die Intervalle zwi- schen den einzelnen Anfällen kön- nen zwischen Stunden und Wochen liegen (14).
Die Anfälle treten in den meisten Fällen spontan auf. Ursache kann jedoch eine äußere Einwirkung in Form von Erregung, Anstrengung, Mahlzeit, Druck auf den Tumor und Alkoholgenuß sein (Tabelle 3).
Das zweite Hauptsymptom des Kar- zinoidsyndroms stellen die abdomi- nellen Beschwerden dar.
In etwa 20 Prozent treten in Kombi- nation mit den Flush-Anfällen asth- matoide Zustände auf. Vom Seroto- nin und den Kininen ist eine bron- chokonstriktorische Wirkung be- kannt. Gefürchtet ist die asthmato- ide Dyspnoe bei intraoperativen Ma- nipulationen am Tumor. Am schwer- sten wirken sich die Veränderungen am Endokard und Klappenapparat aus, die letztlich zur Trikuspidalin- suffizienz und/oder Pulmonalisste- nose und damit zum Rechtsherzver- sagen führen.
Diagnostik
Die wesentlichen diagnostischen Hilfsmittel bestehen in den entspre- chenden Röntgenuntersuchungen,
■■••■1111..
Tabelle 3: Lokalisation des Primärtumors bei 138 Fällen der Literatur von typischem Karzinoid-Syndrom, modifiziert nach H. J. Kähler 1967 (13)
Lokalisation Fallzahl
Magen 2 1,5
Duodenum 1 0,7
Gallenblase
Jejunum 6 4,4
Ileum 94 68,2
Meckelsches Divertikel 1 0,7
Appendix 2 1,5
Zökum 3 2,2
Kolon 1 0,7
Rektum
Gonaden 5 3,6
Unbekannt 23 16,6
Tabelle 2: Art und Häufigkeit der Krankheitserscheinungen beim typischen Karzinoid-Syndrom bei 138 Krankheitsfällen der Literatur, modifiziert nach H. J. Kähler 1967 (13)
Symptome
Flush
Dauerzyanose Teleangiektasien
Pellagra-artige Dermatose
Häufig- % keit
129 93,5 25 18,1 35 25,2 9 6,5 Haut
Respirationstrakt Asthma 26 18,9
Magen-Darm- Trakt
Diarrhöen
Kolikartige Bauchschmerzen Ileus oder Subileus
107 77,5 70 50,7 21 15,2 Herz Rechtsseitige Endokardfibrose
(autoptisch) oder durch Herzka-
theter gesichertes Klappenvitium 55 39,9 Linksseitige Endokardfibrose
(nur autoptisch nachgewiesen) 18 13,1 Wasserhaushalt Oligurie oder Ödeme (ohne An-
halt für Herzerkrankung) 26 18,9 Gelenke Gelenkbeschwerden
„Arthritis" 10 7,3
Tumor Palpabler Lebertumor 86 62,4
Körpergewicht Gewichtsverluste 65 47,1 der Endoskopie mit Entnahme von
Probeexzisionen und in laborchemi- schen Untersuchungsmethoden.
Röntgenologisch werden Karzinoide des Magens häufig als Polypen fehl- gedeutet. Sie stellen sich als solitä- re, selten auch als multiple Fül- lungsdefekte mit zentraler Kontrast- mittelnische im Sinne einer Ulzera- tion dar. Radiologisch ist eine Diffe- renzierung von gutartigen und an- deren Tumoren beziehungsweise Ulzera nicht möglich. Das Röntgen- bild kann jedoch eine polypöse Schleimhautveränderung vorwei- sen, so daß auch an ein exophytisch wachsendes Karzinom gedacht wer- den muß (Abbildung 4).
Duodenalkarzinoide weisen einen rundlichen Füllungsdefekt mit teil- weiser Obstruktion auf. Röntgenolo- gisch ähnelt dieses Bild kleineren Polypen. Die Magen-Darm-Passage mit Verfolgung zeigt bei intralumi- nalem Wachstum der Karzinoide des Dünndarms einen abgegrenzten Füllungsdefekt (4). Beim Kolon muß differentialdiagnostisch wegen des häufig polypoiden intralum inalen Tumors auch an ein primäres Ade- nokarzinom gedacht werden (4, 7).
Endoskopischen Untersuchungen sind die Karzinoide des oberen Ga- strointestinu ms sowie des Rektums und Kolons leicht zugänglich. Diese Untersuchungsmethode muß um so mehr gefordert werden, da der Rönt- genbefund keine klinische relevante Aussage über die Dignität zuläßt und kleinere Karzinoide röntgenologisch nicht erfaßbar sind. Die histologi- sche Diagnose, bei hormonaler Inaktivität allein beweisend, kann nur mittels Knopflochbiopsie gesi- chert werden, da das Wachstum der Karzinoide häufig auf die tieferen Schleimhautschichten beschränkt ist und die einfache Schleimhaut- biopsie zu falsch negativen Ergeb- nissen führen kann (3).
Wichtigstes laborchemisches Zei- chen des Karzinoidsyndroms ist die Erhöhung der 5-Hydroxy-Indoles- sigsäurekonzentration im Harn. Die normale Ausscheidung der Hydroxy- Indolessigsäure beträgt 2-10 mg/
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Heft 47 vom 23. November 19782815
Abbildung 4: Multiple Füllungsdefekte im unteren Magenabschnitt bei multi- plem Magenkarzinoid
Black, W. C., Haffner, H. E.: Diffuse hyperplasia of gastric argyrophil cells and multiple carci- noid tumors, Cancer 21 (1968) 1080-1099 — Brenner, S., Heimlich, H., Widmann, M.: Carci- noid of esophagus, New York State J. Med. 69 (1969) 1337-1342 — Feyrter, F.: Über die zah- lenmäßige Häufigkeit pathischer Organbefun- de beim benignen enteralen Karzinoid, Med.
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11 (1907) 113-122 —Sanders, R. J., Axtell, H. K.:
Carcinoids of the gastrointestinal tract, Surg.
Gyn. Obstet. 119 (1964) 369-380
die, Werte über 25 mg/die sind be- weisend für ein Karzinoidsyndrom.
Sollte trotz eines ausgeprägten kli- nischen Bildes die 5-Hydroxy-Indol- essigsäureausscheidung normal sein, so ist es möglich, mit dem Re- serpin-Provokationstest die Produk-
tion des Serotonins zu steigern. So ist es möglich, durch Alkohol- oder Katecholamingabe, ebenso durch Infusion von Kalzium, einen Flush auszulösen und dadurch den Se- rotoninspiegel im Blut zu erhö- hen (12).
Therapie
Die chirurgische Intervention steht als alleinige Therapie im Vorder- grund. Eine zytostatische Therapie- mit Mitomycin oder Cyclophospha- mid hat nicht die gesetzten Erwar- tungen erfüllt. Solitäre Karzinoide des Magens mit einer Größe von un- ter zwei Zentimetern erfordern die Exzision in toto mit allen Wand- schichten und eine Schnellschnitt- untersuchung der Abtragungsrän- der. Bei größeren Tumoren und mul- tiplem Auftreten ist am Magen die totale Gastrektomie indiziert.
Ebenso muß bei allen anderen soli- tär auftretenden Tumoren die Re- sektion im Gesunden erfolgen (Ab- bildung 5). Bei erfolgter Metastasie- rung sollte zunächst eine kaudale Therapie versucht werden. Falls dies nicht auf Grund der fortgeschritte- nen Metastasierung möglich ist, muß eine symptomatische chir- urgische Therapie einsetzen, die in der Reduktion der hormonproduzie- renden Tumormassen, insbesonde- re der Leber, besteht. Auf Grund der ausgezeichneten Regenerationsfä- higkeit des Leberparenchyms ist durchaus eine partielle Leberresek- tion oder eine Hemihepatektomie indiziert.
Literatur
Abbildung 5: Ausschnitt des Operationspräparates eines multiplen Magenkar- zinoids
Anschrift für die Verfasser:
Dr. med. Peter Langhans Chirurgische Universitätsklinik Jungeblodtplatz 1, 4400 Münster