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Archiv "Selbstverantwortung?" (16.03.1978)

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Die Information:

Bericht und Meinung

seines Ziels. Die Leute müßten die Folgen in Kauf nehmen, wenn sie aus Angst ein eigentlich notwendi- ges Arzneimittel nicht nehmen;

das sei weniger schlimm als die gegenwärtigen Verhältnisse im Pharma-Bereich, sagte er einmal sinngemäß in einem Gespräch über Wahrheit oder Unwahrheit des von ihm Vertretenen.

Fünf Jahre nach Aufnahme seiner Tätigkeit als Verleger des „Arz- neitelegramms" hat er nun auch offiziell seinen weißen Kittel an den Nagel gehängt. Am 15. Febru- ar präsentierte er sich den Zu- schauern des I. Deutschen Fernse- hens als cleverer Unternehmer, der den „Mut zur Marktlücke" —so der Sendungstitel — und damit ei- ne Verdienstquelle gefunden hat, die ihm nach eigenem Bekunden ein Einkommen verschaffe, wie es auch ein normaler Kassenarzt be- ziehe. Fünfzehn wissenschaftliche Mitarbeiter, darunter zwei Profes- soren, helfen ihm dabei.

Ihre Tätigkeit besteht im wesentli- chen im Aussieben der internatio- nalen wissenschaftlichen Litera- tur. Daß dabei ein Filter insofern eingeschaltet ist, als im wesentli- chen Unerfreuliches den Weg ins

„Arzneitelegramm" findet, bestrei- tet Dr. Moebius. Seinen Anspruch, ein objektives Bild der Arzneimit- telszene zu bieten, wird indessen derjenige als eine besondere Ber- liner Spielart schwarzen Humbrs bewerten, der einige Jahrgänge des „Arzneitelegramms" durch- sieht.

Diese Negativauslese ist sogar le- gal. Dr. Moebius hat sich vom Oberlandesgericht Köln bestäti- gen lassen, daß er im Fall eines wissenschaftlichen Meinungs- streits zum Beispiel über die Wirk- samkeit eines Medikaments kei- neswegs verpflichtet ist, in der Be- richterstattung ein objektives Bild der verschiedenen Meinungen zu vermitteln. Die Pressefreiheit dek- ke es auch, wenn lediglich die ne- gativen Stimmen als Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis präsentiert würden.

Legal also ja; aber auch legitim, wenn man den Anspruch umfas- sender Information des Arztes erhebt?

Bei anderer Gelegenheit vertrat Dr. Moebius die Ansicht, da die Werbung und Information der Her- steller überwiegend nur die positi- ven Seiten eines Pharmakons her- ausstelle, könne er sich auf die Beleuchtung der Schattenstellen beschränken. Na schön — aber was hat das dann noch mit Objektivität zu tun?

GLOSSE

Selbst-

verantwortung?

Der Polizeipräsident in Ber- lin hat eine Idee gehabt. Da gibt es eine Kleingartenkolo- nie, für deren Bewohner das zuständige Bezirksamt die Errichtung einer weiteren Polizeirufsäule beantragt hatte. Das hat aber der Poli- zeipräsident abgelehnt, weil es in einem Umkreis von 300 Metern bereits eine Polizei- rufsäule, eine Feuerwehrruf- säule, öffentliche Fern- sprechstellen und das Tele- fon im Vereinshaus gibt.

Das ist ausreichend, meint der Polizeipräsident. Zusätz- lich hat er aber angeregt,

„durch geeignete Maßnah- men (zum Beispiel durch Hinweistafeln)" den Bewoh- nern der Kleingartenkolonie die Standorte der verschie- denen Rufsäulen und der Fernsprechhäuschen be- kanntzugeben.

Daß aber die Leute selbst sich einmal darum küm- mern, wo sie im Notfall Poli- zei oder Rettungsdienst alar- mieren können, auf die Idee kommt anscheinend nie- mand mehr — das ist das ei- gentlich Schlimme an dieser Geschichte. gb

Objektivität nehmen die Verlags- objekte von Dr. Moebius unter an- derem auch deshalb für sich in Anspruch, weil sie frei von Anzei- gen seien — im Gegensatz zu son- stigen medizinischen Publikatio- nen. Dr. Moebius bestreitet zwar nicht, zwischenzeitlich auch mal bei Unternehmen der Pharma-ln- dustrie angefragt zu haben, ob sie nicht Anzeigen bei ihm schalten wollten, aber, wie er sagt, nur um den Markt abzuklopfen. Anzeigen- übernahme komme nur in Be- tracht, wenn die Unternehmen nett darum bäten.

Voriges Jahr entdeckte Dr. Moe- bius eine neue, gewinnverspre- chende Marktlücke und begann mit der Herausgabe des „Transpa- renz-Telegramms". Diese preis- vergleichende Arzneimittelliste ist, Umfragen zufolge, zwar vielen Ärzten bekannt, wird aber nur von wenigen benutzt. Diese Liste bie- tet zwar im Gegensatz zur „Roten Liste", die sich den gleichen Um- fragen zufolge eines erheblich hö- heren Benutzungsgrades erfreut, nur eine relativ beschränkte Aus- wahl aus dem Arzneimittelange- bot. Wer sich daran indessen nicht stört und wer sich primär bei der Verordnung am Preis orientieren will, dem mag das Transparenzte- legramm hilfreich erscheinen.

Nun kommen aber im Laufe dieses Jahres zum privaten „Transpa-

renztelegramm" amtliche Trans- parenzlisten, die für den Arzt na- turgemäß eine höhere Authentizi- tät haben als eine kommerzielle Liste. Möglicherweise war dies der Grund, warum sich Dr. Moebius beim Bundesgesundheitsamt um eine beamtete Professorenstelle bewarb — die Bewerbung wurde abgelehnt — und sich auch um den Verkauf seiner Liste bemüht. Kon- krete Verkaufsabsichten hat er nach eigenem Bekunden inzwi- schen wieder aufgegeben, grund- sätzlich aber sei er einer Veräuße- rung nicht abgeneigt — gegebe- nenfalls auch an den Bundesver- band der Pharmazeutischen Indu- strie. Hans-Joachim Cramer

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 11 vom 16. März 1978 617

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