DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Qualitätssicherungsmaßnahmen verursachen jedoch ihrerseits Ko- sten, die nicht zu Lasten der Ärzte- schaft oder Krankenhausträger ge- hen dürfen. Vereinbarungen über die Deckung dieser Kosten sind des- halb notwendig. Dies muß in der Re- gelfinanzierung (Honorare/Pflege- sätze) von vornherein festgelegt wer- den. Von der Verbesserung der Qualität der medizinischen Versor- gung profitieren nämlich vor allem die Patienten und damit auch deren Kostenträger.
An Politiker und insbesondere die Bundesregierung ist zu appellie- ren, die Voraussetzungen für die Prozeßqualität und die Ergebnisqua- lität auch durch die Sicherung der Strukturqualität zu schaffen und endlich die in der Ausbildung für Ärztinnen und Ärzte, aber auch für andere Fachberufe im Gesundheits- wesen notwendigen Voraussetzun- gen zu schaffen.
• Um so schnell wie möglich zu Ergebnissen zu kommen, sollten ge- meinsame Gespräche zwischen Bun- desärztekammer, Kassenärztlicher Bundesvereinigung, Deutscher Krankenhausgesellschaft und den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenversicherung unverzüglich aufgenommen werden, um in Rah- menempfehlungen das weitere Vor- gehen zu regeln. Dabei kommt der Entwicklung von Kriterien und Me- thoden zur Qualitätssicherung eben- so große Bedeutung zu wie dem Grundsatz, daß erst nach genauer Ursachenanalyse eine Wertung er- laubt ist.
Qualitätssicherungsverfahren müssen zunächst in Modellversu- chen erprobt und dürfen erst dann allgemein angewendet werden, wenn sich das Verfahren als sicher erwie- sen hat. Der Informationsfluß ist un- ter Wahrung der Vertraulichkeit zu sichern. Die Konsequenz ist nämlich nicht Sanktion und Disziplinierung, sondern die Verbesserung der Quali- tät der Behandlung der Patienten.
Anschrift des Verfassers:
Dr. med. Karsten Vilmar
Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages Herbert-Lewin-Straße 5 5000 Köln 41 (Lindenthal)
D
ie geplante Währungs-, Wirtschaft- und Sozial- union hat das Bundesar- beitsministerium offenbar so mit Arbeit eingedeckt, daß ande- re, ebenso dringliche sozial- und ge- sundheitspolitische Reformprojekte, die bereits zu Beginn der im Dezem- ber zu Ende gehenden (11.) Legisla- turperiode angekündigt wurden, kurzfristig verschoben oder ganz auf der Strecke bleiben. Beispiel: die Vierte Novelle zur Amtlichen Ge- bührenordnung für Ärzte (GOÄ).Trotz der bereits im November 1988 gestarteten Vorarbeiten seitens des Gebührenordnungs-Referates im Blüm-Ministerium und der eben-
Gebührenordnung für Ärzte
Blüm mauert weiter
so arbeitsaufwendigen wie „nervtö- tenden" Sacharbeit der Bundesärz- tekammer, der Verbände und der Fachgesellschaften übt sich Bundes- arbeitsminister Norbert Blüm in hek- tischer Gelassenheit, spekuliert auf Zeitgewinn. Er hat einen Disput an- gezettelt — nach der Devise „Mauern ist die beste Politik, um Niederlagen zu vermeiden!" Auch wenn anderer- orts Mauern eingerissen werden?
Weder von einem Beschluß des jüngsten (93.) Deutschen Ärztetages noch von den wiederholten Einga- ben des Bundesärztekammer-Präsi- denten Dr. Karsten Vilmar ließ sich Blüm beeindrucken; statt dessen nur
„Trockenübungen" auf der Bonner Hardthöhe. Als ob nicht längst ein- gehende Fachgespräche auf Refe- renten- und (im Oktober 1989) Staatssekretärsebene stattgefunden hätten, repetiert Norbert Blüm un- strittige Tatsachen, die der Weiter- entwicklung der Gebührenordnung zugrunde gelegt werden sollen: Neu- bearbeitung und Revision des 12 Jahre alten Gebührenverzeichnisses, damit dieses endlich an den medizi- nischen Fortschritt und den Wissens- stand angepaßt und einzelne Positio- nen neu bewertet werden können.
Die Neubearbeitung soll sich insbe- sondere auf die Abschnitte Grund- leistungen und Allgemeine Leistun- gen, Strahlendiagnostik, Anwendung radioaktiver Stoffe (Radionuklide), Strahlentherapie, Sonographie, Ma- gnetfeld-Resonanz-Tomographie, Laboratoriumsdiagnostik, operative Leistungen und andere Bereiche er- strecken. Darüber hinaus hat die Bundesärztekammer darauf gedrun- gen, die krankenhausspezifischen Leistungen dem medizinischen Stan- dard entsprechend sachgerecht be- wertet werden sollen.
Was bei der Ärzteschaft Verär- gerung und Frustration ausgelöst hat, ist die vom Blüm-Ministerium angestrebte „Doppelte Null-Lö- sung". Die Weiterentwicklung, die Neu- und Umbewertung sollen abso- lut kostenneutral gewerkstelligt wer- den, allenfalls sollen durch „Einspa- rungen im technischen Bereich" zur besseren Dotation in anderen Berei- chen „freigeschaufelt werden". Das Absurde: Das Bundesarbeitsministe- rium tut so, als ob die Bundesärzte- kammer diesem durch nichts zu rechtfertigenden Ringtausch zuge- stimmt habe. Das Gegenteil ist der Fall! Bereits im Oktober 1989 stellte die Bundesärztekammer klar: Der Grundsatz einer verabsolutierten Kostenneutralität kann nicht als Maßstab für die Weiterentwicklung eines zwölf Jahre alten, weitgehend überholten Leistungsverzeichnisses anerkannt werden. Dieses Postulat kann allenfalls für den Punktwert und nur für solche Leistungen des Verzeichnisses bejaht werden, bei denen seit 1978 ein medizinisch-wis- senschaftlicher Fortschritt nicht stattgefunden hat. Dagegen müssen selbstverständlich solche Leistungen, die die Leistungserbringung infolge der medizinischen Entwicklung ver- teuert haben und den Patienten un- verzüglich zugute kommen, auch an- gemessen honoriert werden. Und:
Warum sollen ausgerechnet die von der Bundesregierung so gerne pro- pagierte Forderung „Leistung soll sich wieder lohnen" und das den Ge- werkschaften ohne Abstriche zuge- standene Recht auf regelmäßige Lohnerhöhung ausgerechnet im Be- reich des privaten Liquidationsrech- tes der Ärzte nicht gelten? HC Dt. Ärztebl. 87, Heft 27, 5. Juli 1990 (23) A-2135