Aus Bund und Ländern
Infektionsschutzgesetz baut auf Prävention
BONN. Mit einem Gesetz zur Neuordnung seuchen- rechtlicher Vorschriften will das Bundesgesundheitsmini- sterium eine umfassende Re- form der bisherigen gesetzli- chen Regelungen zum Schutz der Bevölkerung vor über- tragbaren Krankheiten ein- leiten. Leitgedanke für die- ses Infektionsschutzgesetz sei die Prävention übertragbarer Krankheiten. Dafür seien vor allem eine Verbesserung der Infektionsepidemiologie und eine höhere Effizienz des Öffentlichen Gesundheits- dienstes vorgesehen.
Künftig soll das Robert Koch-Institut für die zentra- le Koordinierung der Da- tenerhebung, Analyse und Bewertung übertragbarer Krankheiten zuständig sein.
Es soll ein epidemiologisches Informationsnetz auf Bun- desebene aufbauen, die Län- der auf deren Wunsch be- raten und länderübergrei- fende Maßnahmen zur Be- kämpfung akuter Infektio- nen koordinieren. Kranken-
häuser und Einrichtungen für ambulantes Operieren sollen verpflichtet werden, alle dort erworbenen soge- nannten nosokomialen In- fektionen sowie die Resi- stenzentwicklung bestimm- ter Erreger zu erfassen.
Außerdem sollen die Ge- sundheitsämter ermächtigt werden, unter anderem Arztpraxen, in denen inva- sive Eingriffe vorgenommen werden, infektionshygie- nisch überprüfen zu können.
Bei sexuell übertragbaren Krankheiten und Tuberku- lose kann dem Gesundheits- amt neben der Beratung im Einzelfall auch eine Behandlungsbefugnis einge- räumt werden. Kli
Arzneimittelgesetz an die EU-Richtlinien angepaßt
BONN. Das Bundeskabi- nett hat den Entwurf des Siebten Änderungsgesetzes zum Arzneimittelgesetz ver- abschiedet. Wie aus einer Mitteilung des Bundesmini- steriums für Gesundheit her- vorgeht, soll damit das deut- sche Recht den europäischen
Bestimmungen über den Binnenmarkt für Arzneimit- tel angepaßt werden. Dazu zählten die EU-Verordnun- gen und Richtlinien der Jah- re 1993 bis 1995, die ein zen- trales Zulassungsverfahren für technologisch hochwerti- ge Arzneimittel bei der Europäischen Arzneimittel- agentur in London und ein dezentrales Zulassungsver- fahren für den breiten Arz- neimittelmarkt bei den Zu- lassungsbehörden der Mit- gliedstaaten festlegten.
Das Siebte Änderungs- gesetz sieht unter anderem vor, daß die deutsche Zulas- sungsbehörde für Arzneimit- tel grundsätzlich die Zulas- sungsentscheidungen ande- rer EU-Behörden anerkennt, sofern keine Gefahr für die öffentliche Gesundheit be- steht. Werden Meinungsver- schiedenheiten zwischen den Behörden der Mitgliedstaa- ten über die Anerkennung einer Arzneimittelzulassung in einem Schiedsverfahren geschlichtet, sind die Ent- scheidungen in allen Mit- gliedstaaten verbindlich um- zusetzen.
Das Gesetz, dem der Bun- desrat zustimmen muß, soll im Oktober in den Bundestag eingebracht werden. EB
Rechtschreibreform:
Status quo festschreiben
BONN. Acht befürwor- tende Verbände der umstrit- tenen Rechtschreibreform bezogen jetzt vor der Presse Stellung zur aktuellen Dis- kussion um die Aussetzung der Reform.
Wolfgang Dick vom Ver- band der Schulbuchverlage erklärte, bei einem Reform- stopp entstünden den Verla- gen bis Ende 1997 Verluste von über 300 Millionen DM, unter anderem bedingt durch ein unverkäuflich geworde- nes Warenlager, da Schul- bücher seit 1996 in „refor- mierter Form“ aufgelegt würden.
Marianne Demmer von der Gewerkschaft Erziehung
und Wissenschaft (GEW) zeigte sich verärgert über den Dilettantismus der Kultusmi- nister bei der Einführung der Reform und nannte es unver- antwortlich, „daß ungeklärte juristische Fragen auf dem Rücken der Kinder und Lehrkräfte ausgetragen wer- den“. Die GEW halte jedoch an der Reform fest, weil sonst das Chaos in den Schulen perfekt wäre.
Heinz-Peter Meidinger vom Deutschen Philologen- verband stellte fest, daß die Reform von Schülern und Lehrern akzeptiert worden sei und durch die aufge- bauschte Diskussion um die Rechtschreibreform von den eigentlichen Problemen der Jugend Deutschlands abge-
lenkt werde. EB
Arzthelferinnen fordern Qualitätskriterien für die Arztpraxen
EPPSTEIN. In einem of- fenen Brief hat der Be- rufsverband der Arzt-, Zahn- arzt- und Tierarzthelferinnen (BdA) Bundesgesundheits- minister Horst Seehofer aufgefordert, überprüfbare Qualitätskriterien für das ambulante Gesundheitswe- sen festzuschreiben. Immer mehr Praxen gingen dazu über, Arzthelferinnen durch Hilfskräfte zu ersetzen. Dar- aus resultiere eine Ver- schlechterung der Patienten- betreuung, kritisierte der BdA. Qualifiziertes Personal werde zunehmend einge- spart, da vielen Ärzten durch die Gesundheitsreform fi- nanzielle Einbußen entstan- den seien.
Nach Angaben des BdA berichteten viele der rund 500 000 Arzthelferinnen, daß sich die Arbeitsbedingungen drastisch verschlechtern wür- den: „Streichung des 13. Mo- natsgehaltes, Kürzung über- tariflicher Bezahlung, unver- gütete Mehrarbeit und Ab- bau frei werdender Arbeits- plätze bedeuten schleichende Erosion der erreichten Be- rufsstandards von Arzthelfe-
rinnen.“ SG
A-2386
P O L I T I K NACHRICHTEN
(22) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 38, 19. September 1997 Gesetzlich Kranken-
versicherte werden im laufenden Jahr mehr als sieben Milliarden DM an Selbstbeteiligung für Medikamente auf- bringen müssen. Das ist mehr als doppelt soviel wie im vergan- genen Jahr (3,2 Mil- liarden DM), denn seit dem 1. Juli sind die Zuzahlungen für GKV-Versicherte er- höht worden. So kletterte die Zuzah- lung für Medikamen- te je nach Packungs- größe von vier, sechs und acht auf neun, elf und 13 DM. Zu-
sammen mit den übrigen Selbstbeteiligungen, beispielsweise für Kranken- hausaufenthalt oder Fahrkosten, errechnet sich ein Selbstbehalt der Patienten von mehr als 14 Milliarden DM im Jahr 1997 – zusätzlich zu den rund 120 Milliarden DM, die die Versicherten an Beiträgen aufbringen. N