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Archiv "Patientenverfügungen: BÄK empfiehlt ausführliche Beratung" (30.03.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 13⏐⏐30. März 2007 A827

P O L I T I K

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ach pragmatischen Lösungen sucht man derzeit in den USA. Statt lange den mutmaßlichen Willen von sterbenskranken Koma- patienten zu ergründen, lassen For- scher versuchsweise Computer die Antwort ermitteln. Die Maschine gleicht Patientendaten wie Ge- schlecht und kulturellen Hinter- grund mit Ergebnissen aus Bevölke- rungsstudien ab. Auf Knopfdruck entscheidet der Rechner dann, ob der Betroffene aller Wahrscheinlichkeit nach weiter leben möchte oder nicht.

Zu Recht wird sich diese Form von normierter Sterbehilfe in Deutschland auf absehbare Zeit nicht durchsetzen. Vielmehr disku- tieren hier Ärzte, Ethiker und Politi- ker ebenso kontrovers wie intensiv über den richtigen Umgang mit Sterbenskranken. In diesem Früh- jahr soll der Bundestag über ent- sprechende gesetzliche Änderungen entscheiden. Zwei Tage vor der ers- ten parlamentarischen Grundsatzde- batte stellte am 27. März die Bun- desärztekammer (BÄK) gemeinsam mit ihrer Zentralen Ethikkommissi- on Empfehlungen zum Umgang mit Vorsorgevollmachten und Patienten- verfügungen vor. Die vollständige Fassung ist in diesem Heft als Be- kanntgabe dokumentiert.

Rechtliche Verbindlichkeit

Darin betont die Bundesärztekam- mer die hohe rechtliche Verbind- lichkeit von Patientenverfügungen.

Ärztinnen und Ärzte dürften sich deshalb nicht über die darin enthal- tenen Willensäußerungen eines Pa- tienten hinwegsetzen. Doch könn- ten Situationen eintreten, die nicht konkret beschrieben oder nicht vorhersehbar gewesen seien. Daraus resultierende Fehlinterpretationen von Patientenverfügungen ließen sich reduzieren, „wenn eine bevoll-

mächtigte Vertrauensperson als An- sprechpartner für den Arzt zur Ver- fügung steht“, so die BÄK. Deshalb empfiehlt die Kammer eine Kombi- nation aus Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung.

Drei Entwürfe

Darüber hinaus raten BÄK und Zen- trale Ethikkommission Ärzten, mit ihren Patienten über die Vorteile einer Vorsorgevollmacht oder einer Patientenverfügung zu sprechen. So könne der Arzt über medizinisch mögliche Behandlungsmaßnahmen informieren, auf die mit Prognosen verbundenen Unsicherheiten auf-

merksam machen und über Erfah- rungen mit ähnlich betroffenen Pati- enten berichten, heißt es in den Empfehlungen.

Der Präsident der Bundesärzte- kammer, Prof. Dr. med. Jörg-Diet- rich Hoppe, hält es aber für „illuso- risch“ anzunehmen, dass man alle erdenklichen Fälle mit einer Patien- tenverfügung abdecken kann. Des- halb sei es auch fraglich, ob ein Ge- setz tatsächlich Rechtsverbindlich- keit herstelle. „Ein Gesetz wird nur neue Probleme bringen“, betont Hoppe in einem im „Spiegel“ veröf- fentlichten Streitgespräch mit dem Münchner Palliativmediziner Prof.

Dr. med. Gian Domenico Borasio („Spiegel“ 13/2007). Manche Poli- tiker wollten sich offenbar in jede Sterbesituation einmischen. Borasio hingegen befürwortet klare gesetz- liche Regelungen. Denn viele Ärzte und Juristen seien massiv verunsi- chert: „Sonst würden ja nicht immer wieder gültige Patientenverfügun- gen missachtet.“

Bei den anstehenden parlamen- tarischen Beratungen für ein Pati- entenverfügungsgesetz müssen die Abgeordneten entscheiden, wie weit der Gesetzgeber eingreifen darf und ob eher das Selbstbestimmungs- recht oder der Schutz des Lebens in den Vordergrund gerückt wer- den soll. Fraktionsübergreifend stehen verschiedene Entwürfe zur Abstimmung.

In dem Entwurf der SPD-Ar- beitsgruppe „Recht“ um deren Vor- sitzenden Joachim Stünker kommt der Patientenverfügung höchste Priorität zu. Das Vormundschafts- gericht soll nur in Ausnahmefällen

eingeschaltet werden. Dagegen will der SPD-Abgeordnete René Rös- pel, dass die Richter einen Behand- lungsabbruch grundsätzlich geneh- migen müssen. Die Gültigkeit von Patientenverfügungen wollen Rös- pel und andere Abgeordnete auf die Fälle beschränken, in denen die Grunderkrankung einen irrreversi- blen und absehbar tödlichen Verlauf nimmt. Auch Unionsabgeordnete schlossen sich diesem Antrag an und unterstützen die Vorschläge Röspels.

BÄK-Präsident Hoppe warnt in- des davor, dass eine dringend not- wendige gesellschaftliche Debatte über den Umgang mit Patienten an deren Lebensende durch ein „parla- mentarisches Schnellverfahren“ er- stickt werden könnte. Es sei wich- tig, dass sich die Bürgerinnen und Bürger mit diesem bislang tabuisier- ten Thema befassen. Der Bundestag könnte hierfür entscheidende Im-

pulse setzen. I

Samir Rabbata

PATIENTENVERFÜGUNGEN

BÄK empfiehlt ausführliche Beratung

In einer Handreichung für Ärzte betont die Bundesärztekammer die Rechtsverbindlichkeit von Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen. Wie der Umgang mit

solchen Willenserklärungen genau geregelt werden soll, will der Bundestag nun klären.

Ein Gesetz wird nur neue Probleme bringen.

Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer

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