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Archiv "Medizinethik: Ethik, aber ohne Moral" (28.01.2005)

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Medizinethik

Zum Beitrag „Im Schraubstock der Ökonomie“ von Dr. med. Eva A. Rich- ter-Kuhlmann in Heft 44/2004:

Zeitvorgabe

Frau Dr. Richter-Kuhlmann schreibt, ich hätte bei der Jah- restagung des Nationalen Ethikrates mitgeteilt, den Ärz- ten am Universitätsklinikum Köln sei „eine durchschnittli- che Zeit von 7,5 Minuten pro Patient und Tag vorgegeben worden“. Aus dem Kontext meines Vortrags ging freilich hervor, dass durch entspre- chende theoretische Zeitvor- gaben Stellenberechnungen angestellt werden. Der effekti- ve Patientenkontakt des ein- zelnen Arztes wurde also nicht limitiert – ein solch kühner und ethisch problematischer Eingriff in das ärztliche Han- deln wäre in Köln – wie wohl an jeder anderen deutschen Uniklinik – immer noch un- denkbar.

Prof. Dr. Dr. Klaus Bergdolt, Institut für Geschichte der Medizin, Universität Köln, Joseph-Stelzmann- Straße 9, 50931 Köln

Ethik, aber ohne Moral

Was hat die Philosophie mit der Gesundheitsreform zu tun? „Die Medizin ist die Schwester der Philosophie“

Tertullian (150 bis 230 n. Chr.). Kein Wunder also, dass sich viele Ärzte mit den Kategorien der Philosophie beschäftigen. Dabei steht die Morallehre wegen prakti- scher Konsequenzen für die ärztliche Tätigkeit nicht nur in Diagnostik und Therapie, sondern auch in Lehre und Forschung im Mittelpunkt

des Interesses. Die Moral stellt bekanntlich ein System von Anschauungen, Vorstel- lungen, Normen und Bewer- tungen dar, die das Verhalten des Einzelnen in seiner ge- sellschaftlichen Umwelt re- geln. Die Moral oder Pflich- tenlehre bezeichnen wir als Ethik.

Besonderheiten sind, dass im Gegensatz zu den Rechtsnor- men die moralischen Normen nicht mit Staatsgewalt durch- gesetzt werden können. Sie werden auf freiwilliger Basis angenommen oder auch ver- worfen. Das Moralbewusst- sein, unser Gewissen, ent- steht nicht von selbst, son- dern wird durch unsere Er- ziehung, Erfahrungen, Bei- spiele, die öffentliche Mei- nung, die Tradition und nicht zuletzt die moralische Auto- rität unserer Vorbilder ge- formt. So ist es verständlich, dass unterschiedliche morali- sche Auffassungen gleichzei- tig in einer Gesellschaft ne- beneinander bestehen. Jede Berufsgruppe hat neben den vorherrschenden moralischen Wertvorstellungen in der Ge- sellschaft, die auf idealisti- scher, aber auch materialisti- scher Weltanschauung beru- hen können, auch berufsspe- zifische Besonderheiten, die sich im Laufe der gesell- schaftlichen Entwicklung, aber auch im Laufe eines Le- bens ändern können.

Typisch für den Arztberuf sollte eine altruistische, im weitesten Sinne humane Ver- haltensweise sein. Leider reicht eine solche „Basismo- ral“ im praktischen Leben nicht aus, denn in seiner Tä- tigkeit muss sich der Arzt im- mer wieder mit einer Reihe von objektiven Zwängen aus- einander setzen. Diese sind noten zu erhalten. Während

meiner Schulzeit konnten Schüler in Arbeitsgemein- schaften ihr Wissen aufbes- sern. Diese Arbeitsgemein- schaften fanden in den Nach- mittagsstunden statt und wur- den gern und gut angenom- men. Von zukünftigen Medi- zinstudenten wird das Latinum gefordert, warum kann man das nicht auch für bestimmte naturwissenschaftliche Fächer fordern? Dazu gehört aber auch ein Lehrerpotenzial und die Bereitschaft der Lehrer, sich für solche Arbeitsgemein- schaften zur Verfügung zu stellen. Ich bin der Meinung, dass die Vorbildung zur da- maligen Zeit der angehenden Studenten besser war.

Dr. med. Dieter Wegner, Am Steinbruch 11, 01900 Großröhrsdor

DÄrikatur

Zu der Karikatur „Praxisgebühr:

Obdachlose befreit“ von Ralf Brunner in Heft 48/2004:

Verärgerung

Über Ihre Karikatur habe ich mich sehr geärgert. Sich auf Kosten obdachloser Men- schen, von denen nicht wenige körperlich und psychisch krank sind, lustig zu machen, ist nicht nur degoutant und diskriminierend . . .

Sich über Behinderte und ge- sellschaftlich deklassierte Men- schen lustig zu machen hat in

Deutschland und seiner Ärzte- schaft eine lange und für diese Menschen vernichtende Tradi- tion. In der Medizin gilt aber auch, wie im übrigen Leben, dass es mit artigem Parlieren, Lippenbekenntnissen und ab- gehobenem Metagerede nicht getan ist, sondern vielmehr mit Mt 7,16 schon vor langer Zeit diesbezüglich zutreffend festge- stellt wurde: „An ihren Früch- ten sollt ihr sie erkennen“.Viel- leicht sollte die Redaktion des DÄ die Folgen solch seichter Scherze vor der Publikation besser einschätzen lernen.

MR Dr. med. Andreas Klein, Gesundheitsamt Trier-Saarburg, Paulinstraße 60, 54292 Trier

Hoffentlich ein

einmaliger Ausrutscher

Zu Ihrer im DÄ veröffentlich- ten Karikatur möchte ich Ih- nen sagen: Solch eine Karika- tur ist erschreckend men- schenverachtend und gehört nicht in Ihre Zeitschrift! Ich hoffe, dass sie ein einmaliger Ausrutscher war.

Dr. Barbara Schildt-Specker, Himmelgeister-Landstraße 112, 40589 Düsseldorf

Fragwürdige Selbstdarstellung

In Heft 48 findet sich eine „Ka- rikatur“, die auf Kosten finanz- schwacher Patienten witzig sein soll. In „Varia“ und auf der letz-

ten Seite werden mehrfach Ratschläge zur Geldanlage er- teilt.Am Ende des Heftes darf dann über die Fehler angehen- der Arzthelferinnen gelacht werden. Damit bestätigt „das Organ der Ärzteschaft“ die üb- lichen Klischees über deutsche Ärzte: Engagement bei den ei-

genen finanziellen Interessen, Arroganz gegenüber anderen Berufsgruppen und Desinteres- se an den Nöten ihrer Patien- ten.Von einer derartigen Selbst- darstellung meines Berufsstan- des distanziere ich mich . . . Dr. med. Andreas Günther, Magnitorwall 3, 38100 Braunschweig

A

A196 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 428. Januar 2005

B R I E F E

Irritationen: Mit dieser Karikatur wollte die Redaktion keineswegs Obdachlose verunglimpfen, sondern die Suche nach „Umgehungs- strategien“ der eher gut situierten Versicherten aufs Korn nehmen.

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gesellschaftlicher, politischer, ökonomischer und geistig- moralischer Ursache und können durch Druck von Po- litik, Ökonomie und auch Pharmaindustrie oft zu erheb- lichen Gewissenskonflikten führen.

So erfuhr der Nationale Ethikrat kürzlich vom Vor- standsvorsitzenden einer großen Klinik-AG, dass der Arzt größtenteils Unterneh- mer, Kaufmann sei und der Patient sein Kunde. Wenn dieser also über Geldmittel verfügt, kann er sich medizi- nische Leistungen zur „Er- höhung der Lebensqualität“

einkaufen. Dazu zählt der ärztliche Unternehmer bei- spielsweise auch die Behand- lung des Grauen Stars und anderer altersbedingter Leiden.

Die Solidargemeinschaft in der GKV hat sich bei den

knappen Geldmitteln also auf

„Notfälle“ zu konzentrieren, nur den Behandlungsauftrag zu erfüllen und die Vorsorge nicht unnütz auszuweiten (denn „Nachteile durch die Nichtentdeckung von Krank- heiten seien nicht bewie- sen“).

Hierzu wird allerdings als Hilfskonstruktion eine Art

„zweite Ebene der Ethik“ er- forderlich. Es wird den altrui- stischen Arzt, der Notfälle be- handelt, und den Medizin-Un- ternehmer geben müssen, der Lebensqualität anbietet.

Bei einer solchen Vergewalti- gung des ärztlichen Gewissens klingen die Worte des Bundes- präsidenten a. D., Johannes Rau, auf dem letzten Ärzte- kongress wie eine schöne Uto- pie: „Gesundheit ist ein hohes Gut, aber keine Ware.“ Die Wirklichkeit hat die ärztliche Ethik aber längst schon ent-

wertet. Eine Ethik, die der Humanität verpflichtet ist, kann bei dem Gewinnstreben in der Marktwirtschaft nur lä- stiger Ballast sein. Es mag ganz und gar unwissenschaft- lich klingen, aber dieses marktwirtschaftliche Denken im Gesundheitswesen ist auch Ethik, aber eine ohne Moral.

Dr. sc. med. Gerd Machalett, Am See 15, 17089 Siedenbollentin

KBV

Zum EBM 2000plus:

Facharzt als Serviceer- bringer für den Hausarzt

Mein Wunsch an jeden Fach- arzt wäre, dass er sich als Ser- viceerbringer für den Haus- arzt verstehen sollte. Die mei- sten Fachärzte sehen das aller- dings anders. Im neuen EBM

ist bei etlichen fachärztlichen Leistungen der Bericht an den Hausarzt Voraussetzung für die Abrechnungsfähigkeit der Leistung. Erfreulich für die Hausärzte? – Nein! Denn:

„Gibt der Versicherte keinen Hausarzt an . . . sind die Lei- stungen auch ohne schriftliche Mitteilung an den Hausarzt berechnungsfähig.“ Das

„Nichtangeben des Hausarz- tes“ wird sich häufen! . . . Dr. med. Roman Machens, Leukstraße 12, 84028 Landshut B R I E F E

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