• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Teilstudienplätze in der Medizin: Garantien gibt es keine" (24.02.2012)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Teilstudienplätze in der Medizin: Garantien gibt es keine" (24.02.2012)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 360 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 109

|

Heft 8

|

24. Februar 2012

Z

um Wintersemester 2012/ 2013 will der Medizinstudent Axel Ahlbrecht die erste große Hürde in seinem Studium nehmen: das Phy- sikum. Sollte er es bestehen, könnte er im nächsten Jahr mit den klini- schen Semestern beginnen. Könnte!

Denn sicher ist sich Ahlbrecht nicht, dass er umgehend weiterstudieren kann. Der 23-Jährige hat aufgrund einer gerichtlichen Klage an der Jo- hannes-Gutenberg-Universität (JGU) Mainz nämlich nur einen Teilstu- dienplatz bekommen. Das bedeutet, dass er nach dem Physikum automa- tisch exmatrikuliert wird und sich für die klinischen Semester neu um einen Studienplatz bewerben muss.

Ahlbrecht bemüht sich daher jetzt schon wieder bei der Stiftung für Hochschulzulassungen (ehemals ZVS) um einen Vollstudienplatz.

Sein Teilstudium kann er sich dabei

grundsätzlich als Wartezeit anrech- nen lassen. Nach bestandenem Phy- sikum will er sich dann zusätzlich an alle medizinischen Fakultäten wenden, um einen klinischen Studi- enplatz zu finden. Das Studium hin- schmeißen will er auf keinen Fall, auch wenn er mit einer Wartezeit rechnen muss. „Ich bin völlig offen bei der Studienplatzwahl, und das Handtuch werfen werde ich garan- tiert nicht“, betont er, „denn Arzt zu werden, ist mein Traum.“

Bettenzahl bestimmt Kapazität im klinischen Abschnitt

Wie Ahlbrecht geht es einigen Hun- dert Studenten in Deutschland. Sie haben ihren Teilstudienplatz wegen einer unzureichenden Abiturnote entweder eingeklagt oder ihn über Losverfahren durch die Stiftung für Hochschulzulassung erhalten.

An der JGU Mainz beispielswei- se sind in jedem vorklinischen Se- mester circa 25 Studenten mit ei - nem Teilstudienplatz. Auf die ge- samte Vorklinik gerechnet macht das circa 100 Studierende, deren Studienplatzgarantie mit dem Phy- sikum endet. In den vergangenen Semestern konnten hier nur sehr wenige Studierende mit Teilstu- dienplatz in den klinischen Ausbil- dungsabschnitt übernommen wer- den. „Das Problem tritt allerdings nicht bei allen Universi täten glei- chermaßen auf, sondern nur bei etwa einem Viertel, dort aber teilweise massiv“, sagt der auf das Einklagen von Studienplätzen spezialisierte Rechtsanwalt Dr. Ulrich Mühl von der Kanzlei Rohwedder & Partner in Mainz.

Das gilt zum Beispiel für die Uni- versitäten Göttingen und Marburg.

TEILSTUDIENPLÄTZE IN DER MEDIZIN

Garantien gibt es keine

Mehrere Hundert Medizinstudierende haben in Deutschland lediglich einen

Teilstudien platz. Wann und wo ihr klinischer Studienabschnitt stattfindet, ist ungewiss.

Die Chancen auf eine Fortsetzung des Studiums stehen aber nicht schlecht.

Begehrte Plätze:

Wer bei der Studienplatzvergabe leer ausgeht, sucht

oft Hilfe beim Rechtsanwalt.

Foto: dapd

T H E M E N D E R Z E I T

(2)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 109

|

Heft 8

|

24. Februar 2012 A 361 Hier beträgt der Anteil der Teilstu-

dienplatzinhaber in der Vorklinik zwischen 30 und 50 Prozent. „Die Universität Göttingen wurde vor vielen Jahren von der Verwaltungs- gerichtsbarkeit zu diesem Vorgehen verpflichtet, da die vorklinische Kapazität deutlich größer ist als die klinische Kapazität“, erklärt Prof.

Dr. Johanna Wanka vom Nieder- sächsischen Ministerium für Wis- senschaft und Kultur. Bemühungen, vorklinische Kapazitäten abzubau- en, seien von den Verwaltungsge- richten nicht akzeptiert worden.

Wie viele Teilstudienplätze eine Hochschule zur Verfügung stellen muss, ergibt sich aus dem Kapazi- tätsrecht. Und das wiederum geht zurück auf das sogenannte Nume- rus-clausus-Urteil des Bundesver- fassungsgerichts aus dem Jahr 1972.

„Nach der Rechtsprechung des Ver- fassungsgerichts ist der Staat ver- pflichtet, in Mangelstudienfächern eine erschöpfende Auslastung der Studienplätze sicherzustellen“, er- klärt Mühl. Dadurch komme es je- doch mitunter zu unterschiedlichen Kapazitätsangeboten in den jeweili- gen Studienabschnitten.

„Während sich die Kapazitäten nach der Kapazitätsverordnung in der Vorklinik an der Zahl der Lehr- kräfte orientiert, bemisst sich die Studienplatzkapazität in den klini- schen Semestern an der jährlichen Zahl der tagesbelegten Betten der jeweiligen Unikliniken“, erläutert Mühl. Problematisch ist nach An- sicht des Rechtsexperten, dass bei Letzterem zumeist nur vollstationäre Patienten in die Berechnungen ein- fließen. „Anders als in den 70er und 80er Jahren werden heute aber auch in den Kliniken immer mehr Patien- ten ambulant behandelt. Dies wird bisher weder in den Berechnungen noch in der Rechtsprechung ausrei- chend berücksichtigt. Dadurch kön- nen sich die Berechnungsergebnisse für die einzelnen Studienabschnitte – regelmäßig zulasten der Klinik – voneinander entfernen.“

Um auf den Missstand aufmerk- sam zu machen, hat sich der Allge- meinarzt und Lehrbeauftragte der Universität Mainz, Dr. med. Günter Gerhardt, mit einem Rundbrief an al- le zuständigen Landesministerien ge-

wandt. „Ich habe mir erzählen lassen, dass es Studenten gibt, die nach zwei Jahren vergeblichen Wartens – nach dem Physikum wohlbemerkt – das ,Handtuch geworfen‘ haben, und das in einer Zeit, wo wir zumindest in ländlichen Regionen den Ärzteman- gel beklagen“, schreibt Gerhardt.

Diesen Zusammenhang sehen ei- nige Bundesländer jedoch nicht. „Für Ihre Vermutung, Teilstudienplatzin- haber im Studiengang Medizin könn- ten dem Ärztemangel in ländlichen Regionen entgegenwirken, wenn sie ihr Studium im klinischen Studien- abschnitt nur fortsetzen und schließ- lich erfolgreich beenden könnten,

fehlt jeglicher Anhaltspunkt“, erwi- dert die niedersächsische Wissen- schaftsministerin, Eva Kühne-Hör- mann. Auch kann die Ministerin in der Vergabe von Teilstudienplätzen keinen „Missstand“ erkennen.

Anders beurteilt hingegen der Prodekan für Studium und Lehre der Universitätsmedizin Mainz, Prof.

Dr. Christian Werner, die Situation:

„Für die Teilstudenten ist es ein er- bärmlicher Zustand, dass sie nicht wissen, wie es nach dem Physikum weitergehen soll.“ Werner hat sich daher mehrfach mit betroffenen Stu- denten aus ganz Deutschland und deren Fürsprecher Gerhardt getrof- fen, um das Thema zu beraten.

Viele Studierende verlieren Zeit, manche die Lust

So kritisieren einige Teilstudien- platzinhaber beispielsweise, dass nicht klar sei, ob sie bei Weiterfüh- rung ihres Studiums als Quereinstei- ger, Ortswechsler oder Neubewerber gelten. Auch bemängelt eine Studen- tin, dass diejenigen, die nach bestan- denem Physikum auf einen neuen Studienplatz warten müssen, diese Zeit nicht mit einer Famulatur, einem Praktikum oder einer Forschungsar- beit im Labor sinnvoll überbrücken könnten, da hierfür eine Immatriku-

lation beziehungsweise ein entspre- chender Versicherungsschutz not- wendig sei. Probleme bereitet den Studenten auch, dass sie zum Teil in Konkurrenz zu Bewerbern treten, die ihr Physikum im Ausland, beispiels- weise in Ungarn, absolviert und ihr Zeugnis dort deutlich früher erhalten haben, was ihnen bessere Chancen auf einen Platz garantiert.

An der JGU Mainz will man das Nadelöhr künftig mit Billigung des rheinland-pfälzischen Wissen- schaftsministeriums auflösen, in- dem ab dem Sommersemester 2012 keine Teilstudienplätze im Fach Medizin mehr angeboten werden.

„In zwei Jahren wird es das Pro- blem an unserer Universität somit nicht mehr geben“, sagt Werner.

Andere Hochschulen, wie die in Köln und Bonn, die Universitäten in Sachsen-Anhalt sowie die Medi- zinische Fakultät Jena, bieten schon jetzt keine Teilstudienplätze mehr an, nehmen aber Bewerber anderer Universitäten nach bestandenem Physikum bei entsprechend freien Kapazitäten auf. Auch in Bayern wurden in den vergangenen Jahren die Zahl der Teilstudienplätze ge- zielt zurückgeführt.

Bei der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) ist das Thema inzwischen ebenfalls an- gekommen. Die KMK geht aber nach den bisherigen Erfahrungen da- von aus, dass die Fortsetzung des Medizinstudiums in der Regel mög- lich ist. „Vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Zulassung zum Teil- studium an sich um eine begünsti- gende Regelung handelt, um den Einstieg in das Medizinstudium ohne unnötigen Zeitverlust zu ermöglichen und damit möglichst viele ihren Be- rufswunsch verwirklichen können, ein Teilstudium aber von vornherein keine Gewähr auf ein Weiterstudium bietet und dies den Betroffen auch bekannt ist, halten die Länder dies im Rahmen einer Interessenabwägung für angemessen“, sagt der General - sekretär der KMK, Udo Michallik.

Man werde aber kritisch beob- achten, wie sich die Fallzahlen in Zukunft weiterentwickelten, er- gänzt Jens Thalau von der Hoch- schulabteilung der KMK.

Petra Spielberg

Für die Teilstudenten ist es ein erbärmlicher Zustand, dass sie nicht wissen, wie es nach dem Physikum weitergehen soll.

Christian Werner, Universitätsmedizin Mainz

T H E M E N D E R Z E I T

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Bei einer überhöhten oralen Dosis jedoch ist die Kapazität der Leber während dieser ersten Passage rasch erschöpft und ein entsprechender Teil des Nalo- xons gelangt unverändert in

Für die Forderung der Ärzteschaft nach einer sachgerechteren Be- werberauswahl kommt es ent- scheidend darauf an, ob sich der Test (TMS) und das Interview be- währen.. Die

Inter- essant waren auch die Antworten auf die Fragen, wie sich die Studenten durch Kurse auf die ärztliche Vorprü- fung oder die klinische Ausbildung vor-

Evidence of direct admission to the proposed Study Programme at a recognised University in the country of issue of the secondary school leaving certificate (not necessary for

Eine Sonder- quote für Zweitstudienbewerber, für den öffentlichen Gesundheits- dienst, für Überwechsler von den Fachhochschulen und für die me- dizinische Versorgung der Bun-

Dass es heute überhaupt möglich und nicht von vorneherein als sinnlos zu erachten ist, nach dem Zusammenhang von Glück und Diakonie zu fragen, verdankt sich einem größeren

b) Die Beschwerde dringt auch nicht durch, soweit sie sich gegen die vom Verwaltungsgericht gebilligte Deputatsminderung von 2 SWS zu Gunsten von Prof. Die Gründe für

Aus der Community waren Joachim Stein für die Weissenburg, Christoph Michl für den CSD-Verein, Katharina Binder für den LSVD und Marion Römmele für Fetz e.V.. Aktuell gibt