D
ie vorliegende Karte bezieht sich auf den Zeitraum vom 2.bis zum 29. Mai 1994. Ausge- sprochen uneinheitliches Wetter bewirkte eine ebenso unter- schiedliche Immissionsbelastung in Deutschland. Neben ausgeprägten Hochdrucksituationen mit Tempera- turen bis zu 27 Grad Celsius waren im Mai auch niedrige Temperaturen um 10 Grad zu verzeichnen. Schwa- che bis mäßige Winde aus östlichen Richtungen wechselten mit böigen und starken Winden aus westlichen Richtungen.
Gerade die Konzentration der Schwebstäube ist nun aber abhängig von den entsprechenden Wetterla- gen. Bei starken Winden und Nieder- schlägen wird die untere Atmosphäre gereinigt. Die Luftbelastung durch Schwebstaub ist sehr gering. Maxi- malwerte über 100 Mikrogramm/m 3
sind sehr selten. Wie aus der vorlie- genden Karte zu erkennen ist, wur- den im Mai in bestimmten Teilen Deutschlands Maximalwerte gemes- sen. Sie traten jedoch alle bei Wet- terlagen mit geringem Wind und starker Sonneneinstrahlung auf. Be- sondere Dauerbelastungsgebiete wa- ren in diesem Monat jedoch nicht er- kennbar.
Lediglich in Eisenach wurde der bestehende MIK-Richtwert für den Jahresmittelwert (75 Mikro-
Die Werte der Luftmeßstationen beruhen auf den Angaben von: Schleswig-Holstein
—Lufthygienische Überwachung, Gewerbeauf- sichtsamt Itzehoe; Mecklenburg-Vorpom- mern — Landesamt für Umwelt und Natur, Güstrow; Hamburg — Umweltbehörde, Abt.
Luft H4; Niedersachsen — Landesamt für Ökologie, Hildesheim; Bremen — Der Sena- tor für Umweltschutz und Stadtentwicklung;
Sachsen-Anhalt — Landesamt für Umwelt- schutz, Lufthygienisches Überwachungssy- stem, Magdeburg; Brandenburg — Landes- umweltamt Brandenburg, Abt. Immissions- schutz Referat 12, Außenstelle Cottbus; Ber- lin — Senatsverwaltung für Stadtentwick- lung und Umweltschutz; Nordrhein-Westfa- len — Landesumweltamt, Essen; Hessen
—Landesanstalt für Umwelt, Wiesbaden;
Thü- ringen — Landesanstalt für Umwelt, Ref.
4.2, Jena; Sachsen — Sächsisches Landes- amt für Umwelt und Geologie, Radebeul;
Rheinland-Pfalz — Landesamt für Umwelt- schutz und Gewerbeaufsicht, Oppenheim;
Saarland — Staatliches Institut für Gesund- heit und Umwelt, Saarbrücken; Baden-Würt- temberg — Gesellschaft für Umweltmessun- gen und Umwelterhebungen, Karlsruhe;
Bayern — Landesamt für Umweltschutz, München
POLITIK
Fortsetzung
beispielsweise 1 900 Pfund, in Däne- mark 26 750 Kronen und in Frank- reich 18 000 Francs.
Betroffene
Dazu Prof. Dr. med. Friedrich Wilhelm Hehrlein, Gießen, Präsi- dent der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie:
„Herzklappen sind hochtechnisierte, sehr spezielle Produkte, deren Ent- wicklungskosten sich (bei verhältnis- mäßig geringer Stückzahl) bis auf 40 Millionen DM belaufen können und bei deren Ausführung keine Fehler unterlaufen dürfen. Infolgedessen betragen die normalen Kosten für ein hochentwickeltes Kunststoffventil weltweit 6 000 DM. Herzklappenmo- delle zum Preis von 1 500 DM sind undenkbar. Selbst wenn es Billigpro- dukte fragwürdiger Herkunft gäbe (etwa aus Rußland, die Red.), dürfte es nicht im Interesse der Kranken- kassen sein, ihren Versicherten die Implantation derartiger risikogefähr- deter Implantate zuzumuten." Daher müsse für neu entwickelte Produkte Forschung betrieben werden, die nur in den Laboratorien herzchirurgi- scher Zentren stattfinden kann. Das Geld, das die Klappenhersteller für Testreihen an die Kliniken überwei- sen, geht auf Drittmittelkonten, die der Kontrolle der Krankenhausträ- ger und der Universitätsverwaltun- gen (und auch der Rechnungshöfe) unterstehen; sie werden zweckgebun-
' den der Forschung zugeführt. Rück- vergütungen auf die Konten der Chefärzte oder anderer Klinikärzte
„finden nicht statt".
Dazu der Direktor der Klinik und Poliklinik für Herzchirurgie der Universität zu Köln, Prof. Dr. Ernst- Rainer de Vivie: „Die Auswahl der Herzklappenmodelle wird nach dem neuesten wissenschaftlichen Stan- dard vorgenommen und der Klinik- verwaltung mitgeteilt. Der Klinik für Herzchirurgie sind im Zusammen- hang mit Klappenoperationen weder sogenannte Nebengeschäfte noch persönliche Bereicherungen bekannt noch nachweisbar. Für die Klinik wird ein Konto des ,Vereins der
REPORTAGE/AKTUELL
Freunde und Förderer der Universi- tät zu Köln' geführt, auf welches Spenden unter anderem von Patien- ten, Institutionen, Firmen eingezahlt werden. Die Mittel werden sachge- bunden zur Unterstützung für For- schung und Lehre verwendet..."
Das Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf unterhält ein Spendenkonto für die Herzchirurgie, teilte Prof. Dr. Peter Kalmär auf An- frage mit. Bei einem Sachmittelver- brauch von rund 11 Millionen DM sind 1993 auf dieses Konto 62 000 DM eingegangen (von Klappenher- stellern rund 6 000 DM).
Prof. Dr. med. Hans H. Scheld, Direktor der Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie der Uni- versität Münster: „Spenden sind es- sentieller Bestandteil der Finanzie- rung von Aufgaben der klinischen und Grundlagenforschung jeder Uni- versitätsklinik. Diese Aktivitäten kommen letztlich der Krankenversor- gung wieder zugute. Der Versuch, die Rechtmäßigkeit dieser eingewor- benen industriellen und privaten Drittmittelgelder in Frage zu stellen und zu diskreditieren, macht im ge- genwärtigen System der Finanzie- rung die vollständige Wahrnehmung dieser Aufgaben unmöglich."
Unverzüglich haben die zustän- dige Fachgesellschaft, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Mar- burger Bund, der Hartmannbund, die Bundesärztekammer und der Chefarztverband das Kesseltreiben verurteilt. Anonym erhobene Vor- würfe gegen Einzelpersonen und An- schuldigungen ohne Beweise wider- sprechen rechtsstaatlichen Prinzipi- en. Der Präsident der Bundesärzte- kammer, Dr. Karsten Vilmar, plä- diert für eine rückhaltlose Aufklä- rung jedes Verdachts auf Gesetzes- verstöße und Verletzung der ärztli- chen Berufsordnung im Zusammen- hang mit der Beschaffung und Ver- wendung von Herzklappen und ande- ren Medikal-Produkten. Bei Verstö- ßen gegen die Berufsordnung werden die Arztekammern durch ein Berufs- gerichtsverfahren die Konsequenzen ziehen, stellt die Bundesärztekam- mer klar. Die berufsgerichtlichen Konsequenzen sind in der Regel rigi- der als die der Strafermittlungsbe- hörden. Dr. Harald Clade A-1690 (22) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 24, 17. Juni 1994
Schwebstaubbelastung in Deutschland im Mai 1994 (Monatsmaximalwerte)
1111
1rezer!e 1-99 III
100-2991111
300-5001111 >500
Angaben in Mikrogramm/m 3
• LITIK AKTUELL
Immissionskarte (15)
Schwebstaub im Mai
gramm/m3) mit 99 Mikrogramm/m3 deutlich überschritten. Auch der Ma- ximalwert des Monats überschritt mit 816 Mikrogramm/m3 in diesem Ort deutlich den MIK-Richtwert von 500 Mikrogram/m3. Durch eine Häufung von solchen Maximalwerten läßt sich unter dem Strich dann
auch ein erhöhter Durch- schnittswert erklären. Wei- tere über dem MIK-Richt- wert für den Monatsmaxi- malwert liegende Kurzzeit- belastungen wurden au- ßerdem in Stendal, Berlin- Karlshorst, Fulda, Nord- hausen und Sonneberg ge- messen. Dabei lag die mo- natliche Durchschnittsbe- lastung immer unter dem MIK-Wert.
Wichtiger Aspekt bei der Beurteilung von Schwebstäuben sind ihre Herkunft (Zusammenset- zung) und die Größe der Teilchen. Eine aus gesund- heitlicher Sicht wichtige Größe ist der Wert 10 Mi- krometer (Durchmesser).
85 Prozent der Partikel in der Stadtluft sind kleiner.
Damit sind sie lungengän- gig und können somit in den terminalen Respirati- onstrakt vordringen. Grö- ßere Partikel werden in den oberen Atemwegen deponiert und unterliegen der mukozilären Klärfunk- tion der Bronchialschleim- haut.
Betrachtet man die Stoffe, die sich an Schweb-
stäuben anlagern können, so sind dies vorwiegend Schwermetalle, polyzykli- sche aromatische Kohlenwasserstof- fe, aber auch organische Substanzen (beispielsweise Pollen). Die Bestim- mung der Staubinhaltsstoffe ist tech- nisch sehr aufwendig, so daß derzeit nur in Einzelfällen exakte Analysen möglich sind. Eine generalisierende Aussage über den Herkunftsort der
Schwebstäube ist deshalb nur selten möglich.
Die Grenzwerte für Schwebstäu- be mit Bestandteilen von Cadmium liegen bei 0,04 Mikrogramm/m3 und bei Bestandteilen von Blei bei 2 Mi- krogramm/m3 für den Jahresmittel-
wert (TA Luft). Zum Vergleich sei die Schweizer Luftreinhalteverordnung mit ihren strengeren Grenzwerten zum Schutz der menschlichen Ge- sundheit angegeben: bei Cadmiumbe- standteilen im Schwebstaub sind dies 0,01 Mikrogramm/m3 und bei Blei 1 Mikrogramm/m3. Der Jahresmittel- wert für Schwebstaub (ohne Inhalts- stoffe) liegt hier bei 70 Mikro-
gramm/m3 (Deutschland 75 Mikro- gramm/m3). In Norwegen wurden üb- rigens 1992 neue Richtlinien verfaßt.
Hier ist man zum Schluß gekommen, daß für alle Partikel (ohne Berück- sichtigung der Staubinhaltsstoffe) un- ter 10 Mikrogramm ein Grenzwert von 40 Mikrogramm/m3 zu gelten hat, bezogen auf sechs Monate. Bei Stäu- ben unter 2,5 Mikrogramm Gewicht wurde der Grenzwert auf 30 Mikro- gramm/m3 beschränkt. Die Liste der Unterschiede in der Beurteilung von
Grenzwertfestsetzungen ließe sich beliebig fortset- zen.
Noch keine Berück- sichtigung haben in diesem Zusammenhang die multi- plikativen Wirkungen ver- schiedener Stoffe gefun- den. Insbesondere der An- lagerung von Schwefeldi- oxid an Schwebstäube kommt eine erhebliche ge- sundheitsbeeinträchtigen- de Wirkung zu. Eine Be- günstigung von pneumo- tropen Virusinfektionen, aber auch bakteriellen In- fektionen bei entspre- chend exponierten Klein- kindern, gerade in der naß- kalten Übergangszeit, wird schon seit langem disku- tiert. Allerdings sind die Zusammenhänge zuweilen schwer herzustellen, bei- spielsweise dann, wenn gleichzeitig eine Tabak- rauchexposition durch
„Passivrauchen" vorliegt.
Dieser gesundheitsschädi- gende Einflußfaktor ist derart dominant, daß au- ßenluftbedingte Gesund- heitsschädigungen dage- gen nicht mehr abgrenzbar sind. Aus diesem Grunde ist es außerordentlich kom- pliziert, eine Grenzwertfestsetzung nach medizinischen Kriterien zu for- dern.
Prof. Dr. med. Heyo Eckel Prof. Dr. med. Ulrich Hüttemann Dr. rer. nat. Claus Rink
Rückfragen an: Dr. Claus Rink, c/o Georisk GmbH, Schloß Türnich, 50169 Kerpen, Tel 0 22 37/6 12 22
Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 24, 17. Juni 1994 (23) A-1691