DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
KURZBERICHT
Forderungskatalog der SPD
zum Arzneimittelgesetz
Bundestag für AMG-Novelle
Die SPD-Bundestagsfraktion hat Anfang Januar einen Diskussions- entwurf zur Novellierung des Arz- neimittelgesetzes (AMG) vorge- stellt. Der Entwurf stimmt nur in Teilen mit den Vorstellungen des Bundestages überein, die er Mitte Dezember 1984 bei der abschlie- ßenden Beratung des Erfahrungs- berichtes der Bundesregierung über das geltende AMG nannte.
In seiner Entschließung plädierte der Bundestag für ein allgemei- nes offenes Verfallsdatum auf al- len Arzneimitteln mit einem zu- sätzlichen Hinweis, daß die Halt- barkeit von einer sachgerechten Aufbewahrung abhängt. Der mög- liche Gewinn an Arzneimittelsi- cherheit wird in diesem Zusam- menhang höher bewertet als der volkswirtschaftliche Verlust, der durch Rückvergütung und Ver- nichtung von Arzneimitteln ent- steht.
Mit dem Ziel, die zur Information des Patienten bestimmte Pak- kungsbeilage in Zukunft allge- meinverständlich zu formulieren, wird die Bundesregierung aufge- fordert, die gesetzliche Grundlage für eine besondere Fachkreisin- formation für Ärzte und Apotheker zu schaffen. Dabei sollen die Aus- wirkungen auf die Regelungen der Gefährdungshaftung für Arz- neimittelschäden und das Heilmit- telwerbegesetz berücksichtigt werden.
Zur Beschränkung der Abgabe von Arzneimittelmustern an Ärzte empfiehlt der Bundestag eine Än- derung dahingehend, daß künftig nur noch zweimal im Jahr drei der kleinsten handelsüblichen Pak- kungen pro Arzt und Präparat ab- gegeben werden können. Existie- ren mehrere Darreichungsfor-
men, soll deren Gesamtzahl die Zahl Drei nicht überschreiten. Die Bundesregierung soll prüfen, ob zur Verhinderung von Mißbräu- chen ein Bußgeld eingeführt wer- den soll.
Der Bundestag hält eine „aus- ufernde" Selbstbedienung mit Arzneimitteln aus gesundheit- licher Sicht für bedenklich. Ohne einen konkreten Novellierungs- auftrag auszusprechen, fordert das Parlament die Bundesregie- rung auf, den Bereich der freiver- käuflichen Arzneimittel zu über- prüfen. Arzneimittel, bei denen ei- ne gesundheitliche Gefährdung zu befürchten ist, sollen der Apo- thekenpflicht unterstellt werden.
SPD: „Selbstbedienung mit Arzneimitteln"
grundsätzlich verbieten
Aus „Enttäuschung" über den Bundestagsbeschluß verständig- ten sich die SPD-Bundestagsfrak- tion und die SPD-regierten Länder auf einen gemeinsamen Forde- rungskatalog. Danach soll bei neuzugelassenen Präparaten die Abgabe von Arzneimittelmustern auf drei Jahre beschränkt werden.
Pharmareferenten sollen künftig Muster nicht mehr verteilen dür- fen.
Dem SPD-Katalog zufolge soll die Selbstbedienung mit Arznei- mitteln grundsätzlich verboten werden. Nur in Ausnahmefällen könne das Verbot durch Rechts- verordnung aufgehoben werden, heißt es.
Weiterhin fordert die SPD, daß Arzneimittel mit ungünstigem Nutzen/Risikoverhältnis künftig nicht mehr zugelassen werden sollten. Es sei denn, daß sie ver- gleichbaren Präparaten zumin- dest gleichwertig seien.
Neuzugelassene Präparate, die ei- nen neuen Wirkstoff enthalten und nach geltendem Recht auto- matisch für fünf Jahre verschrei- bungspflichtig sind, sollen laut SPD-Entwurf künftig mit einem
besonderen Aufdruck gekenn- zeichnet werden.
Außerdem wünscht die SPD, Wer- bung für Schmerz- und Schlank- heitsmittel, die nicht der Ver- schreibungspflicht unterliegen, im Heilmittelwerbegesetz zu ver- bieten.
Um den Bestand der Naturheilmit- tel zu sichern, die nach geltendem AMG bis Ende 1989 nachzugelas- sen werden müssen, sollen nach dem SPD-Katalog homöopathi- sche, anthroposophische und phytotherapeutische Präparate vom Wirksamkeitsnachweis frei- gestellt werden. Statt Naturmittel zuzulassen, sollten sie künftig nur noch registriertwerden, meint die SPD.
In dem SPD-Entwurf, der von der Bundestagsabgeordneten Anke Fuchs und dem nordrhein-westfä- lischen Gesundheitsminister Pro- fessor Friedhelm Farthmann vor- gestellt wurde, sieht der CDU/
CSU-Bundestagsabgeordnete Hermann Kroll-Schlüter keine ausreichende Alternative zu den Vorschlägen der Regierung, das AMG zu novellieren.
Vielmehr wiederhole die SPD alt- bekannte Thesen, die den Bedürf- nissen nach Verbesserung der Arzneimittelsicherheit nicht ge- recht würden. Die Union sehe auch keine Veranlassung, die Selbstbedienung zu verbieten, zu- mal keine gesundheitlichen Ge- fährdungen hierauf zurückgeführt werden könnten.
Der Bundesverband der Pharma- zeutischen Industrie bezeichnete in einer ersten Stellungnahme die SPD-Vorschläge als unausgewo- gen und widersprüchlich zu euro- päischen Richtlinien über die Zu- lassung von Arzneimitteln. Außer- dem hätte eine einfache Regi- strierung von Naturheilmitteln oh- ne Wirksamkeitsnachweis nur zur Folge, daß sie von den Kranken- kassen nicht mehr erstattet wür- den, so erklärt der Pharmaver- band weiter. jv 164 (24) Heft 4 vom 23. Januar 1985 82. Jahrgang Ausgabe A