Die Information:
Bericht und Meinung NACHRICHTEN
Inzwischen hat sich auch ein Bun- destagsabgeordneter mit einer Strafanzeige "gegen das Gesund- heitskollektiv c/o Ökoladen" ein- geschaltet: Am 26. März beantrag- te der FDP-Bundestagsabgeord- nete Cronenberg (Arnsberg) beim Leitenden Oberstaatsanwalt beim Landgericht Harnburg ebenfalls strafrechtliche Verfolgung der Ur- heber der Broschüre. EB
Arbeitsmedizinische Fortbildung
soll intensiviert werden
Im Hinblick auf diejenigen Ärzte, die aufgrund der Fachkunderege- lung des sogenannten Arbeitssi- cherheitsgesetzes neu im Bereich der betriebsärztlichen Versorgung tätig werden, gewinnt die arbeits- medizinische Fortbildung eine ganz besondere Bedeutung. Die Fortbildung muß sich darauf rich- ten, die Lücken im praktischen und theoretischen Wissen zu schließen und aktuelle Erkenntnis- se zu vermitteln. Aus diesem Grun- de ist die Initiative der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin e.
V., einen breiten Fächer von pra- xisnahen Fortbildungsthemen an- zubieten, hervorzuheben.
Im Rahmen der diesjährigen Jah- restagung der Gesellschaft in der Zeit vom 13. bis 16. Mai 1981 in Berlin werden Themen wie zum Beispiel epidemiologische Unter- suchungen und ihre Bedeutung für die Erkennung und Verhütung von Berufskrankheiten, Auswir- kung von gefährlichen Arbeitsstof- fen auf die Gesundheit der Arbeit- nehmer, klinische Arbeitsmedizin sowie verschiedene Arbeitsformen praxisnah in ihren Auswirkungen auf den menschlichen Organis- mus diskutiert. Auskünfte erteilt:
Kongreßbüro bis 12. Mai 1981:
Prof. Dr. G. Schäcke, Med.-Dir. Dr.
E. Stollenz, Institut für Arbeitsme- dizin der FU Berlin, Königsbarger Straße 36, 1000 Berlin 45, Telefon:
0 30/7 79 03 40/1, ab 13. Mai: U ra- nia, Kleiststraße 13-14, 1000 Ber- lin 30, Tel.: 0 30/24 90 90). EB
Künftig nur noch
vier "Arzneimuster" für Ärzte
Künftig sollen die Arzneimittelher- steller auf schriftliche Anforde- rung eines Arztes jeweils nicht mehr wie bisher sechs, sondern maximal vier kleinste Originalpak- kungen eines Arzneimittels oder mehrerer Arzneimittel als "Ärzte- Musterpackungen" kostenlos ab- geben.
Diese Reduzierung der Musterab- gabe soll unabhängig davon gel- ten wie viele verschiedene Präpa- rate angefordert werden. Den Mit- arbeitern des Außendienstes der pharmazeutischen Industrie soll es untersagt sein, Vordrucke für weitere Musteranforderungen ab- zugeben.
Grünes Licht für eine Empfeh- lung dieser verschärften Selbst- beschränkungsmaßnahmen gab das Bundeswirtschaftsministerium aufgrund eines entsprechenden Antrages des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e. V. (BPI), Frankfurt, in einer Ver- fügung vom 31. März 1981. Die kartellrechtliche Erlaubnis n<;ich
§ 8 des Gesetzes gegen Wettbe- werbsbeschränkungen (GWB) gilt zunächst bis zum 31. März 1984, da eine Erlaubnis nach§ 8 GWB in der Regel nicht für einen längeren Zeitraum als drei Jahre erteilt wer- den soll.
Der "Muster-Beschluß" wird durch vier konkrete Einzelmaß- nahmen ergänzt:
..,. Musterbestellkarten dürfen vom Herstell·er oder dessen Beauftrag- ten künftig nicht mehr frankiert werden, sondern müssen mit dem Aufdruck "vom Absender freizu- machen" versehen sein.
..,. Der Pharmahersteller darf Mu- sterbestellkarten nur noch ein- zeln, nicht aber gebündelt (zum Beispiel als "Scheckheft") versen- den oder durch Dritte versenden lassen. Auf einer Bestellkarte dür-
fen nur bis zu vier Fertigarzneimit- tel als Muster angeboten werden.
Von kommerziellen Abrufdiensten versandte Bestellkarten dürfen nur jeweils ein Angebot einer Fir- ma enthalten.
..,. Bestellkarten dürfen aus- schließlich über den Postweg ver- trieben werden. Fachzeitungen, Fachzeitschriften und Präparate- verzeichnisse Dritter dürfen keine Musterbestellkarten, Coupons oder Gutscheine für Muster ent- halten. Darüber hinaus dürfen den Mustersendungen keine Bestell- karten beigefügt werden.
..,. Die Bestellkarten müssen die in den Werberichtlinien des BPI vor- geschriebenen Basisinformatio- nen ausweisen, sofern sie nicht ei- ner Aussendung beigefügt sind, die eine solche Information über die angebotenen Präparate bereits enthält.
Das Bundeswirtschaftsministe- rium wertet die freiwillige Selbst- beschränkungsmaßnahme als ei- nen wesentlichen Schritt zur Preisdämpfung im Arzneimittelbe- reich. Die bereits seit 1975 gültige Musterabgabe-Regelung hat bis 1979 zu einem Rückgang von ins- gesamt 20 Prozent gegenüber frü- heren Jahren geführt.
Die Verfügung des Ministeriums berücksichtigt auch die Tatsache, daß Experten der Ärzteschaft und deren Körperschaften und Ver- bände eine Begrenzung der Mu- sterabgabe auf vier Packungen pro Anforderung als Kompromiß
"zumindest für vertretbar" gehal- ten hätten. Eine solche Meinung ließe sich jedenfalls den Erfah- rungsberichten zum Arzneimittel- gesetz entnehmen, die den zu- ständigen Ministerien Mitte Febru- ar 1981 zugingen.
..,. Demgegenüber hat sich die Ar- beitsgemeinschaft der Berufsver- 866 Heft 18 vom 30. April1981 DEUTSCHES ARZTEBLATT
NACHRICHTEN
tretungen Deutscher Apotheker (ABDA), die eine kostenlose Mu- sterabgabe an Ärzte rigoros ab- lehnt und dieses Thema in den beiden letzten Jahren hochge- spielt hat, skeptisch darüber geäu- ßert, ob eine verringerte Arznei- mittelmusterabgabe überhaupt wirksam sei. Auch der Bundesver- band der Ortskrankenkassen (BdO) beurteilt eine Arzneimittel- musterabgabe überwiegend nega- tiv, hält aber eine begrenzte Mu- sterabgabe auf einen "dem jewei- ligen Erprobungszweck angemes- senen Umfang" für eine gesund- heitspolitische Notwendigkeit.
Eine aktuelle Momentaufnahme darüber, wie die Ärzteschaft selbst über die "Ärztemuster" urteilt, gibt eine im Auftrag des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES unter- nommene Repräsentativbefra- gung des Münchner Meinungsfor- schungsinstituts "Infratest" (Ab- teilung Gesundheitsforschung), über deren Ergebnisse nebenste- hend berichtet wird. HC
Ungebrochenes Wachstum der Zahl
öffentlicher Apotheken
Seit 1971 wuchs die Zahl der öf- fentlichen Apotheken stetig zwi- schen drei und vier Prozent pro Jahr. Ende 1979 gab es in der Bun- desrepublik Deutschland und in West-Berlin 15 363 öffentliche Apotheken (Ende 1980 mehr als 16 000), Ende 1971 hingegen wa- ren es noch 11 596 Apotheken.
Überdurchschnittlich ist die Zahl der Apotheken vor allem in den Ländern Bayern und Schleswig- Holstein mit jeweils 3,9 sowie in Hessen und Niedersachsen mit je- weils 3,3 Prozent gewachsen. Die geringsten Zuwachsraten ver- zeichneten die Stadtstaaten. Nach Erhebungen der Arbeitsgemein- schaft der Berufsvertretungen Deutscher Apotheker, Frankfurt, beschäftigten die öffentlichen Apotheker 1975 noch 73 288 Per- sonen, am Jahresende 1979 lag die Zahl bei 87 147. DÄ
Ärzte befragen Ärzte (II):
Wie halten Sie es mit Arzneimustern?
Die von Apotheker-Seite in den letzten Jahren wiederholt erho- bene Forderung, die Abgabe kostenfreier Arzneimuster zu verbieten, hatte zahlreiche Ärz- te die Frage stellen lassen, wie eigentlich die Kolleginnen und Kollegen Anforderung und Ab- gabe solcher "Ärztemuster" be- urteilen. Infratest-Gesundheits- forschung ermittelte exklusiv für die Leser des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES durch eine Repräsentativbefragung von 250 Ärzten für Allgemeinmedi- zin/Praktischen Ärzten und nie- dergelassenen Internisten die Meinung dieser Arztgruppen.
~ Neunzig Prozent aller be- fragten Ärzte hielten die Forde- rung, die Abgabe kostenloser Ärztemuster gesetzlich zu ver- bieten, nicht für gerechtfertigt.
Je größer die Praxis, desto eher wurde die Forderung der Apo- theker abgelehnt. Nach Aussa- ge von Dreiviertel der Ärzte hat- te sich die bisherige Regelung, also die Abgabe von maximal sechs kleinsten Originalpak- kungen, bewährt! Nur jeder fünfte Arzt war der Meinung, die bisherige Regelung habe sich nicht bewährt, weil
Die lnforrnatioh:
Bericht und Meinung - mehr als sechs kleinste Origi- nalpackungen zur Erprobung des Präparates benötigt wer- den, wenn es sich um neue Prä- parate handelt, oder weil -die Praxis ohnehin "umgan- gen wird" und den Ärzten .. so- wieso mehr gegeben" wird.
Jeder zehnte Arzt wollte eine Einschränkung der bisherigen Regelung akzeptieren; jeder vierte Arzt hielt eine Liberalisie- rung der derzeitigen Regelung für wünschenswert, aber die überwiegende Mehrheit (65 v.H.) sprach sich für eine Beibe- haltung der geltenden Rege- lung aus. ·
Nur ein geringer Teil der Ärz- te hatte konkrete Einschrän- kungsvorschläge:
I> "Beschränkung der Ärzte-
muster auf neue oder bestimm- te Präparate"
I> Verringerung der Anzahl der
Musterpackungen pro Präparat (also weniger als sechs).
Anmerkung der Redaktion:
Was jetzt vom Bundeswirt- schaftsministerium "abgeseg- net" wurde (siehe dazu den Be- richt auf Seite 866), hatten rund zehn Prozent der Befragten für akzeptabel gehalten. DÄ/I.G.
Frage: Würden Sie eine weitergehende Einschränkung der Ärztemuster-Abgabe (zum Belspiel Abgabe nur über Apo- theker) akzeptieren, oder sollte die Musterabgabe wieder liberalisiert werden? Oder sollte es so bleiben wie jetzt?
(Antwortvorgabe)
Gesamt Ärzte Internisten
V. H. Allgemein- V. H.
medizin/
Praktische Ärzte
V. H.
Würde eine Einschrän- 10 8 18
kung akzeptieren
Musterabgabe sollte libe- 25 23 31 ralisiert werden
Sollte so bleiben wie jetzt 65 69 51
Summe 100 100 100
DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 18 vom 30. April1981 867